9. Unternehmerforum Agrar Nienburg 21.11.2016 Fleischerzeugung gibt es einen Kompromiss zwischen Tierschutz, Umweltschutz und Fleischgenuss? apl. Prof. Ulrike Weiler Institut für Nutztierwissenschaften Universität Hohenheim
anders als gefühlt: Der Fleischverbrauch in Deutschland 2
Entwicklung von Gehältern und Lebensmittelpreisen 1970 1980 1990 2000 2010 2011 2013 2013/ 1970 Netto-Stundenverdienst (Industriearbeiter) 2,68 5,51 8,12 11,36 13,13 13,43 13,99 522% aufzuwendende Arbeitszeit in Minuten je kg Dunkles Mischbrot 15,5 14,5 12,8 11,2 11,1 11,5 11,3 72,9% Tafeläpfel, Hdkl. I 12,4 14,2 13,0 8,7 6,7 7,0 8,1 65,3% Rindfleisch, zum Braten 115,0 87,2 69,1 51,3 35,2 37,0 40,0 34,8% Schweinefleisch, Kotelett 96,2 62,4 45,7 33,3 21,8 22,4 23,3 24,2% Brathähnchen, bratf. TKK 45,8 27,7 18,9 12,0 8,6 9,2 10,1 22,1% http://berichte.bmel-statistik.de/sjt-5050900-0000.pdf (bzw. daraus berechnet)
Treibhausgasemissionen Anteil der Landwirtschaft: 8% Von 1990 bis 2013 sind die Treibhausgasemissionen im Sektor Landwirtschaft/Landnutzung von 99 Millionen Tonnen auf 71 Millionen Tonnen CO 2 - Äquivalente, also rund 28 Prozent zurückgegangen.
und trotzdem mit dem Rücken zur Wand?
Gründe für Fleischverzicht 2013 Nicht artgerecht, Massentierhaltung, Schmeckt mir nicht (zu viel) Fleisch ist ungesund Gute Qualität/Biofleisch/Wurst / zu teuer ist (zu) Tierschutz, ethisch/moralische Viele Zusatzstoffe, schlechte Qualität, Umwelt-/Klimabelastung durch Medikamente/Antibiotika im Esse nur selten/sonntags Fleisch (aus Verschwinden natürlicher Lebensräume Prozent 0 10 20 30 40 Verbraucherzentrale (2014)
Gründe für Fleischverzicht 2013 Nicht artgerecht, Massentierhaltung, Schmeckt mir nicht (zu viel) Fleisch ist ungesund Gute Qualität/Biofleisch/Wurst / zu teuer ist (zu) Tierschutz, ethisch/moralische 44% der Befragten Viele Zusatzstoffe, schlechte Qualität, Umwelt-/Klimabelastung durch Medikamente/Antibiotika im Esse nur selten/sonntags Fleisch (aus Verschwinden natürlicher Lebensräume Prozent 0 10 20 30 40 Verbraucherzentrale (2014)
Gründe für Fleischverzicht 2013 Nicht artgerecht, Massentierhaltung, Schmeckt mir nicht (zu viel) Fleisch ist ungesund Gute Qualität/Biofleisch/Wurst / zu teuer ist (zu) Tierschutz, ethisch/moralische 34 % der Befragten Viele Zusatzstoffe, schlechte Qualität, Umwelt-/Klimabelastung durch Medikamente/Antibiotika im Esse nur selten/sonntags Fleisch (aus Verschwinden natürlicher Lebensräume Prozent 0 10 20 30 40 Verbraucherzentrale (2014)
Gründe für Fleischverzicht 2013 Nicht artgerecht, Massentierhaltung, Schmeckt mir nicht (zu viel) Fleisch ist ungesund Gute Qualität/Biofleisch/Wurst / zu teuer ist (zu) Tierschutz, ethisch/moralische Viele Zusatzstoffe, schlechte Qualität, Umwelt-/Klimabelastung durch Medikamente/Antibiotika im Esse nur selten/sonntags Fleisch (aus 7 % der Befragten Verschwinden natürlicher Lebensräume Prozent 0 10 20 30 40 Verbraucherzentrale (2014)
Wesentliche Kritikpunkte Tierschutz Genusswert Umweltschutz
Wesentliche Kritikpunkte Tierschutz Zielkonflikte Umweltschutz Genusswert
Wesentliche Kritikpunkte Tierschutz Umweltschutz Genusswert
Tierschutz vs Umweltschutz Fleischerzeugung mit Mutterkuhhaltung über 50% mehr CO 2eq /kg als Mastbulle (Milchrind) Haltungsverfahren Tiefstreu vs Vollspaltenboden beim Schwein Anbindehaltung vs Laufstall beim Rind
Treibhausgasemissionen bei der Erzeugung von Rindfleisch Produktionssystem (kg CO 2EQ /kg SG ab Hof; nach Hirschfeld et al., 2008): Ochsen/Bullenmast, Kälber aus Mutterkuhhaltung: Milchviehhaltung: Altküheaus Mutterkuhhaltung: Milchviehhaltung: 16,8 kg CO 2EQ /kg 8,4 kg CO 2EQ /kg 14,5 kg CO 2EQ /kg 6,0 kg CO 2EQ /kg Leistungsniveau (kg CO 2EQ /kg essbare Teile; nach Flachowsky, 2008): 500 g/d (Weide, kein Kraftfutter): 28,9 kg CO 2EQ /kg 1000 g/d(stall, Grassilage, etwas Kraftfutter): 11,0 kg CO 2EQ /kg 1500 g/d (Stall, Maissilage, Kraftfutter): 7,0 kg CO 2EQ /kg Grünberg et al., 2010
Tierschutz vs Umweltschutz Fleischerzeugung mit Mutterkuhhaltung über 50% mehr CO 2eq /kg als Mastbulle (Milchrind) Haltungsverfahren Tiefstreu vs Vollspaltenboden beim Schwein Anbindehaltung vs Laufstall beim Rind nach Cederberg et al. 2013
Tierschutz vs Umweltschutz Fleischerzeugung mit Mutterkuhhaltung über 50% mehr CO 2eq /kg als Mastbulle (Milchrind) Haltungsverfahren Tiefstreu vs Vollspaltenboden beim Schwein nach Cederberg et al. 2013 Hirschfeld et al. 2008
Emission von klimarelevanten Gasen in der Schweinemast in Abhängigkeit von der Aufstallungsform Haltungsform Methan (kg CO 2 Äquivalente/Tierplatz u. Jahr) Lachgas (kg CO 2 Äquivalente/Tierplatz u. Jahr) Vollspaltenboden 92,0 29,6 Tiefstreu 80,5 740,0 aus Hirschfeld et al. 2008
Tierschutz vs Umweltschutz Fleischerzeugung mit Mutterkuhhaltung über 50% mehr CO 2eq /kg als Mastbulle (Milchrind) Haltungsverfahren Tiefstreu vs Vollspaltenboden beim Schwein AnbindehaltungvsLaufstall beim Rind nach Cederberg et al. 2013 Hirschfeld et al. 2008
Haltungsverfahren und Ammoniakemission bei der Rinderhaltung Anbindehaltung 4 kg NH 3 /TP und Jahr Liegeboxenlaufstall 12 kg NH 3 /TP und Jahr KTBL 2006 nach Kresse, 2008 19
Wesentliche Kritikpunkte Tierschutz Umweltschutz Genusswert
Umweltschutz vsgenusswert magere oder fette Rassen in der Fleischerzeugung Koberind: 36 CO 2eq /kg Mastbulle Milchrind: 16 CO 2eq /kg Bullenmast statt Ochsenmast bessere FVW, weniger N-Exkretion aufgrund Androgenen mangelhafte Zartheit, Saftigkeit, Aroma wegen geringem i.m. Fettgehalt
Umweltschutz vsgenusswert magere oder fette Rassen in der Fleischerzeugung Koberind: 36 kg CO 2eq /kg Mastbulle Milchrind: 16 kg CO 2eq /kg Bullenmast statt Ochsenmast bessere FVW, weniger N-Exkretion aufgrund Androgenen mangelhafte Zartheit, Saftigkeit, Aroma wegen geringem i.m. Fettgehalt Ogino et al., 2007
Umweltschutz vsgenusswert magere oder fette Rassen in der Fleischerzeugung Koberind: 36 kg CO 2eq /kg Mastbulle Milchrind: 16 kg CO 2eq /kg Bullenmast statt Ochsenmast bessere FVW, weniger N-Exkretion aufgrund von Androgenen Oginoet al., 2007 Papstein, 1995
Bullen SIG Ochsen Gewicht 455 kg * 403 kg Zunahmen g/d 1560 * 1010 Proteinsyntheserate %/d 1,59 * 2,36 Proteinabbaurate %/d 1,30 * 2,14 Fraktionelle Ansatzrate %/d 0,29 * 0,22 µ-calpain a 1,32 ns 1,22 m-calpain a 0,81 ns 1,02 Calpastatin a 3,28 * 2,24 Cathepsin B a 28,47 ns 32,17 Cathepsin B+L a 126,59 ns 108,17 Cystatine a 3,48 * 2,78 a: Units/g Muskelgewebe, Definition s. Morgan et al 1993 Morgan et al., 1993 24
Umweltschutz vsgenusswert magere oder fette Rassen in der Fleischerzeugung Koberind: 36 kg CO 2eq /kg Mastbulle Milchrind: 16 kg CO 2eq /kg Bullenmast statt Ochsenmast bessere FVW, weniger N-Exkretion aufgrund von Androgenen mangelhafte Zartheit, Saftigkeit, Aroma wegen geringem i.m. Fettgehalt und langsamerer Reifung Oginoet al., 2007 Papstein, 1995
Wesentliche Kritikpunkte Tierschutz Umweltschutz Genusswert
Tierschutz vsgenusswert Weidemast vs Endmast in Feed lots Kastrationsverzicht beim Schwein
Auswirkung der Endmast im FeedlotvsWeideendmast auf die Zartheit von Rindfleisch Genotyp Scherwert (N) Feed lot Weideendmast Roastbeef A 38,6 42,7 B 45,5 49,2 Johnson et al., 2003 nach Warner et al., 2010
Tierschutz vsgenusswert Weidemast vs Endmast in Feed lots weniger Zartheit bei Weidemast Kastrationsverzicht beim Schwein Warner et al., 2010
Tierschutz vsgenusswert Weidemast vs Endmast in Feed lots weniger Zartheit bei Weidemast Kastrationsverzicht beim Schwein -. Warner et al., 2010
Der Kastrationsverzicht die Geschichte eines beispielhaften Unverständnisses
Die traditionellen Gründe für die Eberkastration Schlachtkörperzusammensetzung (mehr Fett, Genusswert) Beeinflussung von Verhalten Verhinderung von Geschlechtsgeruch (Verbraucherschutz, Genusswert).doch davon weiß der Verbraucher nichts
Die guten Argumente dagegen Hodenhormone bedingen höheres Wachstumspotential (mehr Fleisch, FVW, weniger Umweltbelastung) betäubungslose Kastration verstößt gegen Tierschutz.und auch davon weiß der Verbraucher nichts
das erfährt der Verbraucher
Mit dem Rücken zur Wand 2008: Düsseldorfer Erklärung, Ziel Kastrationsverzicht Königsweg Ebermast: Ökonomisch attraktiv höchste Effizienz (FVW, N-Ansatz) von NGOs propagiert in der Tierwohl- Initative honoriert 2013: Verbot der betäubungslosen Kastration per Tierschutzgesetz zum 1.1.2019
Königsweg Ebermast? 2016: Verbraucherschutz nicht gewährleistet, keine sichere Detektion der Geruchskomponenten Neue Qualitätsprobleme (Fettqualität) 2016: Tierschutz nicht verbessert, denn Hodenhormone sind nicht nur anabol Bildung gekoppelt an Pheromonbildung(gleiche Vorstufen) Steuerung des Sexualverhaltens Revieretablierung und Aggression
Im Vergleich zu Kastraten haben Eber daher 2-3fach mehr Kämpfe von längerer Dauer, vor allem wenn Gruppen instabil sind mehr Schlachtkörperläsionen aufgrund von Kämpfen bei Transport sowie in der Wartebucht Intensives Sexualverhalten in der Endmast (Aufreiten 8-10fach häufiger, Dauer verlängert) Risiko Penisbeissen (über 80% der Masteber weisen Narben und/oder Wunden auf) Dunshea, 2010; Albrecht, 2011; Wesoly et al. 2015; Weiler et al., 2016
Wunden und Narben.bei über 80% der Masteber Weiler et al., 2016
Schwere Verletzungen bei ca. 10% der Masteber, je älter, desto mehr Weiler et al., 2016
Kein Artefakt durch Stallhaltung: Penisverletzungen beim Wildschwein Weiler et al., 2016
Gibt es überhaupt einen Kompromiss?
Lösungsansätze Züchtung auf weniger Geruch (langfristige Lösung, Verhalten und Aggression bleiben) Chirurgische Kastration unter Betäubung und Schmerzausschaltung (Erholungszeit, Kosten, Zulassung) Immunologische Kastration Improvac fehlender Verbraucherdialog!
2 x Improvac: Hemmung der Hodenfunktionen GnRH LH 2 LH Androstenon Testosteron Estrogene
2 Folgen der 2. Improvac Impfung: Hodenfunktion einheitlich blockiert ab d 8 Wiederaufnahme nach 17 Wochen (10-24 Wochen) 2 ng Androstenon/ml Plasma 1 0 0 5 10 15 20 25 Wochen nach 2. Impfung Rottner, 2012 Rottner, 2012; Claus et al. 2008
Lösungsansätze Züchtung auf weniger Geruch (langfristige Lösung, Verhalten und Aggression bleiben?) Chirurgische Kastration unter Betäubung und Schmerzausschaltung (Erholungszeit, Kosten, Zulassung) Immunologische Kastration Improvac : fehlender Verbraucherdialog!
Thesen zur Kompromissfindung Die Gesellschaft braucht den wissenschafts- und faktenbasierten Dialog zum Thema Lebensmittel speziell wenn es um Fleisch, Milch und Eier geht. Zielkonflikte zwischen Tierwohl, umweltgerechter Produktion und Produktqualität im Sinne von Genusswert sind seit jeher vorgegeben und erfordern immer wieder den Kompromiss. Zielkonflikte dürfen nicht beschönigt werden, sondern müssen kommuniziert werden, damit im offenen Diskurs Kompromisse gefunden werden können. Innovative Ansätze zur Verminderung von Zielkonflikten müssen als solche auch offen diskutiert werden (z.b. Einsatz freier AS in der ÖKO-Produktion, Immunkastration)
Thesen zur Kompromissfindung Die Gesellschaft braucht den wissenschafts- und faktenbasierten Dialog zum Thema Lebensmittel speziell wenn es um Fleisch, Milch und Eier geht. Zielkonflikte zwischen Tierwohl, umweltgerechter Produktion und Produktqualität im Sinne von Genusswert sind nicht neu und erfordern immer wieder den Kompromiss. Zielkonflikte dürfen nicht beschönigt werden, sondern müssen kommuniziert werden, damit im offenen Diskurs Kompromisse gefunden werden können. Innovative Ansätze zur Verminderung von Zielkonflikten müssen als solche auch offen diskutiert werden (z.b. Einsatz freier AS in der ÖKO-Produktion, Immunkastration)
Thesen zur Kompromissfindung Die Gesellschaft braucht den wissenschafts- und faktenbasierten Dialog zum Thema Lebensmittel speziell wenn es um Fleisch, Milch und Eier geht. Zielkonflikte zwischen Tierwohl, umweltgerechter Produktion und Produktqualität im Sinne von Genusswert sind nicht neu und erfordern immer wieder den Kompromiss. Zielkonflikte dürfen nicht beschönigt werden, sondern müssen kommuniziert werden, damit im offenen Diskurs Kompromisse gefunden werden können. Innovative Ansätze zur Verminderung von Zielkonflikten müssen als solche auch offen diskutiert werden (z.b. Einsatz freier AS in der ÖKO-Produktion, Immunkastration)
Thesen zur Kompromissfindung Die Gesellschaft braucht den wissenschafts- und faktenbasierten Dialog zum Thema Lebensmittel speziell wenn es um Fleisch, Milch und Eier geht. Zielkonflikte zwischen Tierwohl, umweltgerechter Produktion und Produktqualität im Sinne von Genusswert sind nicht neu und erfordern immer wieder den Kompromiss. Zielkonflikte dürfen nicht beschönigt werden, sondern müssen kommuniziert werden, damit im offenen Diskurs Kompromisse gefunden werden können. Innovative Ansätze, die Zielkonflikte vermindern, müssen auch als solche diskutiert werden (z.b. Einsatz freier AS in der Öko- Produktion, Immunkastration)
.und Kompromisse gehen nicht ohne den Verbraucher, sondern nur mit ihm. Dafür müssen wir etwas tun. Kompromisse werden nur akzeptiert, wenn der Verbraucher versteht, was wir tun. Also müssen wir es erklären. Kompromisse zu finden, erfordert Glaubwürdigkeit. Wir müssen auch zu unseren Problemen stehen und zeigen, dass wir daran arbeiten.