Studienseminar Koblenz Wahlmodul 187 Intentionen/ Lernziele Hilfen bei der Planung, Durchführung und Evaluation von Unterricht Wer nicht genau weiß, wo er hin will, braucht sich nicht zu wundern, wenn er ganz woanders ankommt! (Robert Mager, Lernziele und Unterricht) 1
Ablauf der Sitzung Was sind Intentionen? Ihre Bedeutung in verschiedenen didaktischen Modellen Wie finde ich Intentionen? Demonstration an einem Beispiel PA : Intentionen vorstellen und optimieren Wie formuliere und ordne ich Intentionen? Ein Lernziel ist (1) die sprachlich artikulierte Vorstellung über die durch Unterricht zu bewirkende gewünschte Verhaltensänderung eines Lernenden. (2) die sprachlich artikulierte Vorstellung über die durch Unterricht zu bewirkende gewünschte Verhaltensdisposition eines Lernenden. (3) eine Lernmöglichkeit. Die Lernumgebung erweist sich als entscheidend für die Wissenskonstruktion. 2
Verhalten Verhalten ist die allgemeine Bezeichnung für die Gesamtheit aller beobachtbaren, feststellbaren oder messbaren Aktivitäten des lebenden Organismus, meist aufgefasst als Reaktion auf bestimmte Reize oder Reizkonstellationen, mit denen der Organismus in lebensweltlichen oder experimentellen Situationen konfrontiert wird oder ist. Ein Lernziel ist.die sprachlich artikulierte Vorstellung über die durch Unterricht zu bewirkende gewünschte Verhaltensänderung eines Lernenden. beobachtbar behavioristische Sicht 3
Ein Lernziel ist die sprachlich artikulierte Vorstellung über die durch Unterricht zu bewirkende gewünschte Verhaltensdisposition eines Lernenden. nicht unbedingt beobachtbar kognitivistische Sicht Ein Lernziel ist eine Lernmöglichkeit. Die Lernumgebung erweist sich als entscheidend für die Wissenskonstruktion. nicht festgelegt/ nicht festlegbar, nur zu beeinflussen konstruktivistische Sicht 4
Lernen und Lernziele 1 Die traditionelle Didaktik versteht Lernen als Verhaltensänderung. Lernziele beschreiben die Verhaltensänderung, die ein Schüler infolge des Unterrichts zeigen soll. Obwohl Lernziele vom Lehrer gesetzt werden, hat sich diese Bezeichnung eingebürgert, weil es sich um die Lernakte der Schüler handelt. Lernen und Lernziele 2 Die geisteswissenschaftliche, bildungstheoretisch orientierte Didaktik befasste sich vordringlich mit dem Bildungsgehalt der Inhalte/Stoffe; die Frage nach den Zielen von Unterricht und Erziehung wurde lediglich immanent und eher beiläufig erörtert. 5
Lernen und Lernziele 3 In der lerntheoretischen Didaktik der sechziger Jahre wurden die Ziele von Unterricht und Erziehung - im Allgemeinen wie in der einzelnen Stunde - zum zentralen Thema. Lernen wurde nunmehr als - benennbare und beobachtbare - Verhaltensänderung verstanden. Theorie und Praxis des lernzielorientierten Unterrichts betonten diesen Aspekt so sehr, dass darüber die inhaltliche Seite des Lernens sowie komplexere Ziele von Lernen vernachlässigt wurden Lernen und Lernziele 4 Die Lernzielorientierte Didaktik setzt stillschweigend voraus, dass die Lernakte der Schüler erfolgreich gelenkt und bestimmt werden könnten, sofern sie nur sorgfältig und kompetent genug geplant würden. Denn in herkömmlicher didaktischer Sicht werden Lehren und Lernen stets als eine Einheit gesehen. In konstruktivistischer Sicht ist Lernen ein autopoietischer Vorgang, der zwar angeregt, nicht aber nach dem Mechanismus von Ursache und Wirkung determiniert und kontrolliert werden kann. Lehren ist ein Angebot. Ob und wie es angenommen wird, liegt bei den Lernenden. 6
Ein Lernziel ist für uns die Vorstellung des Lehrers über eine gewünschte Verhaltensdisposition der Lernenden. Ein Lernziel ist zunächst ein Ziel, das der Lehrer gesetzt hat, seine Intention. Die Grundfrage Wer Unterricht zu einem bestimmten Inhalt/ Stoff/Thema plant, steht vor der Frage: Was machen die SchülerInnen mit den Inhalten? Anders gesagt: Zu welchen Lernhandlungen und Lernergebnissen sollen die SchülerInnen angeregt und befähigt werden? 7
Die Grundfrage Sie vergewissern sich mit Hilfe der Intentionen: Habe ich im Blick, was die Schüler in dieser Stunde lernen sollen und habe ich bedacht, wie sie es lernen sollen? Wie finde und begründe ich meine Intentionen? Sachanalyse Didaktische Analyse Was? Warum/ wozu? Intentionen wie Methodische Planung 8
Thema der Reihe: Beispiel Lessing, Emilia Galotti Thema der Stunde: Die Gräfin Orsina Sachanalyse Sek. Literatur: Kontroverse Darstellung/Wertung der Orsina in der Fachliteratur ( -> rachsüchtige Intrigantin <-> Symbol der Emanzipation von der Autorität der Vernunft ) Darstellung der Orsina in Theateraufführungen (meist negativ alternde Mätresse) These : Die Orsina Rezeption ist Spiegel des sich wandelnden Frauenbildes,/ zugleich ambivalente Gestaltung der Figur im Drama Textarbeit ( Analyse der Szenen I.4 = Sicht des Prinzen <-> Bild des Malers Conti. I.6,= Sicht des Prinzen und Marinellis, IV, 3 Auftritt der Orsina + Marinelli, IV, Orsina und Ododardo) 9
Didaktische Analyse 1. Bezug zum Lehrplan 2. Reduktion Festlegen eines Schwerpunkts, hier im Kontext der Reihe, Figur unter der Fragestellung der Aufklärung 3. Thema/These : Orsina als Gestalt der Aufklärung (Verstand), aber auch schon Überwindung des Projekts der Aufklärung als Emanzipation von Primat der Vernunft 4. Interdependenz: Kontext der Aufklärung, konkrete Gestaltung von deren Ideen im Drama 5. Bedeutsamkeit für die SchülerInnen : Figur der Orsina als moderne emanzipierte Frau Problematisierung der Epoche der Aufklärung -> Sturm und Drang Thema der Stunde Beispiel Wer über gewisse Dinge den Verstand nicht verliert, der hat keinen zu verlieren: Die Gräfin Orsina- eine Gestalt der Aufklärung? 10
Intention Intention der Stunde: Die SchülerInnen profilieren den vielschichtigen Charakter der Gräfin Orsina in seinem Spannungsfeld von Verstand und Wahnwitz. Intention Intention der Stunde: Die SchülerInnen profilieren den vielschichtigen Charakter der Gräfin Orsina in seinem Spannungsfeld von Verstand und Wahnwitz. 11
Wie bestimme ich die Intentionen? Die Festlegung der Intentionen muss als ganzheitlicher (heuristischer) Prozess verstanden werden, bei dem eine Reihe von Teilaufgaben zu bewältigen ist: 1. Lerngegenständen auswählen 2. Lernwege auswählen und entwerfen 3. Intention(en) setzen und beschreiben 4.Intention(en) begründen 5. Möglichkeiten der Überprüfung bedenken Wie bestimme ich die Intentionen? Für jede Stunde Gültiges (die Methodenkompetenz, die Sozialkompetenz, die Kommunikationskompetenz u.ä.) gehört nicht in die Intentionen. Die Intentionen müssen konkret auf den Lerngegenstand der Stunde hin formuliert werden. 12
Wie formuliere ich die Intentionen? Jedes Lernen hat sowohl eine Verhaltens-/ Handlungskomponente als auch eine Inhaltskomponente. Intentionen müssen die von den Schülern zu erbringende Handlung/Tätigkeit angeben. Intentionen können nicht ohne Angabe eines Lerninhaltes formuliert werden. Wie formuliere ich die Intentionen? Die Intention muss eine Tätigkeit ( = ein beobachtbares Element) benennen, die diese Verhaltensänderung möglich/ wahrnehmbar macht (Operatoren). Um die angestrebte Verhaltensänderung inhaltlich fassbar zumachen, muss die Intention durch Angaben zum Wissen- oder Erkenntniszugewinn konkretisiert werden (<- Sachanalyse). 13
Wie formuliere ich die Intentionen? Es kommt darauf an, Handlungen und Verhaltenselemente zu beschreiben, die anzeigen, dass die gewünschte Verhaltensdisposition erreicht oder wenigstens angebahnt worden ist. Da also Lernaktivitäten der Schüler - 'Operationen' - namhaft gemacht werden, wird dieser Arbeitsschritt, die gewünschten Lernergebnisse zu beschreiben, als Operationalisierung bezeichnet; die dabei benannten - zu beobachtenden und konkreten - Handlungselemente heißen Operatoren ( Indikatoren). Wie formuliere ich die Intentionen? Intentionen können in unterschiedlichem Abstraktionsniveau (sehr allgemein - sehr konkret) in verschiedenen Lerndimensionen (kognitiv - affektiv - psychomotorisch - sozial...) formuliert werden. Sehr allgemein gefasste sind in den Länderverfassungen oder in den Präambeln der Lehrpläne zu finden: "Die Schule hat den in der Landesverfassung verankerten Erziehungs- und Bildungsauftrag zu verwirklichen. Über die Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten hinaus ist die Schule insbesondere gehalten, die Schüler in Verantwortung vor Gott, (...), zur Menschlichkeit und Friedensliebe, (...), zu erziehen. 14
Lernzieldimensionen Kognitive Dimension: wissenssichernde und erkenntnisbildende Lernziele pragmatische Dimension: auf Handeln und Gestalten gerichtete Lernziele emotionale Dimension: gemüts- und gesinnungsbildende Lernziele soziale Dimension: auf Partnerschaft und Kooperation gerichtete Lernziele ethische Dimension: auf Wertwirklichkeiten gerichtet So kann man unterscheiden.. kognitive Lernziele: sie beziehen sich auf alle intellektuellen Fähigkeiten; affektive Lernziele: sie beziehen sich auf Einstellungen und die Entwicklung von Werthaltungen, auf Handlungsbereitschaften, auf Interessenlagen und deren Veränderung; psychomotorische Lernziele: sie beziehen sich auf alle Formen gesteuerter Bewegung, z.b. im Sport, im Sprachunterricht, im Musikunterricht, im Kunstunterricht. In vielen Veröffentlichungen findet sich zusätzlich der Begriff instrumentelle Lernziele Sie können sich auf manuelle Fertigkeiten beziehen und gehören dann zum psychomotorischen Bereich. Sie können auch eine Technik der geistigen Arbeit bezeichnen und sind dann dem kognitiven Bereich zuzuordnen. Soziale Lernziele 15
Zweiter Schritt - die Teilintentionen In aller Regel ist die Gesamtintention so komplex, dass sie in einzelne Elemente aufgegliedert, 'kleingearbeitet' werden muss. Die bei diesem Verfahren entstehenden Teilintentionen verdeutlichen also Elemente der gewünschten Verhaltensdisposition. Methodische Planung Zum Thema Gräfin Orsina Erarbeiten einer Deutungshypothese (arbeitsteilige)textarbeit der SchülerInnen Präsentation und Vergleich der Ergebnisse Überprüfen der Hypothese, Vertiefung 16
Teilintentionen Die Schülerinnen und Schüler wählen aus eine Reihe von Schauspielerinnenporträts das Bild derjenigen aus, die sie als Darstellerin der Orsina bevorzugen würden, und begründen ihre Entscheidung durch eine vorläufige Charakterisierung dieser Figur ( Hysterikerin, Intrigantin, alternde Mätresse, emanzipierte, selbstbewusste Frau, u.ä.) untersuchen arbeitsteilig die relevanten Textstellen (I, 4; I, 6;IV, 3; IV, 5; IV, 7;) und halten fest, auf welche Persönlichkeitsmerkmale sie schließen (I, 4: aus der Sicht Contis kalt, hart, hochfahrend ; I, 6: unglückliche Liebe zum Prinzen, Fähigkeit zur kritischen Reflexion; IV,3 5: klarsichtig, intellektuell autonom, will Öffentlichkeit über Missstände am Hof aufklären, ), Teilintentionen setzen ihre Beobachtungen zueinander in Bezug und erstellen so ein umfassendes Charakterbild der Orsina ordnen dieses in den gedanklichen Horizont der Aufklärungsprogrammatik ein (Repräsentantin der Aufklärung, bedient sich ihres Verstandes, lesendes Frauenzimmer..) erkennen, dass die Figur der Gräfin den Leitgedanken des sapere aude verkörpert, darüber hinaus aber bereits eine Überwindung des einseitig rationalistischen Aufklärungskonzepts anzeigt ( Wissen um Ungenügen der Verstandesgläubigkeit, Bejahung des Gefühls). 17
Teilintentionen Die Schülerinnen und Schüler wählen aus eine Reihe von Schauspielerinnenporträts das Bild derjenigen aus, die sie als Darstellerin der Orsina bevorzugen würden, und begründen ihre Entscheidung durch eine vorläufige Charakterisierung dieser Figur ( Hysterikerin, Intrigantin, alternde Mätresse, emanzipierte, selbstbewusste Frau, u.ä.) untersuchen arbeitsteilig die relevanten Textstellen (I, 4; I, 6;IV, 3; IV, 5; IV, 7;) und halten fest, auf welche Persönlichkeitsmerkmale sie schließen (I, 4: aus der Sicht Contis kalt, hart, hochfahrend ; I, 6: unglückliche Liebe zum Prinzen, Fähigkeit zur kritischen Reflexion; IV,3 5: klarsichtig, intellektuell autonom, will Öffentlichkeit über Missstände am Hof aufklären, ), Teilintentionen setzen ihre Beobachtungen zueinander in Bezug und erstellen so ein umfassendes Charakterbild der Orsina ordnen dieses in den gedanklichen Horizont der Aufklärungsprogrammatik ein (Repräsentantin der Aufklärung, bedient sich ihres Verstandes, lesendes Frauenzimmer..) erkennen, dass die Figur der Gräfin den Leitgedanken des sapere aude verkörpert, darüber hinaus aber bereits eine Überwindung des einseitig rationalistischen Aufklärungskonzepts anzeigt ( Wissen um Ungenügen der Verstandesgläubigkeit, Bejahung des Gefühls). 18
Wie ordne ich die Intentionen an? Generell gilt: Es soll eine für den Leser nachvollziehbare Ordnung sein. Praxis an unserem Seminar ist es, dass zunächst die Hauptintention/ das Stundenziel genannt wird, dann die Teilintentionen/ Teillernziele Wie ordne ich die Teil-Intentionen an? in der Reihenfolge, in der sie im Stundenverlauf auftreten, - dies impliziert meist eine hierarchische Ordnung vom einfachen zum anspruchsvollen Lernen (Kompetenzstufen I, II, III) 19
Kognitive Intentionen ansteigend nach dem Grad der Komplexität: Kennen Verstehen Anwenden Analysieren Synthese herstellen Beurteilen Entsprechend den Kompetenzstufen I II III Kognitive Intentionen Operatoren nennen, angeben, wiedergeben, skizzieren, gliedern Kompetenzbereich I Kennen, Wissen Reproduktion, Reorganisation strukturieren, ordnen, analysieren, erläutern, vergleichen untersuchen, beurteilen, bewerten, prüfen, begründen II Anwenden auf neue Zusammenhänge III Urteilsfähigkeit 20
affektive Intentionen können durch den Grad der Verinnerlichung (Internalisierung) bestimmter Werte oder Einstellungen beschrieben werden. Stufen im affektiven Bereich Aufmerksam werden/ Beachten Reagieren Werten Organisation Charakterisierung durch einen Wert oder eine Wertstruktur Lernziele im psychomotorischen Bereich (nach dem Grad der Koordination) 5. Naturalisierung 4. Handlungsgliederung 3. Präzision 2. Manipulation 1. Imitation 21