Reihe 10 S 1 Verlauf Material Das Zeitalter der Aufklärung ein europäisches Geistesprojekt im 18. Jahrhundert Maximilian Bunk, München Diese kolorierte Radierung von Daniel Chodowiecki stammt aus dem Jahr 1791 und ist eine symbolhafte Darstellung der Aufklärung im 18. Jahrhundert: Die aufgehende Sonne der Vernunft durchbricht den Nebel und die Wolken des Aberglaubens und läutet für die Menschen eine neue Epoche des Rationalismus ein. Was war die Aufklärung? Welche Ziele verfolgte sie und kann man überhaupt von einem homogenen bzw. kohärenten Aufklärungs-Programm sprechen? Wer waren die Träger der neuen Ideen und welche Hindernisse stellten sich den Denkern vornehmlich des 18. Jahrhunderts in den Weg? Was bedeuten die Gedanken, Debatten und Kontroversen von damals für uns heute und in welchem Maße prägen sie unsere Welt? Wie aktuell ist die Aufklärung? Erkunden Sie mit Ihren Schülerinnen und Schülern das europäische Denkprojekt der Aufklärung als eine nach wie vor fortgeschriebene Geschichte, die tief in unser modernes Leben hineinreicht und in gewisser Weise sogar an dessen Anfang steht. Klassenstufe: ab 10. Klasse Dauer: 8 Stunden Aus dem Inhalt: Aufklärung in Frankreich, England und Deutschland, Jean-Jacques Rousseau, Denis Diderot, John Locke, Immanuel Kant Kompetenzen: Bild: picture-alliance/akg-images die Aufklärung als europäisches (ambivalentes) Projekt erklären können zentrale Personen und Inhalte der Aufklärung benennen können die Durchdringung unserer Welt mit aufklärerischen Ideen beschreiben können Quelltexte und Bilder analysieren können
S 2 M 2 Aufklärung, Enlightenment und Les Lumières ein sprechender Begriff Die Aufklärung war kein nationales Phänomen: der Austausch von Ideen hörte nicht an politischen Grenzen auf. Aber jede Sprache hat ein eigenes Wort für die Geistesbewegung der Aufklärung doch die verbindende Idee scheint durch all die unterschiedlichen Wörter hindurch 5 10 15 [Es] formiert sich im 17. und 18. Jahrhundert im Namen einer undogmatischen 1 vernünftigen Selbstständigkeit ein Zeitalter der Aufklärung (le siècle des lumières 2, le siècle philosophique, l âge de la raison, the age of enlightenment 3, the age of reason, il secolo illuminato, il secolo filosofico etc.), ohne dabei selbst, wie die historische Entwicklung zeigt, gegenüber einer derartigen, in der Tendenz zur Instrumentalisierung der Vernunft liegenden Entfremdung hinreichend gefeit zu sein. Der Optimismus der historischen [ ] Aufklärung, der schon in den angeführten Epochenbezeichnungen, in einer seltsamen Verschränkung von Intellektualismus [ ] und Metaphorik 4 (les lumières, enlightenment, illuminismo, verlichting, ilustración etc.) kenntlich ist, bleibt häufig nur Ausdruck einer rhetorischen 5 Selbstbehauptung, die um inhaltlich ausgearbeitete Programme verlegen ist. Aus: Jürgen Mittelstraß: Aufklärung. In: Jürgen Mittelstraß (Hg.): Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie (Bd. 1). J. B. Metzler, Stuttgart 2004. S. 213 218, hier 214. Anmerkungen 1 Dogma: eine als unumstößlich geltende Wahrheit 2 lumière: französisch für Licht 3 enlightenment: englisch für Erleuchtung Diese kolorierte Radierung von Daniel Chodowiecki stammt aus dem Jahr 1791 und ist eine symbolhafte Darstellung der Aufklärung im 18. Jahrhundert: Die aufgehende Sonne der Vernunft durchbricht den Nebel und die Wolken des Aberglaubens und läutet für die Menschen eine neue Epoche des Rationalismus ein. Bild: picture-alliance/akg-images 4 Metapher: sprachlicher Ausdruck, bei dem ein Wort in einen anderen Bedeutungszusammenhang übertragen wird 5 rhetorisch: hier: phrasenhaft, schönrednerisch 1. Lies den wissenschaftlichen Text aufmerksam durch. 2. Beschreibe, welche Metaphern die Aufklärer verwendeten und versuche zu erklären, wie das deutsche Wort Aufklärung in diesen Kontext passt. 3. Überlege, was der Autor des Textes an der Aufklärung kritisiert. Zusatzaufgabe/Hausaufgabe Bist du der Meinung, wir leben heute in einem aufgeklärten Zeitalter? Formuliere deine Überlegungen in ein paar Sätzen.
S 12 M 5 Der Geist der Gesetze Ganz ohne Gesetze wäre ein Zusammenleben sehr schwierig, denn Gesetze regeln das Miteinander der Menschen. Gefährlich wird es, wenn ein Einzelner (oder eine Gruppe) so viel Macht hat, um sich über die Gesetze hinwegzusetzen. Was Charlie Chaplin hier in seinem Film Der große Diktator auf die Schippe nimmt, hat einen ernsten Hintergrund: Diktaturen sind durch ihre Konzentration von Macht in einer Hand nicht vereinbar mit Freiheit und Gerechtigkeit. 5 Charles-Louis de Montesquieu (1689 1755) erweist sich als [ ] typischer Aufklärer [ ]. Um der französischen Zensur zu entgehen, erscheint [sein] Hauptwerk anonym, überdies im Ausland (Genf). De l esprit des lois (Vom Geist der Gesetze, 1748) enthält eine Staatsphilosophie [ ]. Montesquieu vertritt dabei den staats-ethischen Grundsatz, dass alle Macht, weil sie zum Missbrauch verführt, eine Gegenmacht braucht: le pouvoir arrête le pouvoir (die Macht dämmt die Macht ein). [ ] Montesquieu weiß in seinem Plädoyer für eine freiheitliche Ordnung den Wert von Institutionen zu schätzen. Er bekämpft aber den Missbrauch der Macht und ihre absolutistische Konzentration. Er erweitert Lockes Zweiteilung der Gewalten (Gesetzgebung und Exekutive) um die Rechtsprechung und beeinflusst mit dieser Lehre der drei öffentlichen Gewalten die modernen Verfassungen. Text: Otfried Höffe: Kleine Geschichte der Philosophie. Verlag C. H. Beck, München 2001, S. 175 176. Bild: picture alliance/akg-images Der englische Philosoph John Locke (1632 1704) prägte die Theorie des Verfassungsstaates und erklärte Gleichheit, Freiheit und das Recht auf Eigentum und Unversehrtheit der Person zu den obersten Prinzipien des Rechts. 1. Lies dir den Text aufmerksam durch. 2. Notiere dir die drei Gewalten, die Montesquieu in seiner Teilung vorsieht. 3. Erkläre, warum Montesquieu der Meinung war, dass die Gewalt im Staat auf mehrere Institutionen verteilt werden sollte. Kannst du sagen, wie es zur Zeit der Niederschrift wohl in Montesquieus Heimatland ausgesehen hat?
S 26 M 13 Immanuel Kant und der kategorische Imperativ Wie soll man ich mich verhalten? Es gibt immer wieder Situationen im Leben, in denen man vor genau dieser Frage steht. Der Philosoph Kant hat auf diese Frage eine allgemeingültige Antwort gefunden. Immanuel Kant ist der bekannteste deutsche Aufklärungsphilosoph. Sogar sein Schädel wurde (lange nach seinem Tod im Jahre 1804) fotografiert. Eine zentrale Idee in Kants Gedankengebäude nimmt der sogenannte kategorische Imperativ ein. Für ihn ist es die Formel für das oberste Sittengesetz. Er lautet: Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könnte. Für Kant gilt der kategorische Imperativ immer und zu jeder Zeit (und für jeden!). Bild: picture alliance/akg-images Text: Maximilian Bunk 1. Lies dir den kategorischen Imperativ genau durch und denke darüber nach. 2. Versuche Beispiele aus deinem Alltag zu finden, die den kategorischen Imperativ konkret darstellen.