Die Bundesregierung. Kanzlerprinzip Ressortprinzip Kabinettprinzip



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Transkript:

Folie 28

Prof. Dr. Christine Langenfeld Folie 29 SS 2006 Die Bundesregierung Bundesminister Bundeskanzler Organ der politischen Führung Kanzlerprinzip Ressortprinzip Kabinettprinzip Der Bundeskanzler bestimmt die Richtlinien der Politik und trägt dafür die Verantwortung (Art. 65 Satz 1 GG) Innerhalb der Richtlinien leitet jeder Minister sein Ressort selbständig und in eigener Verantwortung (Art. 65 Satz 2 GG) Alle wichtigen Entscheidungen werden vom Kabinett kollegial gefällt; bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Bundesministern entscheidet das Kabinett durch Mehrheitsbeschluss.

Prof. Dr. Christine Langenfeld Folie 30 SS 2006 Das konstruktive Misstrauensvotum (Art. 67 GG) Bundeskanzler wählt mit der Mehrheit seiner Mitglieder einen neuen Bundeskanzler Entlassung ernennt Bundestag Ersuchen um Entlassung des Bundeskanzlers Bundespräsident

Prof. Dr. Christine Langenfeld Folie 31 SS 2006 Die Vertrauensfrage (Art. 68 GG) Bundeskanzler Vorschlag zur Auflösung des Bundestages Bundespräsident stellt die Vertrauensfrage Bundestag stimmt mit der Mehrheit seiner Mitglieder nicht zu Auflösung möglich innerhalb von 21 Tagen 1 1 Das Recht zur Auflösung erlischt, sobald der Bundestag mit der Mehrheit seiner Mitglieder einen anderen Bundeskanzler wählt (Art. 68 Satz 2 GG)

Prof. Dr. Christine Langenfeld Folie 32 SS 2006 Der Bundespräsident - Völkerrechtliche Vertretung des Bundes (Art. 59 GG) - Repräsentation nach innen und außen - Prüfung, Unterzeichnung und Verkündung der Bundesgesetze (Art. 82 GG) - Erklärung der Gesetzgebungsnotstandes (Art. 81 GG) - Vorschlag, Ernennung und Entlassung des Bundeskanzlers (Art. 63, 67 GG) - Ernennung und Entlassung der Bundesminister (Art. 64 GG) - Ernennung und Entlassung der Bundesrichter, -beamten, Offiziere und Unteroffiziere (Art. 60 Abs. 1 GG) - Begnadigungsrecht (Art. 69 Abs. 2 GG)

Das Organstreitverfahren A. Zulässigkeit I. Zuständigkeit Im Organstreitverfahren gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG, 13 Nr. 5, 63 ff. BVerfGG entscheidet das BVerfG bei Streitigkeiten zwischen Verfassungsorganen um ihre wechselseitigen Pflichten. II. Antragsberechtigte und Antragsgegner Wer Partei eines Organstreitverfahrens sein kann, ist in Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG i.v.m. 63 BVerfGG geregelt. Parteifähig sind zunächst alle obersten Bundesorgane. Dies sind jene Organe, die im organisch-hierarchischen Sinn keinem anderen Organ untergeordnet sind und denen vom GG die Wahrnehmung eigenständiger Aufgaben im Bereich der politischen Staatsleitung zugewiesen ist. Hierzu zählen: der Bundespräsident, der Bundestag, der Bundesrat und die Bundesregierung sowie nach h.m. die Bundesversammlung und der Gemeinsame Ausschuss. Zudem sind andere Beteiligte parteifähig, sofern sie durch das Grundgesetz oder die Geschäftsordnung eines obersten Bundesorgans mit eigenen Rechten ausgestattet sind. Als andere Beteiligte kommen nur solche Inhaber von Staatsgewalt in Betracht, die nach Rang und Funktion den obersten Bundesorganen gleich stehen. Hierzu zählen zunächst folgende Teile der Bundesorgane, die in den Geschäftsordnungen bzw. im GG selbst mit eignen Rechten ausgestattet sind: - Fraktionen des Bundestages, da diese durch das GG als notwendige Institutionen des Verfassungslebens und die GeschOBT mit eigenen Rechten ausgestattet sind. - die Gruppe im Bundestag, soweit es um ihre Gruppenrechte geht. Dieser werden durch 10 Abs. 4 GeschOBT eigenen Rechte verliehen. - Ausschüsse des Bundestags und des Bundesrats, auch der Vermittlungsausschuss. - der Bundestagspräsident, dem 7 GeschOBT Rechte verleiht, sowie der Bundesratspräsident - der Bundeskanzler sowie einzelne Bundesminister, da diese als Teil des Organs Bundesregierung durch Art. 65 GG mit eigenen Rechten ausgestattet sind. Andere Beteiligte außerhalb des Kreises der Organteile sind, wenn und soweit sie um Rechte kämpfen, die sich aus ihrem besonderen verfassungsrechtlichen Status ergeben und diese Rechte gegenüber einem anderen Verfassungsorgan geltend gemacht werden: - der einzelne Abgeordnete. Dieser ist gemäß Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG mit eigenen Rechten ausgestattet. Er kann jedoch KEINE Grundrechtsverletzung geltend machen. - politische Parteien, wenn es um ihre verfassungsrechtliche Funktion gemäß Art. 21 GG geht, NICHT jedoch wenn sie eine Grundrechtsverletzung geltend machen.

III. Streitgegenstand Verfahrensgegenstand ist eine konkrete Maßnahme oder Unterlassung, 64 Abs. 1 BVerfGG. Es muss ein Streit um gegenseitige Rechte und Pflichten aus dem GG vorliegen. Es sind daher rechtserhebliche Maßnahmen oder Unterlassungen des Antragsgegners geltend zu machen. Beispiele: Besetzung der Ausschüsse durch den Bundestag; die Nichtzuerkennung des Fraktionsstatus; Erlass oder Unterlassen eines Gesetzes; Erlass oder Anwendung der GeschO; NICHT jedoch eine parlamentarische Rüge des BT Präsidenten gegenüber einem Abgeordneten und Handlungen, die einen vorbereitenden Charakter haben; bloße Gesetzentwürfe; die Beantwortung einer mündlichen Anfrage im Bundestag. IV. Antragsbefugnis Der Antragsteller muss geltend machen, dass er oder das Organ, dem er angehört, durch die Maßnahme oder Unterlassung des Antragsgegners in seinen ihm durch das GG übertragenen Rechten und Pflichten verletzt oder unmittelbar gefährdet ist. Diese Rechte und Pflichten müssen sich ausschließlich aus dem GG selbst ergeben; Rechte nur aus der Geschäftsordnung oder aus einfachen Gesetzen sind für die Antragsbefugnis nicht ausreichend. Kann der Antragsteller i.s.d. 64 Abs. 1 BVerfGG verfassungsrechtliche Rechte des Organs, dem er angehört, in eigenem Namen geltend machen, handelt es sich um einen Fall der gesetzlichen Prozessstandschaft. Hier ist auch zunächst zu prüfen, ob dem Organ die behaupteten Rechte aus dem GG zustehen. Dass z.b. die Mehrheit des betreffenden Organs seine Rechte nicht verletzt sieht, steht der Antragsbefugnis aus Gründen des Minderheitenschutzes nicht entgegen. Den Bundestag betreffend steht dieser Status nur den Fraktionen zu, nicht jedoch den einzelnen Abgeordneten. V. Form und Frist Der Antrag ist unter Bezeichnung der verletzten Normen des GG schriftlich zu begründen, 23 i.v.m. 64 Abs. 2 BVerfGG. Es gilt eine Frist von 6 Monaten nachdem die Maßnahme oder Unterlassung dem Antragsteller bekannt wurde, 64 Abs. 3 BVerfGG. Bei einem Unterlassen beginnt die Frist spätestens dann, wenn der Antragsgegner sich erkennbar eindeutig weigert, in der Weise tätig zu werden, die der Antragsteller zur Wahrung seiner Rechte aus dem GG für erforderlich hält. B. Begründetheit Der Antrag ist begründet, wenn die beanstandete Maßnahme oder Unterlassung des Antragsgegners gegen eine Bestimmung des GG verstößt und der Antragsteller dadurch in seinen Rechten verletzt wird, 67 BVerfGG. Das BVerfG trifft in seiner Entscheidung die Feststellung, dass die beanstandete Maßnahme oder Unterlassung verfassungswidrig ist. Es hebt die Maßnahme nicht auf oder erklärt ein Gesetz nicht für nichtig. Das BVerfG kann jedoch gemäß 67 Abs. 1 S. 2 BVerfG gleichzeitig eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage verbindlich klären.

Folie 34 Die Verfassungsbeschwerde (Prüfungsschritte im Überblick) Die Zulässigkeit I. Beschwerdeführer 1. Beschwerdefähigkeit (Antragsberechtigung) Jedermann, der fähig ist, Träger von Grundrechten zu sein, 90 I BVerfGG, Art. 93 Nr. 4 a GG. a. Natürliche Personen aa. Deutsche und Ausländer Ausländer und Staatenlose können wie Deutsche Grundrechtsverletzungen geltend machen, außer im Fall der sog. Deutschengrundrechte, die nur Deutschen i.s.d. Art. 116 I GG vorbehalten sind. Nichtdeutsche werden in diesen Fällen über Art. 2 I GG geschützt; dies gilt jedoch nicht für EG-Ausländer, die aus Gemeinschaftsrecht gleich den Deutschen geschützt werden müssen (str.). bb. Ungeborene (Nasciturus) Ist vom BVerfG noch nicht entschieden. Dem Nasciturus kommt Grundrechtsfähigkeit hinsichtlich Art. 1 I, Art. 2 II S. 1 GG zu. Zur Gewährleistung effektiven Grundrechtsschutzes muss Beschwerdefähigkeit zuerkannt werden. cc. Verstorbene Sind mangels Grundrechtsfähigkeit nicht beschwerdefähig. Ausnahme ist postmortales Persönlichkeitsrecht. VB kann aber nicht im Namen des Verstorbenen erhoben werden. b. Juristische Personen aa. Privatrechtlich organisierte juristische Personen Beschwerdefähig, soweit sie nach Art. 19 III GG grundrechtsfähig sind. Gilt für inländische juristische Personen des Zivilrechts. Konkretes Grundrecht muss seinem Wesen nach auf juristische Personen anwendbar sind. Es kommt nicht auf Rechtsfähigkeit im Sinne des Zivilrechts an, sondern nur ob eine gewisse binnenorganisatorische Struktur gegeben ist. bb. Juristische Personen des öffentlichen Rechts Grundsätzlich keine Beschwerdefähigkeit, weil Grundrechte Abwehrrechte gegen den Staat, die diesen nicht berechtigen, sondern bloß verpflichten. Aber: Einige j.p.d.ö.r. sind grundrechtsfähig, soweit sie in grundrechtstypischen

Gefährdungslagen stehen, d.h. sie sind grundrechtsdienend, d.h. sie dienen dem Bürger zur Verwirklichung spezifischer Grundrechte. Bsp.: Universitäten, Art. 5 III; Rundfunkanstalten, Art 5 I; Kirchen, Art. 4 I. Begrenzt auf die Grundrechte, denen sie dienen. 2. Prozessfähigkeit (keine ausdrückliche Bestimmung im BVerfGG) Fähigkeit, Prozesshandlungen aus eigenem Recht vorzunehmen. Wer geschäftsfähig ist, ist auch prozessfähig. Für Prozessunfähige muss der gesetzliche Vertreter handeln. Ist Minderjährigen Geschäftsfähigkeit in bestimmten Bereichen zuerkannt, sind sie in diesem Bereich prozessfähig in der VB. Auch wird man in bestimmten Fällen der Grundrechtsmündigkeit gleichzeitig die Fähigkeit, das betreffende Grundrecht auch im Prozess geltend zu machen, bejahen (z.b. für art. 4 Abs. 1 und 2 GG) 3. Postulationsfähigkeit - 22 I S. 1 BVerfGG Fähigkeit, Prozesshandlungen selbst vornehmen zu können und nicht durch einen Anwalt. In der VB muss sich Beschwerdeführer nicht durch Anwalt vertreten lassen, außer in der mündlichen Verhandlung. Wer prozessfähig ist, ist in aller Regel auch postulationsfähig. II. Beschwerdegegenstand Alle Akte der deutschen öffentlichen Gewalt: (1) Legislative: alle formellen und materiellen Gesetze ab Verkündung. Bei Unterlassen durch Gesetzgeber weiter Spielraum und nur bei verfassungsrechtlicher Pflicht. Völkerrechtliche Verträge als solche können nicht angegriffen werden, da Mitwirkung an Verträgen Verhalten auf völkerrechtlicher Ebene, das noch keine innerstaatliche Rechtswirkung auslöst, von der Beschwerdeführer betroffen ist. Tauglicher Gegenstand ist das Zustimmungsgesetz gem. Art. 59 II GG und zwar bereits vor Inkrafttreten, d.h. gleich nach Verabschiedung im Bundestag. (2) Exekutive: Akte der vollziehenden Gewalt; deren Aufhebung und bestätigende Entscheidung sowie Gnadenentscheidungen. (3) Judikative: Jede Gerichtsentscheidung. III. Beschwerdebefugnis - 90 I BVerfGG Beschwerdeführer muss substantiiert behaupten, durch den angegriffenen Akt der öffentlichen Gewalt selbst, gegenwärtig und unmittelbar in einem seiner Grundrechte oder grundrechtsgleichen Rechte verletzt zu sein.

1. Möglichkeit der Grundrechtsverletzung Die Verletzung der Grundrechte muss möglich erscheinen, d.h. die Verletzung darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. An dieser Stelle ist auch die Bedeutung der Grundrechte im Zivilrecht (mittelbare Drittwirkung) zu erörtern. Es ist also darzulegen, inwieweit die Grundrechte auch bei der Auslegung zivilrechtlicher Bestimmungen im konkreten Fall eine Rolle spielen können. Zu den Besonderheiten der Zulässigkeitsprüfung in Hinblick auf Rechtsakte der EG bzw. gemeinschaftsrechtlich determinierte Rechtsakte vgl. Skript S. 12 ff. 2. Selbstbetroffenheit Der Beschwerdeführer muss in eigenen Grundrechten betroffen sein, d.h. der rechtsrelevante Akt muss gerade ihn treffen. Damit ist die sog. Popularbeschwerde ausgeschlossen. Bei Nichtadressaten muss zwischen der Rechtsposition und dem Akt eine hinreichend enge Beziehung bestehen. 3. Gegenwärtige Betroffenheit Beschwerdeführer muss schon oder noch betroffen sein, nicht irgendwann in der Zukunft. Gegenwärtigkeit ist aber gegeben, wenn Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der VB zu nicht mehr korrigierbaren Entscheidungen gezwungen ist oder Dispositionen treffen muss, die später nicht mehr nachgeholt werden können. 4. Unmittelbare Betroffenheit Beschwerdeführer muss unmittelbar betroffen sein, ohne zusätzliches Dazwischentreten eines weiteren Aktes der öffentlichen Gewalt. Bei Gesetzen ist Beschwerdeführer dann unmittelbar betroffen, wenn die Norm seine Rechtsstellung ohne Zwischenschaltung eines Vollzugsaktes verändert. Nicht zu den Vollzugsakten zählen die Sanktionen des Straf- oder Ordnungswidrigkeitenrechts, da ihr Abwarten dem Betroffenen nicht zugemutet werden kann. IV. Rechtsschutzbedürfnis 1. Rechtswegerschöpfung, 90 II S. 1 BVerfGG Beschwerdeführer muss alle statthaften und zumutbaren Rechtsbehelfe eingelegt haben., d.h. eine VB ist in der Regel nur gegen letztinstanzliche Urteile zulässig. 2. Subsidiarität Die VB ist ein außerordentlicher Rechtsbehelf. Neben Rechtswegerschöpfung müssen zudem alle sonstigen prozessualen Mittel ergriffen werden, die dem

Beschwerdeführer zur Verfügung stehen, um eine Korrektur der Verletzung zu erwirken. 3. Durchbrechungen der Rechtswegerschöpfung und Subsidiarität Die Möglichkeit einer sogenannten Vorabentscheidung besteht, wenn die VB von allgemeiner Bedeutung ist oder wenn dem Beschwerdeführer ein schwerer und unabwendbarer Nachteil entstünde, falls er zunächst den Rechtsweg beschreiten müsste (2) Gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung steht dem Begehren des Beschwerdeführers entgegen oder der Beschwerdeführer macht geltend, durch Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutz in Grundrechten verletzt zu sein, der durch die Durchführung des Hauptsacheverfahrens nicht mehr rechtzeitig abgeholfen werden kann (Unzumutbarkeit der Erschöpfung des Rechtswegs oder des Bemühens um sonstige Abhilfe). V. Beschwerdehindernis der Rechtskraft - 96, 41 BVerfGG Über dasselbe Begehren desselben Beschwerdeführers darf bei gleicher Rechts- und Sachlage nicht erneut entschieden werden. Die materielle Rechtskraft bezieht sich nur auf den Tenor. VI. Form und Frist Gemäß 23 I BVerfGG ist die VB schriftlich einzureichen und zu begründen. Gemäß 93 I S. 1 BVerfGG ist die VB binnen eines Monats zu erheben. Bei Hoheitsakten, gegen die ein Rechtsweg nicht offen steht (insb. Gesetze) ist die VB gemäß 93 III BVerfGG binnen eines Jahres zu erheben. Die Frist beginnt mit Inkrafttreten zu laufen. Die Begründetheit Gemäß Art. 93 I Nr. 4 a GG ist die Verfassungsbeschwerde begründet, wenn der Beschwerdeführer in einem Grundrecht oder grundrechtsgleichem Recht verletzt ist. D.h. der Akt muss in den Schutzbereich eines Grundrechts eingreifen und dieser Eingriff ist nicht verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Das BVerfG beschränkt die Überprüfung gerichtlicher Entscheidungen auf die Verletzung spezifischen Verfassungsrechts. Eine einschlägige Verfassungsnorm muss daher entweder ganz übersehen worden sein oder grundsätzlich falsch angewendet worden sein und die gerichtliche Entscheidung muss auf dem Fehler beruhen.

Prof. Dr. Christine Langenfeld Folie 35 SS 2006 Gesetzgebungsverfahren im Bundestag (Initiative, Beratung, Gesetzesbeschluss) Gesetzesvorlagen der: Bundesregierung Bundestag Bundesrat Bundesrat (Stellungnahme Art. 76 II GG) Bundesregierung (Stellungnahme Art. 76 III GG) Plenum 1. Sitzung Plenum 2. und 3. Sitzung Schlussabstimmung Gesetzesbeschluss Überweisung an die Ausschüsse Bundestag Art. 77 Abs. 1 Satz 1 GG Weiterleitung Gesetzesbeschlüsse an den Bundesrat, Art. 77 I GG) Zustimmungsgesetz Einspruchsgesetz

Prof. Dr. Christine Langenfeld Folie 36 SS 2006 Verfahren bei Einspruchsgesetzen Anrufung des Vermittlungsausschusses durch den Bundesrat Ja Nein: Änderungsvorschläge des Vermittlungsausschusses Gesetz zustande gekommen (Art. 78 GG) Vorlage der Änderungsvorschläge an den Bundestag Sofern keine Änderungsvorschläge: Mitteilung an den Bundesrat Beschlussfassung (Art. 77 II 5 GG) Einspruch des Bundesrates innerhalb der Frist des Art. 77 III GG Sofern Einspruch: Zurückweisung des Einspruchs mit qualifizierter Mehrheit durch Bundestag (Art. 77 IV GG) Kein Einspruch: Gesetz zustande gekommen (Art. 78 GG) Wenn Mehrheit zustande kommt Gesetz zustande gekommen (Art. 78 GG) Wenn Mehrheit nicht zustande kommt Gesetz gescheitert

Prof. Dr. Christine Langenfeld Folie 37 SS 2006 Verfahren bei Zustimmungsgesetzen Bundesrat: Zustimmung? Ja: Nein: Gesetz zustande gekommen (Art. 78 GG) Anrufung des Vermittlungsausschusses durch Bundesregierung oder Bundestag oder Bundesrat (Art. 77 II 4 GG) Änderungsvorschläge? Wenn ja, erneute Beschlussfassung des Bundestages Sofern kein Änderungsvorschlag: Mitteilung an den Bundesrat Zustimmung Nein: Ja: Gesetz gescheitert Gesetz zustande gekommen

Prof. Dr. Christine Langenfeld Folie 38 SS 2006 Organe der Rechtsprechung (Art. 92 ff. GG) Oberste Gerichtshöfe des Bundes Bundesgerichtshof Bundesarbeitsgericht Bundesverwaltungsgericht Bundesfinanzhof Bundessozialgericht Gerichte der Länder Oberlandesgerichte Landesarbeitsgericht Oberverwaltungsgerichte Finanzgerichte Landessozialgerichte Landgerichte Arbeitsgerichte Verwaltungsgerichte Sozialgerichte Amtsgerichte Ordentliche Gerichtsbarkeit Arbeitsgerichtsbarkeit Allgemeine Verwaltungsgerichtsbarkeit Finanzgerichtsbarkeit Sozialgerichtsbarkeit

Prof. Dr. Christine Langenfeld Folie 39 SS 2006 Verteilung des Steueraufkommens (Art. 106 GG) I. Gemeinschaftssteuern (stehen Bund und Ländern gemeinsam zu) Lohn- und Einkommenssteuer Körperschaftssteuer Umsatzsteuer II. Bundessteuern Mineralölsteuer Tabaksteuer Branntweinsteuer Kaffeesteuer Versicherungssteuer III. Ländersteuern Erbschaftssteuer Kfz-Steuer Grunderwerbsteuer Biersteuer Spielbanksteuer IV. Gemeindesteuern Gewerbesteuer Grundsteuer Örtliche Verbraucher- und Aufwandsteuer (z.b. Hunde-, Getränke, Vergnügungs-, Jagd- und Fischereisteuer)