Rechte der Bankkunden bei kreditfinanzierter Immobilienanlage



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Transkript:

Gudrun Fuchs Rechtsanwältin Maximilianstr. 14/III 93047 Regensburg Telefon: 0941/561440 Telefax: 0941/561420 E-Mail: kanzlei@rain-fuchs.de Internet: www.rain-fuchs.de in Kooperation mit Steuerberaterinnern Juliane Lerch und Gudrun Prock Hermann-Köhl-Straße 10 D-93049 Regensburg Tel.: 0941 / 64081678 Fax: 0941 / 64082952 E-Mail: mail@lerch-prock.de Internet: www.lerch-prock.de Rechte der Bankkunden bei kreditfinanzierter Immobilienanlage Das vorliegende Skript wendet sich an Bankkunden, die sich durch Kredite eine Immobilie finanziert haben und sich dadurch geschädigt fühlen. Dargestellt ist die Gesetzeslage und Rechtsprechung in Deutschland bis September 2004. Berücksichtigt sind insbesondere die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom Sommer 2004. Version 1.3 vom 16.10.2004

2 Inhalt 1. Der durch Darlehen finanzierte Immobilienkauf...3 1.1. Verbraucherkreditgeschäfte...4 1.2. Haustürgeschäfte...5 2. Kreditfinanzierte Beteiligung an geschlossenem Immobilienfond...6 2.1. Entscheidungen des BGH vom 14.06.2004...6 2.2. Zusammenfassung zum geschlossenen Immobilienfond...9 3. Was jetzt zu tun ist...9 4. Glossar und Definitionen...10 4.1. Geschlossener Immobilienfond...10 4.2. Grundpfandrecht...10 4.3. Haustürgeschäft...10 4.4. Haustürwiderrufsgesetz...10 4.5. Verbraucherkreditgeschäft...10 4.6. Verbraucherkreditgesetz...10 4.7. Verbundenes Geschäft...11 Schreibweise Im laufenden Text kursiv gesetzte Begriffe sind im Anhang (4 Glossar und Definitionen) definiert. Rechtsbeispiele sind eingerückt.

3 1. Der durch Darlehen finanzierte Immobilienkauf In der Vergangenheit wurden viele Privatleute mit mittlerem oder kleinem Einkommen von Finanzvermittlern zu Hause aufgesucht. Die Vermittler versprachen Steuervorteile, wenn die Privatleute eine Eigentumswohnung kaufen oder eine Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfond erwerben würden. Nötig sei hierzu angeblich kein Eigenkapital. Mit den Mieteinnahmen sollten die Darlehensraten getilgt werden. Die Privatpersonen schlossen hierzu mit der finanzierenden Bank einen Darlehensvertrag. Mit dem ausgezahlten Darlehensbetrag kauften sie die Immobilie. Mit den Mieteinnahmen wollten sie das Darlehen an die Banken zurückbezahlen. Die FinanzvermittlerFehler! Textmarke nicht definiert. nutzten hier aus, dass Immobilien in der Vergangenheit zu Recht immer als sichere Geldanlage galten. Sie behaupteten, dass die Immobilien sich durch die Mieteinnahmen und die Steuervorteile selbst finanzieren würden. Später stellte sich aber oft heraus, dass die Eigentumswohnungen nur wenig wert waren. Der Kaufpreis war zu hoch und die Mieteinnahmen waren so gering, dass die neuen Eigentümer hiervon die Darlehensraten nicht tilgen konnten. Außerdem hatten die Käufer noch die Provisionen der Vermittler und die Zahlungen für die Lebensversicherungen und Bausparverträge, die sie zur Sicherung der Darlehen abgeschlossen hatten, zu bezahlen. Der durch Darlehen finanzierte Immobilienkauf berührt insbesondere die Rechtsgebiete Verbraucherkreditgesetz und Haustürwiderrufsgesetz. Zu diesem Thema ergingen in der Vergangenheit einige leider wenig kundenfreundliche Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH), die im nächsten Teil dargestellt werden. Im Sommer 2004 hat der BGH für die Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds eine positivere Beurteilung abgegeben, die sich auch auf kreditfinanzierte Immobilienkaufverträge auswirken könnte. Dies ist im Teil 2 dargelegt.

4 1.1. Verbraucherkreditgeschäfte Der BGH urteilte immer wieder, dass Immobilienkredite und das jeweils finanzierte Grundstücksgeschäft grundsätzlich nicht als wirtschaftliche Einheit anzusehen sind, also keine verbundenen Geschäfte darstellen. (Der Kreditnehmer kann deswegen gegenüber der Bank...) Das hat zur Folge, dass der Kreditnehmer gegenüber der Bank nicht die Einwendungen geltend machen kann, die er gegenüber dem Verkäufer geltend machen kann. In einem Ausnahmefall entschied der BGH am 23.09.2003, dass auch ein kreditfinanziertes Immobiliengeschäft mit dem der Finanzierung dienenden Verbraucherkreditvertrag ein verbundenes Geschäft bilden kann 1. Voraussetzung dafür sind: Der Kreditvertrag ist nicht durch ein Grundpfandrecht abgesichert. Der Kreditvertrag ist nicht aufgrund einer Initiative des Kreditnehmers zustande gekommen, sondern die Bank hat sich der Mitwirkung des Vertriebsbeauftragten des Verkäufers bedient. Der Kreditvertrag fällt unter das Verbraucherkreditgesetz, wenn der Kredit nicht durch ein Grundpfandrecht abgesichert ist. Der Bankkunde kann in diesem Fall gegenüber der Bank all die Einwendungen geltend machen, die er auch gegenüber dem Verkäufer geltend machen kann. Fall 1: Der Verkäufer hat falsche Angaben gemacht, die dazu führen, dass der Kunde den Kaufvertrag rückabwickeln kann. Dies führt dazu, dass der Bankkunde jetzt auch den Kreditvertrag rückabwickeln kann. Es sei noch mal darauf hingewiesen, dass dieser Ausnahmefall nur dann gilt, wenn der Kreditvertrag nicht durch ein Grundpfandrecht abgesichert ist. Aus Sicht des Bankkunden wäre es wünschenswert, dass dies auf alle Kreditverträge ausgedehnt werden würde. Er könnte dann den Darlehensvertrag rückgängig machen und müsste im Gegenzug lediglich die Immobilie an die Bank übertragen. 1 BGH XI ZR 135/02 vom 23.09.2003

5 1.2. Haustürgeschäfte Viele Verbraucherkreditverträge sind gleichzeitig Haustürgeschäfte. Nach dem früheren Haustürwiderrufsgesetz waren Darlehen deshalb innerhalb von einer Woche widerrufbar. Seit dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz von 2002 ist die Frist zwei Wochen 2. Auf die Möglichkeit des Widerrufs muss der Kunde hingewiesen worden sein, sonst kann er den Vertrag auch noch nach Jahren widerrufen. In aller Regel haben die Finanzvermittler nicht auf die Widerrufsmöglichkeit hingewiesen. Der BGH hatte in der Vergangenheit bei durch Grundpfandrechte gesicherten Darlehen ein Widerrufsrecht verneint. Er legte dies dem europäischen Gerichtshof vor. Der europäische Gerichtshof ging davon aus, dass das Widerrufsrecht des Bankkunden auch bei durch Grundpfandrechte gesicherten Darlehen bestehen würde, wenn das Geschäft in einer Haustürsituation angebahnt wurde 3. Daraufhin urteilte der BGH, dass der Bankkunde einen Darlehensvertrag der aus einer Haustürsituation entstanden ist, widerrufen könne 4. Dies nutzt den Bankkunden aber nicht viel, da sie das gesamte Restdarlehen sofort zurückzahlen mussten. Hierzu sind die meisten Bankkunden nicht in der Lage. Das bedeutete, dass all diejenigen, die die Darlehensverträge widerriefen, sich durch die sofortige Rückzahlungspflicht sogar verschlechtert haben. Fall 2: Der Kunde wird von einem Vermittler, der sowohl für die Bank als auch für den Verkäufer tätig ist, unaufgefordert zu Hause aufgesucht. Der Vermittler erklärt dem späteren Bankkunden, dass es für ihn günstig sei, aus Steuerersparnisgründen eine Immobilie zu erwerben und durch einen Kredit bei der X-Bank zu finanzieren. Daraufhin schließt der Kunde mit der X-Bank einen Darlehensvertrag, den er durch eine Grundschuld absichert. Der BGH vertrat in einem vergleichbaren Fall die Meinung, dass der Bankkunde den Kreditvertrag zwar widerrufen könne. In diesem Fall müsste er jedoch das Darlehen in einer Summe zurückbezahlen. In der Folgezeit hatte das Landgericht Bochum zu der Frage, ob der Kunde das Restdarlehen dann in einer Summe an die Bank zurückzahlen müsse nochmals den EuGH angerufen. Die EU-Kommission nahm zu dem Vorlagebeschluss Stellung und führte aus, dass der BGH die deutschen Vorschriften über das Rücktrittsrecht und die Rückabwicklung des Kreditvertrages zu formal und mechanisch anwenden würde. Der Generalanwalt am EUGH hat in seinem Gutachten am 28.09.2004 allerdings ausgeführt, dass die Immobilienkäufer die Kreditvertrag nicht widerrufen können. Gleichzeitig vertrat er jedoch die Meinung dass dies nicht dem Verbraucherschutz dienlich sei. Aus Rechtssicherheitsgründen müsse das Widerrufsrecht jedoch eng ausgelegt werden. Trotzdem wird die Entscheidung des EUGH mit Spannung erwartet. An die Anträge des Generalanwalts ist der EUGH nämlich nicht gebunden. 2 312 BGB 3 EuGH C-350/03 4 BGH XI ZR 91/99

6 1.3 Unangemessen hoher Kaufpreis War der Kaufpreis der Immobilie unangemessen hoch, kann die Bank dafür in den wenigsten Fällen in die Pflicht genommen werden, selbst wenn diese hiervon wusste. Der BGH hatte ausgeführt 5, dass die Banken gegenüber den Kunden keine Aufklärungspflicht haben, wenn der Kaufpreis der Immobilie unangemessen hoch ist. Eine Aufklärungspflicht der Bank kommt nach dem BGH nur dann in Betracht, wenn der Wert der Leistung knapp doppelt so hoch wie der Wert der Gegenleistung ist. Wenn also der Bank bekannt war, dass ein Käufer doppelt soviel bezahlt hatte, wie die Immobilie wert war. Auch wenn sich später herausstellt, dass der Kaufpreis unangemessen hoch war, muss der Kunde das Darlehen in der Regel an die Bank vollständig zurückbezahlen. 2. Kreditfinanzierte Beteiligung an geschlossenem Immobilienfond 2.1. Entscheidungen des BGH vom 14.06.2004 Kürzlich traf der BGH mehrere sehr kundenfreundliche Entscheidungen zur Geldanlage über einen geschlossenen Immobilienfond. Dies könnte Auswirkungen auf Tausende von Bankkunden bei geschlossenen Immobilienfonds und möglicherweise sogar auf durch Kreditvertrag finanzierte Immobilienkäufe haben. Der BGH hatte hier unter anderem die wichtige Frage zu entscheiden, ob der Bankkunde, der sich vom Immobilienfond lösen kann, das gesamte Darlehen an die Bank zurückbezahlen muss. Bei den am 14.06.2004 entschiedenen Fällen hatte der Bankkunde die Darlehensbeträge selbst nicht erhalten. Stattdessen hatte er seinen Anteil am Immobilienfond bekommen. Teilnehmer eines geschlossenen Immobilienfonds, die die Beteiligung daran durch Bankkredite finanziert haben, können jetzt alle Einwendungen, die sie gegenüber den Verantwortlichen des Immobilienfonds haben, auch gegenüber der finanzierenden Bank geltend machen. Voraussetzung ist, dass zwischen dem Kreditvertrag und dem Beitritt zum Immobilienfond eine enge Verbindung bestand. Der Beitritt zum Immobilienfond und der hiermit im Zusammenhang von einem Anlagenvermittler angebahnte Kreditvertrag sind ein verbundenes Geschäft im Sinne des Verbraucherkreditgesetzes, wenn sich die Fondgesellschaft und die Bank derselben Vertriebsorganisation bedienen. Das ist z. B. dann der Fall, wenn die Bank dem Anlagevermittler ihre Darlehensverträge überlässt und keinen eigenen Kontakt zum Kunden herstellt. Fall 3: Der Bankkunde wurde beim Beitritt zum Immobilienfond getäuscht. Die Bank muss sich bei verbundenen Geschäften alle Einwendungen entgegen halten lassen, die der Anleger auch gegen die Verantwortlichen des Immobilienfonds hat. Das bedeutet: Wenn die Verantwortlichen des Fonds wegen Täuschung des Anlegers verpflichtet sind, den Anleger so zu stellen, als wäre er dem Fond nie beigetreten, hat die Bank keinen Zahlungsanspruch gegen den Kunden. Im Gegenteil: der Kunde hat einen Anspruch gegen die Bank auf 5 BGH XI, Urteil vom 18.11.2003

7 Rückzahlung dessen, was er aus seinem eigenen Vermögen an die Bank bezahlt hat. Im Gegenzug muss er die Ansprüche gegen den Fond und gegen die Verantwortlichen des Fonds an die Bank abtreten. Eventuelle Steuervorteile muss er sich anrechnen lassen. Fall 4: Verträge wurden in der Wohnung oder am Arbeitsplatz des Anlegers geschlossen oder angebahnt. Nach dem Haustürwiderrufsgesetz hat der Anleger das Recht, die Verträge innerhalb einer Frist von zwei Wochen zu widerrufen 6. Wenn er hierüber nicht ordnungsgemäß belehrt wurde, besteht das Widerrufsrecht ohne zeitliche Begrenzung 7. Fall 5: Die Initiatoren des Immobilienfonds hatten von vornherein eine Person, die aber kein Rechtsanwalt war und auch sonst keine Erlaubnis zur Besorgung von Rechtsangelegenheiten hatte, als Treuhänder bestimmt. Der Treuhänder vertrat die Bankkunden dann beim Abschluss der einzelnen Verträge. Hier urteilte der BGH, dass die Vollmacht an den Treuhänder wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig ist. Dies hatte zur Folge, dass auch die einzelnen Verträge nichtig waren 8. Der II. Senat des BGH äußerte Bedenken gegen die Rechtsprechung anderer Senate, wonach der Mangel der Vollmacht geheilt werde 9. Die Richter wiesen darauf hin, dass der Treuhänder, wie es der Bank bekannt ist, nicht vom einzelnen Bankkunden selbst ausgewählt, sondern von den Initiatoren des Fonds bestimmt wurde. Die Kreditverträge seien deshalb nichtig. Der Kunde muss daher keine weiteren Kreditraten an die Bank leisten. Die geleisteten Beträge kann er zurückfordern. Auch dies kann sich auf durch Kredit finanzierte Immobilienverträge auswirken. 6 seit der Schuldrechtsmodernisierung 312 BGB 7 BGH II 385 / 02 8 BGH II 393 / 02 vom 14.05.04 9 BGH II ZR 407/02 vom 14.06.2004

8 Fall 6: Kreditverträge enthielten nicht die Mindestangaben, die durch das Verbraucherkreditgesetz vorgeschrieben sind. Dies sind: - Angabe des auf den einzelnen Anleger entfallenden Nettobetrages - Angabe des auf ihn entfallenden Gesamtbetrages aller zur Tilgung und zur Begleichung der Zinsen und sonstigen Kosten zu entrichtenden Teilbeträge - Angabe der Kosten der im Zusammenhang mit dem Kreditvertrag von dem jeweiligen Anleger abgeschlossenen Kapitallebensversicherung. Die Verträge sind deshalb nach Verbraucherkreditgesetz unwirksam. Dies ist auch nicht etwa durch die Auszahlung des Kredits geheilt worden, wenn die Kredite, wie es der Bank bekannt war, nicht an den Bankkunden, sondern an die Fondsgesellschaft ausgezahlt wurden. Fall 7: Die Gründer des Immobilienfonds hatten das Grundpfandrecht bereits bestellt. Dann erst traten die Gesellschafter dem Fond bei und schlossen die einzelnen Kreditverträge mit der Bank. Grundsätzlich ist das Verbraucherkreditgesetz zwar nicht anwendbar, wenn der Kredit durch ein Grundpfandrecht gesichert wurde. Der BGH urteilte jedoch, dass das Verbraucherkreditgesetz ausnahmsweise anwendbar ist, wenn das Grundpfandrecht bereits bestellt wurde, bevor der einzelne Bankkunde seinen Kreditvertrag abgeschlossen hat 10. In dem hier vom BGH 11 entschiedenen Fall hatten die Initiatoren des Immobilienfonds zunächst das Grundpfandrecht bestellt. Ein Notartermin mit Beteiligung der einzelnen Anleger hatte nicht stattgefunden. Der Anleger ist daher genauso schutzwürdig wie bei einem nicht durch ein Grundpfandrecht gesicherten Kredit. Wenn der Kredit dagegen nicht von Anfang an durch ein Grundpfandrecht gesichert ist, kann auf die Angabe des Gesamtbetrages aller vom Verbraucher zur Tilgung des Kredits sowie zur Zahlung der Zinsen und sonstigen Kosten zu entrichtenden Teilzahlungen verzichtet werden. Die übrigen oben aufgeführten Mindestangaben müssen auch hier vorhanden sein. 10 BGH II ZR 393/02 11 BGH II ZR 393/02

9 2.2. Zusammenfassung zum geschlossenen Immobilienfond Für diejenigen, die sich an einem geschlossenen Immobilienfond beteiligt haben, gilt: Der Bankkunde darf bei durch Verbraucherkredit finanzierten Immobilienkäufen nicht schlechter gestellt werden, als wenn der Darlehensvertrag wirksam wäre 12. Dies wäre jedoch der Fall, wenn er den Darlehensbetrag in einer Summe an die Bank zurückbezahlen müsste. Er muss stattdessen seine Rechte an dem Immobilienfond an die Bank abtreten 13. Wenn der Beitritt zur Gesellschaft nur teilweise durch ein Darlehen finanziert wurde, muss der Bankkunde die Abtretung am Immobilienfond nur Zug um Zug gegen Rückgewähr der von ihm selbst erbrachten Zahlungen leisten. Die Bank muss dem Kunden sogar sein Eigenkapital ersetzen, wenn sie die Rechte aus der Gesellschaftsbeteiligung in Anspruch nehmen will. Der BGH weist darauf hin, dass der Kunde sein Kündigungsrecht dadurch ausüben kann, dass er der Bank mitteilt, dass er durch Täuschung zum Fondbeitritt veranlasst worden sei und ihr die Übernahme eines Gesellschaftsanteils anbietet. Weiterhin kann er der Bank alle Ansprüche entgegensetzen, die er gegen die Gründungsgesellschafter des Fonds, die Initiatoren sowie die Herausgeber des Prospekts hat 14. 3. Was jetzt zu tun ist Die Entscheidungen vom 14.08.2004 sind für alle Bankkunden günstig, die sich mit einem Kredit an einem Immobilienfond beteiligt haben. Hier muss geprüft werden, ob einer der Fälle, die zur Unwirksamkeit des Beitritts zum Immobilienfonds oder zur Möglichkeit des Widerrufs führen, vorliegt. Derzeit ist es noch nicht sicher, wie sich die verbraucherfreundlichen Urteile zum Immobilienfond auf kreditfinanzierte Käufe von Eigentumswohnungen auswirken. In jedem Fall wird die Verhandlungsposition der Bankkunden durch die Urteile des BGH gestärkt. Außerdem bleibt noch die Entscheidung des EuGH abzuwarten. In Betracht käme danach möglicherweise ein Anspruch auf Rückzahlung der Kreditraten gegen Übertragung der Immobilie auf die Bank. 12 BGH II 407/02 vom 14.06.2004 im Gegensatz zu den Entscheidungen des IX Senats 13 BGH II ZR 407/02 14 BGH II ZR 407/02

10 4. Glossar und Definitionen Hier sind einige Begriffe zusammengestellt, um die es in dem Skript geht. 4.1. Geschlossener Immobilienfond Der geschlossene Immobilienfond ist in der Regel eine BGB Gesellschaft, bei der alle Beteiligten persönlich haften oder eine Kommanditgesellschaft, bei der nur die Komplementäre persönlich haften. Bei den Kommanditisten ist die Haftung auf ihre Einlage beschränkt. Der Zweck der Gesellschaft ist in beiden Fällen der Erwerb von Grundstücken, deren Verwaltung und gegebenenfalls Wiederveräußerung. Die Gesellschaft wird meistens zum Erwerb einer bestimmten Immobilie gegründet. Die Gesellschafter werden dann als Eigentümer der Immobilie ins Grundbuch eingetragen. 4.2. Grundpfandrecht Ein Grundpfandrecht ist ein Pfandrecht an einem Grundstück. Das bedeutet, dass der Bankkunde die Versteigerung des Grundstücks befürchten muss, wenn er den Kredit nicht rechtzeitig tilgen kann. Arten des Grundpfandrecht sind Grundschuld und Hypothek. 4.3. Haustürgeschäft Unter einem Haustürgeschäft versteht man ein Geschäft, bei dem der Kunde zum Abschluss eines Vertrags an seinem Arbeitsplatz oder in seiner Privatwohnung oder anlässlich einer vom Unternehmer durchgeführten Freizeitveranstaltung oder durch Ansprechen in der Öffentlichkeit veranlasst wurde. 4.4. Haustürwiderrufsgesetz Das Haustürwiderrufsgesetz wurde im Jahr 2002 zum großen Teil in das BGB übernommen 15. Vorher war es ein eigenständiges Gesetz. 4.5. Verbraucherkreditgeschäft Unter einem Verbraucherkreditgeschäft versteht man einen Vertrag, bei dem der Darlehensgeber ein Unternehmer (z.b. eine Bank) und der Darlehensnehmer eine Privatperson ist. Der Bankkunde darf den Kredit nicht zum Zweck eines Gewerbes oder einer selbständigen beruflichen Tätigkeit aufnehmen. 4.6. Verbraucherkreditgesetz Das Verbraucherkreditgesetz wurde im Jahr 2002 zum großen Teil in das BGB übernommen 16. Vorher war es ein eigenständiges Gesetz. 15 312 ff. BGB 16 358ff., 491ff. BGB

11 4.7. Verbundenes Geschäft Ein Kaufvertrag bildet ein mit dem Kreditvertrag verbundenes Geschäft, wenn der Kredit der Finanzierung des Kaufpreises dient und beide Geschäfte als wirtschaftliche Einheit anzusehen sind. Eine wirtschaftliche Einheit ist insbesondere anzunehmen, wenn der Kreditgeber sich bei der Vorbereitung oder dem Abschluss des Kreditvertrages der Mitwirkung des Verkäufers bedient. Beispiel: Verbundenes Geschäft Der Verkäufer der Eigentumswohnungen steht mit dem Kreditvermittler in einer engen Geschäftsbeziehung. Auch die Bank arbeitet mit dem Kreditvermittler zusammen. Bei dem Verkauf der Eigentumswohnungen schlägt der Vermittler die Finanzierung durch die Bank vor. Der Bankkunde hat keine eigenen Verhandlungen mit der Bank geführt.