Herzinfarkt und Psyche

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Transkript:

WAZ FORUM Herzinfarkt und Psyche Prof. Dr. med. A. Mügge Ruhr-Universität Bochum St. Josef-Hospital/Bergmannsheil 17.03.2016

K a r d i o v a s k u l ä r e R i s i k o f a k t o r e n Asymptomatisch AP Koronare Herzkrankheit Herzinfarkt

Risikogruppen - Risikofaktoren Rheumatoide Arthritis Rauchen Hyper- cholesterinämie Psoriasis Adipositas Hypertonie HIV KHK Erektile Dysfunktion Körperliche Inaktivität Diabetes mellitus Lupus erythematodis Alter Familiäre Belastung Männer > 40 J. Frauen >50 J. Niereninsuffizienzi i

Psyche und Herzinfarktrisiko Meyer Friedman: Type A Behavior and Your Heart, 1974 Manager-Typ, der ständig unter Strom steht, um sich Im beruflichen Wettbewerb durchsetzen zu können, dabei zur Aggressivität und Feind- seligkeit neigt, mit wenig Zeit für Entspannung und Familie Typ D (T. Denollet, niederländischer Psychologe aus Tilburg) D=Distress, nach innen gekehrt, häufig unglücklich, düstere Stimmung, fehlendes Selbstverstrauen, ziehen sich zurück. Im Gegensatz zu einer Depression kein episodenhafter Zustand, sondern ein lebenslanges Merkmal. Kardiovaskuläre Komplikationen Odds Ratio 3.7 (95% CI 2.704-5.110) um den Faktor 3.7 gesteigert Circ Cardiovasc Qual Outcome 2010;3:546-557

Häufigkeit eines Herzinfarktes in Abhängigkeit vom Wochentag 20 % 15 10 5 * Working (n=854) Non-working (n=1191) 0 Sun Mon Tue Wed Thur Fri Sat Willich et al., Circulation 1994;90:87-93

Frau S., *1974 Nach Streit mit den Nachbarn heftige Brustschmerzen In der ZNA: Trop I mit 2.09 ug/l (<0.04) und CK mit 198 U/L (<146) erhöht

Takotsubo-Kardiomyopathie (=Stress-Kardiomyopathie, Broken Heart ) Dr. H. Sato, 1990 Hiroshima City Hospital tako-tsubo-like left ventricular dysfunction Tako-tsubo (Octopus-Falle in Japan)

Psyche

Meta-Analyse: 30 Studien mit insgesamt 893.850 850 Patienten Depression als unabhängiger Risikofaktor für das Entstehen einer Koronaren Herzkrankheit kh RR 1.30 (95% CI 1.22-1.40) +30% Depression als unabhängiger Risikofaktor für das Entstehen eines Herzinfarktes RR 1.30 (95% CI 1.18-1.44) +30%

Repräsentative Stichprobe aus der National Comorbidity Survey Replication (n=5.692) Kontrolliert für Alter, Wohngebiet, Einkommen, Bildung, Ehe-Status, Beschäftigung, kardiovaskuläre k Vorerkrankungen k und Risikofaktorenik kt Multivariaten logistische Repressions-Analyse Depression/bipolare Störungen erhöhen das Risiko für eine KHK bei Frauen um den Faktor 2.80 bei Männern um den Faktor 1.85 Angst erhöht das Risiko für eine KHK bei Frauen um den Faktor 1.50 bei Männer um den Faktor 1.77

N=10.175 Postinfarkt-Patienten Br J Psychiatr 2013;203:90-102203 102

Psychische Erkrankungen z. B. Depression /Angst

JACC 2013:61:622-30 4.676 pts with CHD history Center for Epidemiologic i i Studies Depression 4item Scale 13.6% depressive symptoms follow-up median 3.8 y

Contribution of Depressive Mood and Circulating Inflammatory Markers to Coronary Heart Disease in Healthy European Men. The Prospective Epidemiological Study of Myocardial Infarction (PRIME) Empana JP etal., Circulation 2005;111:2299-305 nested case control study, Belfast/France, 9758 middle-aged men (50-59 y) free of CHD, follow-up > 5 y N=335 subjects, who developed CHD, 670 matched controls Depressive mood higher blood levels for hs-crp +46% IL-6 +16% ICAM-1 +10% Risk for the development of clinical CHD Depressive mood crude OR 1.35 (95% CI 1.05-1.73) adjusted for CRF OR 1.50 (95%CI 1.04-2.15) adjusted for IL-6 OR 1.53 (95% CI 1.05-2.23) The data support an association between mood with inflammatory markers and suggest that depressive mood is related to CHD even after adjustment for these inflammatory markers.

Blutplättchen (Thrombozyten) Aufnahme, Speicherung und, p g Metabolisierung von Serotonin ist ähnlich in Plättchen und Neuronen

Newly diagnosed depression is associated with increased betathromboglobulin levels and increased expression of platelet activation markers and platelet l t derived d CD40-CD40L. CD40L H. Neubauer, F. Petrak², D. Zahn, F. Pepinghege, A.K. Hägele, P.A. Pirk², I. Uhl, G. Juckel, A. Mügge, S. Herpertz Journal of Psychiatric Research 2013;47:865-71

Serrano CV et al., Vasc Health Risk Manag 2011;7:159-164

Effects of Treating Depression and Low Perceived Social Support on Clinical Events After Myocardial Infarction: The Enhancing Recovery in Coronary Heart Disease Patients (ENRICHD) Randomized Trial JAMA. 2003;289(23):3106-3116. doi:10.1001/jama.289.23.3106 2481 MI patients Depression Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders 17-item Hamilton Rating Scale for Depression (HRSD) Low perceived social support ENRICHD Social Support Instrument t (ESSI score) Death/recurrent MI Randomization usual care versus cognitive behavior therapy, supplemented with selective serotonin reuptake inhibitors Start Tx at median 17 d after MI; for 6 months Primary Composite Endpoint Death or recurrent MI Secondary Endpoint changes in HRSD or ESSI score at 6 months Results I 39% depressed, 26% had LPSS, 34% had both Results II Intervention Control p mean change HRSD -10.1-8.4 <.001 mean change ESSI 5.1 3.4 <.001

Zusammenfassung I An Depressionen leidet mindestens jeder 5. KHK-Patient, Frauen sind häufiger betroffen. Post-Infarkt kennzeichnet das Auftreten von Depressionen einen schweren bzw. komplikativen Verlauf, die Sterblichkeit verdoppelt sich nahezu. Möglicherweise fördert eine Depression ein Verhalten, dass das kardiovaskuläre Risiko ansteigen lässt. Pathophysiologisch scheinen zwischen der Depression und der Entstehung der KHK viele Zusammenhänge zu bestehen. Zusammenfassung II Eine antidepressive Therapie bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit oder nach Herzinfarkt ist machbar, ohne das Risiko für kardiovaskuläre Komplikationen zu erhöhen. Eine psychologische und/oder pharmakologische h Intervention verbessert die Symptomatik einer Depression bei KHK- Patienten, t eine Verbesserung der Prognose bleibt jedoch unklar.

The true reason for the extinction of the dinosaurs