Wer nicht arbeiten will, muss zahlen...

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Institut für Gesellschafts-, Steuer- und Arbeitsrecht Lehrstuhl für Bürgerliches Recht und Arbeitsrecht Prof. Dr. Christoph Weber Seite 1 von 7 Wer nicht arbeiten will, muss zahlen... (BAG, Urteil vom 4.3.2004, NZA 2004, 727; ergänzend dazu EAE Vertragsstrafe bei festem Kündigungstermin, BAG, 25.9.2008, NZA 2009, 370) PROBLEMSCHWERPUNKTE: Vertragsstrafenabrede und AGB - Kontrolle Geltungserhaltende Reduktion (A) SACHVERHALT (verkürzt): Die Parteien streiten über die Zahlung einer Vertragsstrafe. Am 23.1.2002 schlossen die Parteien einen Arbeitsvertrag, in dem die Einstellung der Beklagten A als Verkäuferin bei U ab dem 1.3.2002 vereinbart wurde. A sollte 1840 als monatliche Vergütung erhalten, die Probezeit, innerhalb derer beidseitig mit einer Frist von 2 Wochen gekündigt werden kann, sollte 6 Monate betragen. Weiterhin enthielt der Arbeitvertrag folgende Regelung, die U allen bei ihm im Betrieb geschlossenen Arbeitsverträgen zugrunde legt: 11. Tritt der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis nicht an, löst er das Arbeitsverhältnis unter Vertragsbruch auf oder wird der Arbeitgeber durch schuldhaft vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers zur fristlosen Kündigung veranlasst, so hat der Arbeitnehmer an den Arbeitgeber eine Vertragsstrafe in Höhe von einem Monatsgehalt zu zahlen. 12. (1) Das Arbeitsverhältnis kann nach Ablauf der Probezeit beiderseits mit einer Frist von 4 Wochen [...] zum Ende eines Kalendermonats [...] gekündigt werden. [...]. (2) [...]. Eine Kündigung vor Beginn des Arbeitsverhältnisses ist unzulässig. Mit Schreiben vom 27.1.2002 teilte A dem U mit, dass sie die Arbeit nicht antreten werde und kündige. U hat daher die Auffassung vertreten, A habe durch ihre Kündigung die Vertragsstrafe in Höhe eines Monatsgehaltes verwirkt, und beantragt, die A zu verurteilen, an ihn 1840 nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen. A hat dagegen die Auffassung vertreten, U habe keinen Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe. Die Aufkündigung eines Arbeitsverhältnisses sei auch vor Aufnahme der Beschäftigung möglich. Sie habe die vereinbarte Kündigungsfrist eingehalten, so dass dem U eine termingerechte Besetzung der Stelle zum 1.3.2002 noch möglich gewesen sei. Schließlich sei auch die Höhe der vereinbarten Vertragsstrafe nicht angemessen, da die vereinbarte Vertragsstrafe von einem Monatsgehalt die verkürzte Kündigungsfrist in der Probezeit nicht berücksichtige. Besteht der von U geltendgemachte Zahlungsanspruch in Höhe von 1840?

Seite 2 von 7 (B) Kernaussagen des BAG 1. Zwar sind Vertragsstrafenabreden in Formulararbeitsverträgen nach 309 Nr. 6 BGB generell unzulässig; in formularmäßigen Arbeitsverträgen folgt aus der angemessenen Berücksichtigung der im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten nach 310 IV 2 Hs. 1 BGB jedoch die grundsätzliche Zulässigkeit von Vertragsstrafenabreden. Die Unwirksamkeit solcher Vereinbarungen kann sich aber auf Grund einer unangemessenen Benachteiligung ergeben ( 307 I BGB). 2. Ist die Vertragsstrafe in einem Formulararbeitsvertrag zu hoch, kommt eine geltungserhaltende Reduktion grundsätzlich nicht in Betracht. (C) KLAUSURPRÜFUNG: Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe I. Anspruch aus dem Arbeitsvertrag ( 11 AV) 1. Vorliegen der Voraussetzungen des 11 des AV 2. Wirksamkeit der Vertragsstrafenklausel a) Vorliegen von AGBs b) Wirksame Einbeziehung in den Vertrag c) Inhaltskontrolle: Unwirksamkeit nach 309 Nr. 6 BGB aa) Grundsatz: Anwendbarkeit des 309 Nr. 6 im Arbeitsrecht bb) Einschränkung: Berücksichtigung der arbeitsrechtlichen Besonderheiten Problem: Angemessene Berücksichtigung der arbeitsrechtlichen Besonderheiten? BAG: Aufgrund von arbeitsrechtlichen Besonderheiten keine generelle Unzulässigkeit von Vertragsstrafenabreden. d) Inhaltskontrolle: Unwirksamkeit nach 307 I BGB aa) Keine generelle unangemessene Benachteiligung durch Vertragsstrafe bb) Vorliegen einer unangemessenen Benachteiligung im Streitfall Problem: Berücksichtigung der verkürzten Kündigungsfrist in der Probezeit? Höhe der Vertragsstrafe ist im Verhältnis zum Wert der Arbeitsleistung zu bemessen. 3. Keine geltungserhaltende Reduktion II. Ergebnis: Kein Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe.

Seite 3 von 7 Hinweis: Die besprochene Entscheidung entstammt dem Jahr 2004, da sich das BAG hier erstmals nach der Schuldrechtsreform ausführlich zu der Berücksichtigung arbeitsrechtlicher Besonderheiten bei der AGB Kontrolle formulararbeitsvertraglicher Vertragsstrafenklauseln geäußert hat. Zu neueren Entscheidungen vgl. unten Hinweis nach 2. bb). I. Anspruch aus dem Arbeitsvertrag ( 11 AV) Der von U geltendgemachte Anspruch könnte sich hier aus dem Arbeitsvertrag ergeben. Dieser sieht in 11 eine Vertragsstrafe von einem Monatsgehalt vor für den Fall, dass der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis nicht antritt oder unter Vertragsbruch auflöst. 1. Vorliegen der Voraussetzungen des 11 des AV Grundsätzlich kann ein Arbeitsvertrag unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist oder auch aus wichtigem Grund fristlos vor dem vereinbarten Dienstantritt gekündigt werden, so dass die Kündigung vor Vertragsbeginn nicht bereits dem Grunde nach treuwidrig ist. Im Streitfall haben die Parteien eine Kündigung vor Dienstantritt aber ausdrücklich ausgeschlossen (vgl. 12 II des AV). Dieser Ausschluss der Möglichkeit einer (ordentlichen) Kündigung vor Antritt der Arbeit ist nach ständiger Rechtsprechung des BAG zulässig (vgl. BAG v. 13.6.1990 5 AZR 304/89, abrufbar über juris). Daher kann zu Gunsten des U von einem schuldhaften Nichtantritt der Arbeit durch A ausgegangen werden. 2. Wirksamkeit der Vertragsstrafenklausel Fraglich ist jedoch, ob die die Vertragsstrafe auslösende Vereinbarung des 11 wirksam ist. Nach 339 BGB kann eine Vertragsstrafe für den Fall vereinbart werden, dass der Schuldner die Verbindlichkeit nicht oder nicht in gehöriger Weise erfüllt. Die Vertragsstrafe ist ein vom Gesetzgeber zur Verfügung gestelltes besonderes Rechtsinstitut des Bürgerlichen Rechts für Schuldverhältnisse und kann demgemäß auch in Arbeitsverhältnissen vereinbart werden. Etwas anderes gilt jedoch für die Fälle, wenn die Vertragsstrafenregelung - wie hier als Allgemeine Geschäftsbedingung in den Arbeitsvertrag der Parteien einbezogen wurde. Hinweis: Ein detailliertes Prüfungsschema für die AGB Kontrolle im Arbeitsrecht finden Sie bei der in AE besprochenen Entscheidung: BAG 10.1.2007 Kein Lohn ohne Arbeit. Hier werden nur die für diese Entscheidung maßgeblichen Punkte erörtert. a) Vorliegen von AGBs Der Arbeitsvertrag des A besteht aus für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, welche U dem A bei Abschluss des Vertrages stellte. Daher handelt es sich nach der Legaldefinition des 305 I 1 BGB um Allgemeine Geschäftsbedingungen. b) Wirksame Einbeziehung in den Vertrag Wegen 310 IV 2 Hs. 2 finden die 305 II, III BGB auf Arbeitsverträge keine Anwendung. Die Einbeziehung von AGBs bestimmt sich daher nach den allgemeinen Regeln der 145 ff. BGB. Dabei ist insbesondere auch eine konkludente Einbeziehung möglich. Von einem solchen konkludenten Einverständnis der Parteien ist hier auszugehen, da die Klausel im Arbeitsvertrag schriftlich fixiert war und dieser von beiden unterschrieben wurde. c) Inhaltskontrolle: Unwirksamkeit nach 309 Nr. 6 BGB Die Regelung des 11 des AV müsste weiterhin den Bestimmungen der 307 309 BGB genügen. Dabei sind die Klauselverbote der 309, 308 BGB grundsätzlich vorrangig zu prüfen. aa) Grundsatz: Anwendbarkeit des 309 Nr. 6 im Arbeitsrecht Es stellt sich dabei zunächst die Frage, ob Vertragsstrafenvereinbarungen wie die vorliegende den Tatbestand des 309 Nr. 6 BGB erfüllen.

Seite 4 von 7 Im Schrifttum wurde dazu teilweise die Auffassung vertreten, die Vorschrift des 309 Nr. 6 sei insgesamt nicht auf Arbeitsverhältnisse zugeschnitten, sondern primär am Bild des zahlungspflichtigen Kunden orientiert (vgl. Gotthardt, ZIP 2002, 277 [283] mwn). Eine generelle Nichtanwendung der Norm des 309 Nr. 6 auf Arbeitsverträge auf Grund teleologischer Reduktion kann aber nicht angenommen werden. Hierzu das BAG in der aktuellen Entscheidung (Rn. 27): Die Anwendung der 305 ff. BGB auf Arbeitsverträge entspricht vielmehr grundsätzlich dem Willen des Gesetzgebers: Nach dem ursprünglichen Gesetzentwurf sollte die im AGBG für das Arbeitsrecht geltende Bereichsausnahme des 23 AGBG a.f. auf die 305 bis 310 BGB übertragen werden; diese Vorschriften sollten mithin keine Anwendung auf dem Gebiet des Arbeitsrechts finden (BT Dr 14/7052, S. 24). Auf die Bitte des Bundesrates, zu überprüfen, ob diese Ausnahme für das Arbeitsrecht noch sachgerecht sei (BT Dr 14/6857, S. 17), schlug die Bundesregierung vor, 310 IV BGB wie nunmehr geschehen zu fassen, damit das Schutzniveau der Vertragsinhaltskontrolle im Arbeitsrecht nicht hinter demjenigen im Zivilrecht zurückbleibt. [...]. Bei der Inhaltskontrolle von Arbeitsverträgen sollen dagegen lediglich die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten gem. 310 IV 2 BGB angemessen berücksichtigt werden, eine Kontrolle dagegen nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Hierdurch und durch die Streichung der früheren Bereichsausnahme für das Arbeitsrecht hat der Gesetzgeber deutlich gemacht, dass die Anwendung der Klauselverbote grundsätzlich auch für Formulararbeitsverträge gilt. Auch nach ihrem Wortlaut ist die Norm auf alle Fälle der Lösung vom Vertrag anzuwenden, d.h. sowohl auf den Vertragsbruch als auch auf den Nichtantritt des Arbeitsverhältnisses. bb) Einschränkung: Berücksichtigung der arbeitsrechtlichen Besonderheiten Allerdings sind bei der Anwendung des 309 Nr. 6 BGB die arbeitsrechtlichen Besonderheiten angemessenen zu berücksichtigen. Es stellt sich daher die Frage, ob auch dann noch eine Vertragsstrafenklausel generell unzulässig ist, so wie dies 309 Nr. 6 BGB grundsätzlich für Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit vorsieht. Dies war früher in der Literatur umstritten: Zum Teil wurde die Auffassung vertreten, das Klauselverbot des 309 Nr. 6 BGB finde ungeachtet des 310 IV 2 Hs. 1 BGB uneingeschränkt Anwendung (Birnbaum, NZA 2003, 944 mwn). Nach anderer Auffassung war die Verwendung von Vertragsstrafenklauseln hingegen zulässig, da die Berücksichtigung der arbeitsrechtlichen Besonderheiten zur Nichtanwendung des 309 Nr. 6 BGB führe (Preis, NZA 2003, Sonderbeilage zu Heft 16, 19 [33] mwn). Das BAG hat sich im Wesentlichen der letzteren Auffassung angeschlossen. Es hat dabei zunächst klargestellt, dass die amtliche Überschrift ( ohne Wertungsmöglichkeit ) des 309 vor allem der Abgrenzung zu 308 diene, da jener keine unbestimmten Rechtsbegriffe enthalte und daher Klauseln unabhängig von der richterlichen Wertung unwirksam seien. Allerdings bezögen sich die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten auf den gesamten Abschnitt der 305 ff. BGB, da der Überschrift nicht der über die Abgrenzung hinausgehende Sinn, der Aussperrung jeglicher Besonderheiten beigemessen werden könne. Weiterhin hat das BAG klargestellt, dass es sich bei den Besonderheiten des Arbeitsrechts nicht nur um spezielle Gegebenheiten innerhalb des Arbeitsrechts handele, da bei dieser Auslegung die Regelung des 310 IV 2 BGB nahezu leer laufe; dies könne bei der Neufassung der Vorschrift nicht gewollt sein. Schließlich hat sich das BAG zu der Frage geäußert, ob der Ausschluss der Vollstreckbarkeit nach 888 III ZPO eine Besonderheit des Arbeitsrecht ist. Hierzu das BAG in der aktuellen Entscheidung (Rn. 49, 51): Eine Besonderheit des Arbeitsrechts bildet nämlich die Regelung des 888 III ZPO, die es ausschließt, die Verpflichtung zur Arbeitsleistung zu vollstrecken. Hierdurch fehlt dem Arbeitgeber im Gegensatz zu anderen Gläubigern die Möglichkeit, den vertraglichen Primäranspruch, die Leistung

Seite 5 von 7 der Arbeit durchzusetzen; daher besteht ein Bedürfnis zu Sanktionsinstrumenten, um zur Erfüllung der vertraglichen Hauptpflicht anzuhalten. Die Vertragsstrafe stellt in vielen Fällen die einzig wirksame Möglichkeit dar, um dies zu erreichen, denn obgleich durch den Nichtantritt der Arbeit bzw. die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist nicht selten hohe Schäden entstehen, scheitert die Durchsetzung von Ersatzansprüchen häufig daran, dass die Kausalität der Pflichtverletzung für den Schaden oder dessen Höhe nicht nachgewiesen werden können. Diesen speziellen arbeitsrechtlichen Umstand mangelnder Vollstreckungsmöglichkeiten hat das BAG bereits unter Geltung der alten Rechtslage zur Begründung der grundsätzlichen Wirksamkeit von formularmäßigen Vertragsstrafenabreden herangezogen [...]. Ob im Arbeitrecht geltende Besonderheiten vorliegen ist nicht daran zu messen, dass eine Norm ausschließlich auf Arbeitsverhältnisse Anwendung findet, sondern daran, ob es sich im Vergleich zu den Grundsätzen des Bürgerlichen Rechts und des Prozessrechts, wonach Leistungstitel grundsätzlich vollstreckbar sind um eine abweichende Regelung handelt. Danach stellt die fehlende Vollstreckbarkeit der Arbeitsleistung gem. 888 III ZPO eine im Arbeitsrecht geltende Besonderheit i.s.v. 310 IV 2 BGB dar. Auch der Umstand, dass diese Norm auch auf Dienstverträge Anwendung findet, die nicht Arbeitsverträge sind, schließt dies nicht aus, da es genügt, dass sich die Anwendung einer Norm besonders auf dem Gebiet des Arbeitsrechts auswirkt. Nach alledem ist auf die Regelung des 11 des Arbeitsvertrages 309 Nr. 6 BGB zwar anzuwenden, jedoch führt seine Anwendung nicht zur generellen Unwirksamkeit der Vertragsstrafenabrede, da bei der Anwendung die arbeitsrechtlichen Besonderheiten zu berücksichtigen sind. c) Inhaltskontrolle: Unwirksamkeit nach 307 I BGB Die Klausel könnte jedoch im Streitfall eine unangemessene Benachteiligung des A darstellen und daher nach 307 I BGB unwirksam sein. aa) Keine generelle unangemessene Benachteiligung durch Vertragsstrafe Voraussetzung für eine unangemessene Benachteiligung ist, dass die Beeinträchtigung eines rechtlich anerkennenswerten Interesses des Arbeitnehmers, nicht durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt ist oder durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen wird. Dabei benachteiligen Vertragsstrafenabreden den Arbeitnehmer nicht bereits generell unangemessen. Die Vertragsstrafenabrede sichert das berechtigte Bedürfnis des Arbeitgebers, eine arbeitsvertragswidrige und schuldhafte Nichtaufnahme oder Beendigung der Arbeitstätigkeit seitens des Arbeitnehmers zu vermeiden. Auch aus den im Zusammenhang mit 309 Nr. 6 BGB erörterten Gründen (fehlende Vollstreckbarkeit, Problem des Nachweises der Kausalität beim Schaden), ist eine Vertragsstrafenregelung anerkennenswert, zumal der Arbeitnehmer in der Regel kein schützenswertes Interesse daran haben dürfte den Arbeitsvertrag zu brechen. Hinweis: Das BAG stellt bei der Begründung der berechtigten Interesses an der Vertragsstrafe auf zwei Aspekte ab: die schadensausgleichende Funktion und die Sicherung der Arbeitsaufnahme. Dabei muss die Regelung nicht zwingend beide Zwecke verfolgen, jedoch wird es regelmäßig dann am berechtigten Interesse fehlen, wenn die Vertragsstrafe in erster Linie zur bloßen Schöpfung neuer, vom Sachinteresse des Verwenders losgelöster Geldforderungen eingesetzt wird. bb) Vorliegen einer unangemessenen Benachteiligung im Streitfall Weiterhin könnte in der konkreten Ausgestaltung der Klausel eine unangemessene Benachteiligung liegen. Eine unangemessene Benachteiligung kann danach aus der Höhe der Vertragsstrafe folgen. Dabei ist ein genereller, typisierender vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen, d.h. es ist zu untersuchen, ob typischerweise nur ein geringerer Schaden zu erwarten ist.

Seite 6 von 7 Grundsätzlich hat das BAG zwar schon unter Geltung des früheren Rechts eine Vertragsstrafe i.h.v. einem Monatsgehalt als geeigneten Maßstab angesehen, da sie sowohl das Bedürfnis nach einer generellen Obergrenze als auch die finanzielle Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers berücksichtigt. Davon abweichend benachteiligt aber eine Vertragsstrafe i.h.v. einem Monatsgehalt den Arbeitnehmer dann unangemessen, wenn er sich rechtmäßig mit kürzerer Kündigungsfrist vom Vertrag lösen könnte. Hierzu das BAG in der aktuellen Entscheidung (Rn. 62): Zur Feststellung der Angemessenheit einer Vertragsstrafe ist die maßgebliche Kündigungsfrist von erheblicher Bedeutung. Denn hierin kommt zum Ausdruck, in welchem zeitlichen Umfang der Arbeitgeber Arbeitsleistung vom Arbeitnehmer verlangen kann und welches Interesse er an der Arbeitsleistung hat. Da es bei der Vereinbarung einer Vertragsstrafe jedenfalls auch um einen vermögensrechtlichen Ausgleich nicht erbrachter Vertragsleistungen geht, sind die Kündigungsfristen, die durch den Vertragsbruch vom Arbeitnehmer nicht beachtet wurden, ein relevanter Abwägungsgesichtspunkt zur Feststellung der angemessenen Höhe [ ]. Die Vertragsstrafe kann in Fällen, in denen typischerweise ein Schaden angesichts der nötigen Einarbeitungszeit nicht groß sein kann, nicht höher sein, als die Arbeitsleistung wert ist. Die Höhe der Arbeitnehmerbezüge bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist liefert somit für den fall des Nichtantritts der Arbeit angesichts einer Kündigungsfrist von 2 Wochen grundsätzlich einen angemessenen Rahmen für die Vertragsstrafenhöhe zugunsten des Arbeitgebers. Eine darüber hinausgehende Vertragsstrafe lässt sich allenfalls rechtfertigen, wenn das Sanktionsinteresse des Arbeitgebers den Wert der Arbeitsleistung auf Grund besonderer Umstände typischerweise generell übersteigt. Im Streitfall sind jedoch keine besonderen Interessen auf Seiten des Arbeitgebers ersichtlich. Hiernach ist also eine Vertragsstrafe i.h.v. einem Monatsgehalt also bei einer generalisierenden Betrachtung dann unangemessen, wenn der Arbeitnehmer sich rechtmäßig mit einer Kündigungsfrist von zwei Wochen vom Vertrag lösen könnte. Hinweis: Das BAG hat in zwei weiteren Entscheidungen (21.4.2005, NZA 2005, 1053; 18.8.2005, NZA 2006, 34) sowohl eine Klausel die im Falle eines graverienden Vertragsverstoßes als auch eine die bei schuldhaft vertragswidrige[m] Verhalten des Arbeitnehmers eine Vertragsstrafe vorsieht, für intransparent isd 307 I 2 BGB und damit unwirksam erklärt. Die auslösende Pflichtverletzung werde nicht so klar bezeichnet, dass der Arbeitnehmer sich darauf einstellen könne. In einer späteren Entscheidung (23.9.2010, NZA 2011, 89) hat das BAG weiter festgestellt, dass eine Vertragsstrafenklausel ( Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, eine Vertragsstrafe in Höhe einer regelmäßigen Bruttomonatsvergütung zu zahlen, wenn er das Anstellungsverhältnis vertragswidrig vorzeitig beendet nicht ) nicht in einen zulässigen Regelungsteil nach der Probezeit und einen unzulässigen davor (auch zwei-wöchige Kündigungsfrist, 622 III BGB!) aufgeteilt werden kann. Die Formulierung ist daher insgesamt unwirksam. Vertiefung: Zur ablehnenden Entscheidung des BAG (25.9.2008, NZA 2009, 370) zu generellen Höchstgrenzen für Vertragsstrafen vgl. EAE Vertragsstrafe bei festem Kündigungstermin. Da A mit einer Kündigungsfrist von 2 Wochen hätte rechtmäßig kündigen können, die Vertragsstrafe aber ein volles Monatsgehalt beträgt, liegt eine unangemessene Benachteiligung i.s.v. 307 I BGB vor, die zur Unwirksamkeit der Klausel führt. 3. Keine geltungserhaltende Reduktion Fraglich ist allerdings, ob die Klausel insgesamt unwirksam ist oder nur auf das zulässige Maß von einem Gehalt i.h.v. zwei Arbeitswochen zu reduzieren ist.

Seite 7 von 7 Eine solche geltungserhaltende Reduktion ist nach 306 II BGB, der die Rechtsfolgen bestimmt, nicht vorgesehen. Auch der BGH lehnt eine solche speziell bei Vertragsstrafenregelungen generell ab (vgl. u.a. BGH v. 20.1.2003, NJW 2003, 1805 mwn). Dem folgt auch das Bundesarbeitsgericht: Hierzu das BAG in der aktuellen Entscheidung (Rn. 65): Dem Zweck der 305 ff. BGB kann eine Aufrechterhaltung der beanstandeten Klausel mit eingeschränktem Inhalt nicht entnommen werden. Es ist Ziel des Gesetzes, auf einen angemessenen Inhalt der in der Praxis verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen hinzuwirken. Dem Vertragsgegner soll die Möglichkeit sachgerechter Information über die ihm aus dem vorformulierten Vertrag erwachsenden Rechte und Pflichten verschafft werden. Dieses Ziel ließe sich nicht erreichen, wenn jeder Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen zunächst einmal ungefährdet bis zur Grenze dessen gehen könnte, was zu seinen Gunsten in gerade noch vertretbarer Weise angeführt werden kann. Damit würde nicht verhindert werden, dass der Vertragspartner des Verwenders in der Vertragsabwicklungspraxis mit überzogenen Klauseln konfrontiert wird. Erst in einem Prozess würde er vielmehr den Umfang seiner Rechte und Pflichten zuverlässig erfahren. Mit anderen Worten: der Klauselverwender hat das vollständige Risiko der Klauselunwirksamkeit zu tragen. Daher kommt eine geltungserhaltende Reduktion nicht in Betracht. V. Ergebnis U hat gegen A keinen Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe, da die Klausel den A unangemessen benachteiligt. Eine geltungserhaltende Reduktion auf ein angemessenes Maß kommt nach der Rechtsprechung des BAG nicht in Betracht. (D) LITERATURHINWEISE: Grundlegend zur Vereinbarung von Vertragsstrafen im Formulararbeitsvertrag: Junker, Grundkurs Arbeitsrecht, 12. Auflage 2013, Rn. 226 ff. Zur Zulässigkeit der Vertragsstrafe im Arbeitsrecht (mit Formulierungsbeispielen): Günther/ Nolde, Vertragsstrafenklauseln bei Vertragsbruch Angemessene und abschreckende Strafhöhe, NZA 2012, 62. Hass/Fuhlrott,. Ein Plädoyer für mehr Flexibilität bei Vertragsstrafen, NZA-RR 2010, 1. (th)