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Transkript:

Kapitel 3: Die Nachfrage Hauptidee: Die Nachfrage beschreibt, wie sich der Konsum ändert, wenn Preise und/oder Einkommen variieren.

3.1 Nachfrage Die Nachfrage d eines Konsumenten beschreibt das optimale Güterbündel als Funktion der Preise p 1, p 2,, p I und des Einkommens Y: x = d p 1, p 2,, p I, Y Die Nachfrage kann zerlegt werden in die Nachfrage nach den verschiedenen Gütern i = 1,, I: x i = d i p 1, p 2,, p I, Y Wie bestimmt man die Nachfrage? Antwort: Die Nachfrage ist die Lösung des Nutzenmaximierungsproblems (vgl. Kapitel 2) 2

Bemerkungen Im Allgemeinen hängt die Nachfrage nach einem Gut von den Preisen aller Güter ab Sonderfall: Cobb-Douglas (siehe ÜA K2.1) Außerdem kann die Nachfrage mehrere Werte enthalten, d.h. es kann mehrere optimale Bündel geben (siehe ÜA K2.2) 3

3.2 Grafische Darstellungen der Nachfrage Selbst bei I = 2 Gütern kann man die Nachfrage d p 1, p 2, Y nicht vollständig in einer einzigen grafischen Darstellung erfassen, da sie 3 Variablen in den Güterraum (2 Variablen) abbildet Man kann die Nachfrage nach einem Gut als Funktion des eigenen Preises darstellen, wenn man die anderen Preise und das Einkommen festhält Dann erhält man die sogenannte Nachfragekurve 4

Beispiel: Biernachfrage (a) Indifferenzkurve und Budgetbeschränkung Wein, Liter pro Quartal I 2 I 3 p b = 3 I 1 p b = 2 p b = 1 Bier, Liter pro Quartal (b) Nachfragekurve p b, pro Einheit 3 2 1 Nachfrage nach Bier Bier, Liter pro Quartal 5

Engelkurven Die Beziehung zwischen d i p 1, p 2, Y und Y, bei festgehaltenen Preisen (p 1, p 2 ) heisst die Engelkurve für Gut i 6

Beispiel: Biernachfrage 7

3.3 Komparative Statik der Nachfrage: Budgetänderungen Gilt d i (p 1, p 2,, p I, Y) (<)0, dann heißt Gut i normal (inferior) an der Stelle p 1, p 2,, p I, Y Ein Gut ist genau dann normal in einem Einkommen-Interval Y Y Y, wenn seine Engelkurve in diesem Interval schwach wachsend ist 8

Beispiel mit verschiedenen Indifferenzkurven Wohnung, Quadratmeter Nahrung inferior, Wohnung normal Nahrung normal, Wohnung normal Nahrung normal, Wohnung inferior Nahrung, pro Jahr 9

Beispiel für bereichsweise inferiores Gut Ein Gut kann für bestimmte Bereiche des Einkommens inferior sein und für andere Bereiche normal 10

3.4 Komparative Statik der Nachfrage: Preisänderungen Wir ändern den Preis eines Gutes (und halten alle anderen Preise sowie das Budget fest) Wir interessieren uns also für d i p i (p 1, p 2,, p I, Y) Eine Preissenkung hat zwei Effekte: 1. Diese Preissenkung vergrößert die Budgetmenge, d.h. der Konsumenten wird effektiv reicher («Einkommenseffekt») 2. Ein Gut ist günstiger geworden relativ zu den anderen Gütern («Substitutionseffekt») Effekte für Preiserhöhung analog 11

Substitutionseffekt Der Preis von Gut i sinkt von p i auf p i Durch die Preissenkung wird der Konsument effektiv reicher Um diesen Effekt zu neutralisieren, kürzen wir fiktiv das Einkommen von Y auf YY Y wird so gewählt, dass der Konsument indifferent ist zwischen den Güterbündeln d p i, p i, Y und d(p i, p i, YY) Die Nachfrageänderung von d p i, p i, Y zu d(p i, p i, YY) wird als Substitutionseffekt bezeichnet Graphisch ist der Substitutionseffekt eine Rotation der Budgetgeraden entlang der Indifferenzkurve 12

Einkommenseffekt Wir nehmen die fiktive Einkommenskürzung zurück Das Einkommen steigt dadurch von YY auf Y Die hieraus resultierende Nachfrageänderung von d p i Y, p i, YY zu d(p i, p i, Y) wird als Einkommenseffekt bezeichnet 13

Zusammenwirken von Substitutionseffekt und Einkommenseffekt Bei einem normalen Gut wirken die beiden Effekte in die gleiche Richtung Bei einem inferioren Gut wirken die beiden Effekte in unterschiedliche Richtungen 14

Normales Gut 15

Inferiores Gut 16

Extremfall Giffen-Gut Ein Giffen-Gut ist so stark inferior, dass der Einkommens-effekt den Substitutionseffekt übersteigt Formal: Gilt d i p p 1, p 2,, p I, Y > 0, dann i heißt Gut i Giffen-Gut (an der Stelle p 1, p 2,, p I, Y) Bei Giffen-Gütern hat die Nachfragekurve eine positive Steigung 17

Giffen-Gut 18

Übungsaufgabe K3.1 Ist jedes Giffen-Gut ist ein inferiores Gut? Ist jedes inferiore Gut ein Giffen-Gut? 19

Empirisches Beispiel für Giffen-Gut Jensen und Miller (2002) verwenden den China Health and Nutrition Survey (1989-93) der Chinesischen Akademie für Präventionsmedizin, um den Reiskonsum armer und reicher Bevölkerungsschichten in China zu schätzen Ergebnis: In den Südprovinzen führt ein Anstieg des Reispreises um 10 % zu einem Anstieg des Reiskonsums um 10.4 % in der armen Bevölkerung Für die Reichen ist Reis inferior, aber nicht Giffen Im Norden ist Reis für keine Bevölkerungsgruppe ein Giffen-Gut. Warum? 20

Übungsaufgabe K3.2 Welche Wirkung hat eine Lohnerhöhung auf das Arbeitsangebot eines Konsumenten? Diskutieren Sie die möglichen Ergebnisse mithilfe des Substitutionseffekts und des Einkommenseffekts Hinweis: Orientieren Sie sich an Kapitel 2.3 Anwendungsbeispiel Arbeitsangebot 21

Übungsaufgabe K3.3 Herr Jakob lebt von Essen und Trinken Seine Nutzenfunktion ist u x E, x T = x E 1/3 x T 2/3, wobei x E sein Jahreskonsum an Essen und x T sein Jahreskonsum an Trinken ist Sein Jahresgehalt ist 60, die Marktpreise für Essen sind 2 und für Trinken 5 Sein Arbeitgeber, ein großer Getränkehersteller, bietet Herrn Jakob an, dass er in Zukunft alle Getränke bei ihm mit einem Abschlag von 20 Prozent kaufen kann; dafür will er ihm das Gehalt von 60 auf 52 kürzen Herr Jakob lehnt entrüstet ab Eine gute Entscheidung? 22

3.5 Elastizitäten Erinnerung an die Grundfrage des Kapitels: Wie ändert sich der Konsum, wenn sich Preise oder Einkommen ändern? Bisher haben wir hauptsächlich über die Vorzeichen solcher Änderungen gesprochen Der Betrag einer Änderung hängt leider von den gewählten Einheiten des Geldes und der Güter ab Elastizitäten dienen dazu, Änderungen unabhängig von den Einheiten auszudrücken Elastizitäten können negativ sein, aber das Minuszeichen wird manchmal weggelassen, wenn das richtige Vorzeichen aus dem Zusammenhang hervorgeht 23

Formal Absolute Änderung durch absolute Änderung: d i Für Y 0 erhalten wir die Ableitung: Y d i (p,y) Relative Änderung durch relative Änderung : d i/d i Y/Y Dies kann man umformen zu: d i/ Y d i /Y Für Y 0 erhalten wir die Einkommens-Elastizität der Nachfrage nach Gut i an der Stelle p = (p 1, p 2,, p I ), Y: ε i Eink p, Y = d i(p, Y)/ Y d i (p, Y)/Y Y 24

Interpretation Für Y Y klein gilt ε i Eink p, Y d i d i Y Y Wir nehmen an, dass Y = 0,01 ist Y D.h. Das Einkommen erhöht sich um 1 Prozent Die Einkommens-Elastizität der Nachfrage nach Gut i gibt an, um wie viel Prozent sich die Nachfrage verändert wenn das Einkommen um 1 Prozent steigt 25

Übungsaufgabe K3.4 Bei der Messung in Euro ist die Nachfrage des Konsumenten d i p, Y = 1 + Y p i Bei der Messung in Eurocent ist die Nachfrage d i p, Y = 1 + 0,01Y 0,01p i Bestimmen Sie für beide Fälle die Ableitung d i (p,y) Bestimmen Sie für beide Fälle die Elastizität ε Eink i p, Y an der Stelle Y=10 =1000 Eurocent und p i =1 =100 Eurocent 26

Luxusgüter Gut i heißt ein Luxusgut an der Stelle p, Y, wenn ε i Eink p, Y > 1 Ein Gut ist also ein Luxusgut, wenn die Nachfrage nach diesem Gut bei einer Einkommen-Steigerung überproportional steigt Es ist unmöglich, dass alle Güter Luxusgüter sind 27

Andere wichtige Elastizitäten (Eigen-) Preiselastizität der Nachfrage: ε i Preis von i p, Y = d i(p, Y)/ p i d i (p, Y)/p i Die Preiselastizität der Nachfrage nach Gut i gibt an, um wie viel Prozent sich die Nachfrage nach Gut i verändert wenn der Preis von Gut i um 1 Prozent steigt Kreuzpreiselastizität der Nachfrage: ε i Preis von j p, Y = d i(p,y)/ p j d i (p,y)/p j wobei j i Die Kreuzpreiselastizität der Nachfrage nach Gut i gibt an, um wie viel Prozent sich die Nachfrage nach Gut i verändert wenn der Preis von Gut j um 1 Prozent steigt 28

Zusammenfassung Die Nachfrage beschreibt das optimales Güterbündel, gegeben Preise und Einkommen Bei normalen (inferioren) Gütern steigt (sinkt) die Nachfrage mit dem Einkommen Preisänderungen lösen einen Einkommenseffekt und einen Substitutionseffekt aus Bei einem Giffen-Gut steigt die Nachfrage nach diesem mit dessen Preis Elastizität misst die relative Änderung einer abhängigen Variablen auf eine relative Änderung einer unabhängigen Variablen 29