Erschöpfung Burnout - Depression

Erschöpfung Burnout - Depression Zwischen gesellschaftlichem Zeitgeist und seelischer Erkrankung Dr. med. Sylvia Claus -Chefärztin Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie Klingenmünster

Stress und seine Folgen: Die richtige Balance finden ANFORDERUNG BEWÄLTIGUNG Vulnerabilität Verletzlichkeit Empfindlichkeit Behinderung Resilienz Widerstandsfähigkeit Ressourcen Fähigkeiten Quelle: Prof. Dr. Wolfgang Senf (2013): Psychische Krankheit in der Arbeitswelt. Eine Frage guter Führung?, Vortrag am 23.01.2013 beim psyga-fachforum bei der Deutschen Post AG

Der Burnout-Zyklus Stadium 12 Stadium 11 Depression BURNOUT Stadium 1 Sich beweisen wollen Stadium 10 Innere Leere Stadium 2 Verstärkter Einsatz Stadium 9 Abstumpfung Stadium 3 Subtile Vernachlässsigung eigener Bedürfnisse Stadium 8 nach Freudenberger und North Beobachtbare Verhaltensänderungen Stadium 7 Rückzug Stadium 6 Stadium 5 Verstärkte Verleugnung der aufgetretenen Probleme Stadium 4 Verdrängung von Konflikten Zynismus Umdeutung von Werten 03.11.2014 Dr. med. Sylvia Claus 3

Psychosozialer Stress Müdigkeit und Erschöpfung Einschlafschwierigkeiten Gereiztheit und schlechte Laune Substanzmissbrauch Kopfschmerz, Rückenschmerz, Verspannung 03.11.2014 Dr. med. Sylvia Claus 4

Anteil der 10 wichtigsten Krankheitsarten an den AU-Tagen 03.11.2014 Dr. med. Sylvia Claus 5

Stabile Situation in Europa und Deutschland EUROPA DEUTSCHLAND 38 % 8 % psychische Störungen schwerstkrank 33 % 2,4 % psychische Störungen psychotische Störungen 15 % wechselnd auffällig krank 13,1 % wechselnd auffällig krank 15 % unauffällig krank 13,7 % unauffällig krank Quelle: Senf, Wittchen et al. (2011): The size and burden of mental disorders and other disorders of the brain in Europe 2010.

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Burnout oder Depression? Emotionale Erschöpfung Zynismus Subjektiv reduzierte Leistungsfähigkeit Unspezifische Begleitsymptome Kontext Arbeitsplatz sozial anerkannt! Burnout ist keine eigenständige psychiatrische Diagnose! 03.11.2014 Dr. med. Sylvia Claus 10

Psyche statt Herz: Berentung wegen verminderter Erwerbsfähigkeit 2010 Quelle: Deutsche Rentenversicherung Bund (2011).Rentenversicherung in Zeitreihen. DRV-Schriften Band 22 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% 39,3 28,5 8,6 1983 2002 2010 Atmung Nerven/Sinne Skelett/ Muskel/Bindegew ebe Herz/Kreislauf Stoffw echsel/ Verdauung Neubildungen psychische Erkrankungen sonstiges

Anforderungen und Belastungen am Arbeitsplatz Arbeitsanforderungen Als alltägliche Arbeitsanforderungen benennen Beschäftigte... Arbeitsbelastungen Als tatsächlich belastend empfinden Beschäftigte... Termin- und Leistungsdruck 52 % Monotone Arbeitsvorgänge 50 % Multitasking 58 % Termin- und Leistungsdruck 34 % Arbeitsunterbrechungen 26 % Multitasking 18 % Quelle: BAuA (2013): Stressreport Deutschland 2012

Kosten für psychische Erkrankungen Kosten für die Behandlung psychischer Erkrankungen Laut Berechnungen des Statistischen Bundesamtes 28,7 Mrd. 32 Mrd. Indirekte Kosten durch Krankschreibungen Aufgrund psychischer Erkrankungen 10,3 Mrd. 6 Mrd. Ausfall an Bruttowertschöpfung 2012 Produktionsausfallkosten 2012 Quellen: Statistisches Bundesamt; BMAS/BAuA: Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit 2012

Mangelnde Leistungsfähigkeit und Leistungsabfall 03.11.2014 Dr. med. Sylvia Claus 16

Ursachen für verminderte Leistungsfähigkeit und Leistungsabfall A Mangelnde Motivation Disziplinlosigkeit B Akute Erschöpfung Überarbeitung: C Burnout Chronische Erschöpfung D KRANKHEIT z.b. Depression Unterforderung Überforderung Keine Identifikation Kein Interesse Keine Kontrolle Keine Einbindung Kein Erfolg Normale Müdigkeit nach intensiver Arbeitsphase Bedürfnis nach Auszeit (Urlaub) Überforderung über längere Zeit Aufbrauchen der körperlichen und psychischen Reserven Oft plötzlicher Beginn deutliche Veränderung der Persönlichkeit Probleme nicht nur bei Arbeit Auch ohne klare Auslöser gesund krank 03.11.2014 Dr. med. Sylvia Claus 17

Haupt- und Nebenkriterien von Depressionen Negative und pessimistische Zukunftsperspektiven Gefühl von Schuld und Wertlosigkeit Suizidgedanken / Suizidale Handlungen Verlust von Interesse u. Freude Depressive Stimmung Schlafstörungen Verminderter Antrieb Vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen Appetitminderung Verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit 03.11.2014 Dr. med. Sylvia Claus 18

Zentrale Behandlungssäulen Medikamente (v.a. Antidepressiva, Stimmungsstabilisatoren) Psychotherapie (Wirksamkeit von Verhaltenstherapie am besten belegt) Weitere Verfahren (im Einzelfall indiziert) Lichttherapie Wirkung nur bei saisonaler Depression belegt Wachtherapie meist nur im Rahmen stationärer Therapie möglich EKT bei schwerer therapieresistenter Depression Soziotherapie z.b. bei Wiedereingliederungsmaßnahmen Sport zu Beginn der Behandlung essentiell Ergotherapie kreativer, nonverbaler Zugang 03.11.2014 Dr. med. Sylvia Claus 19

Bündnis gegen Depression Landau-Südliche Weinstrasse 03.11.2014 Dr. med. Sylvia Claus 20

Psychische Gesundheit am Arbeitsplatz Faktoren am Arbeitsplatz Privatleben Partnerschaft Beziehungen Persönlichkeit Grundhaltung Gesundheit körperliche Fitness 03.11.2014 Dr. med. Sylvia Claus 21

Belastungsfaktoren am Arbeitsplatz Arbeitsbelastung Hamsterrad Mangelndes Feedback und Anerkennung Fehlende soziale Unterstützung Rollenkonflikte Fehlende Autonomie Fehlende Flexibilität der Institution Schlechte Rahmenbedingungen 03.11.2014 Dr. med. Sylvia Claus 22

Persönlichkeitsfaktoren Idealismus Perfektionismus Überhöhte Erwartungen Arbeit als Ersatz für eigenes soziales Leben Fremdinduzierte Ziele Defensive Bewältigungsstrategien 03.11.2014 Dr. med. Sylvia Claus 23

Familiäre Bedingungen Häusliche Belastungen Doppelbelastung Beruf und Familie Unklare Trennung Beruf und Freizeit 03.11.2014 Dr. med. Sylvia Claus 24

Maßnahmen zur Burnout-Prophylaxe Persönliche Ebene Soziale Kompetenzen Einstellungen und Bewältigungsstrategien Gesundheitskompetenzen Unternehmensebene Team Führungskräfte Unternehmenskultur 03.11.2014 Dr. med. Sylvia Claus 25

Firmenkultur Wertschätzung der psychischen Gesundheit der Mitarbeiter gerechter und fairer Umgang angemessener Umgang mit psychischen Erkrankungen: Stressbelastungen anerkennen Anbieten von Hilfsmöglichkeiten 03.11.2014 Dr. med. Sylvia Claus 26

Team Zusammengehörigkeitsgefühl (Kohäsion) Gegenseitige Unterstützung innerhalb der Organisation Handlungsspielräume wahrnehmen Projekte abschließen 03.11.2014 Dr. med. Sylvia Claus 27

Aufgabe von Führungskräften Partizipativer Führungsstil Klar formulierte Erwartungen Persönliches konstruktives Feedback Wertschätzung Vorausschauende Ressourcenplanung Vorbildrolle im Team Betriebliches Gesundheitsmanagement 03.11.2014 Dr. med. Sylvia Claus 28

Zusammenfassung Seelische Erkrankungen sind häufig und bedingen lange Fehlzeiten Seelische Erkrankungen beeinträchtigen die Arbeitsleistung Hohe persönliche und soziale Kosten Erhebliche Hemmschwelle Hilfeleistungen in Anspruch zu nehmen Depressionen sind gut behandelbar! Behandlungsdefizit erhöht Risiko der Chronifizierung Vieles ist bekannt, es fehlt an der UMSETZUNGSKONSEQUENZ Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 03.11.2014 Dr. med. Sylvia Claus 29

Literaturempfehlungen Stressreport Deutschland 2012 (Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin) Ergebnisse der Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland: DEGS (Bundesgesundheitsblatt 2013) DAK Gesundheitsreport 2012 und 2014 Entwicklung der Krankenlast in Deutschland (Deutsches Ärzteblatt 2014) Psychische Erkrankungen am Arbeitsplatz (Dachverband Gemeindepsychiatrie und Barmer GEK) Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt psyga www.psyga.info www.buendnis-depression.de 03.11.2014 Dr. med. Sylvia Claus 30