56. Österreichischer Chirurgenkongreß Juni 2015, Linz Antibiotikaprophylaxe in der Allgemein- und Viszeralchirurgie



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Transkript:

56. Österreichischer Chirurgenkongreß 3. 5. Juni 2015, Linz Antibiotikaprophylaxe in der Allgemein- und Viszeralchirurgie Wolfgang Feil, Wien

Wolfgang Feil "NO DISCLOSURES" 05.06.2015 www.drfeil.at 2

Antibiotikaprophylaxe (PAP) Wem? Wann? Was? Wie oft? Warum? 05.06.2015 www.drfeil.at 3

PAP Warum? Ziel ist es, unabhängig von der Art des operativen Eingriffs primär die Anzahl postoperativer Wundinfektionen (SSI) zu reduzieren. Durch die PAP soll eine Vermehrung von Erregern, die das Operationsfeld kontaminieren, vermieden werden. Das Auftreten anderer nosokomialer Infektionen wie z. B. Pneumonie oder Sepsis kann durch die PAP nicht reduziert werden. Leitlinie "Perioperative Antibiotikaprophylaxe" AMWF Reg. Nr. 029-022 (www.awmf.org) 05.06.2015 www.drfeil.at 4

Was PAP auch nicht kann Die PAP ist jedoch kein Ersatz für grundlegende Hygienemaßnahmen zur Prävention postoperativer Infektionen, für aseptisches Arbeiten und für gewebeschonende Operationstechniken. Leitlinie "Perioperative Antibiotikaprophylaxe" AMWF Reg. Nr. 029-022 (www.awmf.org) 05.06.2015 www.drfeil.at 5

SSI Surgical Site Infection purulentes Exsudat positive Bakteriologie des Wundabstrichs Diagnose einer Infektion Reoperation/Revision 30 d postoperativ/90 d bei Implantat Consensus paper on the surveillance of surgical wound infections. The Society for Hospital Epidemiology of America; The Association for Practitioners in Infection Control; The Centers for Disease Control; The Surgical Infection Society. Infect Control Hosp Epidemiol 1992; 13:599. 05.06.2015 www.drfeil.at 6

Risikostratifizierung für SSI Kontamination (Wundklassifikation) Individuelle Patientenfaktoren OP bedingte Risikofaktoren 05.06.2015 www.drfeil.at 7

Risiko für SSI - Wundklassifikation Sauber primär sterile Eingriffe ohne Eröffnung eines Hohlraumsystems aseptisches OP-Gebiet, atraumatische OP, Primärnaht, kein Drain z.b. Struma, Varizen, Mamma, Inguinalhernie, LSK Fundoplicatio Sauber-kontaminiert Eröffnung des Gastrointestinaltrakts ohne wesentlichem Austritt von Inhalt z. B. blande Appendektomie, LSK CHE Kontaminiert Eröffnung des Gastrointestinaltrakts mit signifikantem Austritt von Inhalt Eröffnung des infizierten Urogenital- und Respirationstrakts Septisch Infektion, Perforation, Abszeß, traumatische Wunden mit devitalisiertem Gewebe, Fremdkörperentfernungen, Biß- und Schußverletzung 05.06.2015 www.drfeil.at 8

Risiko für SSI - Patient Alter > 70 a reduzierter AZ, Adipositas, Rauchen Besiedlung mit Staph. aureus und MRSA Immunsuppression Tumorerkrankung Bestrahlung, Chemotherapie Anämie, DM II, Dialyse, Ko-Morbidität ASA Score > 2 Aufenthaltsdauer im KH www.klinikstandards.de Suchbegriff: "Antibiotikaprophylaxe" 05.06.2015 www.drfeil.at 9

Risiko für SSI - OP lange OP Dauer (> 2 hr) Erfahrung des OP Teams bei LSK Umstieg auf Laparotomie Implantate (!) Hypothermie Diathermie Blutungen, Konserven Handschuhperforation ZVK, DK Drainagen > 3 d Kolon & Gallenwegseingriffe 05.06.2015 www.drfeil.at 10

Indikation für PAP wenn aufgrund hoher Erregerexposition des Operationsgebiets das Risiko einer intraoperativen Kontamination mit nachfolgender SSI durch systemischen Erregereintrag gegeben ist (meist bei Vorliegen der Wundklassifikationen sauber-kontaminiert, kontaminiert oder septisch) bei sauberen Eingriffen mit Vorliegen eines zusätzlichen Risikofaktors wie Notfalloperationen, Einbau von Gefäßprothesen sowie anderen alloplastischen Materialien bei sauberen Eingriffen mit Infektionsgefährdung auf Grund patienteneigener Risiken und als Folge erheblicher Morbidität oder Letalität, z. B. Eingriffe bei immunsupprimierten Patienten, bei Patienten mit schweren Grunderkrankungen, bei Patienten mit hohem ASA-Score, Vorbestrahlung, Unterkühlung Leitlinie "Perioperative Antibiotikaprophylaxe" AMWF Reg. Nr. 029-022 (www.awmf.org) 05.06.2015 www.drfeil.at 11

PAP - Substanz Das ideale Antibiotikum zur PAP ist bakterizid wirksam, nebenwirkungsarm und kostengünstig. Es sollte nur das Spektrum der zu erwartenden Mikroorganismen in Abhängigkeit vom Operationsfeld und seiner unmittelbaren Hautund Schleimhautumgebung und nicht das gesamte Erregerspektrum potentieller Wundinfektionen erfassen. Bei vorangegangener Antibiotikatherapie muss mit Veränderungen der Kontaminationsflora und mit der Selektion resistenter Spezies gerechnet werden. Darüber hinausgehend müssen die lokale Resistenzsituation des Krankenhauses und die Risikofaktoren der Patienten berücksichtigt werden. Leitlinie "Perioperative Antibiotikaprophylaxe" AMWF Reg. Nr. 029-022 (www.awmf.org) 05.06.2015 www.drfeil.at 12

PAP Substanzen (1) OP-Gebiet Antibiotika Alternative Kolon (immer) Appendektomie Gallenwege Magen, Duodenum Leber, Pankreas, Ösophagus Ampicillin/Sulbactam Amoxicillin/Clavulansäure Ampicillin/Sulbactam Amoxicillin/Clavulansäure Ampicillin/Sulbactam Amoxicillin/Clavulansäure Ampicillin/Sulbactam Amoxicillin/Clavulansäure Cefazolin, Cefuroxim Cefotiam + Metronidazol Cefazolin, Cefuroxim, Cefotiam + Metronidazol Cefoxitin Ceftriaxon + Metronidazol Cefazolin + Metronidazol (bei Perf. 3 d) Cefazolin, Cefuroxim, Cefotiam Ceftriaxon + Metronidazol Cefazolin, Cefuroxim, Cefotiam Ceftriaxon + Metronidazol Clindamycin + Gentamycin Ceftriaxon + Metronidazol 05.06.2015 www.drfeil.at 13

PAP Substanzen (2) OP-Gebiet Antibiotika Alternative Gefäßchirurgie Implantate Beinamputation Plastische Chirurgie Handchirurgie Bißverletzung Offene Frakturen Bauchtrauma, Schuß, Stich Urologie Gynäkologie Cefazolin, Cefuroxim, Cefotiam Ampicillin/Sulbactam Amoxicillin/Clavulansäure Cefazolin, Cefuroxim Cefotiam Ampicillin/Sulbactam Amoxicillin/Clavulansäure Ampicillin/Sulbactam Amoxicillin/Clavulansäure Ampicillin/Sulbactam Amoxicillin/Clavulansäure Cefazolin, Cefuroxim, Cefotiam Vancomycin + Gentamycin Cefuroxim Cefotiam + Metronidazol Ampicillin/Sulbactam Amoxicillin/Clavulansäure Penicillin G, Penicillin V Doxycyclin Penicillin G, Penicillin V Imipenem, Meropenem Ciprofloxacin Cefuroxim, Cefotiam Doxycyclin 05.06.2015 www.drfeil.at 14

PAP Zeitpunkt Eine einmalige Antibiotikagabe ("single shot") ist in der Regel für eine effektive Prophylaxe bei einer Operationsdauer von weniger als 2 hr ausreichend und einer darüber hinausgehenden mehrmaligen Gabe von Antibiotika nicht unterlegen. Eine Applikation nach Wundverschluss hat keinen Einfluss auf die Infektionsrate. 05.06.2015 www.drfeil.at 15

PAP - Durchführung oral und/oder i.v. Bioverfügbarkeit für Zeitraum beachten Prophylaxefenster (OP Beginn bis Ende) 30 60 min vor Hautschnitt abhängig von Substanz abhängig von lokaler Organisationsstruktur Leitlinie "Perioperative Antibiotikaprophylaxe" AMWF Reg. Nr. 029-022 (www.awmf.org) 05.06.2015 www.drfeil.at 16

SSI und Zeitpunkt PAP Time of administration SSI % Early (2 24 hr) 3.8 % Preoperative (0 2 hr) 0.6 % Perioperativ (within 3 hr) 1.4 % Postoperativ (> 3 hr) 3.3 % Classen DC, Evans RS, Pestotnik SL et al. The timing of prophylactic administration of antibiotics and the risk of surgical wound infection. N Engl J Med 1992; 326: 281 05.06.2015 www.drfeil.at 17

PAP - Folgedosis Bei starkem Blutverlust (>1 l) oder länger dauernden Operationen muss in Abhängigkeit von der Halbwertzeit des applizierten Antibiotikums eine Folgedosis verabreicht werden. Diese wird in der Regel erforderlich, wenn der Eingriff länger dauert, als die doppelte Halbwertszeit des Antibiotikums ausmacht. 05.06.2015 www.drfeil.at 18

Halbwertszeit Antibiotika Antibiotikum Cefotiam Piperacillin-Tacobactam Ampicillin + Sulbactam Amoxicillin + Clavulansäure Cefotaxim, Piperacillin, Imipenem, Meropenem Cefuroxim Cefazolin Clindamycin, Tobramycin, Gentamycin Ciprofloxacin Vancomycin Metronidazol Levofloxacin, Ceftriaxon Halbwertszeit 45 min 60 min 70 min 90 min 2 hr 3 5 hr 6 hr 7 hr 7 8 hr 05.06.2015 www.drfeil.at 19

PAP - Dauer Die Dauer der Prophylaxe soll 24 hr nicht überschreiten. Ein darüber hinaus gehender Zeitraum gilt als Therapie starke bakterielle Kontamination des Operationsfeldes Infektionsherde durch den Eingriff nicht vollständig beseitigt werden können und demzufolge ein anhaltend hohes Infektionsrisiko für den Patienten besteht. Eine eindeutige Abgrenzung zwischen Prophylaxe und Therapie ist in diesen Fällen nicht möglich und auch nicht nötig. Leitlinie "Perioperative Antibiotikaprophylaxe" AMWF Reg. Nr. 029-022 (www.awmf.org) 05.06.2015 www.drfeil.at 20

PAP Dosierung (1) Lokalisation Antibiotikum Dosis (< 120 kg) Re-Dosierung Magen/Duodenum (Lumen eröffnet) Magen/Duodenum (ohne Lumen eröffnet) Gallenwege (offen, hohes Risiko) Gallenwege (geringes Risiko) Appendix Cefazolin 4 hr Hohes Risiko: Cefazolin Cefazolin Cefotetan Cefoxitin Ampicillin/Sulbactam 4 hr 3 g i.v. 0 0 0 Cefoxitin Cefotetan Cefazolin + Metronidazol 500 mg i.v. 4 hr 6 hr 2 hr 2 hr 2 hr 6hr 4 hr 05.06.2015 www.drfeil.at 21

PAP Dosierung (2) Lokalisation Antibiotikum Dosis (< 120 kg) Re-Dosierung Dünndarm (kein Ileus) Cefazolin 4 hr Dünndarm (Ileus) Cefoxitin Cefotetan Cefazolin + Metronidazol 500 mg i.v. 2 hr 6 hr 4 hr Hernie Cefazolin 4 hr Kolon/Rektum Cefoxitin Cefotetan Cefazolin + Metronidazol Ampicillin/Sulbactam Neomycin, Erythromycin Metronidazol Mamma (gutartig) 0 0 500 mg i.v. 3 g i.v. Oral Oral 2 hr 6hr 4 hr 2 hr 05.06.2015 www.drfeil.at 22

PAP Dosierung (3) Lokalisation Antibiotikum Dosis (< 120 kg) Re-Dosierung Mammakarzinom Cefazolin Gefäßchirurgie (pavk Leiste, AAA, Prothesen) Gefäßchirurgie (untere Extremität, Amputation) Angiographie, Dilatation, Stent (hohes Risiko) Cefazolin Vancomycin Clindamycin Cefazolin Vancomycin Clindamycin Cefazolin Vancomycin Clindamycin 15 mg/kg i.v. 900 mg i.v. 15 mg/kg i.v. 900 mg i.v. 15 mg/kg i.v. 900 mg i.v. Varizen 0 0 0 Treatment Guidelines from The Medical Letter. 2012; 10: 73 (www.medicalletter.org) Bratzler DW, et al. Clinical guidelines for antimicrobial prophylaxis in surgery. Surg Infect (Larchmt) 2013; 14: 73 Venkatesan AM, et al. Practice guidelines for adult antibiotic prophylaxis during vascular and interventional radiology procedures. J Vasc Radiol 2010; 21: 1611 05.06.2015 www.drfeil.at 23 4 hr 6 hr 4 hr 6 hr

European Hernia Society Grad A Grad B Grad C Unter klinischen Bedingungen mit geringen (< 5%) Wundinfektionsraten besteht keine Indikation für den routinemässigen Einsatz einer Antibiotikaprophylaxe bei der elektiven, offenen Hernienkorrektur bei "lowrisk"-patienten. Bei laparoskopischen Hernienoperationen ist die Antibiotikaprophylaxe wahrscheinlich nicht indiziert. Bei Vorhandensein von patientenbedingten Risikofaktoren (Rezidiv, fortgeschrittenes Alter, immunsupprimierende Bedingungen) oder chirurgiebedingten Faktoren (erwartete lange Operationszeit, Verwendung von Wunddrainagen) sollte eine Antibiotikaprophylaxe erwogen werden. Simons MP, Aufenacker T, Bay-Nielsen M, et al. European Hernia Society guidelines on the treatment of inguinal hernia in adult patients. Hernia 2009 Aug;13(4):343-403 05.06.2015 www.drfeil.at 24

PAP Zusammenfassung (1) Indikation zur PAP: Entscheidung des Chirurgen Ziel: Senkung der Wundinfektionsrate (sekundäres Ziel: Vermeidung lokaler und systemischer Infektkomplikationen) Kriterien für PAP Wundklassifikation (sauber/sauber-kontamiert/kontaminiert/septisch) individuelles Infektionsrisiko des Patienten operationsbedingte Besonderheiten Auswahl des Antibiotikums Risikoprofil des Patient Art der Operation regionale Epidemiologie & lokale Besonderheiten Unverträglichkeiten 05.06.2015 www.drfeil.at 25

PAP Zusammenfassung (2) Abfragen der PAP im "Checkprotokoll "Team Time Out" Wirksamer Antibiotika-Spiegel für OP-Dauer Gabe 1 hr vor bis 2 hr nach Beginn der OP (spätestens jedoch vor Wundverschluss) In klinischer Routine: i.v.-gabe ca. 30 bis 60 min vor Hautschnitt (typischerweise mit der Narkoseeinleitung) Bei aseptischen Eingriffen ohne Implantat: prinzipiell keine Indikation zur PAP OP mit Lumeneröffnung am GI-Trakt: prinzipiell immer PAP 05.06.2015 www.drfeil.at 26