Titel: (Bescheinigung i. S. von 68 Abs. 3 EStG über ausgezahltes Kindergeld -- Steuergeheimnis)

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Transkript:

FG München, Urteil v. 11.03.2013 7 K 477/11, 7 K 477/11 ( Titel: (Bescheinigung i. S. von 68 Abs. 3 EStG über ausgezahltes Kindergeld -- Steuergeheimnis) Normenketten: 62 EStG 2009 63 EStG 2009 68 Abs 3 EStG 2009 EStG VZ 2009 30 AO 118 AO Orientierungsätze: 1. Die Ablehnung, eine Bescheinigung nach 68 Abs. 3 EStG zu erteilen, ist ein Verwaltungsakt. 2. Berechtigter i. S. d. 68 Abs. 3 EStG ist grundsätzlich jeder, der nach 62 i. V. m. 63 EStG Anspruch auf Kindergeld hat, also (anspruchs-)berechtigt ist. Das ist nicht nur derjenige Elternteil, dem das Kindergeld tatsächlich gezahlt wird. 3. 68 Abs. 3 EStG verlangt nach seinem Wortlaut weder eine Begründung des Antrags noch ein berechtigtes Interesse des Berechtigten für die Erteilung der Bescheinigung. Die Familienkasse hat nicht zu prüfen, ob und zu welchem Zweck der Berechtigte die Bescheinigung benötigt. 4. Erteilt die Familienkasse eine Bescheinigung gemäß 68 Abs. 3 EStG an einen grundsätzlich kindergeldberechtigten Elternteil, obwohl dieser Elternteil nicht derjenige ist, dem das Kindergeld ausgezahlt wird, so verletzt sie hierdurch nicht das Steuergeheimnis. 5. Auf die eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hin (Az. des BFH: III B 51/13) wurde die Revision zugelassen. Das Beschwerdeverfahren wird unter dem Az. III R 40/13 als Revisionsverfahren fortgeführt (BFH-Beschluss vom 19.8.2013 III B 51/13, nicht dokumentiert). Schlagworte: Ablehnung, Anspruch, Anspruchsberechtigter, Antrag, Berechtigter, Bescheinigung, Kind, Kindergeld, Steuergeheimnis, Verwaltung, Verwaltungsakt, Zweck Fundstellen: BeckRS 2013, 96238 EFG 2013, 1865 Tenor 1. Der Ablehnungsbescheid vom 5. Januar 2011 und die Einspruchsentscheidung vom 13. Januar 2011 werden aufgehoben und die Familienkasse wird verpflichtet, dem Kläger eine Bescheinigung über das für das Jahr 2009 für seine Tochter X. ausgezahlte Kindergeld zu erteilen. 2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. 3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet. Tatbestand

1 I. Der Kläger bezog für seine Tochter bis einschließlich Januar 2009 Kindergeld von der Landesfamilienkasse des Landesamtes für Finanzen. Nachdem die Beklagte (die Familienkasse) der Landesfamilienkasse Ende Dezember 2008 mitgeteilt hatte, die geschiedene Ehefrau des Klägers und Mutter von X. habe als vorrangig Berechtigte bei ihr einen Kindergeldantrag gestellt, hob die Landesfamilienkasse die Kindergeldfestsetzung für X. gegenüber dem Kläger ab Februar 2009 auf. 2 Mit Schreiben vom 21. Dezember 2009 bat der Kläger die Familienkasse zunächst um Mitteilung, ob und ggf. seit wann im Jahr 2009 Kindergeld für seine Tochter an die Kindsmutter gezahlt worden sei. Mit Schreiben vom 4. Januar 2010 teilte die Familienkasse dem Kläger mit, die gewünschte Auskunft könne wegen des Steuergeheimnisses ( 30 der Abgabenordnung - AO -) nicht erteilt werden. Mit Schreiben vom 29. November 2010 beantragte der Kläger sodann eine Bescheinigung über das für das Jahr 2009 für seine Tochter ausgezahlte Kindergeld gemäß 68 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Am 6. Dezember 2010 schrieb die Familienkasse dem Kläger erneut, die gewünschte Auskunft könne wegen des Steuergeheimnisses ( 30 AO) nicht erteilt werden. Daraufhin wiederholte der Kläger mit Schreiben vom 20. Dezember 2010 seinen Antrag auf Erteilung einer Bescheinigung nach 68 Abs. 3 EStG. Mit Schreiben vom 5. Januar 2011 lehnte die Familienkasse den Antrag ab. Einen Antrag auf Ausstellung einer Bescheinigung nach 68 Abs. 3 EStG könne nur die Kindsmutter als Berechtigte stellen. 3 Hiergegen legte der Kläger am 12. Januar 2011 Einspruch ein, den die Familienkasse mit Einspruchsentscheidung vom 13. Januar 2011 als unzulässig verwarf; das Schreiben der Familienkasse vom 5. Januar 2011 sei kein Verwaltungsakt. 4 Mit seiner Klage trägt der Kläger im Wesentlichen vor, die Ablehnung des nach 68 Abs. 3 EStG gestellten Antrags sei ein Verwaltungsakt, da die Familienkasse damit entschieden habe, dass ein Antragsrecht nicht bestehe. Im Übrigen habe er in seinem Antrag vom 29. November 2010 für den Fall der Ablehnung um die Erteilung eines Bescheids gebeten. Die Familienkasse habe die Erteilung der Bescheinigung auch nicht verweigern dürfen. Berechtigter i.s. des 68 Abs. 3 EStG sei der Kindergeldberechtigte i.s. des 62 i.v.m. 63 EStG und nicht nur derjenige Kindergeldberechtigte, an den das Kindergeld gezahlt werde. 5 Der Kläger beantragt sinngemäß, den Ablehnungsbescheid vom 5. Januar 2011 und die Einspruchsentscheidung vom 13. Januar 2011 aufzuheben und die Familienkasse zu verpflichten, dem Kläger eine Bescheinigung über das für das Jahr 2009 für seine Tochter X. ausgezahlte Kindergeld zu erteilen. 6 Die Familienkasse beantragt, die Klage abzuweisen. 7 Entgegen den Ausführungen in der Einspruchsentscheidung handele es sich aus Sicht der Familienkasse bei der Ablehnung der Erteilung einer Bescheinigung nach 68 Abs. 3 EStG gegenüber dem Kläger um einen Verwaltungsakt, so dass der Einspruch zulässig gewesen sei. Der Kläger habe jedoch keinen Anspruch auf Erteilung einer solchen Bescheinigung. Kindergeldberechtigte sei im Streitfall ausschließlich die geschiedene Ehefrau des Klägers. Die Familienkasse habe nach 30 AO das Steuergeheimnis zu wahren, so dass die gewünschte Bescheinigung gegenüber dem Kläger nicht erteilt werden könne. Entscheidungsgründe 8 II. Die Klage ist begründet. 9

1. Die Klage ist als Verpflichtungsklage ( 40 Abs. 1 Alt. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) zulässig. Die Ablehnung, eine Bescheinigung nach 68 Abs. 3 EStG zu erteilen, ist ein Verwaltungsakt ( 118 AO); denn sie enthält die von der Familienkasse gegenüber dem Kläger getroffene einzelfallbezogene Regelung, dass dem Kläger ein Anspruch auf eine derartige Bescheinigung nicht zusteht (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 16. Dezember 1987 I R 66/84, BFH/NV 1988, 319). Der gerichtliche Rechtsschutz gegen einen solchen ablehnenden Bescheid muss nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung - auch dann, wenn das eigentliche Klageziel in der Vornahme einer tatsächlichen Handlung besteht - im Wege einer Verpflichtungsklage verfolgt werden (BFH-Urteil vom 11. April 2012 I R 63/11, BFHE 237, 29, BStBl II 2012, 539, m.w.n.). Es ist für das vorliegende Verfahren daher ohne Bedeutung, ob die vom Kläger begehrte Bescheinigung i.s. des 68 Abs. 3 EStG selbst ein Verwaltungsakt oder ein Realakt ist. 10 2. Die Familienkasse ist nach 68 Abs. 3 EStG verpflichtet, dem Kläger eine Bescheinigung über das für das Jahr 2009 für seine Tochter X. ausgezahlte Kindergeld zu erteilen. Der Ablehnungsbescheid vom 5. Januar 2011 und die Einspruchsentscheidung vom 13. Januar 2011 waren daher aufzuheben und die Familienkasse zur Erteilung dieser Bescheinigung zu verpflichten (vgl. 101 Satz 1 FGO). 11 a) Gemäß 68 Abs. 3 EStG erteilt die das Kindergeld auszahlende Stelle auf Antrag des Berechtigten eine Bescheinigung über das für das Kalenderjahr ausgezahlte Kindergeld. 12 aa) Berechtigter i.s. dieser Vorschrift ist grundsätzlich jeder, der nach 62 i.v.m. 63 EStG Anspruch auf Kindergeld hat, also (anspruchs-)berechtigt ist (so auch Wendl in Herrmann/Heuer/Raupach, 68 EStG Rz 14). Der Auffassung der Familienkasse, Berechtigter i.s. des 68 Abs. 3 EStG sei nur derjenige Berechtigte, dem das Kindergeld gezahlt wird, folgt der Senat nicht. 13 (1) Dem Gesetzeswortlaut ist nicht zu entnehmen, dass nur dem Berechtigtem, dem das Kindergeld gezahlt wird, eine Bescheinigung nach 68 EStG zu erteilen ist. 68 Abs. 3 EStG setzt lediglich einen Antrag des Berechtigten voraus. Das Gesetz versteht unter dem Berechtigten grundsätzlich den Anspruchsberechtigten nach 62 i.v.m. 63 EStG (vgl. amtliche Überschrift des 62 EStG). Dies verdeutlicht vor allem 64 Abs. 2 Satz 1 EStG, nach dem bei mehreren Berechtigten das Kindergeld demjenigen gezahlt wird, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat. Dass 68 Abs. 3 EStG den bestimmten Artikel ( des Berechtigten ) benutzt, lässt - entgegen der Auffassung der Familienkasse - nicht zwingend darauf schließen, dass nur der Berechtigte antragsberechtigt ist, dem das Kindergeld gezahlt wird. Der Berechtigte kann in 68 Abs. 3 EStG auch stellvertretend für alle Berechtigten stehen. 67 Satz 2 EStG, nach dem u.a. der Berechtigte Antrag auf Kindergeld stellen kann, verwendet ebenfalls den bestimmten Artikel ( dem Berechtigten ). Gleichwohl steht außer Frage, dass jeder Berechtigte i.s.v. 62 i.v.m. 63 EStG Kindergeld beantragen kann, obwohl letztlich nur einem Berechtigten das Kindergeld gezahlt werden wird (vgl. 64 Abs. 1 EStG). Gegenteiliges lässt sich auch nicht aus 64 Abs. 2 Satz 2 EStG ableiten. Nach dieser Vorschrift bestimmen mehrere gleichrangig Berechtigte untereinander den Berechtigten. Zwar bezeichnet 64 Abs. 2 Satz 2 EStG damit den Berechtigten, dem das Kindergeld gezahlt wird. Dies ergibt sich aber nicht allein aus der Verwendung des bestimmten Artikels, sondern aus dem Zusammenhang der Regelung mit Satz 1 der Vorschrift, wonach das Kindergeld bei mehreren Berechtigten demjenigen gezahlt wird, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat. Gleiches gilt für 64 Abs. 2 Satz 3 EStG; danach bestimmt das Familiengericht auf Antrag den Berechtigten, wenn eine Bestimmung nicht getroffen wird. 14 (2) Auch der Zweck des 68 Abs. 3 EStG, dem Berechtigten einen Nachweis über das für das Kalenderjahr ausgezahlte Kindergeld zu verschaffen (vgl. Felix in:kirchhof/söhn/mellinghoff, EStG, 68 Rz A 38), gebietet es nicht, die Norm dahin auszulegen, dass die Bescheinigung nur dem Berechtigten zu erteilen ist, dem das Kindergeld gezahlt wird.

15 Der Gesetzgeber ging bei der Einführung des 68 Abs. 3 EStG durch das Jahressteuergesetz 1996 vom 11. Oktober 1995 - JStG 1996 - (BGBl I 1995, 1250), mit dem er den Familienlastenausgleich zu einem Familienleistungsausgleich fortentwickelte, erkennbar davon aus, dass auch der Berechtigte, dem das Kindergeld nicht gezahlt wird, einen Nachweis über das ausgezahlte Kindergeld benötigen kann. Denn ein solcher Nachweis konnte nach der durch das JStG 1996 geschaffenen Rechtslage für jeden Berechtigten von Bedeutung sein, dem für das betreffende Kind ein Kinderfreibetrag ( 32 Abs. 6 EStG i.d.f. des JStG 1996) zustand, auch wenn ihm nicht Kindergeld gezahlt wurde. Bei der sog. Günstigerprüfung, ob bei der Veranlagung der Kinderfreibetrag abzuziehen war, war das tatsächlich gezahlte Kindergeld - auch soweit es dem Steuerpflichtigen im Wege eines zivilrechtlichen Ausgleichs zustand - der steuerlichen Entlastung durch den Kinderfreibetrag gegenüberstellen (vgl. 31 Sätze 4 und 5 EStG i.d.f. des JStG 1996). Das Kindergeld, das der steuerlichen Freistellung des Existenzminimums des Kindes bei den Eltern und - soweit es dafür nicht erforderlich ist - der Familienförderung dient (vgl. 31 Sätze 1 und 2 EStG), steht beiden Eltern gemeinsam zu, auch wenn es aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung nur einem Elternteil ausgezahlt wird. Derjenige, dem das Kindergeld nicht ausgezahlt wurde, hatte in der Regel einen familienrechtlichen Anspruch auf Ausgleich (vgl. BFH-Urteil vom 25. September 2008 III R 45/06, BFH/NV 2009, 556, m.w.n.), so dass auch für diesen Elternteil das an den anderen Elternteil gezahlte Kindergeld für die Günstigerprüfung von Bedeutung war. 16 Zwar ist seit dem Veranlagungszeitraum 2004 bei der Günstigerprüfung nicht mehr auf das (tatsächlich) gezahlte Kindergeld, sondern - unabhängig von der kindergeldrechtlichen Beurteilung durch die Familienkasse - auf den Anspruch auf Kindergeld abzustellen (vgl. BFH-Urteil vom 15. März 2012 III R 82/09, BFHE 236, 539). Die Bescheinigung nach 68 Abs. 3 EStG bleibt für das Veranlagungsverfahren jedoch insofern von Bedeutung, als durch sie ggf. Zweifel des Finanzamts darüber, ob ein Anspruch auf Kindergeld bestand, ausgeräumt werden können (so auch Nr. 68.3 Abs. 1 Satz 2 der Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes 2012 - DA-FamEStG -). Der Anspruch auf Kindergeld ist wiederum auch für den Elternteil von Bedeutung, dem das Kindergeld nicht ausgezahlt wird. So wird bei nicht zusammenveranlagten Eltern nach 31 Satz 4 letzter Halbs. EStG der Kindergeldanspruch bei der Günstigerprüfung im Umfang des Kinderfreibetrags angesetzt. Dies bedeutet, dass der Anspruch auf Kindergeld grundsätzlich beiden Elternteilen jeweils zur Hälfte zuzurechnen ist (vgl. 32 Abs. 6 Satz 1 EStG; R 31 Abs. 3 Satz 2 der Einkommensteuer-Richtlinien 2011). Unerheblich ist, dass nach Nr. 68.3 Abs. 1 Satz 3 DA-FamEStG in diesen Fällen nicht die ausgezahlten Kindergeldbeträge, sondern die dem Kindergeldberechtigten zustehenden Ansprüche zu bescheinigen sind. Hinsichtlich des Inhalts der Bescheinigung ist die gesetzliche Regelung in 68 Abs. 3 EStG konstitutiv. Im Übrigen wird es regelmäßig praktisch keinen Unterschied machen, ob die Familienkasse das ausgezahlte Kindergeld oder die dem Kindergeldberechtigten zustehenden Ansprüche bescheinigt. Die Familienkasse wird grundsätzlich nur dann einen Anspruch auf Kindergeld bescheinigen, wenn sie Kindergeld festgesetzt hat. In diesem Fall wird sie den Anspruch in der Regel auch durch Zahlung erfüllt haben. 17 Hinzu kommt, dass der Berechtigte, dem das Kindergeld nicht gezahlt wird, auch in anderen Verfahren einen Nachweis über das ausgezahlte Kindergeld benötigen kann (Helmke in Helmke/Bauer, Familienleistungsausgleich, Kommentar, Fach A, I. Kommentierung, 68 Rz 23; Felix in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, 68 Rz A 38 und C 2). Dies gilt insbesondere für Unterhaltssachen. Denn das Kindergeld mindert nach Maßgabe des 1612b Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) den Barunterhaltsbedarf des Kindes, so dass sich der von dem Barunterhalt schuldenden Elternteil aufzubringende Zahlbetrag reduziert, auch wenn das Kindergeld dem anderen Elternteil gezahlt wurde (vgl. hierzu Palandt/Brudermüller, Bürgerliches Gesetzbuch, 71. Aufl., 1612b Rz 8ff; zu den früheren Rechtslagen vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 6. Februar 2002 XII ZR 20/00, BGHZ 150, 12, unter A.II.3.b).

18 bb) 68 Abs. 3 EStG verlangt nach seinem Wortlaut weder eine Begründung des Antrags noch ein berechtigtes Interesses des Berechtigten für die Erteilung der Bescheinigung. Die Familienkasse hat daher grundsätzlich nicht zu prüfen, ob und zu welchem Zweck der Berechtigte die Bescheinigung benötigt (vgl. Helmke in Helmke/Bauer, Familienleistungsausgleich, Kommentar, Fach A, I. Kommentierung, 68 Rz 23; Felix in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, 68 Rz C 3). 19 b) Nach diesen Maßstäben hat die Familienkasse als die das Kindergeld auszahlende Stelle dem Kläger die begehrte Bescheinigung zu erteilen. Entgegen der Auffassung der Familienkasse verletzt sie hierdurch nicht das Steuergeheimnis, da die Offenbarung des für das Jahr 2009 für die Tochter des Klägers ausgezahlten Kindergelds jedenfalls nach 30 Abs. 4 Nr. 2 AO i.v.m. 68 Abs. 3 EStG ausdrücklich zugelassen ist. Im Übrigen steht das Kindergeld - wie ausgeführt - beiden Eltern gemeinsam zu, auch wenn es aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung nur einem Elternteil ausgezahlt wird. 20 3. Das Urteil erging aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten nach 90 Abs. 2 FGO ohne mündliche Verhandlung. 21 4. Die Kostenentscheidung beruht auf 143 Abs. 1 i.v.m. 135 Abs. 1 FGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und über den Vollstreckungsschutz folgt aus 151 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 3 FGO i.v.m. 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.