ARBEITSGEMEINSCHAFT ZUM GRUNDKURS ZIVILRECHT I (G-L) WINTERSEMESTER 2011/12 PROF. DR. SUSANNE LEPSIUS. Fall 1



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Transkript:

ARBEITSGEMEINSCHAFT ZUM GRUNDKURS ZIVILRECHT I (G-L) WINTERSEMESTER 2011/12 PROF. DR. SUSANNE LEPSIUS Fall 1 Studentin S betritt eine Metzgerei. Sie sagt zum Metzger M: Eine Leberkassemmel bitte. M fragt: Mit süßem oder scharfem Senf?. S antwortet: Natürlich mit süßem. M packt die Semmel ein, gibt sie an S und sagt: Zwei Euro. S gibt ihm zwei Euro. Was ist rechtlich alles geschehen? Fall 2 Chefeinkäuferin E diktiert ihrem Sekretär S eine Bestellung über 1000 Packungen Druckerpapier an den Händler H. Das fertige Schreiben unterzeichnet E. Da sie die Bestellung aber nochmals überdenken will, lässt sie das Schreiben auf seinem Schreibtisch liegen. S findet das Schreiben und bringt es in der irrigen Annahme, es liege nur versehentlich noch dort, zur Post. Einige Tage später wird das Druckerpapier zusammen mit einer Rechnung über 3.000 geliefert. Kann H den Kaufpreis von E verlangen?

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN SEITE 2 VON 7 Fall 3 Der leichtlebige L braucht Geld. Da er sein gesamtes von seiner Mutter ererbtes Bar- und Wertpapiervermögen bereits verprasst hat, möchte er nun die ebenfalls ererbte Bibliothek stückweise zu Geld machen. Mitte Januar bietet er seine 1808er Cotta sche Ausgabe von Faust. Eine Tragödie. von Goethe. - Der Tragödie erster Teil (Faust I) der Antiquarin M zu einem sehr günstigen Preis an. Das Angebot ist bis zum 31. Januar befristet. Da sich M das gute Geschäft nicht entgehen lassen will, veranlasst diese, dass dem L sofort die Annahme erklärt wird. Das Einschreiben gelangt am 23. Januar zur Post. Tags darauf, am 24. Januar, wird L vom Blitz erschlagen. Alleinerbin ist seine Tochter T, die von dem Angebot ihres Vaters weiß. Als der Postbote am 26. Januar, einem Donnerstag, das Einschreiben zustellen will, ist T auf dem Weg zur Beerdigung. Der Postbote hinterlässt deshalb einen Benachrichtigungszettel mit dem Hinweis, dass das Einschreiben beim Postamt abgeholt werden könne. Als T von der Beerdigung zurückkehrt, bemerkt sie die Benachrichtigung, holt das Einschreiben aber nicht ab. Sie ist bibliophil und will den Schatz behalten. Da M bis Anfang Februar keine Reaktion auf ihr Einschreiben erhält, erklärt sie in einem einfachen Brief nochmals die Annahme des Angebots. Gleichzeitig bietet sie T die Originalausgabe von Die Leiden des jungen Werthers (Werther) zum Kauf an. Dieses Schreiben wirft der Sekretär der T am 2. Februar um 22.00 Uhr bei T in den Briefkasten. Noch am selben Abend erinnert sich M, dass der Werther bereits an einen anderen Kunden verkauft ist. Sie steckt deshalb gegen 22.30 Uhr ein Schreiben in den Briefkasten der T, in dem sie das Angebot widerruft. Am nächsten Morgen findet T beide Erklärungen im Briefkasten. Sie öffnet zuerst den Brief, der auch das Angebot über den Werther enthält. T ruft sofort bei M an und erklärt, das Buch solle sofort vorbeigebracht werden. Dagegen sei die Annahme des Kaufangebots des L verspätet. M meint unter Berufung auf 132 BGB, das Einschreiben sei wirksam zugestellt. Wie ist die Rechtslage?

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN SEITE 3 VON 7 Fall 4 Die 17-jährige M wünscht sich zu ihrem Geburtstag einen Fernseher. Als sie mit diesem Ansinnen an ihre Eltern (E) herantritt, erwidern diese, dass sie einen Fernseher in ihrem (Ms) Alter nicht für notwendig erachten und sie sich daher keine Hoffnungen auf ein solches Geschenk machen solle. Im Übrigen sei die Gefahr der Ablenkung von den künftigen Studienaufgaben durch das unkontrollierte Fernsehen viel zu hoch. Enttäuscht geht die M nach dieser Unterredung zum»frustshoppen«in die Kaufinger Straße nach München. Nach einiger Zeit erregt ein Fernseher in einem Schaufenster ihre Aufmerksamkeit, in dem gerade das Video ihrer Lieblingsband Du und Du läuft. Daneben ist ein großes Schild angebracht, auf dem steht: Einmaliges Angebot: Fernseher für nur 200. Begeistert läuft sie in den Laden und fragt nach diesem Angebot. Der Verkäufer V ahnt nichts von der Minderjährigkeit der M und klärt sie über die Konditionen auf: 100 sind sofort zu zahlen, der Restbetrag wird monatlich abgebucht. M zahlt die 100 für den Fernseher sofort von ihren 100, die sie monatlich von ihren Eltern zur freien Verfügung erhält. Sie hat von dem Geld bereits ein kleines Vermögen von 300 angespart. V nimmt den Schein entgegen, legt diesen allein beiseite und übergibt der M den Fernseher. _BUNGSBL_TTER STUDENTEN Als die M ihren Eltern von ihrer Errungenschaft erzählt, sind diese überhaupt nicht begeistert. Sie wenden sich an V und verlangen die 100 für den Fernseher zurück. Dieser verlangt seinerseits Herausgabe des Fernsehers. Hat V gegen M Ansprüche aus dem BGB auf Herausgabe des Fernsehers? Hinweis: 861, 862 und 1007 BGB sind nicht zu prüfen.

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN SEITE 4 VON 7 Fall 5 Um sein Taschengeld aufzubessern, arbeitet der 16-jährige M mit Einverständnis seiner Eltern für die P zweimal wöchentlich für je eine Stunde als Zeitungsausträger. Wegen seiner Zuverlässigkeit bietet die P ihm am Donnerstag eine Beförderung zum Fahrradkurier an. M würde an allen sechs Werktagen jeweils 3 Stunden arbeiten. Dazu braucht er jedoch ein Fahrrad. Die P bietet ihm ein generalüberholtes gelbes Postradel für 750 an. M nimmt sowohl das Verkaufs- als auch das Beförderungsangebot an. M erklärt, zuhause noch genug angespartes Taschengeld zu haben und will damit am nächsten Montag das Fahrrad bezahlen. M hat aber nur 50 angespartes Taschengeld, die restlichen 700 will er über die Rückforderung eines Darlehens finanzieren, das er seinem volljährigen Freund F bei einem Zinssatz von 5% im Jahr wirksam gewährt hatte. Bei Darlehensvertragsschluss hatten sie vereinbart, dass M die Darlehen jederzeit zum nächsten Werktag schriftlich kündigen kann. M kündigt das Darlehen schriftlich noch am Donnerstag zum nächsten Werktag und kündigt F an, die 700 am Montag abholen zu wollen. Als M seinen Eltern vom Geschehen berichtet, sind sie erbost. Sie wollen, dass er das Fahrrad zurückgebe. Auch von der Kündigung des Darlehens wollen sie nichts wissen. Gehen Sie davon aus, dass die Kuriertätigkeit nicht gegen Jugendschutzbestimmungen verstößt. Kann die P die 750 für das Fahrrad von M verlangen? Kann M die Rückzahlen der 700 aus dem Darlehen vom F verlangen?

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN SEITE 5 VON 7 Fall 6 Der Unternehmer Dr. Korn (K) findet auf der Internetseite des Unternehmers Voll (V) folgende Anzeige: Preisgünstige kabellose Maus mit Tastatur für nur 49. Erfreut über dieses Angebot möchte K sofort zuschlagen und die Maus für seine geschäftliche Tätigkeit erwerben. Neben dem Text findet sich eine Schaltfläche mit dem Titel Maus und Tastatur sofort kaufen. Durch ein Versehen klickt K jedoch nicht auf diese Schaltfläche, sondern auf die unmittelbar darunter befindliche, die den Kauf eines Notebooks für 1 499 zum Gegenstand hat. Nach dem Klick erhält K eine Mail mit dem standardisierten Text Vielen Dank für Ihren Einkauf. Nach einiger Zeit bekommt K das Paket von V geliefert. Voller Entsetzen packt er das Notebook und die beiliegende Rechnung über 1 499 des V aus. Er setzt sich umgehend mit V in Kontakt und bittet ihn, das gelieferte Notebook zurückzunehmen, da er sich offensichtlich verklickt habe. V erklärt sich hierzu nicht bereit, da beide nach seiner Ansicht einen wirksamen Kaufvertrag geschlossen haben. Solle er dennoch zur Rücknahme verpflichtet sein, so möge K ihm wenigstens die Versendungskosten in Höhe von 15 ersetzen. K fragt, ob V gegen ihn einen Anspruch auf Kaufpreiszahlung in Höhe von 1 499 oder auf Ersatz der Versendungskosten in Höhe von 15 hat.

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN SEITE 6 VON 7 Fall 7 Die Antiquarin A bittet den Buchliebhaber K, bei seinem Urlaub in Berlin nach älteren rechtswissenschaftlichen Büchern mit großem Weiterverkaufspotential Ausschau zu halten und diese ggf. für sie zu erwerben; der Kaufpreis pro Werk dürfe jedoch 2000 nicht übersteigen. K ist einverstanden und erhält von A folgendes Schreiben: Hiermit bevollmächtige ich Herrn K zum Kauf von rechtswissenschaftlichen Büchern in meinem Namen und auf meine Rechnung. (Unterschrift) A. Im Geschäft von B entdeckt K einen frühneuzeitlich nachgedruckten Teilband der Glossa ordinaria von Accursius 1 (Werk A) im Wert von 2000. Es gelingt ihm, einen Preis von 1000 auszuhandeln. Der Kauf wird per Handschlag besiegelt. K erklärt dabei, dass er im Namen der A handle, welche den Druck innerhalb von zwei Wochen abholen werde. Als K die A stolz über seinen günstigen Einkauf informiert, erwidert A, sie habe kein Interesse an dem Werk; K möge es selbst behalten. Die Vollmacht sei im Übrigen hiermit widerrufen. Über dieses Verhalten der A ist K so empört, dass er beim Buchhändler L im Namen der A unter Vorlage des oben wiedergegebenen Schreibens eine besonders gut erhaltene Erstausgabe des achtbändigen System des heutigen römischen Rechts (Werk B) zusammen mit dem Registerband von Friedrich Carl von Savigny 2 im Wert von 1000 für 2100 kauft. 1. Von wem können B und L jeweils Zahlung und Abnahme der Werke verlangen? 2. A widerruft nicht nur die Vollmacht, sondern erhält auch die Vollmachtsurkunde von K zurück. K ist jedoch wiederum so empört, dass er die Urkunde in einem günstigen Augenblick wieder an sich bringt und das Geschäft mit L tätigt. Ansprüche des L? 1 Accursius (um 1183 um 1263), war Rechtsprofessor in Bologna. Er gilt als wichtigster Vertreter der Glossatoren, welche das Corpus Iuris Civilis (Sammlung des römischen Rechts unter Kaiser Justinian, entstanden 528-534 n. Chr.), in Form von Glossen, also Bemerkungen zu einzelnen Aspekten des Haupttextes, bearbeiteten. Seine Glossierung des Corpus Iuris Civilis mit 96.940 Marginalglossen (Bemerkungen am Textrand und nicht wie bei Interlinearglossen räumlich zwischen den Zeilen des Haupttextes) bildet als Standardwerk den Ausgangspunkt für das juristische Studium und die Rezeption des römischen Rechts in Europa. Daher wird es als Glossa Ordinaria bezeichnet. Vgl. Susanne Lepsius, Artikel Accursius (um 1183 um 1263), in: Handwörter zur deutschen Rechtsgeschichte, Band 1, 2. Auflage 2008, Spalte 58 f. 2 Savigny, Friedrich Carl von (1779-1861), Rechtsprofessor und Inhaber verschiedener Staatsämter, gehört zu den einflussreichsten Juristen der jüngeren Zeit. Seine Bedeutung ist vornehmlich auf dogmatischen Forschungen zu einzelnen Rechtsfragen und allgemeine Überlegungen zur Bedeutung des Rechts und der Rechtswissenschaft zurückzuführen. Aufgrund seines Verständnisses des Rechts als ein organisches Produkt von Volksleben und Juristenwissenschaft sprach sich Savigny in der berühmten Grundsatzschrift Vom Beruf unserer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft (1814) gegen eine (staatliche) Kodifikation des bürgerlichen Rechts aus. Von besonderer Bedeutung für die Rechtswissenschaft der heutigen Zeit und damit für Studium ist die Entwicklung einer Lehre von der Auslegung der Gesetze (System des heutigen römischen Rechts, Band 1, Berlin 1840, S. 206 ff.). Vgl. Joachim Rückert, Artikel Savigny, Friedrich Carl von (1779-1861), in: Michael Stolleis (Hrsg.), Juristen. Ein biographisches Lexikon. Von der Antike bis zum 20. Jahrhundert, München 2001, S. 555-559.

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN SEITE 7 VON 7 Fall 8 Erster Teil Frau F, die vormals einen Kohlehandel betrieb, hat sich aus dem Geschäft zurückgezogen. Ihr Mann (M), der vermögenslos ist, betreibt das Geschäft weiter, wobei er im Namen seiner Frau auftritt. F weiß das, unternimmt aber nichts dagegen. Der Kunde K, der um die Geschäftspraxis beim Kohlehandel F weiß, verlangt von K die Lieferung der Ware. Besteht zwischen F und K ein Kaufvertrag? Zweiter Teil Der Unternehmer U ist sehr häufig auf Auslandsreise und kümmert sich deswegen nur oberflächlich um die Inlandsgeschäfte. Daher ist es ihm auch entgangen, dass seine Sekretärin A häufig Einrichtungsgegenstände bei dem Möbelhaus M im Namen von U bestellt, aber in die eigene Wohnung geschafft hat. Erst als A einmal einen Schreibtischstuhl bestellt und U zufällig die Auftragsbestätigung liest, geht ihm ein Licht auf. Er teilt M mit, die Bestellung sei ungültig. 1. Kann M Vertragserfüllung verlangen? 2. Kann M wahlweise auch A in Anspruch nehmen?