Erkennen, Vermeiden, Bewältigen von Unternehmenskrisen



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Transkript:

Erkennen, Vermeiden, Bewältigen von Unternehmenskrisen Lektion 5 Dr. Ralph Dautel Steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten in Krisensituationen Hinweis des Herausgebers 2004, Herausgeber dieser Lektion des schriftlichen Management-Lehrgangs ist die EUROFORUM Verlag GmbH, Düsseldorf. Wir weisen darauf hin, dass das Urheberrecht sämtlicher Texte und Grafiken in dieser Lektion bei dem/n jeweiligen Autor/en und das Urheberrecht des Lehrgangs als Sammelwerk bei dem Herausgeber liegt. Die begründeten Urheberrechte bleiben umfassend vorbehalten. Jede Form der Vervielfältigung z. B. auf drucktechnischem, elektronischem, optischem, photomechanischem oder ähnlichem Wege auch auszugsweise bedarf der ausdrücklichen, schriftlichen Einwilligung sowohl des Herausgebers als auch des jeweiligen Autors der Texte und Grafiken. Es ist Lehrgangsteilnehmern und Dritten nicht gestattet, die Lektionen oder sonstige Unterrichtsmaterialien zu vervielfältigen.

Autor Dr. Ralph Dautel ist Steuerberater bei Pöllath + Partner, Rechtsanwälte und Steuerberater, in München. Der Schwerpunkt seiner Tätigkeit liegt in der steuerlichen Strukturierung des Unternehmenskaufs und der -finanzierung sowie in der steueroptimierten Reorganisation von Unternehmen, insbesondere in der Krise, sowie der Gestaltung von Managementbeteiligungen. Vor seiner Tätigkeit bei Pöllath + Partner war Dr. Dautel in den Kanzleien Lovells und Haarmann Hemmelrath in München tätig. Nach einer Lehre studierte er Betriebswirtschaftslehre an der Ludwig-Maximilians-Universität in München und promovierte dort auch im Bereich Finanzierungstheorie. 2

Inhalt Inhalt Zielformulierung 5 1 Grundlagen 6 1.1 Gewinnrealisierung und Besteuerung 6 1.2 Verlustnutzung und Verlustbeschränkung 7 2 Steuerliche Gestaltungen bei einer Sanierung durch Kapitalzuführung 9 2.1 Betriebswirtschaftliche Zielsetzung einer Kapitalzuführung 9 2.2 Kapitalerhöhung durch Einlage 9 2.3 Kapitalerhöhung durch Darlehensverzicht 11 2.4 Darlehensvergabe 12 3 Steuerliche Gestaltungen bei einer Sanierung durch Entschuldung 16 3.1 Betriebswirtschaftliche Zielsetzung einer Entschuldung 16 3.2 Darlehensverzicht durch Dritte 16 3.3 Darlehensverzicht durch Gesellschafter 17 3.4 Vermeidung von steuerpflichtigen Sanierungsgewinnen 17 3.5 Verzicht auf Pensionsansprüche 20 4 Sanierung durch Sicherheitsleistung und Rangrücktritt 24 4.1 Betriebswirtschaftliche Zielsetzung einer Sicherheitsleistung oder eines Rangrücktritts 24 4.2 Bürgschaft 24 4.3 Rangrücktritt 26 5 Veräußerung von Wirtschaftsgütern 27 5.1 Betriebswirtschaftliche Zielsetzung einer Veräußerung von Wirtschaftsgütern und Nutzungsüberlassung 27 5.2 Veräußerung von Wirtschaftsgütern 27 5.3 Nutzungsüberlassung 28 6 Sanierung durch Verkauf des Unternehmens 31 6.1 Betriebswirtschaftliche Zielsetzung bei einem Erwerb eines Unternehmens in der Krise 31 6.2 Mantelkaufregelungen 31 6.3 Sanierungsprivileg nach 8 Abs. 4 Satz 3 KStG 33 7 Sanierung durch Umwandlung 35 7.1 Betriebswirtschaftliche Zielsetzungen einer Unternehmensumwandlung 35 7.2 Übertragung von Verlusten durch Umwandlung 35 3

Inhalt 7.2.1 Verschmelzung 35 7.2.2 Spaltung 36 7.3 Übertragung von Gewinnquellen durch Umwandlung 37 7.3.1 Verschmelzung 37 7.3.2 Spaltung 40 Zusammenfassung 42 Übungsaufgaben 43 Lösungen 44 Fußnotenverzeichnis 46 Literaturverzeichnis 49 Stichwortverzeichnis 52 Abbildungsverzeichnis 54 4

Zielformulierung Zielformulierung Ursachen für die Krise eines Unternehmens aus finanzieller Sicht ist eine zu geringe Innenfinanzierungskraft des Unternehmens aus seiner Umsatztätigkeit, die mit den eingegangenen finanziellen Verpflichtungen des Unternehmens nicht Schritt hält und/oder eine unterlassene Außenfinanzierung durch die Gesellschafter (oder Darlehensgeber) des Unternehmens, die zur Schließung der entstandenen Finanzierungslücke beitragen könnte. Der Krise des Unternehmens begegnen Management und Gesellschafter durch die Aufstellung von Sanierungskonzepten und ihrer nachfolgenden Durchführung. Bei der Planung und Umsetzung von Sanierungsmaßnahmen müssen die steuerlichen Folgen vorab geprüft werden, da mit Sanierungen verbundene Steuereffekte diese konterkarieren können. Diese Lektion Steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten in Krisensituationen soll Ihnen helfen, die steuerlichen Folgen von Sanierungsmaßnahmen sei es aus Sicht des in der Krise befindlichen Unternehmens, sei es aus Sicht des Gesellschafters oder anderer Kapitalgeber zu erkennen, und Ihnen ermöglichen, situationsbezogene, steueroptimale Gestaltungsvorschläge für die Strukturierung von Sanierungsmaßnahmen zu unterbreiten bzw. in Zusammenarbeit mit Ihrem Steuerberater zu entwickeln. Aufgrund eines unterschiedlichen Besteuerungsregimes sind steuerliche Gestaltungsvorschläge abhängig von der Rechtsform des zu sanierenden Unternehmens. Diese Lektion beschränkt sich auf Gestaltungsmöglichkeiten bei Kapitalgesellschaften. Diese werden aus Maßnahmen abgeleitet, wie sie typischerweise von Management, Gesellschaftern und Dritten entwickelt werden, um der Krise einer Kapitalgesellschaft zu begegnen. 5

Grundlagen 1 Grundlagen 1.1 Gewinnrealisierung und Besteuerung Im Mittelpunkt der ertragsteuerlichen Betrachtung von Sanierungsmaßnahmen steht die Frage, ob sie ertragswirksam sind und so in die steuerliche Bemessungsgrundlage einfliessen (zu versteuerndes Einkommen ( 2 EStG, 7 KStG), Gewerbeertrag ( 7 GewStG). 1 Dies ist immer dann der Fall, wenn die Sanierungsmaßnahme im steuerrelevanten Vermögensbereich und nicht im privaten Vermögensbereich stattfindet. Zum steuerrelevanten Bereich gehört das gesamte Vermögen einer Kapitalgesellschaft sowie das Betriebsvermögen eines Einzelunternehmers bzw. einer gewerblichen Personengesellschaft als Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft. Zum steuerfreien Bereich gehört das Privatvermögen eines Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft. In diesem Bereich sind aber nicht nur erzielte Gewinne steuerlich nicht zu erfassen, umgekehrt können auch Verluste im steuerlichen Privatbereich nicht geltend gemacht werden. Bei der steuerlichen Betrachtung von Sanierungsmaßnahmen ist zunächst zu unterscheiden, ob sich die Maßnahmen im steuerrelevanten oder im privaten Vermögensbereich auswirken. Ist der der private Vermögensbereich tangiert, ist im Weiteren zu untersuchen, ob der Steuerpflichtige aufgrund von Einschränkungen des Privatbereichs (Spekulations geschäfte, wesentliche Beteiligungen) nicht doch von der Besteuerung erfasst wird. Der steuerfreie private Bereich wird eingeschränkt durch 23 EStG (Spekulationsgeschäfte). Wird ein Wirtschaftsgut, z. B. eine Darlehensforderung gegen eine Kapitalgesellschaft, innerhalb von zwölf Monaten an- und verkauft, dann unterliegt der Gewinn der vollen Steuerpflicht. Werden Beteiligungen an Kapitalgesellschaften an- und verkauft, unterliegt der Gewinn einer hälftigen Besteuerung. Im Weiteren gelten Beteiligungen an Kapitalgesellschaften im Privatvermögen nach 17 EStG als steuerverstrickt, sofern der Steuerpflichtige zu mindestens 1 % am Kapital der Gesellschaft innerhalb eines Fünfjahreszeitraums beteiligt ist. Das Gleiche gilt für so genannte einbringungsgeborene Anteile ( 21 UmwStG), d. h. Anteile, die im Rahmen einer Einbringung zu Buchwerten von der aufnehmenden Kapitalgesellschaft gewährt werden. Liegt eine Steuerverhaftung von Anteilen nach 17, 23 EStG oder nach 21 UmwStG vor, können jedoch auch realisierte Verluste aus einer Veräußerung steuerlich zur Hälfte geltend gemacht werden. Laufende Aufwendungen eines Gesellschafters, die ihm im Zusammenhang mit seiner Beteiligung an der Kapitalgesellschaft entstehen, sind nur zur Hälfte ansetzbar, sofern es sich beim Gesellschafter um eine natürliche Person handelt (korrespon- 6

Grundlagen dierend zur hälftigen Besteuerung von Dividenden 2 ), bzw. sind voll abzugsfähig, sofern es sich beim Gesellschafter um eine Kapitalgesellschaft handelt. 3 Bei Kapitalgesellschaften können Verluste aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften steuerlich nicht geltend gemacht werden. 4 Gewinne und Verluste einer Kapitalgesellschaft können steuerlich grundsätzlich nicht auf den Gesellschafter übertragen werden. Ausnahmen bestehen im Rahmen von Umwandlungen, die in Kapitel 7 dieser Lektion ausführlich besprochen werden. 1.2 Verlustnutzung und Verlustbeschränkung Verluste sind bei Privatpersonen wieder uneingeschränkt im selben Veranlagungszeitraum mit erzielten Gewinnen ausgleichsfähig. 5 Das heißt, die Beschränkung von Verlusten aus verschiedenen Einkunftsarten ist entfallen. Jedoch ist der Verlustvortrag ab dem Veranlagungszeitraum 2004 beschränkt. Zunächst besteht im Veranlagungszeitraum ein Verlustausgleich in und zwischen den Einkunftsarten. Im Weiteren besteht die Möglichkeit, auf Antrag einen Verlustrücktrags bis 511.500 EUR geltend zu machen. Soweit die Verluste nicht rückgetragen werden oder rückgetragen werden können, gehen sie in den verbleibenden Verlustvortrag für die folgenden Veranlagungszeiträume ein. Hier greift nun die Beschränkung ab dem Veranlagungszeitraum 2004. Nunmehr ist der Verlustvortrag nur noch bis zu einem Gesamtbetrag der Einkünfte von 1 Mio. EUR unbeschränkt zulässig. 6 Dies gilt nicht nur für die Einkommen-, sondern auch für die Körperschaftsteuer. Ein darüber hinausgehender Verlustvortrag ist bis zu 60 % des 1 Mio. EUR übersteigenden Gesamtbetrags abziehbar ( 10d Abs. 2 Satz 1 EStG). Folglich werden Gewinne, die den Sockelbetrag von 1 Mio. EUR übersteigen, trotz überschießender Verlustvorträge zu 40 % der Besteuerung unterworfen ( Mindestbesteuerung ). Dadurch wird auch die Nutzung von Verlustvorträgen zeitlich gestreckt. Der Begriff der Mindestbesteuerung bedeutet, dass ein Steuerpflichtiger Erträge versteuern muss, obwohl er über Verlustvorträge verfügt, die seine Erträge im Veranlagungszeitraum übersteigen. Auch für die Gewerbesteuer wurde der Verlustvortrag mit Wirkung ab dem Erhebungszeitraum 2004 eingeschränkt. Vortragsfähig ist ein Betrag in Höhe bis zu 1 Mio. EUR. Weitere nicht verbrauchte Verlustvorträge können mit 60 % des 1 Mio. 7

Grundlagen EUR übersteigenden Teils des Gewerbeertrages verrechnet werden. Der verbleibende Rest des Verlustvortrags aus den Vorjahren ist in künftige Erhebungszeiträume vorzutragen. Sanierungsmaßnahmen sind im Rahmen ihrer steuerlichen Auswirkungen dahin gehend zu untersuchen, ob sie im steuerverhafteten Bereich oder im nicht steuerbaren Privatvermögen umgesetzt werden und ob mit ihnen Gewinnrealisierungen oder (weitere) Verluste verbunden sind. Sofern Gewinnrealisierungen eintreten, ist zu untersuchen, ob diese durch laufende Verluste oder bestehende Verlustvorträge aufgefangen werden können oder ob aus der Sanierungsmaßnahme eine tatsächliche zahlungswirksame Steuerlast resultiert. Olbing, Klaus: Sanierung durch Steuergestaltung, 3. Aufl., Köln 2003, S. 1 27 Brandenberg, Bernwart: Neue Regeln für die Verlustverrechnung, NWB, Fach 3, S. 12757 (NWB Nr. 10 vom 01.03.2004, S. 673) 8

Steuerliche Gestaltungen bei einer Sanierung durch Kapitalzuführung 2 Steuerliche Gestaltungen bei einer Sanierung durch Kapitalzuführung 2.1 Betriebswirtschaftliche Zielsetzung einer Kapitalzuführung Die Zuführung von Kapital, sei es Eigenkapital in Form von Einlagen der Gesellschafter und/oder Fremdkapita l in Form von Gesellschafterdarlehen und Darlehen Dritter an das Unternehmen, befreit das Unternehmen in der Krise nicht von Verpflichtungen. Es wird jedoch die Möglichkeit geschaffen, durch eine zusätzliche Außenfinanzierung das Fortbestehen des Unternehmens zu gewährleisten. Damit implizit verbunden ist eine positive Fortführungsprognose des in der Krise befindlichen Unternehmens. 2.2 Kapitalerhöhung durch Einlage Eine Kapitalerhöhung durch Geld- oder Sacheinlage 1 wirft ertragsteuerlich keine Belastung für das zu sanierende Unternehmen auf. Die mit der Kapitalerhöhung verbundene Vermögensmehrung ist eine Einlage der Gesellschafter, die ohne Auswirkung auf das steuerpflichtige Einkommen des Unternehmens bleibt. Für die kapitalgebenden Gesellschafter führt die Einlage in die Gesellschaft zu zusätzlichen Anschaffungskosten ihrer Beteiligung, die jedoch erst einen zukünftig erzielbaren steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn mindern. Damit wahrt eine Kapitalerhöhung das Interesse des zu sanierenden Unternehmens, keine Steuer auf die Sanierung zu zahlen. Jedoch werden die Interessen desjenigen, hier des Gesellschafters, der einen Sanierungsbeitrag erbringen soll, nicht berücksichtigt. Aus Gesellschaftersicht ist die Steuerneutralität der Einlage unbefriedigend, insbesondere dann, wenn die Einlage allein der Sicherung der Unternehmensfortführung dient und mit ihr keine eigentliche Werterhöhung der Beteiligung verbunden ist. 2 Gestaltungsziel bei Kapitalerhöhungen in der Krise ist deshalb, die erbrachte Einlage steuerlich auf der Ebene des Gesellschafters durch eine entsprechende Teilwertabschreibung zu neutralisieren. Dies ist insbesondere dann von Vorteil, wenn eine zeitnahe Verlustantizipation durch einen Verkauf 3 nicht realisiert werden kann. Voraussetzung für eine Teilwertabschreibung ist zum einen, dass die Beteiligung vom Gesellschafter im Betriebsvermögen gehalten wird, zum anderen müssen die von der Finanzverwaltung erhobenen sachlichen Bedingungen für eine Abschreibung einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft vorliegen, d. h., es muss eine dauerhafte Wertminderung der Beteiligung vorliegen. 4 9

Steuerliche Gestaltungen bei einer Sanierung durch Kapitalzuführung Beispiel Einzelunternehmer E hält eine Beteiligung von 5 % an einer Einkaufs-GmbH. Die Kapitalgesellschaft befindet sich aufgrund eines umfangreichen Forderungsausfalls in der Krise. Zudem haben Verluste in der Vergangenheit das Eigenkapital erheblich aufgezehrt. Die Gesellschafter der GmbH vereinbaren eine Kapitalerhöhung in Höhe von 1.000.000 EUR, um das Fortbestehen der Einkaufs-GmbH zu sichern. Die Beteiligung steht mit 50.000 EUR bei E in den Büchern. Beteiligungsbuchwert vor Kapitalerhöhung Betrag Kapitalerhöhung Teilwert-AfA (Wert der Beteiligung unverändert) Steuerlich relevanter Verlust aus AfA auf Beteiligungen (Halbeinkünfteverfahren) 50.000 EUR +50.000 EUR 50.000 EUR 25.000 EUR Im Weiteren gilt mit In-Kraft-Treten der Unternehmenssteuerreform in 2001, dass Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der Kapitalbeteiligung im Betriebsvermögen stehen, nur noch zur Hälfte steuermindernd geltend gemacht werden können, sofern der Gesellschafter ein Einzelunternehmer oder eine Personengesellschaft ist. 5 Für Kapitalgesellschaften gilt, dass der Aufwand im Zusammenhang mit einer Teilwertabschreibung auf die Beteiligung steuerlich nicht mehr berücksichtig werden kann. 6 Für Beteiligungen, die im Privatvermögen gehalten werden, ist eine steuerliche Berücksichtigung von Wertminderungen grundsätzlich nicht möglich. Hier kann erst im Rahmen einer Veräußerung, und das auch nur bei steuerverstrickten Beteiligungen i. S. v. 17, 23 EstG, bzw. 21 UmwStG nur der Veräußerungsgewinn entsprechend reduziert oder ein höherer Veräußerungsverlust generiert werden. Bei der Durchführung der Kapitalerhöhung, an der nicht alle Gesellschafter quotal teilnehmen, muss bei Anteilen im Privatvermögen besondere Sorgfalt walten, da das Einkommensteuerrecht zwischen Beteiligungen an Kapitalgesellschaften von mindestens 1 % (wesentliche Beteiligungen) und Beteiligungen unter 1 % (nicht wesentliche Beteiligung) unterscheidet ( 17 EStG). Nach Vollzug der Kapitalerhöhung kann ein nicht wesentlich beteiligter Gesellschafter nunmehr wesentlich im Sinne von 17 EStG beteiligt sein, d. h., er ist mit seiner bislang nicht steuerverstrickten Beteiligung in eine wesentliche und damit 10

Steuerliche Gestaltungen bei einer Sanierung durch Kapitalzuführung steuerverhaftete Beteiligung hineingewachsen. In diesem Fall ist die gesamte Beteiligung, nicht nur der hinzuerworbene Anteil, steuerverhaftet. Sofern es im Zuge der Kapitalerhöhung zu Aufwendungen bei der Kapitalgesellschaft kommt, sind diese als Betriebsausgaben abzugsfähig. 7 2.3 Kapitalerhöhung durch Darlehensverzicht Eine Kapitalerhöhung wird in der Praxis häufig auch durch Umwandlung von Gesellschafterdarlehen in Eigenkapital durchgeführt. Regelmäßig wird hierbei nicht das Stammkapital erhöht, das i. d. R. eine langwierige Prüfung der Werthaltigkeit der eingebrachten Darlehen durch das Handelsregister im Rahmen der Eintragung der Kapitalerhöhung nach sich zieht, sondern der Darlehensbetrag wird lediglich in die Kapitalrücklage der Gesellschaft gemäß 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB eingestellt. Auf der Ebene der Kapitalgesellschaft stellt die Kapitalerhöhung durch Einbringung von Darlehen bilanziell einen erfolgsneutralen Passivtausch dar, bei dem eine Verbindlichkeit erlischt und sich das Eigenkapital um den gleichen Betrag erhöht. Steuerlich wird das zugeführte Kapital dem steuerlichen Einlagekonto gutgeschrieben. Auch auf der Ebene des Gesellschafters handelt es sich um einen erfolgneutralen Vorgang, und zwar sowohl im Betriebs- als auch im Privatvermögen. Die Forderung erlischt, in gleicher Höhe erhöhen sich die Anschaffungskosten der Beteiligung (Aktivtausch). Dies gilt jedoch nur dann, wenn die Gesellschafterforderung voll werthaltig ist, was in der Krise eines Unternehmens regelmäßig nicht der Fall ist. Nach den Grundsätzen des Großen Senats des BFH vom 09.06.1997 8 zu nicht werthaltigen Darlehen erlischt die Darlehensverbindlichkeit durch die Einbringung zwar vollständig, und es erfolgt eine Kapitalerhöhung unter Verwendung der Gesellschafterdarlehen als Sacheinlage. Jedoch wird nicht der volle Darlehensbetrag in die Kapitalrücklagen eingestellt, sondern nur der werthaltige Teil. In Höhe des nicht werthaltigen Teils kommt es bei der Kapitalgesellschaft zu einem außerordentlichen, im Grundsatz steuerpflichtigen Ertrag. Dieser kann ggf. mit den laufenden Verlusten oder einem Verlustvortrag unter Berücksichtigung der Mindestbesteuerung verrechnet werden. Bei der Durchführung einer Kapitalerhöhung einer Gesellschaft in der Krise durch Einbringung von Gesellschafterdarlehen ist unbedingt deren Werthaltigkeit gutachtlich im Zeitpunkt des Vollzugs der Kapitalerhöhung festzuhalten. Beim Gesellschafter hängt die Behandlung der Kapitalerhöhung durch nicht werthaltige Darlehen davon ab, ob die Darlehen dem Betriebs- oder Privatvermögen zugeordnet sind. Sollte das Darlehen aus dem Betriebsvermögen begeben worden 11

Steuerliche Gestaltungen bei einer Sanierung durch Kapitalzuführung sein, führt die Sacheinlage in Höhe des nicht werthaltigen Teils des Darlehens zu einem Verlust im Betriebsvermögen. Gleichzeitig kommt es zu einer Erhöhung der Anschaffungskosten für die Beteiligung bezüglich des werthaltigen Teils des Gesellschafterdarlehens. Im Privatvermögen sind der Verlust sowie die Erhöhung der Anschaffungskosten außerhalb der 17, 23 EStG unbeachtlich. Beispiel Aufgrund einer bereits länger andauernden Krise der X-GmbH hat sich deren Eigenkapital bedrohlich reduziert. Die Gesellschafter beschließen, zur Stärkung des Eigenkapitals ihre Gesellschafterdarlehen in Höhe von 100.000 EUR voll in die Gesellschaft einzubringen. Laut Gesellschafterbeschluss soll der Darlehensbetrag der Kapitalrücklage nach 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB gutgeschrieben werden. Nach Aussage des Wirtschaftsprüfers der X-GmbH sind die Gesellschafter darlehen nur noch zu 20 % werthaltig. In das steuerliche Einlagekonto erfolgt eine Einlage in Höhe von 20.000 EUR. In Höhe des Differenzbetrags von 80.000 EUR erzielt die X-GmbH einen außerordentlichen Ertrag, der steuerpflichtig ist. 2.4 Darlehensvergabe Das typische Finanzierungsmittel in der Krise insbesondere im Rahmen der Fremdfinanzierung eines Unternehmens durch seine Gesellschafter ist das Darlehen. 9 Eine Darlehensfinanzierung, sei es durch den Gesellschafter oder durch Dritte, ist im Grundsatz steuerneutral: Bei dem Darlehensnehmer erhöht sich der Barbestand, gleichzeitig auch die Verbindlichkeiten, beim Darlehensgeber vermindert sich erfolgneutral der Barbestand, umgekehrt erhöhen sich die Forderungen. Sofern Darlehen von Gesellschaftern, insbesondere beherrschenden Gesellschafter- Geschäftsführer gewährt werden, findet eine besondere Angemessenheitskontrolle durch die Finanzverwaltung statt. 10 Angesichts der Situation der Krise ist für den Gesellschafter als Darlehensgeber steuerlich von besonderer Bedeutung, ob er das Darlehen im Fall des Scheiterns der Sanierung geltend machen kann. Hierfür sind wiederum drei Fälle zu unterscheiden: Ist das gewährte Darlehen Teil des Betriebsvermögens des Gesellschafters, kann der Verlust des Darlehens beim Scheitern der Sanierung im Rahmen einer Teilwertabschreibung steuerrechtlich voll geltend gemacht werden. Gehört das Darlehen jedoch zum Privatvermögen, kann der Verlust steuerlich grundsätzlich nicht berücksichtigt werden. Hiervon sind jedoch zwei Ausnahmen zu beachten: 12

Steuerliche Gestaltungen bei einer Sanierung durch Kapitalzuführung Ist der Gesellschafter für das krisenbehaftete Unternehmen tätig, d. h. bezieht von ihr Einkünfte aus unselbstständiger Arbeit, und steht die Darlehensvergabe in engem Zusammenhang mit der Sicherung des Arbeitsverhältnisses, kann der Darlehensverlust unter bestimmten Umständen als Werbungskosten 11 bei den Einkünften aus unselbstständiger Arbeit geltend gemacht werden. 12 Ist der Gesellschafter an dem sanierungsbedürftigen Unternehmen i. S. v. 17 EStG wesentlich beteiligt und greifen nicht die Beschränkungen des 17 Abs. 2 Satz 4 EStG, kann der Gesellschafter den Darlehensverlust als nachträgliche Anschaffungskosten geltend machen, sofern das Darlehen im Zeitpunkt seiner Gewährung oder Prolongation durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst war. 13 Vergleichbares gilt bei Gesellschaftern, die einbringungsgeborene Anteile i. S. v. 21 UmwStG halten. 14 Der Verlust von Gesellschafterdarlehen, die dem Privatvermögen zugeordnet sind, können nur in Ausnahmefällen steuerlich geltend gemacht werden. Durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind Verluste bei Darlehen, wenn und insoweit diese eigenkapitalersetzenden Charakter haben. Bei einem eigenkapitalersetzenden Darlehen handelt es sich um ein Darlehen des Gesellschafters, das dieser anstelle der eigentlich gebotenen Eigenkapitalzufuhr gewährt. 15 Die der krisenbehafteten Gesellschaft gewährten Fremdmittel nehmen den Charakter von funktionalem Eigenkapital an und werden nach Kapitalersatzrecht so lange wie Eigenkapital der Gesellschaft behandelt, bis alle Gläubiger der Gesellschafter befriedigt sind. 16 Im Einzelnen unterscheidet die Finanzrechtsprechung 17 und -verwaltung 18 für die Frage des Umfangs nachträglicher Anschaffungskosten vier Fallgruppen. 1. Das in der Krise hingegebene Darlehen: Darlehensgewährung zu einem Zeitpunkt, in dem die GmbH von einem Dritten keinen Kredit zu marktüblichen Bedingungen erhalten hätte. 2. Krisenbestimmtes Darlehen: Kredite, für die der Gesellschafter bereits vor Eintritt der Krise bindend erklärt hat, sie auch in einer künftigen Krise nicht abzuziehen. 3. Finanzplandarlehen : Darlehen, die von vornherein derart in die Finanzplanung der Gesellschaft einbezogen worden sind, dass die Aufnahme der Geschäfte erforderliche Kapitalausstattung der Gesellschaft durch eine Kombination von Eigen- und Fremdfinanzierung erreicht werden soll. 19 4. Vor der Krise gewährtes und bei Kriseneintritt stehen gelassenes Darlehen: Darlehen, die der Gesellschafter vor Eintritt der Krise der Gesellschaft gewährt hat, unterliegen durch das so genannte Stehen-lassen dann der Umqualifi- 13

Steuerliche Gestaltungen bei einer Sanierung durch Kapitalzuführung kation in eigenkapitalersetzende Darlehen, wenn der Gesellschafter die Krise erkennen und entsprechend handeln konnte. Während für Darlehen, die unter den Punkten 1 bis 3 zu subsumieren sind, für die Bewertung der nachträglichen Anschaffungskosten der Beteiligung der Nennwert des Darlehens anzusetzen ist, ist für die in der Krise stehen gelassenen Darlehen nur der gemeine Wert anzusetzen. Dies bedeutet bei Konkursreife des Unternehmens eine Bewertung der Forderung aus dem Darlehen mit der entfallenden fiktiven Insolvenzquote, ggf. null. 20 Bei der steuerlichen Geltendmachung von nachträglichen Anschaffungskosten ist jedoch zu beachten, dass diese jedoch nur zur Hälfte steuerlich berücksichtigt werden können. 21 Verlust von Gesellschafterdarlehen Art des Darlehens Krisenbestimmtes Darlehen Hingabe des Darlehens in der Krise Finanzplandarlehen In der Krise stehen gelassenes Darlehen Bewertung Nennwert Nennwert Nennwert Gemeiner Wert Abbildung 1: Steuerliche Bewertung von Gesellschafterdarlehen im Verlustfall Die objektive Beweislast (Feststellungslast) für das Vorliegen eines kapitalersetzenden Darlehens als auch für den Zeitpunkt der Umqualifikation liegt bei dem Gesellschafter. 22 Deshalb sollte bereits vorab, d. h. bei Darlehensvergabe, die Krisenbestimmtheit des Darlehens festgehalten werden. 23 Hinzuweisen ist auf Änderungen im Eigenkapitalersatzrecht, die aufgrund der strikten Verknüpfung von Zivil- und Steuerrecht auf den Gesellschafter durchschlagen. Kleingesellschafterprivileg: Nach dem durch das Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetz vom 20.04.1998 eingeführten 32a Abs. 3 S. 2 GmbHG gelten die Regeln über den Eigenkapitalersatz nicht für den nicht geschäftsführenden Gesellschafter, der mit nicht mehr als 10 % am Stammkapital beteiligt ist. Die Kleingesellschafterfreistellung ist mit Wirkung vom 24.04.1998 in Kraft getreten und gilt für Darlehen oder vergleichbare Rechtshandlungen ab diesem Zeitpunkt. Sanierungsprivileg: Durch das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) vom 27.04.1998 wurde 32a Abs. 3 S. 3 GmbHG 14

Steuerliche Gestaltungen bei einer Sanierung durch Kapitalzuführung neu eingeführt. Erwirbt danach ein Darlehensgeber in der Krise der Gesellschaft Geschäftsanteile zum Zweck der Überwindung der Krise, führt dies für seine bestehenden oder neu gewährten Kredite nicht zur Anwendung der Regel über den Kapitalersatz. Das Sanierungsprivileg greift ein, wenn der Erwerb der Sanierungsbeteiligung ab dem 01.05.1998 erfolgt ist. 24 Wie oben bereits dargestellt ist die Geltendmachung von Verlusten im Rahmen der Finanzrechtsprechung eng mit dem Eigenkapitalersatzrecht verzahnt. Gemäß der Verfügung der OFD Kiel vom 14.12.1999 25 sollen sich bei Darlehensverlusten die Anschaffungskosten der Beteiligung i. S. v. 17 Abs. 2 S. 1 EStG um den Nennwert der Darlehensforderung nur erhöhen, sofern ein Darlehen kapitalersetzend war. Die Einschränkungen des Eigenkapitalersatzes durch das Kleingesell schafterprivileg führen dazu, dass Darlehen von wesentlich beteiligten nichtgeschäftsführenden Gesellschaftern nicht als kapitalersetzende Darlehen anerkannt werden. 26 Um zu vermeiden, dass das zivilrechtliche Kleingesellschafter- und Sanierungsprivileg steuerlich durchschlägt, ist der eigenkapitalersetzende Charakter des Darlehens vor Vergabe ausdrücklich zu vereinbaren. 27 Wird einer zu sanierenden Gesellschaft Eigen- oder Fremdkapital durch den Gesellschafter zugeführt, dann ist sicherzustellen, dass bei einem Scheitern der Sanierung ein etwaiger Verlust des Kapitals steuerlich geltend gemacht werden kann. Vogt, Gabriele, Steuerliche Behandlung des Verzichts auf eigenkapitalersetzende Darlehen, DStR 2001, S. 1881 Olbing, Klaus, Sanierung durch Steuergestaltung, 3. Aufl., Köln 2003, S. 55 76 15

Steuerliche Gestaltungen bei einer Sanierung durch Entschuldung 3 Steuerliche Gestaltungen bei einer Sanierung durch Entschuldung 3.1 Betriebswirtschaftliche Zielsetzung einer Entschuldung Der Forderungsverzicht ist ein typisches Sanierungsinstrument. Durch einen Verzicht auf Forderungen gegenüber dem in der Krise stehenden Unternehmen soll dieses von finanziellen Verpflichtungen befreit und so seine Innenfinanzierungskraft gestärkt werden. Durch den Wegfall von Verbindlichkeiten erhöht sich das Eigenkapital des Unternehmens und ermöglicht durch verbesserte Bilanzrelationen den Zugang zu bislang versperrten Krediten Dritter. 3.2 Darlehensverzicht durch Dritte Der Verzicht auf eine Forderung durch einen Dritten führt bei der Gesellschaft zum Erlöschen einer Verbindlichkeit und damit zu einem steuerpflichtigen Ertrag in derselben Höhe. Kann der aus dem Darlehensverzicht resultierende steuerliche Ertrag nicht mit laufenden Verlusten oder mit bestehenden Verlustvorträgen verrechnet werden, entsteht mit dem Verzicht eine zahlungswirksame Steuerlast für das Krisenunternehmen. Dies gilt aufgrund der Mindestbesteuerung selbst dann, wenn Verlustvorträge bestehen, sofern der ertragswirksame Verzicht 1 Mio. EUR übersteigt (siehe Abschnitt 1.1 oben). Da nur 60 % des Verlustvortrags in Ansatz gebracht werden können, unterliegt der übersteigende Betrag zu 40 % der Körperschaft- und Gewerbesteuer. Im Ergebnis konterkariert der durch den Darlehensverzicht entstandene steuerpflichtige Sanierungsgewinn, dessen Steuerbefreiung 1 der Gesetzgeber ab dem Veranlagungszeitraum 1998 abgeschafft hat, die notwendige Sanierung. Beispiel Y-Filmproduktions-AG hat 8 Mio. EUR Bankdarlehen. Die Ertragssituation der Gesellschaft hat sich nachhaltig verschlechtert. Die Banken stimmen einem Darlehensverzicht in Höhe von 3 Mio. EUR zu. Die laufenden Verluste der Y-Software-AG betragen 1,5 Mio. EUR, die Verlustvorträge 4,5 Mio EUR. Außerordentlicher Ertrag aus Darlehensverzicht 3.000.000 EUR Laufende Verluste 1.000.000 EUR Verlustvortrag 1.000.000 EUR 60 % des übersteigenden Betrags 600.000 EUR Zu versteuernder Sanierungsgewinn 400.000 EUR 16

Steuerliche Gestaltungen bei einer Sanierung durch Entschuldung 3.3 Darlehensverzicht durch Gesellschafter Bei einem Verzicht eines Gesellschafters des Krisenunternehmens auf das ausgereichte Darlehen handelt es sich zunächst um eine (verdeckte) Einlage des Gesellschafters in das Unternehmen. Die Erbringung einer (verdeckten) Einlage ist grundsätzlich ertragsteuerneutral für das krisenbehaftete Unternehmen. Jedoch hat der BFH entschieden, dass die Einlage des Gesellschafters in das Unternehmen nur in Höhe des Teilwertes (Verkehrswertes) der Forderung im Zeitpunkt des Verzichts erfolgt. 2 Die Differenz zwischen dem Nennwert der Forderung und seinem Teilwert erhöht also den Gewinn des Unternehmens. Soweit die Gesellschafterforderung im Zeitpunkt des Verzichts nicht mehr werthaltig ist, was im Krisenfall regelmäßig der Fall ist, kommt es beim sanierungsbedürftigen Darlehensnehmer in Höhe der Differenz zwischen Nennwert des Darlehens und seinem Teilwert auch zu einem steuerpflichtigen Gewinn. Beispiel Die Z-GmbH hat ein 3 Mio. EUR Gesellschafterdarlehen, ausgereiht von der Z-Produktions-AG, seit Jahren in den Büchern. Die Erträge der Z-GmbH reichen zur Bedienung bzw. Rückzahlung von 20 % des Darlehens (Teilwert: 20 %) aus, der überschießende Teil führt nur zum Aufbau von Verlusten. Die Muttergesellschaft entschließt sich zum Verzicht auf das Darlehen. Die laufenden Verluste der Z-GmbH betragen 0,5 Mio. EUR, die Verlustvorträge 2,5 Mio. EUR. Durch den Verzicht kommt es zu einer Einlage der Muttergesellschaft in Höhe von 600.000 EUR in das Eigenkapital der Z-GmbH. In Höhe von 2,4 Mio. EUR erzielt die Z-GmbH einen außerordentlichen Ertrag. Nach Verrechnung mit den laufenden Verlusten sowie mit dem unmittelbar verrechenbaren Verlustvortrag verbleibt ein zu versteuernder Gewinn in Höhe von 360.000 EUR aus dem Verzicht. 3.4 Vermeidung von steuerpflichtigen Sanierungsgewinnen Die Besteuerung von Sanierungsgewinn en läuft einer beabsichtigen Sanierung des Unternehmens entgegen. 3 Dies hat auch das Bundesfinanzministerium erkannt und mit Schreiben vom 27.03.2003 4 zur Frage der ertragssteuerlichen Behandlung von Sanierungsgewinnen Stellung genommen. 5 Generelles Ziel der Finanzverwaltung ist es nunmehr, trotz Abschaffung der Steuerbefreiung für Sanierungsgewinne im Gesetz 6, die negativen Folgen der Besteuerung von Sanierungsgewinn en durch Billigkeitsmaßnahmen der Verwaltung, d. h. Steuerstundung und Steuererlass nach 163, 222, 227 AO, abzumildern. 17

Steuerliche Gestaltungen bei einer Sanierung durch Entschuldung Voraussetzung für einen abschließenden Erlass von Sanierungsgewinn en durch die Finanzverwaltung ist grundsätzlich, dass ein in die Krise geratenes Unternehmen tatsächlich saniert werden soll und hierbei ein Sanierungsgewinn entsteht. Eine Sanierung wird vom BMF als Maßnahme definiert, ein Unternehmen vor dem finanziellen Zusammenbruch zu bewahren und wieder ertragsfähig zu machen. Dies schließt ausdrücklich auch eine außergerichtliche Sanierung ein, bei der sich auch die Gesellschafterstruktur des in die Krise geratenen Unternehmens ändern kann, sowie Sanierungen im Rahmen eines Insolvenzverfahrens. Als Sanierungsgewinn wird die Erhöhung des Betriebsvermögen s definiert, die dadurch entsteht, dass Schulden zum Zweck der Sanierung ganz oder teilweise erlassen werden. Der Sanierungserlass umfasst nur Gewinne aus einem Darlehensverzicht. Nicht umfasst sind Gewinne, die ihre Ursache im Verkauf von Wirtschaftsgütern oder von Nutzungsüberlassungen der Gesellschafter haben. Bei dem Unternehmen, das die Stundung und den Erlass von Sanierungsgewinnen begehrt, müssen kumulativ die Sanierungsbedürftigkeit und die Sanierungsfähigkeit des Unternehmens, die Sanierungseignung des Schuldenerlasses und die Sanierungsabsicht der Gläubiger vorliegen. 7 Dabei ist zu beachten, dass für die Auslegung der vier Voraussetzungen für die Annahme eines Sanierungsgewinns im BMF-Schreiben keine näheren Ausführungen enthalten sind. Insoweit geht das BMF-Schreiben implizit davon aus, dass auf diese von der Rechtsprechung bereits zu der Vorschrift des 3 Nr. 66 EStG a. F. entwickelten Grundsätze Bezug genommen werden kann. Sanierungsbedürftigkeit (im Zeitpunkt des Schuldenerlasses): Ein Unternehmen ist dann als sanierungsbedürftig anzusehen, wenn ohne die Sanierung eine erfolgreiche Weiterführung des Betriebs und die Abdeckung der bestehenden Verpflichtungen die erforderliche Betriebssubstanz nicht erhalten werden könnte. 8 Messkriterien für die Sanierungsbedürftigkeit sind die Ertragslage, die Höhe des Betriebsvermögens vor und nach der Sanierung und die Liquidität. Sanierungseignung des Schuldenerlasses: Die Sanierungseignung des Schuldenerlasses ist regelmäßig gegeben, wenn dieser geeignet erscheint, das Unternehmen zu erhalten und dessen Ertragsfähigkeit auf Dauer wiederherzustellen. 9 Sanierungsabsicht : Die Sanierungsabsicht ist stets anzunehmen, wenn mehrere Gläubiger gemeinsam Schulden erlassen. Sie entfällt jedoch, wenn der Gläubiger an einer Übernahme des Schuldnerunternehmens interessiert ist. Hingegen ist die Absicherung der Restforderung durch den Darlehensverzicht nicht steuerschädlich, sofern die Sanierungsabsicht mitentscheidend ist. 10 18

Steuerliche Gestaltungen bei einer Sanierung durch Entschuldung Es ist offensichtlich, dass es sich bei den vier vom BMF genannten Voraussetzungskriterien um unbestimmte Rechtsbegriffe handelt 11, die in der Praxis mehr Fragen eröffnen als beantworten. Für die Sanierungsberatung ist deshalb der Hinweis im BMF- Schreiben wichtig, das in der Verwaltungspraxis von einem begünstigten Sanierungsgewinn (und damit von der Erfüllung der o. g. vier Voraussetzungen) ausgeht, wenn für das Unternehmen ein Sanierungsplan vorliegt. Jedoch hat das BMF wiederum offen gelassen, welchen inhaltlichen oder formalen Anforderungen ein solcher Plan genügen muss. In der Literatur wird hierfür die folgende Analyse und Vorgehensweise empfohlen 12 : Beschreibung des zu sanierenden Unternehmens, Analyse der aktuellen Unternehmenssituation, Leitbild des sanierten Unternehmens, Darstellung der Entwicklungsschritte von der krisenhaften Istsituation zur Zielsituation nach erfolgreicher Sanierung, d. h. Darstellung der einzelnen Sanierungsmaßnahmen, Überprüfung des erstrebten Sanierungserfolgs mittels einer Planverprobungsrechnung. Sicherlich nicht ausreichend sind Sanierungspläne, die lediglich Sanierungsbedürftigkeit und Sanierungsfähigkeit beleuchten, ohne belastbare Aussagen zu Fragen der Sanierungseignung des Schuldenerlasses zu treffen. Ergänzend muss im Sanierungsplan zum Ausdruck kommen, dass der Schuldenerlass ausschließlich betrieblich motiviert ist und keinen anderen nicht auf die Sanierung des Rechtsträgers abzielenden Zwecken dient. Liegen die Voraussetzungen für einen begünstigten Sanierungsgewinn vor, ist die entsprechende Steuer auf Antrag des Steuerpflichtigen nach 163 AO abweichend festzusetzen und nach 222 AO mit dem Ziel des späteren Erlasses zunächst unter Widerrufsvorbehalt zu stunden. Im Rahmen dieser Billigkeitsmaßnahme sind zunächst sämtliche Verluste der Kapitalgesellschaft im Steuerfestsetzungsverfahren bis zur Höhe des Sanierungsgewinn s vorrangig mit dem Sanierungsgewinn zu verrechnen. Die Verluste sind insoweit verbraucht, d. h. gehen nicht mehr in den nach 10d Abs. 4 EStG festzustellenden verbleibenden Verlustvortrag ein. Nach abschließender Prüfung und nach Feststellung der endgültigen auf den verbleibenden zu versteuernden Sanierungsgewinn entfallenden Steuer ist diese nach 227 AO zu erlassen. Dieses Verfahren gilt ausschließlich für die Körperschaftsteuer. Hingegen bleibt für die Stundung und den Erlass der Gewerbesteuer weiterhin die jeweilige Gemeinde zuständig. 19

Steuerliche Gestaltungen bei einer Sanierung durch Entschuldung Beispiel Darlehensverzicht Banken = Sanierungsgewinn Laufende Verluste in 2003 Verlustvorträge Steuerpflichtiger Sanierungsgewinn 3.000.000 EUR 1.000.000 EUR 500.000 EUR 1.500.000 EUR Steuerlast 1.500.000 EUR 25 % KSt. = 375.000 EUR Antrag auf abweichende Festsetzung der Steuer gemäß 163 AO: Steuerlast 0 EUR. Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass auch zukünftig Sanierungsgewinne steuerpflichtig sind und vorrangig mit Verlustvorträgen verrechnet werden müssen. Dadurch wird Verlustpotenzial verbraucht und steht nicht mehr für künftige Gewinne des Unternehmens zur Verfügung. Lediglich in Fällen, in denen im krisenbehafteten Unternehmen kein steuerliches Verlustpotenzial vorhanden ist, kommt es aufgrund des Steuerlasses zu einer endgültigen Steuerminderung. Dabei gilt, dass nur solche Gewinne begünstigt sind, die durch einen Schuldenerlass entstehen. Gewinne aus anderen Sanierungsmaßnahmen wie z. B. den Veräußerungen werthaltigen Betriebsvermögens, werden nicht begünstigt. Sofern im Rahmen der Sanierung des Unternehmens auch nicht begünstigte Sanierungsmaßnahmen ergriffen werden sollen, z. B. Veräußerung von Wirtschaftsgütern o. Ä., ist zu prüfen, ob durch ein zeitliches Vorziehen solcher Maßnahmen vorhandene Verlustvorträge vorrangig mit den nicht begünstigten Gewinnen verrechnet werden können, bevor ein (steuerbegünstigter) Darlehensverzicht ausgesprochen wird. 3.5 Verzicht auf Pensionsansprüche In der Krise kann erwogen werden, die Gesellschaft auch dadurch finanziell zu entlasten, indem der Gesellschafter-Geschäftsführer einen Verzicht auf seinen Pensionsanspruch ausspricht. Dies kann u. U. auch Voraussetzung sein, dass Dritte der Gesellschaft wieder Kredit einräumen. Der Verzicht auf einen Pensionsanspruch führt bei dem Unternehmen zu einer Gewinnerhöhung in Höhe der passivierten Verpflichtung, weil die Rückstellung für Pensionsverpflichtungen aufgrund des Verzichts nunmehr aufgelöst werden kann. Ein Zufluss von Liquidität ist mit dieser Maßnahme nicht verbunden. 20

Steuerliche Gestaltungen bei einer Sanierung durch Entschuldung Beispiel Herr B ist der alleinige Gesellschafter-Geschäftsführer der A-GmbH. Die A-GmbH hat ihm vor Jahren auf der Grundlage der damaligen Ertragssituation eine Pensionszusage gemacht, für die eine Rückstellung in Höhe von 400.000 EUR gebildet worden ist. Angesichts der Krise der A-GmbH verzichtet B auf die Pensionszusage, jedoch erfolgt keine weitere Dokumentation. Der Pensionsanspruch wurde nicht an ihn verpfändet und ist (noch) voll werthaltig. Durch den Verzicht von B muss die A-GmbH die gebildete Rückstellung auflösen, und es erfolgt eine steuerneutrale verdeckte Einlage des Gesellschafters in gleicher Höhe in das Eigenkapital. Bei B liegt ein lohnsteuerpflichtiger Zufluss in Höhe des Wiederbeschaffungswertes der Zusage vor. Dies ist regelmäßig auch der Fall, wenn sich der Pensionsberechtigte die Rückdeckungsversicherung im Gegenzug abtreten lässt. Regelmäßig ist der bilanzierte Wert der Rückdeckungsversicherung niedriger als der Wert der Pensionsanwartschaft. Insoweit wird ein außerordentlicher Ertrag in Höhe der Differenz zwischen dem Buchwert der Rückstellung und dem Bilanzwert des aktiven Versicherungsanspruchs realisiert. Negativ aus der Sicht des verzichtenden Gesellschafters ist jedoch, dass steuerrechtlich gilt 13, dass der gesellschaftsrechtlich veranlasste Verzicht des Gesellschafter-Geschäftsführers auf seine Pensionsansprüche bei diesem einen Zufluss 14 im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit 15 auslöst und bei der Kapitalgesellschaft als verdeckte Einlage zu behandeln ist. 16 Der Zufluss, der beim Gesellschafter-Geschäftsführer durch den Verzicht auf die Pensionszusage im Rahmen seiner Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit ausgelöst wird, unterliegt bei diesem als Vergütung für mehrjährige Tätigkeit im Sinne des 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG einem nach 34 Abs. 1 EStG begünstigten Steuersatz. Die Progressionswirkung bei einer Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten wird durch Anwendung der Fünftelregelung gemildert. Wie hoch diese Milderung ausfällt, hängt davon ab, wie hoch die laufenden zu besteuernden Einkünfte des betreffenden Veranlagungszeitraums sind, in dem die durch den Verzicht ausgelösten Einnahmen zufließen. In Höhe der verdeckten Einlage 17 erhöhen sich die Anschaffungskosten des Gesellschafters für seine Anteile an der GmbH, sodass sich, soweit diese später veräußert werden, der Gewinn aus der Veräußerung dieser Anteile vermindert, jedoch nur um die Hälfte. 18 Dies gilt allerdings nur, soweit der Anspruch des Geschäftsführers aus der Pensionszusage werthaltig ist. Dies ist in der Krise regelmäßig nicht der Fall, d. h., das Krisenunternehmen ist ggf. gar nicht mehr in der Lage, die einmal gegebene Pensionszusage zu finanzieren. Dies ermöglicht einen steuerlich günstigeren Verzicht, 21

Steuerliche Gestaltungen bei einer Sanierung durch Entschuldung denn ein Verzicht auf eine Pensionszusage ist dann betrieblich und nicht aus dem Gesellschaftsverhältnis heraus veranlasst, da sie nicht mehr finanzierbar ist. Nach dem BMF-Schreiben vom 14.05.1999 19 wird von der Finanzverwaltung eine betriebliche Veranlassung des Verzichts dann angenommen, wenn sich die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft wesentlich verschlechtert hat und durch den Verzicht die Versorgungszusage an die veränderte Situation angepasst werden soll. Denn in einer solchen Situation müsste auch ein fremder Geschäftsführer, der nicht Gesellschafter ist, eine Kürzung seines Versorgungsanspruchs hinnehmen. Nach Auffassung der Finanzverwaltung 20 ist eine Finanzierbarkeit einer Pensionszusage dann zu verneinen, wenn bei einem unmittelbar nach dem Bilanzstichtag eintretenden Versorgungsfall der Barwert der künftigen Pensionsleistungen am Ende des Wirtschaftsjahres auch unter Berücksichtigung einer eventuell abgeschlossenen Rückdeckungsversicherung zu einer Überschuldung der Bilanz führen würde. 21 Bei der Prüfung der Überschuldung sind alle materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter einschließlich ihrer stillen Reserven zu berücksichtigen. Ein selbstgeschaffener Firmenwert bleibt außer Ansatz. Ist aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Situation der Gesellschaft die Finanzierbarkeit der Pensionszusage gefährdet, muss die Zusage gekürzt werden. 22 Ansonsten liegt in der Zuführung eine verdeckte Gewinnausschüttung vor. Die Pensionsrückstellung ist nach Auffassung der Finanzverwaltung in Höhe der Differenz der Rückstellung für die ursprüngliche Pensionszusage und der Pensionsrückstellung für die angepasste und auch in der Krise finanzierbare Pensionszusage ertragswirksam beim Krisenunternehmen aufzulösen. Bei dem Gesellschafter- Geschäftsführer liegt in Höhe des Verzichts kein Zufluss von steuerpflichtigem Arbeitslohn vor. 23 Beispiel Herr B ist der alleinige Gesellschafter-Geschäftsführer der A-GmbH. Die A-GmbH hat ihm vor Jahren auf der Grundlage der damaligen Ertragssituation eine Pensionszusage gemacht, für die ein Rückstellung in Höhe von 400.000 EUR gebildet worden ist. Angesichts der Krise der GmbH führt die Zusage zu einer Überschuldung der A-GmbH i. S. d. BMF-Schreibens vom 14.05.1999. B verzichtet auf den Teil der Pensionszusage, der eine Überschuldung bei der A-GmbH auslösen würde. Der Verzicht ist betrieblich veranlasst. A-GmbH muss die gebildete Rückstellung teilweise ertragswirksam auflösen. Bei B liegt kein steuerpflichtiger Zufluss von Arbeitslohn vor. Im Krisen- bzw. Vorkrisenfall ist deshalb in der Regel ein Verzicht auf eine Pensionszusage aus betrieblichen Gründen angebracht und auch steuerlich vorteilhaft. Im 22

Steuerliche Gestaltungen bei einer Sanierung durch Entschuldung Gegensatz zu einem durch das Gesellschaftsverhältnis initiierten Verzicht kommt es dann nicht zu einem Zufluss von steuerpflichtigem Arbeitslohn beim Gesellschafter-Geschäftsführer. Der aus der aufgelösten Rückstellung resultierende Ertrag auf der Ebene der Verlustkapitalgesellschaft lässt sich regelmäßig durch laufende Verluste bzw. Verlustvorträge steuerlich neutralisieren. Darlehensverzichte sind ertragswirksam. Das gilt auch für in der Krise regelmäßig nicht voll werthaltige Gesellschafterdarlehen sowie bei einem Verzicht auf eine Pensionszusage, sofern diese ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis hat. Soll keine Steuerlast ausgelöst werden, ist eine enge Abstimmung des Verzichtsbetrags mit dem bestehenden Verlustabzug der Gesellschaft notwendig. Liegt eine umfassende Sanierungsabsicht (Sanierungsplan) vor, kann auf der Grundlage des Sanierungserlasses der Finanzverwaltung ein Erlass der Steuer auf den Sanierungsgewinn beantragt werden. Eilers, Stephan/Sieger, Jürgen/Wienands, Jürgen: Die Finanzierung der GmbH durch ihre Gesellschafter, 2. Aufl., Köln 2001, S. 76 120 Krüger, Guido: Unternehmenssanierung und -beendigung, in: Lüdicke/Rieger: Unternehmenssteuerrecht, München 2004, S. 1035-1057 Blöse, Jochen: Besteuerung von Sanierungsgewinnen, GmbHR 2003, S. 579 Ritzer, Claus/Stangl, Ingo: Ertragsteuerliche Behandlung von Sanierungsgewinnen, INF 2003, S. 547 23

Sanierung durch Sicherheitsleistung und Rangrücktritt 4 Sanierung durch Sicherheitsleistung und Rangrücktritt 4.1 Betriebswirtschaftliche Zielsetzung einer Sicherheitsleistung oder eines Rangrücktritts Sicherheitsleistungen der Gesellschafter für ihr krisenbehaftetes Unternehmen sowie die Erklärung eines Rangrücktritts für gewährte Gesellschafterdarlehen begleiten häufig Sanierungsmaßnahmen, da Banken in der Regel nur zu weiteren Krediten bereit sind, wenn die Gesellschafter über die erschöpften Sicherheiten des Unternehmens hinaus zusätzliche Sicherheiten stellen bzw. frei machen. Die Stellung von Sicherheiten wird auf der Ebene des Krisenunternehmens nicht bilanzwirksam. Dasselbe gilt für die Vereinbarung eines Rangrücktritts. 4.2 Bürgschaft Eine klassische Sicherheitsleistung ist die Bürgschaft. Beim Bürgen wird die Stellung einer Bürgschaft grundsätzlich erst dann im Betriebsvermögen aufwandswirksam, wenn Verpflichtungen ernsthaft drohen, d. h. eine entsprechende Rückstellung gebildet werden muss. 1 Der umgekehrt zu aktivierende Rückgriffsanspruch gegen das krisenbehaftete Unternehmen als eigentlichen Darlehensnehmer ist dagegen regelmäßig wertzuberichtigen. 2 Ist die Beteiligung nicht wesentlich i. S. v. 17 Abs. 1 EStG und befindet sich diese im Privatvermögen, können Leistungen auf eine Bürgschaftsverpflichtung steuerlich nicht berücksichtigt werden. Bei wesentlichen Beteiligungen ist hingegen zu prüfen, ob die Bürgschaftsübernahme kapitalersetzenden Charakter hat und damit Aufwendungen im Zusammenhang mit der Bürgschaft als nachträgliche Anschaffungskosten geltend gemacht werden können. Denn der BFH hat die Prinzipien des Gesellschafterdarlehens in der Krise auf Bürgschaften übertragen 3 : Der eigenkapitalersetzende Charakter einer Bürgschaft und damit ihre Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis ist anzunehmen, wenn die Bürgschaft zu einem Zeitpunkt übernommen wird, in dem sich die Gesellschaft bereits in der Krise befindet oder wenn die Bürgschaft ausdrücklich auch für den Fall der Krise bestimmt ist. 4 Krisenbestimmten Bürgschaften stehen die so genannten Finanzplanbürgschaften gleich, d. h. Bürgschaften, die vom Gesellschafter im Rahmen eines erkennbaren Finanzplans übernommen wurden. 5 Im Weiteren kann eine Bürgschaft einen eigenkapitalersetzenden Charakter dadurch bekommen, dass die ursprünglich übernommene Bürgschaft des Gesellschafters in der Krise aufrechterhalten wird. 6 Die Grundsätze, die Finanzrechtsprechung und -verwaltung für eigenkapitalersetzende Darlehen entwickelt haben 7, sind auf Gesellschafter bürgschaften mit der Maßgabe anwendbar, dass statt des Wertes des Rückforderungsanspruchs aus dem Darlehen auf den Wert der Rückgriffsforderung aus der Bürgschaft abzustellen ist. Danach ist bei Bürgschaften, die von vornherein krisenbestimmt waren, wie auch bei Finanzplan bürgschaften der Nennwert der wertlos gewordenen Rückgriffs- 24

Sanierung durch Sicherheitsleistung und Rangrücktritt forderung anzusetzen. 8 Ist die Bürgschaft dagegen erst durch das unveränderte Aufrechterhalten bei Kriseneintritt eigenkapitalersetzend geworden, ist die Rückgriffsforderung mit ihrem gemeinen Wert zu diesem Zeitpunkt anzusetzen. 9 Neben der Frage des eigenkapitalersetzenden Charakters der Bürgschaft führt der genaue Zeitpunkt der Verlustrealisation häufig zum Streit mit der Finanzverwaltung, insbesondere, wenn dieser nach Auffassung der Finanzverwaltung zu spät geltend gemacht wird und dann in der Veranlagung des Gesellschafters keine Berücksichtigung mehr finden darf. 10 Nach einem Urteil des FG Köln 11 ist der Zeitpunkt der Realisation des Verlustes stichtagsbezogen zu ermitteln. Nicht entscheidend ist der Zeitpunkt der tatsächlichen Zahlung. 12 Hat das Unternehmen, für das sich der Gesellschafter verbürgt hat, einen Insolvenzantrag gestellt und wird die Insolvenzeröffnung mangels Masse abgelehnt, findet die Verlustrealisation bereits mit Ablehnung der Eröffnung statt. 13 Wird hingegen das Insolvenzverfahren tatsächlich eröffnet, gilt grundsätzlich, dass die Verlustrealisation erst mit Abschluss des Insolvenzverfahrens stattfindet. 14 Zu einer früheren Verlustrealisation kann es aber kommen, sobald damit zu rechnen ist, dass das Vermögen (Liquidationswerte) die Schulden nicht deckt. P rüfs c hema: Zeitpunkt der V erlus trealis ierung Ins olvenzantrag ges tellt Insolvenzeröffnung abgelehnt Insolvenzverfahren eröffnet Verlustrealisation: bereits mit Ablehnung der Eröffnung mangels Masse Grundsatz: Verlustrealisation erst mit Abschluss des Insolvenz- verfahrens Ausnahme: Verlustrealisierung sobald nicht mehr damit zu rechnen ist, dass das Vermögen die Schulden deckt Quelle: Schmidt, GmbH-StB 2002, S. 68 Abbildung 2: Zeitpunkt der Verlustrealisierung Da die obige Abgrenzung im Einzelfall oft schwierig ist, empfiehlt sich die Geltendmachung eines Auflösungsverlustes aus Bürgschaften der Gesellschafter möglichst frühzeitig. Wenn später noch unerwartet weitere nachträgliche Anschaffungskosten auf die Beteiligung anfallen, nachdem der Auflösungsverlust bereits festzu- 25