Kognitive Reserve, Bewegung und Demenz

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Transkript:

Kognitive Reserve, Bewegung und Demenz Symptome 0 100 KR KR PD Dr. Robert Perneczky Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Technische Universität München Perneczky (Nervenarzt 2011) Historischer Hintergrund 1906 Alzheimers Vortrag 1933 Gellerstedts Artikel 1988 Katzmans Hypothese KR KR KR Alzheimer (Allg Z Psychiatrie 1907), Gellerstedt (Upsala Läkarefören Förhandl 1933), Katzman (Ann Neurol 1988) Perneczky (Nervenarzt 2011) Die Nun Study 5+6 3+4 1+2 KR Braak Stadium 0 0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 % Gedächtnis intakt Gedächtnis eingeschränkt (N=130) Riley (Ann Neurol 2002) Perneczky (Nervenarzt 2011) 1

Qué PASA? Passive Reservekapazität (Hardware, quantitativ) Aktive Reservekapazität (Software, qualitativ) Stärkere Aktivierung von Hirnarealen Neurekrutierung von Hirnarealen Deaktivierung von störenden Hirnarealen Stern (J Int Neuropsychol Soc 2002) Davis (Cereb Cortex 2008) Demenzprävalenz und Kopfumfang HAROLD Prävalenz (%) Kopfumfang (cm) (N=442) Bickel (Psychiatr Prax 2006) Dolcos (Neurosci Biobehav Rev 2002) Deaktivierung störender Aktivität Passive Reservekapazität (Hardware, quantitativ) Aktive Reservekapazität (Software, qualitativ) Stärkere Aktivierung von Hirnarealen Neurekrutierung von Hirnarealen Deaktivierung von störenden Hirnarealen Stern (J Int Neuropsychol Soc 2002) Drzezga (PLoS Med 2005) 2

Demenzprävalenz und Schulbildung Kopfumfang und Atrophie Kopfumfang 56 cm Kopfumfang > 56 cm (N=442) (N=270) Bickel (Psychiatr Prax 2006) Perneczky (Neurology 2010) Theoretische Voraussetzung Kopfumfang und APOE Symptome (N=360) Perneczky (Eur Psychiatry 2011) Schulbildung, Kognition und Metabolismus Bilingualismus Untersuchung an 211 Patienten mit AD in Toronto, Kanada Aufteilung in 102 ein- und 109 zweisprachige Patienten Beginn der Symptomatik 77,7 J. (bi) vs. 72,6 J. (mono) Keine weiteren Gruppenunterschiede, außer höher Bildung bei mono (N=93) Perneczky (J Neurol Neurosurg Psychiatry 2006) Craik (Neurology 2010) 3

Bilingualismus Praktische Konsequenzen? cct-aufnahmen von 40 Patienten mit AD in Toronto, Kanada Aufteilung in 20 ein- und 20 zweisprachige Patienten Gruppen vergleichbar bezügl. Kognition und Bildung Ausmaß der Atrophie größer in zweisprachiger Gruppe Individuelles Maß der KR als Risikoindikator wünschenswert Lifestyle -Faktoren auch im Alter relevant Möglichkeit der therapeutischen Beeinflussbarkeit der Reserve Schweizer (Cortex 2011) : Krankheitsverlauf Aktivität und Alzheimer-Inzidenz (N=719) Perneczky (Nervenarzt 2010) Buchman (Neurology 2012) Krankheitsverlauf und Schulbildung (AD) Ausdauertraining bei Gesunden Low High (N=177) Stern (Neurology 1999) Voss (Front Aging Neurosci 2010) 4

Ausdauertraining bei Gesunden Lebenslange kognitive Aktivität und Plaques linker anteriorer Hippokampus rechter anteriorer Hippokampus 11 C-PIB p<0.001 p<0.001 Fitnessprogramm aktive Kontrollbedingung Vergrößerung des anterioren Hippokampus um 2 % durch aerobes Gehtraining 3 x wöchentlich über 1 Jahr (N=65) Erickson (PNAS 2010) Landau (Arch Neurol 2012) Ausdauertraining bei Patienten Kognitive Interventionen Kognitive Stimulation: eher unspezifische Aktivierung Kognitives Training: Beübung spezifischer kognitiver Bereiche Kognitive Rehabilitation: Individuelle Strategien zur Alltagsbewältigung Baker (Arch Neurol 2010) Lebenslange körperliche Aktivität und Plaques Kognitives Training 30 Patienten mit leichter kognitiver Beeinträchtigung: signifikante Besserung durch 4- wöchiges multimodales Programm gegenüber Warteliste Head (Arch Neurol 2012) Kurz (Int J Geriatr Psychiatry 2008) 5

Literaturübersicht Fazit KS (N=20) 9/18 6/9 1/3 4/12 Anteil der Studien, die einen signifikanten Effekt nachweisen, an allen Studien, welche die Zielgröße untersuchen. Kognitive Reserve wahrscheinlich auch noch im Alter beeinflussbar Fehlen von methodisch sauberen, großen Interventionsstudien Neurobiologie der kognitiven Interventionen unklar 0/10 Aktiver Lebensstil schadet sicher auch im Alter nicht KT/ KR (N=13) 7/13 1/7 0/1 0/2 1/5 Kurz (Int Psychogeriatr 2011) Wirksamkeit im Vergleich Vielen Dank für Ihr Interesse! ADAS-cog MMST Vergleichbare Differenzen zwischen kognitiven Interventionen und Vergleichsbedingung wie zwischen Antidementiva und Placebo robert.perneczky@lrz.tum.de Kurz (Int Psychogeriatr 2011) Kombination von Antidementiva und KT MMSE MMSE p<0.05 p=0.047 CR + ChE-I ChE-I KS (computergestützt, 72 Sitzungen, 24 Wochen, links) und KR (20 Sitzungen, 26 Wochen, rechts) plus ChE-I bei Patienten mit leichgradiger Demenz (N=46 bzw. 13) der medikamentösen Monotherapie signifikant überlegen Tárraga (J Neuro Neurosurg Psychiatry 2006); Bottino (Clin Rehabil 2005) 6