Kurs 55101: Bürgerliches Recht I

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Transkript:

Kurs 55101: Bürgerliches Recht I Videobesprechung Teil 7 Uta Wichering

Übungsfall 7-1 - Sachverhalt: K hat eine wertvolle Uhr mit einem hohen Echtgoldanteil geerbt. Leider sind die Batterien leer, so dass sich K um einen Austausch bemüht. Aufgrund des hohen Wertes der Uhr wendet sich K direkt an ein Fachgeschäft und begibt sich zum Juwelier V. K berichtet V von der defekten Batterie und bittet um Reparatur und Austausch. V nimmt die Uhr wortlos an sich und nickt dem K zu. Folie 2

Übungsfall 7-2 - Sachverhalt: Danach händigt V dem K sodann einen Abholschein aus, auf dem Folgendes notiert ist: Der Kunde ist damit einverstanden, dass der Dienstleister die Höhe der Vergütung festlegt. Der Auftrag soll unabhängig von den entstehenden Kosten auf jeden Fall ausgeführt werden. Mit dem Erhalt dieser Empfangsquittung werden die Allgemeinen Geschäftsbedingungen anerkannt. Diese können auf Wunsch jederzeit eingesehen werden. Folie 3

Übungsfall 7-3 - Sachverhalt: K liest sich diesen Abholschein allerdings nicht durch, sondern nimmt ihn ebenfalls wortlos an sich. In V s Laden befindet sich ein gut sichtbarer Aushang mit Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), die auch die Formulierung auf dem Abholschein beinhalten. K hat diese weder gesehen noch durchgelesen. Am nächsten Tag fällt K auf, dass V und K sich gar nicht über den Preis unterhalten haben und er ruft bei V an, um sich danach zu erkundigen. V kann indes keine genaue Auskunft geben und teilt K mit, dass er ungefähr mit den für einen Batteriewechsel üblichen Kosten von 20,00-25,00 rechnen müsse, dies aber auch nicht ganz genau zu sagen sei. Folie 4

Übungsfall 7-4 - Sachverhalt: Drei Tage später wird K von V benachrichtigt und erscheint zum Abholen der Uhr im Geschäft des V. V händigt ihm die Uhr aus und verlangt dafür nun einen Preis von 50,00 Euro, wobei die eigentlich üblichen Kosten für diesen Austausch tatsächlich lediglich bei den üblichen 20,00-25,00 liegen. K ist empört über diesen Preis, insbesondere im Vergleich zum vorherigen telefonischen Gespräch mit V. Zwar möchte K am Vertrag festhalten, da er auf seine Uhr angewiesen ist, aber keineswegs die 50,00 zahlen. V beharrt auf die Bezahlung der 50,00 und verweist dabei auf seine AGB. Kann V von K Zahlung der 50,00 verlangen? Folie 5

Übungsfall 7-5 - Sachverhalt: Abwandlung 1: Wie ist der Fall zu beurteilen, wenn sich im Geschäft des V kein Aushang der AGB befindet? Abwandlung 2: Wie ist der Fall zu beurteilen, wenn V dem K den Schein mit den Klauseln direkt beim Vertragsschluss übergibt und dieser somit zum Bestandteil des Vertrages wird (und die AGB nicht im Verkaufsraum aushängen)? Folie 6

Übungsfall 7-6 - Frage: Kann V von K Zahlung der 50,00 verlangen? Wer? will was? von wem? woraus? V Zahlung (Werklohn - Abgrenzg. nötig) K 631 I BGB? OS: V könnte gegen K einen Anspruch auf Zahlung eines Werklohns gem. 631 I BGB in Höhe von 50,00 haben. Folie 7

Übungsfall 7-7 - Anspruch entstanden? I. Werkvertrag Werkvertrag 631 BGB = gegenseitiger Vertrag, Hersteller verpflichtet sich zur Herstellung und Verschaffung eines versprochenen individuellen Werks (bestimmter Erfolg) für den Besteller gegen Vergütung Abgrenzung zum Dienstvertrag, 611: dort wird nur Dienst- oder Arbeitsleistung selbst geschuldet, kein Erfolg; beim Werkvertrag = auch Erfolg geschuldet (Bsp. Allgemeinarzt Zahnarzt, der Implantate einsetzt) hier: Batteriewechsel an einer Uhr, d. h. Erfolg (Funktionieren der Uhr mit neuer Batterie) ist geschuldet = Werkvertrag Werkvertragscharakter überwiegt auch gegenüber einem etwaigen kaufvertraglichen Einschlag (Kauf der Batterie selbst) Vertrag zielt im Wesentlichen auf Reparatur und Herstellung der Funktionstüchtigkeit der Uhr Erfolg Werkvertrag Folie 8

Übungsfall 7-8 - I. Werkvertrag auch Werkvertrag kommt durch zwei übereinstimmende, mit Bezug aufeinander abgegebene, empfangsbedürftige Willenserklärungen, Angebot und Annahme, zustande, 145 ff. BGB. 1.Angebot = eine empfangsbedürftige Willenserklärung, mit der sich jemand, der einen Vertrag abschließen möchte, an einen anderen wendet und die zukünftigen wesentlichen Vertragsbedingungen (= essentialia negotii) so vollständig zusammenfasst, dass der andere ohne Vornahme von inhaltlichen Änderungen durch ein bloßes Ja den Vertrag entstehen lassen kann essentialia negotii beim Werkvertrag = Werkvertragsgegenstand, Werkvertragsparteien, Vergütung (jedenfalls das Ob der Vergütung) hier: Frage des Preises noch unbestimmt Folie 9

Übungsfall 7-9 - I. Werkvertrag 1.Angebot genaue Vergütungshöhe nötig? 632: wenn keine Vergütung ausdrücklich vereinbart, gilt sie als stillschweigend vereinbart, wenn Herstellung des Werkes den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist Höhe der Vergütung dann: 632 II (übliche Vergütung) hier: K schilderte sein Anliegen (nötiger Batteriewechsel), wodurch Werkvertragsgegenstand (geerbte Uhr) und Werkvertragsparteien klar benannt werden, Vergütung an sich = klar, lediglich Höhe offen; unschädlich, da übliche Vergütung gem. 632 II geschuldet wird = ausreichend für Bestimmtheit des Angebots Angebot (+) Folie 10

Übungsfall 7-10 - I. Werkvertrag 2. Annahme empfangsbedürftige Willenserklärung, mit der sich derjenige, an den das Angebot gerichtet ist, mit dem Inhalt des Angebotes ohne Änderungen einverstanden erklärt. hier: V hat die Uhr wortlos an sich genommen und genickt = schlüssiges Verhalten des V, ausreichend für konkludente Annahme des Angebots des K, auch hier: nicht schädlich, dass nicht über Vergütung gesprochen wurde nachträgliches Telefonat über Preis: lediglich informatorischer Charakter, Vertrag war zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossen, insoweit kein (erneuter) Rechtsbindungswille bei Erklärung des V, der den Preis im Übrigen auch nach wie vor nicht ganz genau bestimmen konnte. Werkvertrag (+) (unbestimmte Höhe schadet nicht) Folie 11

Übungsfall 7-11 - II. Bestimmung der Höhe der üblichen Vergütung Anspruch auf 50,00 (+), wenn dies der üblichen Vergütung gem. 632 II entspricht SV sagt deutlich, dass die übliche Vergütung hier bei 20,00-25,00 liegt 50,00 = keine übliche Vergütung Anspruch darauf (-) Folie 12

Übungsfall 7-12 - Anspruch auf 50,00 könnte sich aber daraus ergeben, dass V dem K einen Abholschein mit den Worten Der Kunde ist damit einverstanden, dass der Dienstleister die Höhe der Vergütung festlegt. Der Auftrag soll unabhängig von den entstehenden Kosten auf jeden Fall durchgeführt werden. übergeben hat. (Einschub: Formulierung Dienstleister ändert hier nichts an o. g. Einordnung als Werkvertrag) Dann müsste diese Klausel eine Allgemeine Geschäftsbedingung darstellen und diese müsste wirksam in den Vertrag zwischen V und K einbezogen worden sein. Folie 13

Übungsfall 7-13 - 1. Anwendungsbereich der 305 ff. (Liegen überhaupt AGB vor?) 305 I vorformulierte Vertragsbedingungen: Regelung, die rechtlich verbindlich sein soll (+) für eine Vielzahl von Verträgen: (+) für sämtliche Kunden des Juweliergeschäfts Stellen bei Vertragsschluss? Folie 14

Übungsfall 7-14 - 1. Anwendungsbereich der 305 ff. (Liegen überhaupt AGB vor?) 305 I Stellen bei Vertragssschluss? Aushang der AGB im Verkaufsraum des V, bei Vertragsschluss (+), zumal in ausgehängten AGB laut Sachverhalt der gleiche Text wie auf dem Abholschein zudem: 310 III Nr. 1: bei Verbraucherverträgen gelten AGB als vom Unternehmer gestellt hier: V als Juwelier = Unternehmer gem. 14 BGB, K = Verbraucher, 13 BGB Folie 15

Übungsfall 7-15 - 1. Anwendungsbereich der 305 ff. (Liegen überhaupt AGB vor?) 305 I Stellen bei Vertragssschluss? bei Vertragsschluss (+), hier war Text des eigentlich nach dem Vertragsschluss überreichten Abholscheins laut Sachverhalt auch auf den AGB im Verkaufsraum des V wiedergegeben daher ausreichend - kein Ausschluss gem. 310 II (Elektrizititäts-, Gas-, Fernwärmeverträge etc.) oder gem. 310 IV (Erb-, Familien-, Gesellschaftsrecht etc.) Folie 16

Übungsfall 7-16 - 2. Einbeziehung der AGB in den Vertrag - Vertragsbestandteil geworden? - kein Ausschluss nach 310 I hier keine AGB ggü. einem Unternehmer, einer jurist. Person des öffentl. Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen Folie 17

Übungsfall 7-17 - 2. Einbeziehung der AGB in den Vertrag - Vertragsbestandteil geworden? -Hinweis beim Vertragsschluss, 305 II Nr. 1 (+): Aushang im Verkaufsraum (Hinweis im Abholschein erst nach Vertragsschluss, daher Aushang entscheidend) und -Möglichkeit der Kenntnisnahme, 305 II Nr. 2 (+) K konnte Aushang im Geschäft einsehen -Möglichkeit der Ktn. reicht, daher unerheblich, ob K tatsächlich gelesen hat -Einverständnis des Gegners: regelmäßig zu bejahen, wenn Möglichkeit der Ktn. bestand Folie 18

Übungsfall 7-18 - 2. Einbeziehung der AGB in den Vertrag - Vertragsbestandteil geworden? -grs. AGB = Vertragsbestandteil geworden -aber: ggf. kann hier eine Individualvereinbarung vorrangig sein ( 305 b) -= dann der Fall, wenn z. B. individuelle Preisvereinbarung zwischen V und K stattgefunden hätte -aber hier: Vertragsschluss ließ Vergütung in zulässiger Weise offen -nachträgliches Telefonat hatte lediglich informatorischen Charakter kein Vorrang einer Individualabrede Folie 19

Übungsfall 7-19 - 2. Einbeziehung der AGB in den Vertrag - Vertragsbestandteil geworden? -aber: ggf. kann Formulierung Der Kunde ist damit einverstanden, dass der Dienstleister die Höhe der Vergütung festlegt. Der Auftrag soll unabhängig von den entstehenden Kosten in jedem Fall durchgeführt werden. überraschende Klausel i. S. d. 305 c sein -danach werden Klauseln, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil Folie 20

Übungsfall 7-20 - 2. Einbeziehung der AGB in den Vertrag - Vertragsbestandteil geworden? -überraschende Klauseln (+), wenn der Klausel ein Überrumpelungseffekt innewohnt und Regelungen enthält, die von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweichen und mit denen dieser den Umständen nach nicht zu rechnen braucht -eine Freizeichnungsklausel, die wie hier mögliche entstehende Kosten als in jedem Fall geschuldet bezeichnet, ist zwar ungewöhnlich und kann den Verbraucher benachteiligen, sie ist aber gerade i. Zshg. Mit 632 II - nicht derart ungewöhnlich und hat keinen derartigen Überrumpelungseffekt, dass sie als überraschend einzustufen ist. (a. A., also überraschende Klausel (+), mit entsprechenden Arg. vertretbar) Folie 21

Übungsfall 7-21 - Zwischenergebnis: 305 ff. anwendbar es liegen AGB vor AGB wurden in den Vertrag einbezogen Klausel kann also nun grs. der Inhaltskontrolle unterzogen werden Folie 22

Übungsfall 7-22 - hier aber: mehrdeutige Klausel, daher zunächst vor Inhaltskontrolle noch Auslegung nötig 3. Auslegung der AGB -Klausel: Der Kunde ist damit einverstanden, dass der Dienstleister die Höhe der Vergütung festlegt. Der Auftrag soll unabhängig von den entstehenden Kosten auf jeden Fall ausgeführt werden - = mehrdeutig - kann zum einen dahin ausgelegt werden, dass Verwender willkürlich jedweden Preis festsetzen kann (kundenfeindlichste Auslegung) - oder aber zum anderen dahingehend, dass Verwender nur die übliche Vergütung gem. 632 II ansetzen darf (kundenfreundlichste Auslegung) Folie 23

Übungsfall 7-23 - 3. Auslegung der AGB - Auslegung von AGB muss objektiv erfolgen, d. h. Auslegung richtet sich nach dem typischen Verständnis redlicher Vertragspartner unter Abwägung der Interessen der an Geschäften dieser Art beteiligten Kreise (Massencharakter der mit Hilfe von AGB geschlossenen Verträge) - bei Verbraucherverträgen wie hier zusätzlich gem. 310 III Nr. 3 auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen - aber auch durch objektive Auslegung = nicht ermittelbar, welche Variante hier gelten soll Folie 24

Übungsfall 7-24 - 3. Auslegung der AGB hier hilft Unklarheitenregel 305 c II: Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders - danach ist von mehreren bestehenden Auslegungsmöglichkeiten der anschließenden Inhaltskontrolle diejenige Variante zugrunde zu legen, die zu Lasten des Verwenders geht (insbes. wenn wie hier Individualprozess und kein Verbandsprozess nach UKlaG) - im Fall hier also die Variante, dass Verwender willkürlich jedweden Preis festsetzen kann - diese (kundenfeindlichste Auslegung) wird nun der Inhaltskontrolle unterworfen Folie 25

Übungsfall 7-25 - 3. Auslegung der AGB - stellt sich im Rahmen der Inhaltskontrolle die Unwirksamkeit der kundenfeindlichsten Auslegung heraus verbleibt es bei dieser Auslegung (Folge: Klausel = unwirksam) für den Fall, dass die kundenfeindlichste Variante der Inhaltskontrolle standhält, Klausel also wirksam ist, sind auch alle anderen Auslegungsvarianten wirksam, d. h. dementsprechend naturgemäß auch die kundenfreundlichste, die dann aber dem weiteren Verfahren zugrunde zu legen ist Folie 26

Übungsfall 7-26 - Hier aber: kundenfeindlichste Variante (jedweder Preis kann veranschlagt werden) der Klausel wird der Inhaltskontrolle unterworfen 4. Unwirksamkeit der Klausel / Inhaltskontrolle a)klausel muss der Inhaltskontrolle unterliegen ( 307 III) -d. h. es muss eine von Rechtsvorschriften abweichende Regelung getroffen worden sein -hier: Abweichung von 632 BGB? - 632 I bestimmt, dass eine Vergütung jedenfalls als stillschweigend vereinbart gilt, wenn die Herstellung des Werkes den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist Folie 27

Übungsfall 7-27 - 4. Unwirksamkeit der Klausel / Inhaltskontrolle a)klausel muss der Inhaltskontrolle unterliegen ( 307 III) - 632 II: Höhe der Vergütung = übliche Vergütung, zwar kann mit Formulierung in den AGB des V die angemessene übliche Vergütung gemeint sein -gerade bei der Variante nach der kundenfeindlichsten Auslegung: Vergütung über die übliche hinaus möglich insoweit kann Abweichung von gesetzlichen Vorschriften grs. bejaht werden Folie 28

Übungsfall 7-28 - 4. Unwirksamkeit der Klausel / Inhaltskontrolle b) Absolute Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit, 309 -kein Verstoß ersichtlich c) Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit, 308 308 Nr. 5 denkbar aber hier: schon keine Vornahme oder Unterlassung einer Handlung in Klausel erkennbar (Ausführung des Auftrags soll unabhängig von Kosten erfolgen darin keine Handlung zu sehen) Zweck 308 Nr. 5 soll verhindern, dass Schweigen Erklärungsgehalt erhält hier (-) Folie 29

Übungsfall 7-29 - 4. Unwirksamkeit der Klausel / Inhaltskontrolle d) Inhaltskontrolle nach 307 - Auffangtatbestand - 310 III Nr. 3 bei Verbraucherverträgen auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen - 307 II Nr. 1 keine Unvereinbarkeit der Klausel mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelungen - unter Zugrundelegung der kundenfeindlichsten Auslegung kann hier ein Verstoß gg. wesentliche Grundgedanken der gesetzl. Regelung des 632 angenommen werden Folie 30

Übungsfall 7-30 - 4. Unwirksamkeit der Klausel / Inhaltskontrolle d) Inhaltskontrolle nach 307-632 soll dem Unternehmer die übliche Vergütung sichern eine Klausel, die ihm dagegen jedweden darüber hinausgehenden Betrag zuschreibt, kann als nicht mehr mit diesem Grundgedanken des 632 vereinbar angesehen werden - dann bereits an dieser Stelle unwirksame Klausel - auch vertretbar: Vereinbarkeit mit Grundgedanken des 632 (+), denn gewisser Spielraum besteht) - dann weitere Prüfung 307 Folie 31

Übungsfall 7-31 - 4. Unwirksamkeit der Klausel / Inhaltskontrolle d) Inhaltskontrolle nach 307-307 II Nr. 2 Verstoß gegen wesentliche Vertragspflichten (Kardinalpflichten) durch bloße Vereinbarung über die Vergütung ist Vertragszweck (hier: Batteriewechsel der Uhr) nicht gefährdet 307 I unangemessene Benachteiligung? Verstoß gegen Transparenzgebot danach müssen Rechte und Pflichten für Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar sein, insbesondere muss Klausel wirtschaftliche Nachteile und Belastungen so weit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann Folie 32

Übungsfall 7-32 - 4. Unwirksamkeit der Klausel / Inhaltskontrolle d) Inhaltskontrolle nach 307 kundenfeindlichste Auslegung der Klausel gibt nicht klar die möglichen Belastungen für Kunden preis ( Blanko-Auftrag, Kosten in jedem Fall vom Kunden zu übernehmen, unabhängig von Höhe oder Üblichkeit) Vgl. mit Preiserhöhungsklauseln, die die Voraussetzungen und den zulässigen Umfang der Erhöhung nicht hinreichend konkretisieren (vgl. Palandt, 71. Auflage, 2012, 307 Rn. 26) Verstoß gg. Bestimmtheitsgebot Klausel = unangemessen mit der Folge, dass sie gem. 306 I unwirksam ist Folie 33

Übungsfall 7-33 - 4. Unwirksamkeit der Klausel / Inhaltskontrolle d) Inhaltskontrolle nach 307 - kundenfeindlichste Variante der Klausel = nach erfolgter Inhaltskontrolle = unwirksam d. h. es verbleibt bei dieser Auslegung, Klausel bleibt unwirksam (gem. 306 I ) d. h. Vertrag ist im Übrigen wirksam, bzgl. Vergütung gelten normale gesetzliche Vorschriften also 632 II V kann nicht die 50,00 von K verlangen, sondern gem. 632 II nur die übliche Vergütung (die sich im Rahmen von 20,00-25,00 bewegen kann) Folie 34

Übungsfall 7-34 - 4. Unwirksamkeit der Klausel / Inhaltskontrolle d) Inhaltskontrolle nach 307 - unterstellt, dass die kundenfeindlichste Variante der Inhaltskontrolle standgehalten hätte, Klausel also wirksam wäre, wären auch alle anderen Auslegungsvarianten wirksam, d. h. dementsprechend naturgemäß auch die kundenfreundlichste diese kundenfreundlichste Auslegung wäre aber dann ausschließlich dem weiteren Verfahren zugrunde zu legen auch danach insoweit nur 20,00-25,00 von K an V zu zahlen Folie 35

Übungsfall 7-35 - Ergänzung: Unterstellt, K hätte von V vor Vertragsschluss einen Kostenvoranschlag über die 20,00-25,00 erhalten (bspw. mündlich oder notiert auf dem Abholschein) und anschließend 50,00 verlangt 650 BGB grs. ist ein Kostenvoranschlag zwar unverbindlich wenn der tatsächliche Preis aber den Kostenvoranschlag wesentlich überwiegt, i. d. R. 25 % (hier: 50,00 statt der veranschlagten 25,00, d. h. Steigerung um 100 %) Kündigungsmöglichkeit des Bestellers (hier K) Folie 36

Übungsfall 7-36 - Abwandlung 1: Wie ist der Fall zu beurteilen, wenn sich im Geschäft des V kein Aushang der AGB befindet? Anwendungsbereich der 305 ff. dann kritisch 305 I -vorformulierte Vertragsbedingungen: (+) -für eine Vielzahl von Verträgen: (+) für sämtliche Kunden -Stellen bei Vertragsschluss? obwohl nur Hinweis auf Klausel in Abholschein, könnte ein Stellen i. S. d. 305 I noch gem. 310 III Nr. 1 fingiert werden (Verbrauchervertrag) aber: nicht bei Vertragsschluss also: kein Stellen bei Vertragsschluss Folie 37

Übungsfall 7-37 - Abwandlung 1: Wie ist der Fall zu beurteilen, wenn sich im Geschäft des V kein Aushang der AGB befindet? Einbeziehung der AGB in den Vertrag, 305 II Nr. 1 wenn die wortgleichen AGB des V nun nicht mehr im Verkaufsraum ausgestellt sind, reicht der Hinweis auf die AGB im Abholschein, der nach dem Vertragsschluss (nach konkludenter Annahme des V) überreicht wurde, nicht aus Kein Hinweis bei Vertragsschluss Klausel wurde nicht in Vertrag einbezogen, daher irrelevant für Werkvertrag, V kann nur übliche Vergütung fordern Folie 38

Übungsfall 7-38 - Abwandlung 2: Wie ist der Fall zu beurteilen, wenn V dem K den Abholschein mit den Klauseln direkt beim Vertragsschluss übergibt und dieser somit zum Bestandteil des Vertrages wird (und die AGB nicht im Verkaufsraum aushängen)? Anwendungsbereich 305 ff. eröffnet Einbeziehung der AGB in den Vertrag? Insbesondere 305 II Nr. 1: -Verweisung auf das Einsehen der AGB reicht nicht als ausdrücklicher Hinweis (Aushang vor Ort war nicht vorhanden), d. h. sonstige AGB nicht in Vertrag einbezogen Folie 39

Übungsfall 7-39 - Einbeziehung der AGB in den Vertrag? Insbesondere 305 II Nr. 1: -aber: Formulierung Der Kunde ist damit einverstanden, dass der Dienstleister die Höhe der Vergütung festlegt. Der Auftrag soll unabhängig von den entstehenden Kosten auf jeden Fall ausgeführt werden = ausreichend hierauf auf Abholschein hingewiesen (beim Vertragsschluss) -Einbeziehung dieser Klausel (+), d. h. normale weitere AGB-Prüfung wie im Ausgangsfall Folie 40

Bei Fragen und Themen- bzw. Fallvorschlägen: uta.wichering@fernuni-hagen.de Vielen Dank! Folie 41