Arbeitszufriedenheit aus der Sicht Jüngerer und Älterer Anstöße für Veränderung Arbeitszufriedenheitsanalyse in einer Brandenburger Pflegeeinrichtung Beispiel Unique GmbH Dr. Gerda Jasper Dr. Annegret Rohwedder Soziale Innovation GmbH Dr. Cordula Sczesny Dr. Uwe Jürgenhake
Interesse des Unternehmens an einer Arbeitszufriedenheitsanalyse Hintergrund: Das Unternehmen befindet sich im Prozess von Umstrukturierungen und räumlichen Umbau. Der Anteil älterer Kolleg/innen nimmt in den nächsten Jahren rasch zu; die Belegschaft altert deutlich. Fragestellungen waren: Wie zufrieden sind die Mitarbeiter mit den einzelnen Merkmalen ihrer Arbeit? Gibt es Unterschiede in der Zufriedenheit zwischen den einzelnen Altersgruppen (Jüngere/Mittelalte/Ältere) und wie ist die Sicht auf die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Generationen? Gibt es Unterschiede in der Zufriedenheit zwischen den einzelnen Bereichen? Wo gibt es Handlungsbedarf, um die Entwicklung von Organisation und Personal alternsgerecht zu gestalten? 2
Das Vorgehen bei der Arbeitszufriedenheitsanalyse Alle Mitarbeiter und Führungskräfte konnten sich an der standardisierten Befragung beteiligen Sie beurteilten Merkmale der Arbeitssituation hinsichtlich: ihrer Wichtigkeit für die eigene Arbeitszufriedenheit ihrer tatsächlichen Zufriedenheit mit diesen Merkmalen Führungskräfte schätzten zusätzlich ein, was sie denken, wie wichtig ihren Mitarbeiter/innen die Merkmale der Arbeit sind und wie zufrieden sie sind Die Auswertung erfolgte für das Unternehmen insgesamt, nach Bereichen und nach Altersgruppen Diskussion der Ergebnisse in allen Bereichen Präsentation und Diskussion der Ergebnisse des Prozesses im Kreis der Geschäftsführung Ableitung von Handlungserfordernissen 3
Vergleich: Wichtigkeit von und Zufriedenheit mit verschiedenen Aspekten der Arbeit Befragte Mitarbeiter/innen: N=60 gutes Auskommen mit den Kolleg/innen Wichtigkeit verschiedener Aspekte der Arbeit Teamarbeit Erfahrungsaustausch mit den Kollegen Zufriedenheit mit verschiedenen Aspekten der Arbeit gutes Auskommen mit dem/der Vorgesetzten Möglichkeit, etwas dazuzulernen Mittelwerte Sortiert nach Wichtigkeit gute Umgebungsbedingungen angemessene Bezahlung gute Informationen zum Unternehmen geringer Zeitdruck Möglichkeiten, eigene Fähigkeiten einzusetzen klare Verantwortungszuweisung / -abgrenzung Entwicklungsmöglichkeiten anspruchsvolle Arbeit ausreichende Urlaubszeit angenehme Arbeitszeiten selbständige Zeiteinteilung eine abwechslungsreiche Tätigkeit Anerkennung geringe nervliche Belastung geringe körperliche Belastung -5-3 -1 1 3 5 4
Kommentar zur Wichtigkeit verschiedener Aspekte der Arbeit und zur Arbeitszufriedenheit 1 Aus der Grafik lässt sich ablesen, wie wichtig einerseits die verschiedenen Aspekte der Arbeit den Mitarbeitern/innen sind und wie zufrieden sie diesbezüglich sind. Überall dort, wo Wichtigkeit und Zufriedenheit deutlich oder sehr weit auseinander liegen, besteht dringender Handlungsbedarf. So ist den Befragten beispielsweise geringer Zeitdruck sehr wichtig, aber sie sind mit dem realen Zeitdruck ausgesprochen unzufrieden (vgl. ). Es ist zu klären, woher der Druck kommt und was dagegen unternommen werden kann. Die Diskrepanz zwischen Wichtigkeit und Zufriedenheit hinsichtlich der Bezahlung ist ebenfalls sehr hoch (vgl. ). Hier könnten Maßnahmen sinnvoll sein, die darauf gerichtet sind, den Arbeitsplatz durch andere Merkmale attraktiv zu machen oder Transparenz bezüglich Lohnfindung und Lohnunterschieden herzustellen. 5
Kommentar zur Wichtigkeit verschiedener Aspekte der Arbeit und zur Arbeitszufriedenheit 2 Auffallend ist die Differenz zwischen Anspruch und erlebter Wirklichkeit hinsichtlich der Möglichkeiten, sich in der Arbeit zu entwickeln, etwas dazuzulernen und eigene Fähigkeiten einzusetzen (vgl. ). Daraus zog die Geschäftsführung Schlussfolgerungen zur gezielten und langfristigen Personalentwicklung durch Führungskräfteentwicklung, fachliche Weiterbildung und Supervision. Auch gute Informiertheit über das betriebliche Geschehen wird gewünscht. Die Zufriedenheit damit ist relativ gering (vgl. ). Mehr Transparenz über betriebliche Vorgänge sollte hergestellt und Mitarbeiter/innen stärker einbezogen werden. 6
Wichtigkeit der verschiedenen Aspekte der Arbeit nach Altersgruppen Befragte Mitarbeiter/innen: Mitarbeiter/innen bis unter 35 Jahre (N=10) Mitarbeiter/innen von 35 bis unter 50 Jahre (N=18) Mitarbeiter/innen von 50 bis unter 65 Jahre (N=8) Mittelwerte Sortiert nach: Mitarbeiter/innen von 50 bis unter 65 Jahre gutes Auskommen mit den Kolleg/innen gute Umgebungsbedingungen Teamarbeit Erfahrungsaustausch mit den Kollegen Möglichkeit, etwas dazuzulernen gutes Auskommen mit dem/der Vorgesetzten geringer Zeitdruck angemessene Bezahlung gute Informationen zum Unternehmen klare Verantwortungszuweisung / -abgrenzung anspruchsvolle Arbeit angenehme Arbeitszeiten abwechslungsreiche Tätigkeit selbständige Zeiteinteilung Anerkennung Entwicklungsmöglichkeiten Möglichkeiten, eigene Fähigkeiten einzusetzen ausreichende Urlaubszeit geringe körperliche Belastung geringe nervliche Belastung -5-3 -1 1 3 5 7
Kommentar zur Wichtigkeit von Aspekten der Arbeit differenziert nach Altersgruppen Der Anspruch an die Arbeit ist bei Jüngeren, Mittelalten und Älteren hinsichtlich der meisten Merkmale ähnlich hoch vor allem was das gute Auskommen mit Kolleg/innen und Vorgesetzten Teamarbeit, Erfahrungsaustausch und die Möglichkeiten, etwas dazuzulernen, angeht. Die Jüngeren wünschen sich stärker als die Älteren Entwicklungsmöglichkeiten in der Arbeit und die Möglichkeit, eigene Fähigkeiten einsetzen zu können (vgl. ). Dennoch sind auch die diesbezüglichen Ansprüche der Älteren und Mittelalten nicht gering. Insgesamt bestätigen diese Einschätzungen, dass auch Ältere weiterhin hohe Erwartungen an jene Aspekte der Arbeit haben, die individuelle Entwicklung und Bestätigung ermöglichen. Diesen Erwartungen zu entsprechen, ist eine wichtige Voraussetzung für anhaltende Motivation und Leistungsbereitschaft auch und gerade Älterer. 8
Zufriedenheit mit Aspekten der Arbeit nach Altersgruppen Befragte Mitarbeiter/innen: anspruchsvolle Arbeit Mitarbeiter/innen bis unter 35 Jahre (N=10) Mitarbeiter/innen von 35 bis unter 50 Jahre (N=18) Mitarbeiter/innen von 50 bis unter 65 Jahre (N=8) Mittelwerte Sortiert nach: Mitarbeiter/innen von 50 bis unter 65 Jahre gutes Auskommen mit dem/der Vorgesetzten gutes Auskommen mit den Kolleg/innen Teamarbeit angenehme Arbeitszeiten ausreichende Urlaubszeit gute Umgebungsbedingungen Anerkennung geringe körperliche Belastung Erfahrungsaustausch mit den Kollegen angemessene Bezahlung geringe nervliche Belastung Möglichkeit, etwas dazuzulernen Möglichkeiten, eigene Fähigkeiten einzusetzen abwechslungsreiche Tätigkeit gute Informationen zum Unternehmen selbständige Zeiteinteilung Entwicklungsmöglichkeiten klare Verantwortungszuweisung / -abgrenzung geringer Zeitdruck -5-3 -1 1 3 5 9
Kommentar zur Arbeitszufriedenheit differenziert nach Altersgruppen 1 Ältere Mitarbeiter/innen sind wesentlich unzufriedener mit den Entwicklungsmöglichkeiten, den Möglichkeiten, in der Arbeit etwas dazuzulernen und ihre Fähigkeiten einzusetzen, sowie dem Abwechslungsreichtum ihrer Tätigkeit (vgl. ). Die Einbeziehung und gezielte Ansprache Älterer in und durch Personalentwicklungsmaßnahmen ist daher sinnvoll. Solche Maßnahmen wären z.b. Job Rotation, Job Enrichment, Arbeitskreise, spezifische Weiterbildungsangebote für Ältere, Übergabe von (Führungs-) Verantwortung. Eine große Differenz zwischen den Altersgruppen besteht auch hinsichtlich der Zufriedenheit mit der Verantwortungszuweisung (vgl. ). Ältere sind damit wesentlich weniger zufrieden. Ob dahinter das Bedürfnis nach mehr Verantwortungsübernahme steht oder eher die Unzufriedenheit mit der Undurchsichtigkeit der Zuständigkeiten müsste im Auswertungsworkshop diskutiert und entsprechende Maßnahmen ergriffen werden. 10
Kommentar zur Arbeitszufriedenheit differenziert nach Altersgruppen 2 Hinsichtlich der Umgebungsbedingungen sind die jüngeren Mitarbeiter/innen unzufriedener als mittelalte und ältere (vgl. ). Bei Veränderungen und Neugestaltungen sollten deren Interessen und Bedürfnisse besonders berücksichtigt werden. Den Zeitdruck empfinden vor allem die jüngeren und die älteren Mitarbeiter/innen als sehr belastend (vgl. ). Es sollte nach Möglichkeiten gesucht werden, gerade diese Altersgruppen zu entlasten (evtl. mit jeweils spezifischen Maßnahmen). 11
Was denken die Führungskräfte, was den Mitarbeiter/innen in der Arbeit wichtig ist? Befragte Führungskräfte: N=8 Befragte Mitarbeiter/innen: N=60 Von Führungskräften vermutete Wichtigkeit verschiedener Aspekte der Arbeit für Mitarbeiter/innen Wichtigkeit verschiedener Aspekte der Arbeit für Mitarbeiter/innen Mittelwerte gute Umgebungsbedingungen angemessene Bezahlung Teamarbeit gutes Auskommen mit dem/der Vorgesetzten Erfahrungsaustausch mit den Kollegen klare Verantwortungszuweisung / -abgrenzung gutes Auskommen mit den Kolleg/innen geringe körperliche Belastung angenehme Arbeitszeiten Sortiert nach Führungskräften Anerkennung geringer Zeitdruck Möglichkeiten, eigene Fähigkeiten einzusetzen geringe nervliche Belastung ausreichende Urlaubszeit gute Informationen zum Unternehmen Möglichkeit, etwas dazuzulernen Entwicklungsmöglichkeiten anspruchsvolle Arbeit abwechslungsreiche Tätigkeit selbständige Zeiteinteilung -5-3 -1 1 3 5 12
Kommentar zur Führungskräftesicht auf die (vermuteten) Wichtigkeiten von Merkmalen der Arbeit für die Mitarbeiter/innen Die Vermutungen der Führungskräfte stimmen in hohem Maße mit der eigenen Einschätzung der Mitarbeiter/innen überein. Die größten Abweichungen zwischen den Sichten der Führungskräfte und den tatsächlichen Einschätzungen der Mitarbeiter/innen finden sich bei den körperlichen und nervlichen Belastungen (vgl. ). Die Führungskräfte vermuten einen höheren Stellenwert dieser Merkmale für die Mitarbeiter. Unterschätzt werden dagegen die Wichtigkeit guter, kontinuierlicher Informationen zum Unternehmen, die Möglichkeiten des Dazulernens in der Arbeit und zur selbstständigen Zeiteinteilung (vgl. ). Führungskräfte unterschätzen eher jene Zufriedenheitsmomente, die aus der Transparenz betrieblicher Vorgänge und aus Lernmöglichkeiten in der Arbeit resultieren. Führungskräfteentwicklung zu den Themen Kommunikation, Partizipation und Personalentwicklung sind in einem solchen Fall sinnvoll zumindest die Auswertung der unterschiedlichen Sichten in einem Führungskräfteworkshop. 13
Was denken die Führungskräfte über die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter/innen Befragte Führungskräfte: N=8 Befragte Mitarbeiter/innen: N=60 Von Führungskräften vermutete Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter/innen Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter/innen Mittelwerte Sortiert nach Führungskräften Erfahrungsaustausch mit den Kollegen gutes Auskommen mit dem/der Vorgesetzten Teamarbeit abwechslungsreiche Tätigkeit anspruchsvolle Arbeit ausreichende Urlaubszeit gutes Auskommen mit den Kolleg/innen gute Informationen zum Unternehmen klare Verantwortungszuweisung / -abgrenzung Anerkennung selbständige Zeiteinteilung Entwicklungsmöglichkeiten Möglichkeiten, eigene Fähigkeiten einzusetzen angenehme Arbeitszeiten Möglichkeit, etwas dazuzulernen angemessene Bezahlung geringe körperliche Belastung gute Umgebungsbedingungen geringe nervliche Belastung geringer Zeitdruck -5-3 -1 1 3 5 14
Kommentar zur Führungskräftesicht auf die (vermutete) Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter/innen Die Führungskräfte überschätzen die Zufriedenheit der Mitarbeiter/innen hinsichtlich der Merkmale gute Information zum Unternehmen, Verantwortungszuweisung und Bezahlung (vgl. ) Ebenfalls überschätzt wird die Zufriedenheit mit motivierenden Merkmalen der Arbeit wie Anerkennung, Entwicklungsmöglichkeiten, Selbstständigkeit sowie Möglichkeiten, die eigenen Fähigkeiten einzusetzen (vgl. ). Sehr unterschätzt wird die Unzufriedenheit mit Zeitdruck (vgl. ). Umgekehrt unterschätzen die Führungskräfte die Zufriedenheit der Mitarbeiter/innen mit den Arbeitszeiten, den Umgebungsbedingungen sowie der körperlichen und nervlichen Belastung (vgl. ). Mit letzterer sind die Mitarbeiter/innen jedoch tatsächlich nicht sehr zufrieden. Das heißt, die Führungskräfte sollten ihr Augenmerk stärker auf eine motivierende Gestaltung der Arbeit durch Anerkennung, die Eröffnung von Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten sowie die Förderung von Eigenständigkeit in der Arbeit richten. 15
Abgeleitete Handlungserfordernisse Altersgemischte Teams konsequent anstreben und Tandems/Patenschaften implementieren. Neue Lernformen einführen und gemeinsames Lernen Jüngerer und Älterer organisieren. Gezielten Erfahrungsaustausch und Erleichtern der Arbeit durch Supervision ermöglichen. Tätigkeitswechsel und horizontale Entwicklungspfade schaffen. Alternsgerechte Arbeitszeitgestaltung durch flexiblere Arbeitszeitreglungen. Gleitenden Übergang in den Ruhestand prüfen. Wichtige Erkenntnis: Es reicht nicht aus, allen Altersgruppen die gleichen Chancen einzuräumen. Es ist sinnvoll zugleich zu analysieren, wo ihre spezifischen Bedürfnisse liegen und darauf zu reagieren. 16