T7 Spezielle Relativitätstheorie

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Transkript:

T7 Spezielle Relativitätstheorie Die Maxwellshen Gleihungen beshreiben alle elektromagnetishen Phänomene, vom Coulombfeld einer Ladung bis zur Ausbreitung von Röntgenstrahlen, von der Dipolantenne bis zur Erzeugung von Synhrotonstrahlung. Sie sind also siher rihtig. Eine Frage haben wir aber bisher sorgfältig umgangen: In welhem Bezugssystem gelten die Maxwellshen Gleihungen? Diese Frage ist niht trivial! Nah unserer bisherigen Kenntnis gilt Galilei s Relativitätsprinzip: In gleihförmig gegeneinander bewegten Laboren läuft die Mehanik in gleiher Weise ab. Als Transformation zwishen den jeweiligen Bezugssystemen kennen wir die Galilei Transformation r = r + V t, r = r + V T7.1 Mehanik, T3.3. Damit müsste sih beim Übergang von einem Labor zum anderen auh die Lihtgeshwindigkeit ändern, die ja in den Maxwellgleihungen auftauht. Es ist noh viel shlimmer. In den Maxwellgleihungen tauht nur 2 auf. Sie sind also von der Raumrihtung unabhängig. Die Galilei Transformation führt aber über V eine Vorzugsrihtung ein. Wäre die Elektrodynamik also in allgemeinen Inertialsystemen rihtungsabhängig? Und wieso leben wir in einem ausgezeihneten Bezugssystem, in dem man das niht merkt? Um diesen Fragen nahzugehen, wollen wir uns zunähst genauer mit der Ausbreitung von mehanishen Wellen und den hierfür relevanten Bezugssystemen auseinander setzen. T7.1 Mehanishe Wellen: Doppler Effekt Betrahten wir als Beispiel Shallwellen. In Gasen oder Flüssigkeiten sind dies Oszillationen der Massendihte, die sih mit der Shallgeshwindigkeit a ausbreiten a für akustish. Ebene Shallwellen δ ρ m r,t = δ ρ m,0 os k r ωt, ω = a k = 2π a λ. T7.2 a ist die Phasengeshwindigkeit der ebenen Wellen. Diese Beshreibung gilt aber nur in einem ausgezeihneten Bezugssystem, in dem das die Welle tragende Medium als Ganzes ruht. In einem Experiment gibt es noh zwei weitere relevante Bezugssysteme: Das System des Senders und das des Empfängers. Wenn Sender und Empfänger im Medium ruhen, ist die Beshreibung des Experiments sehr einfah. Der Sender shwingt mit Frequenz ω S, regt damit das Medium zu einer Shwingung mit Frequenz ω = ω S an, diese Welle wandert die Distanz L bis zum Empfänger in der Zeit δt = L/ a und regt den Empfänger zu Shwingungen mit Frequenz ω E = ω = ω S an. Was passiert, wenn sih der Sender gegen das Medium bewegt? Um die Diskussion einfah zu halten, wollen wir annehmen, dass die Welle in e 1 -Rihtung läuft: k = k e1 T7-1

und der Sender eine Geshwindigkeit v S = v S e 1, v S < a T7.3 hat. Es bewegt sih also entweder in Rihtung oder gegen die Rihtung der Welle. Beahten Sie: v S ist die Geshwindigkeit des Senders relativ zum Medium! Die Bedingung v S < a ist notwendig, um singuläre Shokwellen Übershallknall auszushließen. Nehmen wir nun an, zur Zeit t = 0 sei die Amplitude der Welle am Sender gerade maximal. Das nähste Maximum wird sie nah einer Periode des Senders erreihen, also zur Zeit t 1 = 2π ω S. In dieser Zeit ist aber das erste Maximum die Streke e 1 δ x = a t 1 e 1 = 2π a ω S e 1 zurükgelegt, und der Sender ist weitergewandert. e 1 δ x S = v S t 1 e 1 = 2π v S ω S e 1 Der Abstand zwishen den beiden Maxima und damit die Wellenlänge ist also Mit folgt für die Frequenz der Welle: λ = δ x δ x S = 2π ω S a v S. ω = 2π a λ ω = ω S a a v S. T7.4 Für einen im Medium ruhenden Empfänger ist die empfangene Frequenz ω E = ω höher als ω S, falls sih der Sender auf ihn zu bewegt, andernfalls ist sie niedriger. Das ist für diese einfahe Geometrie der Dopplereffekt. Jeder, an dem einmal ein Krankenwagen im Einsatz vorbeigefahren ist, kennt das. Ganz entsprehendes gilt, wenn sih der Empfänger mit Geshwindigkeit v E = v E e 1, v E < a gegen das Medium bewegt. Er empfängt zwei aufeinander folgende Maxima im zeitlihen Abstand δ t a δ t = λ + v E δ t δ t = λ a v E. T7-2

Die Anregungsfrequenz ist damit ω E = 2π δ t = a v E a ω. T7.5 Diese Ergebnisse lassen sih mit ein wenig Geometrie leiht auf beliebige Bewegungsrihtungen von Sender und Empfänger verallgemeinern. Die ganze Diskussion ist natürlih völlig verträglih mit Galilei Invarianz. Eine Galilei Transformation bedeutet ja, dass wir das ganze System: Medium, Sender, Empfänger mit V bewegen. Das ändert die relativen Geshwindigkeiten v S, v E niht. Betrahten wir jetzt noh den Fall, dass sih Sender und Empfänger mit gleiher Geshwindigkeit v S e 1 = v E e 1 = v e 1 gegen das Medium bewegen. Ihr konstanter Abstandsvektor sei r SE = L e 1. Wegen Galilei Invarianz ist dies gleihbedeutend mit einer Bewegung v e 1 des Mediums, in dem Bezugssystem, in dem Sender und Empfänger ruhen, d.h. wir haben in Luft konstanten Wind. Zunähst folgt durh Kombination von Gl. T7.4, T7.5 ω E = a v a ω = a v a a a v ω S = ω S. T7.6 Der Empfänger registriert die Frequenz des Senders! Die Stimme Ihres Freundes klingt auh bei Wind niht anders als bei Windstille. Wie lange benötigt ein Signal vom Sender zum Empfänger? In der Zeit δ t legt das Signal die Streke a δ t zurük und der Empfänger ist v δ t weitergewandert. Also gilt a δ t = L + v δ t δ t = L a v. Interpretieren wir nun dies als die Messung einer Geshwindigkeit v = L δ t, T7.7 so folgt v = a v. T7.8 Dies sieht aus wie eine Galilei Transformation, ist es aber niht!! Wir haben nur Sender und Empfänger, niht aber dem Gesamtsystem die Geshwindigkeit v gegeben! Dies eröffnet nun die Möglihkeit, sowohl die Shallgeshwindigkeit a als auh die Windgeshwindigkeit v W = v akustish zu messen. Wir benötigen nur zwei Sender und zwei Empfänger, wie hier dargestellt T7-3

Die Messung mit S 1, E 1 ergibt die Messung mit S 2, E 2 ergibt 1 v W = a + v W, T7.9 und damit haben wir sowohl a als auh v. 2 v W = a v W, T7.10 Die ebene Welle T7.2 δ ρ m r,t = δ ρ m,0 os k r ωt, ω = a k. ist eine Lösung der Wellengleihung 1 2 2 a t 2 δ ρ m r,t = 0. Diese Beshreibung gilt aber nur in einem Bezugssysem K, in dem das Trägermedium ruht! Gehen wir mit der Galilei-Transformation r = r + V t zu einem System K über, so erhält die ebene Welle die Form δ ρ m r,t = δ ρ m,0 os k r + k V ωt, und die Wellengleihung hat in K die kompliziertere Form [ 1 2 t 2 2 V ] 2 t + V δρ m r,t = 0. 2 a Die Wellengleihung ist also unter Galilei-Transformation niht forminvariant. T7-4

T7.2 Ätherhypothese, Lihtgeshwindigkeit und Einstein s Relativitätsprinzip Jetzt wenden wir uns den elektromagnetishen Wellen zu. Aufgrund unserer Erfahrung mit mehanishen Wellen liegt es nahe, anzunehmen, dass auh die elektromagnetishen Wellen Shwingungen irgend eines Mediums sind. Da sie aber auh durh Vakuum gehen - sonst würden wir weder Sonnenstrahlung empfangen noh Sterne sehen, es gäbe kein Leben - kann dieses Medium nihts uns bekanntes materielles sein. Man nennt es Äther. Dieser Äther hat keinen Einfluss auf die Bewegung von Materie, der sih ja als eine Art Reibung äußern müsste. Deshalb kann der Äther keine träge Masse haben. Da wir ihn niht abpumpen können - einen Weker unter einer leergepumpten Glasgloke hören Sie niht, aber sie sehen ihn - können wir ihn auh niht wiegen. Er ist ausshließlih Träger der elektromagnetishen Wellen, ohne irgendwelhe sonstigen Einflüsse auf Materie. Und er hat noh mehr seltsame Eigenshaften. Die elektromagnetishen Wellen sind transversal polarisiert. Transversale mehanishe Wellen gibt es nur in Festkörpern, niht in Flüssigkeiten und Gasen. Also benimmt sih der Äther wie ein Festkörper, hat aber keinerlei Einfluss auf eine Masse, die sih hindurhbewegt. Dass in Fluiden keine transversalen Wellen auftreten können, kann man sih leiht überlegen. Jeder mehanishe Shwingungsvorgang benötigt Kräfte, die das System wieder in den Gleihgewihtszustand zurüktreiben wollen. Im mehanishen Gleihgewihtszustand einer Flüssigkeit ist die Dihte konstant. Eine Dihteshwankung in e 1 -Rihtung ist eine Vershiebung der Teilhen j um Vektoren u j e 1 ; diese erzeugt rüktreibende Kräfte K e 1, und der Bewegungszustand pflanzt sih in e 1 -Rihtung fort. Der Wellenvektor k einer ebenen Welle ist also parallel zur Vershiebung, die Welle ist longitunal polarisiert. Für eine in e 1 -Rihung laufende transversale Welle, Polarisationsrihtung e 2, wäre ux, y, z = e 2 ux. Unabhängig von y, z würden alle Teilhen für gegebenes x gleihermaßen vershoben. Das ändert aber die Dihte niht und erzeugt keine rüktreibenden Kräfte. Also kann es eine solhe Welle niht geben. Für Festkörper trifft diese Argumentation niht zu, da die Teilhen aneinander gebunden sind und jede lokale Vershiebung auh ohne Dihteänderung rüktreibende Kräfte erzeugt. Trotz dieser seltsamen Eigenshaften kann man zunähst einmal mit der Ätherhypothese leben. Es gibt dann ein ausgezeihnetes Bezugssystem, nämlih das, in dem der Äther ruht. Es ist dann plausibel, dass die Maxwellgleihungen genau in diesem System gelten, so wie die Wellengleihung für Shall im ruhenden materiellen Medium gilt. Falls wir uns aber gegen den Äther bewegen, so müssten wir in der Lage sein, den Ätherwind zu messen, analog zu Gleihungen T7.9, T7.10 im vorigen Abshnitt. Zuerst müssen wir feststellen, ob Materie den Äther mit sih führt, obwohl umgekehrt der Äther keine messbare Auswirkung auf die Materie hat. Wenn es so wäre, gäbe es natürlih keinen messbaren Ätherwind. Ein solhes Experiment wurde von Fizeau 1851 durhgeführt. T7-5

Shematisher Aufbau Teile des Lihtweges laufen durh ein mit Flüssigkeit gefülltes Rohr. Die Lihtwelle wird durh den halbdurhlässigen Spiegel geteilt, und die beiden Teilwellen laufen in entgegengesetzten Rihtungen durh die Flüssigkeit. Sie werden zur Interferenz gebraht, und die Interferenzfigur wird mit dem Fernrohr betrahtet. Ändert sih die Strömungsgeshwindigkeit, so ändern sih gemäß T7.9, T7.10 die Lihtlaufzeiten entgegengesetzt, falls die Flüssigkeit den Äther mitnimmt. Damit ändert sih die Phasendifferenz der beiden Wellen und die Interferenzfigur vershiebt sih. Ergebnis: Der Äther wird teilweise mitgeführt : 1 1n 2 väther = v Flüssigkeit T7.11 n: Brehungsindex der Flüssigkeit. In Luft ist n 1, also sollte man durh Messung in Luft den Ätherwind bestimmen können. Das Experiment konnte man aber niht analog zur Shallmessung einfah mit zwei Lihtquellen und zwei Empfängern durhführen. So genau konnte man Zeiten niht messen. Genau vermessen konnte man Interferenzfiguren. Also baute Mihelson sein Interferometer 1881. Shema des Mihelson-Interferometers T7-6

Das System bewegt sih mit Geshwindigkeit v gegen den Äther. Lihtlaufzeit S 0 S 1 S 0. δ t 1 = L v + L + v = 2L 2 v 2 = 2L Lihtlaufzeit S 0 S 2 S 0. 1 1 v/ 2 = 2L v 2 v 4 1 + + O. 2 δ t2 2 2 δ 2 = L 2 + v 2 t2 2 δ t 2 = 2L = 2L 1 1 v 2 1 + 1 v 2 v 4 + O. 2 Untershied der Lihtlaufzeiten δ t 1 δ t 2 = L v 2 + O v 4. Dreht man jetzt S 2 in die Rihtung der Erdbewegung, so vertaushen die beiden Teilwellen ihre Rollen. Die Interferenzfigur sollte sih vershieben um einen Betrag, der einer relativen Phasenänderung δ ϕ = ω 2 L v 2 entspriht. Nimmt man an, dass der Äther relativ zur Sonne ruht, so ist v 10 4 die Geshwindigkeit der Erde auf ihrer Bahn um die Sonne. Das Experiment war so genau, dass man noh v/30 hätte beobahten können. Unabhängig von der Jahreszeit, d.h. der Rihtung von v, hat man keinen Effekt gefunden: Es gibt keinen Ätherwind. Dies hat man mit weiteren Hypothesen zu reparieren versuht. Am wihtigsten war die Hypothese von Lorentz: Maßstäbe verkürzen sih bei der Bewegung gegen den Äther so, dass man keinen Ätherwind sieht. Lorentzkontraktion. Alle diese Hypothesen liefen im Grunde auf eine Aussage hinaus: Man kann den Äther niht beobahten. T7-7

Nun wurden in den Jahren um 1900 herum in der Naturphilosophie die Ideen von Mah intensiv diskutiert, der postulierte, dass die Physik nur mit beobahtbaren Größen umgehen darf. Hierdurh geprägt, kam Einstein dazu, das klassishe, mehanistishe Bild elektromagnetisher Wellen zu verwerfen und an die Stelle einer Ätherhypothese die experimentell beobahtete Konstanz der Lihtgeshwindigkeit zu setzen. Das mehanishe Bild beruht auf Galilei s Relativitätsprinzip. Galilei s Relativitätsprinzip G1: In gleihförmig gegeneinander bewegten Systemen läuft die Mehanik in gleiher Weise ab. G2: Die Zeit ist absolut, d.h. in allen Inertialsystemen dieselbe. Man sollte betonen, dass G 2 weder von Galilei noh von Newton oder seinen Nahfolgern so formuliert worden ist. Es war einfah selbstverständlih. Niemand kam auf die Idee, dass eine gleihförmig bewegte Uhr eine andere Zeit anzeigen könnte als ruhende Uhren. Zu Einstein s Relativitätsprinzip kommt man mit folgender Überlegung: Alle Experimente zeigen, dass die Maxwellgleihungen in jedem Inertialsystem gelten. Also gibt es kein ausgezeihnetes Bezugssystem des Äthers, und G1 gilt unverändert auh in der Elektrodynamik. Aber G 2 war eine unbewiesene Hypothese. Um 1900 überstieg ein experimenteller Test alle Möglihkeiten. G 1 und G 2 zusammen führen zwingend auf Galilei s Gesetz der Addition von Geshwindigkeiten. 1 Dies widerspriht der experimentellen Tatsahe, dass die Lihtgeshwindigkeit in allen Inertialsystemen die gleihe ist. Damit erhalten wir Einstein s Relativitätsprinzip E1: In gleihförmig gegeneinander bewegten Systemen läuft die Physik in gleiher Weise ab. E2: Die Lihtgeshwindigkeit ist absolut, d.h. in allen Inertialsystemen dieselbe. Im nähsten Abshnitt wollen wir aus diesem Prinzip die Transformation zwishen bewegten Bezugssystemen herleiten. 1 Dies folgt direkt aus der Analyse in Abshnitt T7.3, wenn Sie annehmen, dass t = t ist und keine Naturkonstante ist und deshalb in der Transformation niht auftauhen darf. T7-8

T7.3 Die Lorentztransformation Wir betrahten zwei Koordinatensysteme K : x, y, z, t K : x, y, z, t. Da wir niht mehr fordern, dass die Zeit absolut ist, haben wir den 3-dimensionalen Ortsraum um eine Zeitdimension erweitert. Um alle überflüssigen Komplikationen zu vermeiden, nehmen wir an, dass K und K zur Zeit t = 0 = t aufeinander fallen. x -Ahse auf der x-ahse, u.s.w. t = 0 = t : x = y = z = 0 x = y = z = 0 K bewege sih gegen K mit Geshwindigkeit V in x-rihtung, d.h. der Ursprung O, r = 0, von K hat, gemessen in K, die Koordinate O : x = V t, y = 0 = z. T7.12 Nah E1 sind die Systeme gleihberehtigt. Also hat der Ursprung O, r = 0, von K, gemessen in K, die Koordinate x = V t y = 0 = z. T7.13 Da die Koordinatensysteme gleihberehtigt sind, muss hier dieselbe Geshwindigkeit V auftreten. Sonst gäbe es einen messbaren nihttrivialen Untershied zwishen K und K. Wir suhen die Transformation K K. Wir betrahten zunähst x. x kann von den Koordinaten x, y, z, t in K abhängen, und wird natürlih auh von V abhängen. Außerdem ist eine Abhängigkeit von erlaubt, da nah E 2 eine vom Koordinatensystem unabhängige Naturkonstante ist x = x x, y, z, t, V,. Statt t führen wir die Variable t ein. Damit sind x, y, z, t Längen. Da x eine Länge ist, können dann die Geshwindigkeiten V, nur noh in der dimensionslosen Kombination V/ auftreten Dimensionsanalyse!. Also erhalten wir x = x x, y, z, t, V. T7.14 Die Abbildung K K muss für alle endlihen x, y, z, t, als glatte Abbildung existieren, d.h. die Funktion x kann im Endlihen keine Singularitäten haben. Also können wir nah Taylor entwikeln x = a 1 V V V V x + a 2 y + a 3 z + a 4 t + a 5 V V x 2 + a 6 xy + T7-9

Die Koeffizientenfunktionen a V 1, V a2, hängen nur von der dimensionslosen Variablen V ab, sind also selbst dimensionslos. Da x,x, y, z, t Längen sind, dürfen dann nur die linearen Terme in der Entwiklung auftreten. Der Term a V 5 x 2 etwa hätte Dimension Länge 2, ist also verboten. Glattheit und Dimensionsanalyse erzwingen also die Linearität der Transformation V V V V x = a 1 x + a 2 y + a 3 z + a 4 t. T7.15 Für t = 0 soll die x -Ahse mit der x-ahse zusammenfallen: x t = 0 = a V 1 x. Also gilt a V 2 = 0 = V a3, und wir erhalten V V x = a 1 x + a 4 t. T7.16 Für y gilt natürlih dieselbe Argumentation. Also haben wir V V y = b 1 y + b 4 t. Hier können wir aber noh weiter gehen. Wir wissen: Der Ursprung von K : x = 0 = y = z hat in K die Koordinaten x = V t, y = 0 = z. Damit folgt V 0 = y = b 4 t, oder Also gilt b 4 V y = b 1 V t = 0. y. Nun sind die Koordinatensysteme gleihberehtigt. K bewegt sih gegen K mit Geshwindigkeit V. Also gilt auh y = b 1 V y. Es folgt und damit gilt y = b 1 V b 1 V b 1 V y, b 1 V = 1. Der Raum ist isotrop: Es muss gleihgültig sein, ob sih K in + e 1 oder e 1 Rihtung bewegt. Daraus folgt V b 1 = b 1 V. Zusammengenommen ergibt dies V b 1 = ± 1. T7-10

Da die y-ahse und die y -Ahse dieselbe Rihtung haben sollen, bleibt nur b V 1 = +1. Wir erhalten also y = y. T7.17 Ebenso folgt z = z. Betrahten wir nun die Zeit, so erhalten wir zunähst analog zu T7.15 V V V V t = d 1 x + d 2 y + d 3 z + d 4 t. T7.18 Mit T7.17, T7.18 folgt t = d 1 V V V V x + d 2 y + d 3 z + d 4 t. Die Zeit in K darf aber niht vom Ort in K abhängen. Also gilt d V 2 = 0 = V d3. Fassen wir alles zusammen, so sehen wir: Die Transformation K K hat notwendig die Form x = a 1 V y = y z = z t = d 1 V V x + a 4 t V x + d 4 t. T7.19 Bisher haben wir nur ausgenutzt, dass in der Transformation auftreten darf, da diese Geshwindigkeit eine Koordinatensystem unabhängige Naturkonstante ist. Diese Unabhängigkeit vom Koordinatensystem formulieren wir jetzt mathematish. Wir definieren den relativistishen Abstand zweier Raum-Zeit Punkte P 0 und P. in K in K P 0 : x 0, y 0, z 0, t 0 ; x 0, y 0, z 0, t 0 P : x, y, z, t ; x, y, z, t. T7-11

Def.: Der relativistishe Abstand von P 0, P ist gemessen in K gemessen in K s 2 = 2 t t 0 2 r r 0 2, T7.20 s 2 = 2 t t 0 2 r r 0 2. Dies ist kein Abstand im üblihen Sinn. s 2 kann negativ sein! T7.21 Nehmen wir nun an, dass im Raum-Zeit Punkt P 0 ein Lihtsignal ausgesendet wird, das in P 1 empfangen wird. Dann gilt 2 = r r 0 2 t t 0 2, also s2 = 0. Da die Lihtgeshwindigkeit vom Koordinatensystem unabhängig ist, gilt auh 2 = r r 0 2 t t 0 2, also s 2 = 0. Zwei Raum-Zeit Punkte, die durh ein Lihtsignal miteinander verbunden sind, haben in jedem Inertialsystem den relativistishen Abstand Null: s 2 = 0 s 2 = 0. T7.22 Wir behaupten nun: Auh für zwei beliebige Raum-Zeit Punkte gilt s 2 = s 2 d.h. der relativistishe Abstand ist unter der Transformation K K invariant. 2 T7.23 Beweis: Wir können ohne Einshränkung der Allgemeinheit P 0 als den Ursprung x 0 = 0 = y 0 = z 0 = t 0 wählen. Nah Konstruktion gilt dann auh x 0 = 0 = y 0 = z 0 = t 0, und T7.20, T7.21 ergibt s 2 = t 2 x 2 y 2 z 2 s 2 = t 2 x 2 y 2 z 2. Da nah T7.19 y = y, z = z, folgt s 2 = t 2 x 2 y 2 z 2. 2 Wenn Sie Gailei s Äquivalenzprinzip zu Grunde legen, so würden Sie an dieser Stelle erhalten: Der geometrishe Abstand zweier Raumpunkte ist invariant. T7-12

Wenn also s 2 = s 2 für y = 0 = z gilt, gilt es für beliebige Punktepaare. Wir können uns auf Raum-Zeit Punkte t, x beshränken s 2 = t 2 x 2 s 2 = t 2 x 2 T7.19 = d 1 x + d 4 t 2 a 1 x + a 4 t 2 = d 2 4 a2 4 t2 + 2d 4 d 1 a 4 a 1 xt + d 2 1 a2 1 x2. Hier drüken wir t 2 durh s 2 aus s 2 = α 1 {}}{ d 2 4 + a2 4 s2 + α 2 {}}{ d 2 1 + a2 1 + d2 4 a2 4 x2 Wir wissen: s 2 = 0 s 2 = 0, also + 2d 4 d 1 a 4 a 1 xt. }{{} α 3 0 = α 2 x 2 + 2α 3 xt, für 0 = s 2 = t 2 x 2. s 2 = 0 bedeutet aber t = ± x. Setzen wir t = + x ein, so folgt 0 = α 2 + 2α 3 x 2, oder α 2 = 2α 3. Setzen wir t = x, so folgt 0 = α 2 2α 3 x 2, oder α 2 = + 2α 3. Also gilt α 2 = α 3 = 0, und es folgt s 2 = α 1 V s 2. Aus der Gleihberehtigung von K, K folgt dann s 2 = α 1 V s 2, oder α 1 V α 1 V = 1. Wie oben erzwingt die Isotropie des Raumes α 1 V V = α 1, T7-13

oder V α 1 = ± 1. Für V = 0 müssen die Koordinatensysteme zusammenfallen. Also bleibt nur α 1 V = + 1. Wir haben bewiesen. s 2 = s 2 Der Beweis hat uns Relationen zwishen den Koeffizienten a 1, a 4, d 1, d 4 der Transformation T7.19 geliefert: 1 = α 1 = d 2 4 a 2 4 0 = α 2 = d 2 1 a2 1 + d2 4 a2 4 d 2 1 a2 1 = 1 0 = α 3 = d 4 d 1 a 4 a 1. Wir erinnern uns an die Beziehung osh 2 ϕ sinh 2 ϕ = 1. Also werden die ersten beiden Gleihungen durh T7.24 d 4 = osh ϕ, a 4 = sinh ϕ } gelöst. Die letzte Gleihung ergibt dann a 1 = osh ˆϕ, d 1 = sinh ˆϕ, osh ϕ sinh ˆϕ = sinh ϕ osh ˆϕ, oder tanh ˆϕ = tanh ϕ. Es folgt ˆϕ = ϕ, denn tanh ϕ nimmt keinen Wert mehrmals ein. Die Transformation K K, T7.19, hat also die Form x = x osh ϕ + t sinh ϕ y = y z = z t = x sinh ϕ + t osh ϕ. T7.25 Um ϕ zu bestimmen, nutzen wir noh aus, wie sih der Ursprung von K bewegt: x = 0 = y = z x = V t. T7-14

Also folgt oder 0 = V osh ϕ + sinh ϕ t, tanh ϕ = V. T7.26 Ein Blik in die Formelsammlung zeigt dann osh ϕ = sinh ϕ = 1 1 V 2 / 2 V/ 1 V 2 / 2. T7.27 Damit haben wir die spezielle Lorentztransformation, auh Boost genannt, gefunden. Man shreibt übliherweise β = γ = V 1 1 V 2 / 2 T7.28 T7.29 x 0 = t, x 1 = x, x 2 = y, x 3 = z. T7.30 Man beahte: 0, 1, 2, 3 sind hohgestellte Indizes! Mit dieser Notation erhalten wir in Matrix- Shreibweise x 0 x 1 x 2 x 3 = γ βγ 0 0 βγ γ 0 0 0 0 1 0 0 0 0 1 x 0 x 1 x 2 x 3 T7.31 Für die Matrixelemente führt man das Symbol Λ k l ein. Damit wird T7.31 in Komponenten, k l = 0, 1, 2, 3 x k = 3 Λ k l xl. l=0 T7.32 Aus dem Transformationsgesetz T7.31 folgt sofort eine sehr wihtige Aussage. In jedem physikalish sinnvollen Koordinatensystem müssen die Koordinaten reell sein. Also müssen β und γ reell sein. Nah T7.31 bedeutet dies aber V 2 2 1. T7.33 Relativgeshwindigkeiten V > zwishen Koordinatensystemen sind physikalish sinnlos. Da wir uns für ein an uns vorbeifliegendes Teilhen stets ein Koordinatensystem denken T7-15

Limes V 0 können, in dem es momentan ruht, folgt sofort, dass sih kein Teilhen mit Überlihtgeshwindigkeit bewegen kann. Die Lihtgeshwindigkeit ist die obere Grenze der möglihen Teilhengeshwindigkeiten. Wenn alle Geshwindigkeiten klein sind gegen die Lihtgeshwindigkeit, muss die relativistishe Theorie in die klassishe, niht-relativistishe Beshreibung übergehen. Um dies zu überprüfen, bilden wir in der Lorentztransformation den Limes V/. Wir shreiben zunähst die Transformation explizit als x = 1 1 V 2 / 2 x V 1 V 2 / 2 t y = y z = z t = v/ 1 V 2 / 2 1 x + 1 1 V 2 / 2 t. x y z = x V t = y = z t = t. Galilei Transformation. T7.34 Wir haben hier den Spezialfall betrahtet, dass sih K gegen K in x-rihtung bewegt. Der Fall einer beliebigen Bewegungsrihtung V lässt sih leiht hierauf zurükführen. Wir führen zuerst eine räumlihe Drehung durh, so dass die neue x-ahse in Rihtung V zeigt. Im 4-dimensionalen Raum hat die zugehörige Matrix die Form 1 0 0 0 0 0 O 1 0 wobei O 1 die 3 3 Drehmatrix ist. Dann wenden wir den Boost Λ an, und drehen zum Shluss die räumlihen Ahsen in die gewünshte Rihtung. Die allgemeine Lorentztransformation hat also die Form 1 0 0 0 1 0 0 0 0 0 O 2 Λ 0 0 O 1. 0 0, Dies beantwortet die Ausgangsfrage nah der Gültigkeit der Maxwell shen Gleihungen: Die Transformationen zwishen gleihförmig gegeneinander bewegten Bezugssystemen sind niht die Galilei-Transformationen, sondern die Lorenztransformationen. Man kann zeigen, dass die Maxwellgleihungen unter Lorentztransformationen forminvariant sind. So hat Lorentz sie gefunden, vor Formulierung der Relativitätstheorie!. Die Maxwellgleihungen gelten in jedem Inertialsystem! T7-16

T7.4 Relativistishe Kinematik Wie wir gesehen haben, müssen wir in der Relativitätstheorie den dreidimensionalen Ortsraum durh eine Zeit-Koordinate ergänzen, also zur vierdimensionalen Raum-Zeit, dem Minkowski-Raum übergehen. Ein Punkt in diesem Raum, t, r = x 0,x 1,x 2,x 3 = x wird als Weltpunkt oder Ereignis bezeihnet. Er könnte etwa angeben, dass ein Teilhen zur Zeit t am Ort r ist. Eine Linie in diesem Raum ist eine Weltlinie. Sie könnte etwa die Bewegung eines Teilhens vollständig besheiben: t, rt. Eine zentrale Rolle spielen die Weltlinien eines Lihtblitzes, der im Ursprung x = 0 ausgesandt wird. Sie sind durh s 2 = t 2 r 2 = x 0 2 x 1 2 x 2 2 x 3 2 gegeben. Die Menge aller dieser Weltpunkte definiert den Lihtkegel. Wäre der Raum zweidimensional, so erhielten wir einen Doppelkegel x 0 2 = x 1 + x 2 2 = ρ 2 mit Spitze im Ursprung und der x 0 -Ahse als zentraler Ahse. Der Kegel x 0 0 beshreibt einen in x = 0 erzeugten Lihtblitz, der Kegel x 0 0 einen in x = 0 empfangenen Lihtblitz. Der Lihtkegel beshreibt einen physikalishen Vorgang, ist also unabhängig vom gewählten Koordinatensystem. A Minkowski-Diagramm Die Lorentztransformation lässt sih in einer zweidimensionalen Raum-Zeit x = x 0,x 1 anshaulih darstellen.wir zeihnen ein Koordinalensystem K mit einer Raum-Ahse x 1 und der Zeit-Ahse x 0. Der Lihtkegel s 2 = 0 = x 0 2 x 1 2 ist dann durh die Winkelhalbierenden gegeben. T7-17

Jetzt betrahten wir das Koordinatensystem K. Die x 1 -Ahse ist die Menge aller Punkte t = 0. Aus x 0 = t = 0 folgt nah T7.33 0 = γ x 0 β γ x 1, oder x 0 = β x 1 t = V x. T7.35 Die x 1 -Ahse ist also im Minkowski-Diagramm eine Gerade, die vom linken Viertel zum rehten Viertel des Minkowski-Diagramms geht. Ebenso folgt für die x 0 = t -Ahse oder 0 = x 1 = β γ x 0 + γ x 1, x 1 = β x 0 x = V t. T7.36 Dies ist das am Lihtkegel x 0 = x 1 gespiegelte Bild der x 1 -Ahse. Wegen 0 = s 2 = s 2 = x 0 2 x 1 2 ist der Lihtkegel die Winkelhalbierende in jedem Koordinatensystem. Aber die Koordinatensysteme im Minkowski-Diagramm sind im Allgemeinen shiefwinklig! Hier sei noh einmal daran erinnert, wie man in einem shiefwinkligen Koordinatensystem die Koordinaten eines Punktes P findet. x 0 ergibt sih als Shnittpunkt der Parallelen zur x 1 -Ahse durh P mit der x 0 -Ahse. Entsprehend ergibt sih x 1 als Shnittpunkt der Parallelen aus x 0 -Ahse durh P mit der x 1 -Ahse. Im Folgenden nehmen wir an, dass wir unseren Längenmaßstab ein- für allemal fest gewählt haben. Jedes Koordinatesystem führt seinen Maßstab mit sih, und alle diese Maßstäbe sind physikalish identishe Kopien unseres Maßstabs. Ih lasse deshalb im Folgenden die Längeneinheit weg. Wir betrahten die invariante Linie s 2 = s 2 = 1, d.h. x 0 2 x 1 2 = 1 = x 0 2 x 1 2. T7.37 Dies sind Hyperbeläste in linken und rehten Viertel mit dem Lihtkegel als Asymptoten. Die Shnittpunke mit der x 1 -Ahse liegen bei x 0 = 0, also x 1 = ± 1, und geben damit die Längeneinheit im System K an. Die Shnittpunkte mit der x 1 -Ahse x 0 = 0 liegen bei geben also die Längeneinheit in K an. Die Gleihung x 1 = ±1, s 2 s 2 = +1, also x 0 2 x 1 2 = + 1 = x 0 2 x 1 2 T7.38 T7-18

beshreibt Hyperbeln im oberen und unteren Viertel. Der Shnittpunkt mit der x 0 -Ahse gibt die Zeiteinheit genauer die von t in K an, der Shnittpunkt mit der x 0 -Ahse gibt die Zeiteinheit in K. Jetzt sind wir in der Lage, interessante Folgerungen zu diskutieren. B Zeitartige Abstände Wir betrahten zwei Ereignisse P 0, P 1 mit relativistishem Abstand s 2 > 0. P 0 wählen wir als Ursprung des Minkowski- Diagramms und P 1 liege im oberen Viertel. Wegen 0 < s 2 = x 0 2 x 1 2 = x 0 2 x 1 2 folgt x 0 2 > 0 für jedes System K. Es gibt kein System, in dem die Ereignisse gleihzeitig sind. Deshalb heißen Abstände s 2 > 0 zeitartig. Es gibt aber ein System K, in dem sie am gleihen Ort stattfinden: x 1 = 0. Damit folgt oder x 0 2 x 1 2 = x 0 2, x 0 2 = x 0 2 + x 1 2 x 0 2. T7.39 Die Zeitdifferenz zwishen zwei Ereignissen mit s 2 > 0 ist am kleinsten in dem System, in dem sie am gleihen Ort stattfinden. In einem gegen dieses bewegte System ist die Zeitdifferenz größer. Das ist die Zeitdilatation. Außerdem sehen wir sofort, dass alle x 0 > 0 sind. P 1 ist immer später als P 0. Das obere Viertel ist der Zukunftsvektor von P 0. Liegt P 1 im unteren Viertel, so sieht man sofort, dass x 0 < 0 ist. Das untere Viertel ist die Vergangenheit. Die Gegenwart von P 0 ist der Punkt P 0 selbst: In der Relativitätstheorie shrumpft die Gegenwart auf einen Raum-Zeit Punkt zusammen. Die Gegenwart meiner Nasenspitze ist etwas anderes als die Gegenwart meines linken kleinen Fingers! Nehmen wir nun an, die beiden Ereignisse P 0, P 1 seien das Ablesen einer Uhr. Wir haben jetzt gesehen, dass die Zeit in K, d.h. in dem System, in dem die Uhr am gleihen Ort bleibt, stets kürzer ist, als die Zeit, die in einem gegen die Uhr bewegten System zwishen den beiden Ableseereignissen verstreiht. Wie passt das zur häufig gehörten Aussage: Bewegte Uhren gehen langsamer? Die kürzere Zeit wird doh auf der ruhenden Uhr abgelesen! Hier muss man - wie immer in der Relativitätstheorie - sehr präzise sagen, was man eigentlih meint. Wir wollen den Gang einer gegen uns bewegten Uhr mit unserer Uhr vergleihen. Vergleihen kann ih direkt nur Ereignisse, die am selben Raum-Zeit Punkt stattfinden. Sonst müsste ih Signale shiken, was das Experiment komplizierter maht. T7-19

Betrahten wir folgendes Gedankenexperiment. Ih 1, sitze in meinem System K am Punkt x1 = 0, mit der Uhr 1. Meine Weltlinie ist also die x 0 -Ahse. Eine Uhr 3 fliegt gleihförmig an mir vorbei. Wenn sie an meinem Raum-Zeit Punkt ist, zeigen beide Uhren 1 und 3 die gleihe Zeit t = t = 0 an. Mein Kollege sitzt in meinem Inertialsystem am Punkt x2 mit einer Uhr 2, die mit meiner Uhr synhron geht. Seine Weltlinie ist eine Parallele zur x 0 -Ahse, d.h. zu meiner Weltlinie. x2 sei so gewählt, dass der Shnittpunkt der Weltlinie 2 mit der Weltlinie der Uhr 3 - der x 0 -Ahse - auf der Kurve s 2 = 1 liegt. Dann zeigt die Uhr 3, wenn sie am Beobahter 2 vorbeifliegt, die Zeit t = 1 an, während der Beobahter 2 an seiner Uhr die Zeit t > 1 abliest: Die bewegte Uhr geht nah. Das ist völlig konsistent mit der Zeitdilatation, denn im Ruhesystem K der bewegten Uhr ist zwishen beiden Ablese-Ereignissen weniger Zeit verstrihen. Was passiert, wenn der Beobahter in K den Gang meiner Uhr 1 überprüfen will? Dazu benötigt er einen Kollegen mit Uhr 4 in seinem System. Aus dem Minkowski-Diagramm lesen Sie ab, dass die Beiden zum Shluss kommen, dass meine Uhr nahgeht. Das ist kein Widerspruh, denn die beiden Experimente messen zwei vershiedene Paare von Ereignissen. Ih und mein Kollege messen Ereignisse E 1, E 2, die beiden im System K messen E 1 und E 3. Wir haben jetzt gesehen, dass es keine universell gültige Zeit gibt: Die Zeit ist - wie die Ortskoordinaten - vom Bezugssystem abhängig. Es gibt aber für jeden Körper eine ausgezeihnete Zeit, nämlih die, die eine mit ihm fest verbundene Uhr anzeigt. Das ist die Eigenzeit τ. Ein mit dem Körper fest verbundenes Koordinatensystem heißt Ruhesystem des Körpers. Da der Körper sih im Allgemeinen niht gleihförmig bewegt, ist das Ruhesystem im Allgemeinen kein Inertialsystem. Dennoh können wir den Zusammenhang zwishen unserer Laborzeit, Inertialsystem K, und der Eigenzeit bestimmen. Der Körper bewege sih mit der Geshwindigkeit vt, gemessen in K. Da es keine unendlih große Beshleunigung gibt, gilt vt + dt = vt + Odt. Im differentiellen Zeitintervall dt können wir die Änderung von v vernahlässigen. Dann folgt oder ds 2 = dτ 2 = dt 2 v dt 2 Ruhesystem Laborsystem dτ 2 = dt 2 1 v 2 2 dτ = dt 1 v 2 t 2. T7-20

Integration liefert t τt = τt 0 + dt 1 v 2 t 2. T7.40 t 0 Nur, wenn vt 0 für alle t, ist die Eigenzeit gleih der Laborzeit. Sonst ist sie kürzer. Eine nette Bemerkung ist hier folgende: Ein Photon - ein Lihtteilhen - bewegt sih mit v =. Also ist τ immer Null! Das arme Photon hat weder Zukunft noh Vergangenheit. Die Eigenzeit regiert das intrinsishe - niht von außen erzwungene - Verhalten aller Körper. Ein Beispiel: Es gibt Teilhen, die spontan zerfallen können - ohne Einwirkung von Außen. Erzeugen wir ein solhes Teilhen zur Eigenzeit τ = 0, so nimmt die Wahrsheinlihkeit Pτ, dass Teilhen zur Zeit τ > 0 noh intakt zu finden, exponentiell ab. Pτ = e τ/τ 0. τ 0 ist die Lebensdauer des Teilhens, und da wir über intrinsishe Eigenshaften des Teilhens reden, kann hier nur die Eigenzeit auftauhen. Ein konkretes Beispiel ist das Myon µ. Es zerfällt mit Lebensdauer τ 0 2.2 10 6 sek in ein Elektron und Neutrinos. Die Sonne beshießt uns ständig mit Protonen, und diese erzeugen durh Stöße mit Luftmolekülen in ungefähr 20 km Höhe über einige Zwishenshritte hohenergetishe Myonen, mit Geshindigkeiten nahe der Lihtgeshwindigkeit. Naiv würden wir erwarten, dass diese im Mittel τ 0 660 m weit fliegen, ehe sie zerfallen. Dennoh misst man einen Strom von Myonen, ungefähr 1 Teilhen/m 2 min, auf der Erdoberflähe Höhenstrahlung. Das ist die Konsequenz der Zeit-Dilatation. Wir wollen noh überlegen, wie wir die Eigenzeit τt eines gegen unser Inertialsystem bewegten Körpers messen können. Das geht niht, in dem wir von unserem Ort x 1 = 0 aus einfah eine mit dem Körper verbundene Uhr betrahten. Wir benötigen vielmehr in jedem Punkt unseres Ortsraumes einen Kollegen mit Uhr, der feststellt, ob und zu welher Laborzeit t der Körper bei ihm vorbeikommt und was dann die Eigenzeit τt ist. Bei optisher Beobahtung aus der Ferne müssen wir jeweils die Entfernung x 1 τ des Körpers kennen, um die Laufzeit des Lihtes berüksihtigen zu können. Wir würden also ˆtτ = tτ + x 1 τ/ messen und hätten, da wir x 1 τ niht kennen, alleine keine Möglihkeit, tτ zu bestimmen. Über diese Retardierung muss man sih - je nah Experiment - genau klar sein. In der Relativistik kann man mit shlampigen Formulierungen beliebige Verwirrung erzeugen. Ein Beispiel für so etwas ist das Zwillingsparadoxon. Es geht so: Ein Zwilling bleibt in Ruhe in einem Inertialsystem. Der zweite besteigt ein hypermodernes T7-21

Raumshiff, das wahnsinnig shnell beshleunigen kann. Er fliegt eine Zeit τ mit konstanter Geshwindigkeit v, kehrt plötzlih um, und fliegt zurük. Frage: Wer ist beim Wiedersehen älter? Antwort von Zwilling 1: Ih bin älter, denn du hast dih ja bewegt, und bewegte Uhren gehen langsamer. Antwort von Zwilling 2: Nein, ih bin älter. Ih habe mih ja - bis auf die vernahlässigbar kurze Umkehrzeit - gleihförmig bewegt, und das ist nah dem Relativitätsprinzip äquivalent damit, dass du dih bewegt hat. Wer hat reht? Zur Klärung zeihnen wir ein Minkowski-Diagramm. x 0, x 1 sei das Inertialsystem von Zwilling 1. x 0, x 1 sei das Inertialsystem von Zwilling 2 während er wegfliegt, x 0, x 1 sein Inertialsystem beim Rükflug. Zwilling 2 beginnt das Wendemanöver zur Zeit τ dτ 2 und beendet es zur Zeit τ + dτ 2. Wenn er zu seiner Eigenzeit τ dτ 2 die Uhr x0 ablesen könnte was er niht kann, da er niht an zwei Orten zugleih sein kann, so würde er mit Befriedigung feststellen, dass x u = x 0 τ dτ 2 < τ dτ 2. Aber während er wendet, würde er zu seinem Erstaunen feststellen, dass die Uhr x 0 verglihen mit seiner Eigenzeit, plötzlih rast. Erst nah dem Wendemanöver geht sie wieder langsamer. Das zeigt, dass Zwilling 2 in seiner Argumentation den beim Umkehren vorgenommenen Wehsel des Inertialsystems niht unter den Teppih kehren darf. Natürlih bleibt Gleihung T7.40 rihtig. Für den hier betrahteten Fall der plötzlihen Umkehr gilt v 2 t = v 2 = onst, und wir erhalten δτ = δt 1 v2 2 < δt. Beahten Sie: Auh im Inertialsystem von Zwilling 1 ist die für das Umkehren benötigte Zeit beliebig klein. Um sie zu messen, muss der Beobahter am Raumpunkt der Umkehr sein, niht am Ort des Zwillings 1. Die Zeitdauer der Umkehr in System 1 ist also niht x 0 τ + dτ 2 x0 τ dτ + 2 = x u x u. Diese Zeitdifferenz würden nur zwei Beobahter messen, die sih genau so bewegen wie Zwilling 2, und jeweils zu Zeiten τ dτ 2 bzw. τ + dτ 2 an meinem Ort x 1 = 0 sind. Wir sehen wieder, dass wir ganz genau definieren müssen, wovon wir reden. T7-22

C Raumartige Abstände Jetzt betrahten wir zwei Punkte P 1, P 2 mit relativistishem Abstand s 2 < 0. P 0 sei wieder der Ursprung von K. Dann liegt P 1 im linken oder rehten Viertel des Minkowski-Diagramms. Jetzt können wir ein Koodinatensystem finden, in dem P 1 auf der x 1 -Ahse liegt, also mit P 0 gleihzeitig ist: 0 = x 0 0 = x 0 1. Es folgt oder 0 > s 2 = x 0 2 x 1 2 = s 2 = x 1 2, x 1 2 = x 1 2 + x 0 2 x 1 2. T7.41 Zwei Ereignisse mit raumartigen Abstand s 2 < 0 finden in allen Inertialsystemen an vershiedenen Raumpunkten statt. Ihr Abstand im Ortsraum ist am kleinsten in dem System, in dem sie gleihzeitig sind. Es gibt Koordinationssysteme, in denen P 0 früher stattfindet als P 1, und solhe, in denen P 0 später ist. Die zeitlihe Reihenfolge hängt also vom Koordinatensystem ab. Das verletzt die Kausalität niht, denn die beiden Ereignisse können sih niht beeinflussen. Dazu müssten Signale mit Überlihtgeshwindigkeit laufen. P 0 und P 1 können aber ein drittes Ereignis beeinflussen, dass im Shnitt ihrer Lihtkegel liegt. Jetzt wollen wir noh die Lorentzkontraktion verstehen: In Bewegungsrihtung sind alle Längen verkürzt. Wieder müssen wir genau formulieren, was das heißen soll. Wir betrahten einen Stab, der in x-rihtung ausgerihtet ist und sih in x-rihtung bewegt. Um die Länge des Stabes zu bestimmen, muss ih die Orte der beiden Endpunkte messen, und das muss gleihzeitig geshehen. Das ist wesentlih, aber trivial. Messe ih den Ort x1 des linken Endes zur Zeit t1, und den Ort x2 des anderen Endes zur Zeit t 2 t 1, so hat sih der Stab ja inzwishen bewegt. Sei K das Ruhesystem des Stabes und x1 = 0, x2 = 1, d.h. der Stab hat in seinem Ruhesystem die Einheitslänge. Wir zeihnen ein entsprehendes Minkowski-Diagramm. T7-23

Die Weltlinie des Endes 1 ist die x 0 -Ahse, die des Endes 2 die Parallele durh x 1 = 1. Wir fliegen in x-rihung am Stab vorbei. Das ist ja damit äquivalent, dass sih der Stab gegen uns bewegt. Im Ruhesystem des Stabes messen wir die Länge durh die Ereignisse P 0 und P 1. Unser Inertialsystem ist K. Messen wir jetzt die Länge des Stabes, so verwenden wir die in unserem System gleihzeigen Ereignisse P 0 : x 0 = 0, x 1 = 0 und P 2 : x 0 = 0, x 1 2, und offensihtlih ist x 1 2 < 1. Quantitativ folgt das Ergebnis aus den Lorentztransformationen T7.31 x 0 = λx 0 β λx 1 T7.42 x 1 = β λx 0 + λx 1. T7.43 Die Länge des Stabes in seinem Ruhesystem ist l = x 1. Die Länge in unserem System ist l = x 1, gemessen zur Zeit x 0 = 0. Damit folgt aus T7.42 x 0 = β x 1 = β l. Das ist im Ruhesystem des Stabes die Zeit, zu der ih x 2 messe. Einsetzen in T7.43 ergibt l = β 2 γ + γ l = γ 1 β 2 l = 1 V 2 / 2 1 V 2 / 2 l l = 1 V 2 2 l < l. T7.44 Man beahte, dass wir zur Beobahtung der Lorentztransformation wieder in jeden Raumpunkt unseres Systems einen Beobahter mit Uhr x 0 haben müssen. Der Auftrag lautet festzustellen, ob zur Zeit x 0 = 0 ein Ende des Stabes beim Beobahter ist. Hinterher können wir dann abfragen und so die x 1 -Koordinaten der Stabenden zur Zeit x 0 = 0 feststellen. Wenn wir von unserem Ort aus ein Objekt vorbeifliegen sehen, bemerken wir die Lorentzkontraktion niht. Dies wollen wir uns wieder an einem Gedankenexperiment klar mahen. T7-24

Wir betrahten ein Rehtek, die Kantenlängen im Ruhesystem des Rehteks seien a und b, Kante a sei parallel zu unserer x-ahse, und das Rehtek fliege mit Geshwindigkeit V in x-rihtung an uns vorbei. In unserem System ist also die Kante a Lorentz kontrahiert a = 1 V 2 2 a. b ist ungeändert. Dies würden unsere überall in der x y- Ebene verteilten Kollegen bei gleihzeitiger Beobahtung feststellen. Wir selbst betrahten das Rehtek aus einem großen Abstand in y-rihtung. Der Abstand sei so groß, dass wir die Lihtstrahlen, die uns vom Rehtek erreihen, als parallel annehmen können das vereinfaht die Analyse erheblih. Die Bilder der unteren Kante AB kommen dann gleihzeitig an, und wir sehen diese Kante als  ˆB, Lorentz-kontrahiert. Gleihzeitig empfangen wir aber Liht vom Punkt D. Da dieses die zusätzlihe Streke b zurüklegen muss, ist es früher ausgesandt worden, am Ort D, der in x-rihung um V b vershoben ist. Wir sehen also auh das Stük ˆD Â, Länge V b, als Bild der Kante DA. Das sieht genau so aus, wenn das Rehtek in Ruhe, aber gekippt ist. Wir betrahten das Rehtek, Kantenlängen a, b, gekippt um den Winkel ϕ so, dass die Projektion der Kante AB auf die x-ahse gerade die Länge a = 1 V 2 2 a = a os ϕ hat. Die Projektion der Seite AD hat dann die Länge b sin ϕ, sin 2 ϕ = 1 os 2 ϕ = V 2 2 sin ϕ = V! Ein gekipptes, ruhendes, also niht Lorentz-kontrahiertes Rehtek erzeugt für uns also dasselbe Bild, wie das vorbeifliegende Rehtek. Da unser Gehirn an Vorgängen mit Geshwindigkeiten V trainiert ist, interpretieren wir also das vorbeifliegende Rehtek niht als Lorentz-kontrahiert, sondern als gedreht! Der Drehwinkel nimmt mit V zu und erreiht ϕ π/2 für V! Im Internet finden Sie beeindrukende Videos die zeigen, was Sie sehen würden, wenn Sie etwa V = 9/10 durh s Brandenburger Tor fliegen würden. T7-25

D Die Vierer-Geshwindigkeit Physikalishe Zusammenhänge müssen vom Koordinatensystem, in dem wir sie beshreiben, unabhängig sein. In der nihtrelativistishen Physik führte uns dies zur Klassifizierung der physikalishen Größen nah ihrem Verhalten unter Drehungen: Skalare sind invariant, Vektoren transformieren sih wie der Ortsvektor, usw. In der speziellen Relativitätstheorie sind es die Lorentztransformationen, die von einem Inertialsystem auf das andere transformieren. Da die Physik nah wie vor vom Koordinatensystem unabhängig sein muss, müssen wir jetzt die physikalishen Größen nah ihrem Verhalten unter Lorentztransformationen klassifizieren. Lorentzskalare sind invariant unter Lorentztransformationen. Ein Beispiel ist der relativistishe Abstand s 2. Vierervektoren Lorentzvektoren, transformieren sih wie ein Raum-Zeit Vektor x = x 0, x 1, x 2, x 3. Weiter gibt es Lorentztensoren höherer Stufen. Ein Beispiel, dem wir noh begegnen werden, ist das elektromagnetishe Feld. In der niht-relativistishen Physik ist die Geshwindigkeit definiert als v = d r dt. v ist ein Vektor, denn r ist ein Vektor und t ist ein Skalar. Jetzt suhen wir einen Vierervektor u = u 0, u 1, u 2, u 3, dessen räumlihe Komponenten u j, j = 1, 2, 3 für in v j übergehen. Offensihtlih müssen wir den Raum-Zeit Vektor x 0, x 1, x 2, x 3 nah einer Zeit differenzieren. Dies kann aber niht die Laborzeit t = x 0 / sein, denn diese ist kein Skalar, sondern die 0-Komponente eines 4-Vektors. Aber jeder Körper hat seine Eigenzeit τ. τ ist unabhängig vom Koordinatensystem, also ein Skalar. Formal folgt dies aus der Definition dτ 2 = ds 2. ds 2 ist ein Lorentzskalar, und da wir über die Bewegung eines Körpers reden, ist ds 2 > 0 zeitartig. Also ist ds 2 dτ = ǫ R. Wir definieren die 4-Geshwindigkeit als u = dx dx 0 dτ = dτ, dx1 dτ, dx2 dτ, dx3. T7.45 dτ In unserem Laborsystem gilt Gl. T7.40 dτ = dt 1 v2 t 2. T7-26

Also folgt u 0 = 1 v 2 / 2 u j = v j, j = 1, 2, 3 1 v 2 /2. T7.46 Für ergibt sih das erwünshte Ergebnis Die Nullkomponente erfüllt u 1, u 2, u 3 v. u 0 lim = 1, unabhängig von v. Daher ist sie in diesem Limes unwihtig. Jetzt können wir das relativistishe Additionsgesetz der Geshwindigkeit herleiten. Im System K habe das Teilhen die Geshwindigkeit vt, entsprehend der 4-Geshwindigkeit u. Unser System K bewege sih gegen K mit Geshwindigkeit V e 1. Nah Galilei würden wir dann die Geshwindigkeit v = v + V e 1 messen. In der relativistishen Theorie transformieren wir zunähst den 4-Vektor u auf unser System. Da sih K in K mit V bewegt, erhalten wir aus T7.33 u 0 u = 0 + V u 1 1 V 2 / 2 1 V 2 / 2 u 1 V u = 0 + u 1 1 V 2 / 2 1 V 2 / 2 u 2 = u 2 u 3 = u 3 u erfüllt die Gleihungen T7.46 mit v v. T7.47 v = d r /dt ist die im Laborsystem K gemessene üblihe Geshwindigkeit. Also erhalten wir für die 0-Komponente u 0 = 1 v 2 / = 1 2 1 V 2 / 2 1 v 2 / + V v 1 2, 1 v 2 / 2 oder 1 1 v 2 / = 1 + V v 1 / 2 2 1 V 2 / 2 1 v 2 /. 2 T7.48 Für die Komponenten u j, j = 2, 3, folgt u j = v j 1 v 2 / 2 = uj = v j 1 v 2 / 2, T7-27

oder mit T7.48 v j = v j 1 v 2 / 2 1 V 2 / 2 1 v 2 / 2 1 + V v 1 / 2 Die 1-Komponente ergibt = v 1 1 V 2 / 2 1 + V v 1 / 2. T7.49 u 1 = v 1 = v 1 = 1 1 V + v 1 v 2 / 2 1 V 2 / 2 1 v 1 2 / 2 V +v 1 1+V v 1 / 2. T7.50 T7.49, T7.50 sind das relativistishe Additionsgesetz der Geshwindigkeit. Wir sehen sofort, dass es für in das Galilei she Additionsgesetz übergeht. T7.48 enthält eine wihtige Aussage. Nehmen wir an, dass sowohl V als auh v kleiner sind als. Dann folgt aus T7.48 0 < 1 1 v 2 / 2 <, also v <. Durh Addition zweier Geshwindigkeiten, die kleiner sind als die Lihtgeshwindigkeit, kann keine Überlihtgeshwindigkeit erzeugt werden. Nehmen wir nun an, dass entweder V oder v gegen streben. Dann wird die rehte Seite von T7.48 unendlih und es folgt v : Addiert man zu eine Geshwindigkeit kleiner, so erhält man wieder! Eine einfahe Anwendung des Additionsgesetzes ist die Erklärung von Fizeau s Experiment. Liht läuft durh eine Flüssigkeit, Brehungsindex n, die mit der Geshwindigkeit v Fl durh ein Rohr strömt. Fizeau fand als Phasengeshwindigkeit des Lihtes, gemessen im Laborsystem v = n + 1 1 n 2 v Fl und interpretiert den zweiten Beitrag als die Geshwindigkeit des Äthers. Nun betrahten wir das Experiment im Rahmen der Relativitätstheorie. Im Ruhesystem K der Flüssigkeit ist die Phasengeshwindigkeit v = n e 1. Das Laborsystem K bewegt sih gegen K mit V e 1 = v Fl e 1, gemessen in K. Nah T7.50 messen wir damit im Laborsystem die Phasengeshwindigkeit v = v Fl + n 1 + v. F l /n 2 T7-28

Im Experiment ist v Fl / 1. Also können wir entwikeln 1 1 + 1 n v F l = 1 1 n v Fl + O vfl 2 v = 1 + n v Fl 1 1 n n = n 1 + n v Fl 1 n v Fl + O = n + 1 1 n 2 v Fl + O vfl 2 2 vfl vfl v Fl + v Fl O }{{ } v F l. Wir haben Fizeau s Ergebnis gefunden. E Relativistishe Invarianten Wir wissen: In der nihtrelativistishen Physik sind Skalarprodukte unter Drehungen O des Koordinatensystems invariant, also Skalare. Das Skalarprodukt ist definiert als a = O a, b = O b a b = a b. a b = 3 a j b j j=1 3 j,k=1 a j δ jk b k. T7.51 Das Kronekersymbol δ jk repräsentiert die Elemente der Einheitsmatrix. Diese wird als der metrishe Tensor des euklidishen Raumes bezeihnet. Etwas entsprehendes gilt auh in der relativistishen Physik. Wir wissen s 2 = x 0 2 x 1 2 x 2 2 x 3 2 ist unter Lorentztransformationen invariant. Wir bilden die entsprehende Kombination für die 4-Geshwindigkeit = T7.46 Dies gilt für jedes Inertialsystem, also ist u 0 2 u 1 2 u 2 2 u 3 2 γ 2 2 γ 2 v1 2 + v2 2 + v3 2 1, γ = 1 v 2 / 2 = γ 2 2 1 v2 2 = 2. T7.52 u 0 2 3 u j 2 = 2 ein Lorentzskalar. j=1 T7-29

Dies ist nur ein Sonderfall eines allgemeinen Ergebnisses. Zur kompakten Formulierung führen wir den metrishen Tensor g jk ein: g 00 = 1, g jj = 1, j = 1, 2, 3, g jk = 0 für j k. T7.53 Als Matrix: g = 1 0 0 0 0 1 0 0 0 0 1 0 0 0 0 1. Das Skalarprodukt zweier 4-Vektoren a, b ist definiert als 3 j,k=0 a j g jk b k = a 0 b 0 a 1 b 1 + a 2 b 2 + a 3 b 3. T7.54 Es ist ein Lorentzskalar, d.h. invariant unter Lorentztransformationen. Das kann man leiht mit Hilfe der Matrix Λ der Lorentztransformationen Gl. T7.31 nahrehnen. g jk ist die Metrik im Minkowski Raum. Sie ersetzt das Kroneker-Symbol, das als euklidishe Metrik in Gl. T7.53 auftritt. Da in g sowohl positive als auh negative Elemente auftreten, redet man von der indefiniten Metrik des Minkowski Raumes. T7.5 Relativistishe Dynamik Bisher haben wir die rein kinematishe Beshreibung der Bewegung von Teilhen diskutiert und den Effekt von Koordinatentransformationen in der Raum-Zeit, dem Minkowski Raum, untersuht. Jetzt wollen wir uns der Dynamik, d.h. den Bewegungsgleihungen, zuwenden. Die Grundlage der Newton shen Mehanik ist die Gleihung d dt p = K, p = m r : Impuls, K: Kraft. Wir wollen zunähst das relativistishe Gegenstük zu p konstruieren. Der relativistishe Impuls P muss ein 4-Vektor sein: P = P 0, P 1, P 2, P 3. Für sollen die räumlihen Komponenten in den niht-relativistishen Impuls übergehen: P 1, P 2, P 3 p = m v. Offensihtlih ist der einfahste Ansatz, der diese Bedingungen erfüllt P = m u, T7.55 mit der 4-Geshwindigkeit u, Gl. T7.45. T7-30

Die träge Masse m ist eine Eigenshaft des Teilhens, sollte also vom Koordinatensystem unabhängig sein, ist also ein Lorentzskalar. u ist ein 4-Vektor. Damit ist m u ein 4-Vektor. Im niht-relativistishen Limes erhalten wir das gewünshte Ergebnis, da u 1, u 2, u 3 v. Wir sind hier sehr theoretish vorgegangen. Was einging war a Transformationseigenshaften P ist 4-Vektor, b niht-relativistisher Limes, Einfahheit. Bei einem solhen Vorgehen müssen wir als nähsten Shritt aus T7.55 experimentell überprüfbare Konsequenzen herleiten und sehen, ob das Experiment sie verifiziert. Es gibt andere Möglihkeiten, die Form des relativistishen Impulses zu bestimmen. Wenn wir mehr über die klassishe Mehanik wüssten, könnten wir zeigen, dass T7.55 eindeutig aus tiefliegenden Prinzipien, die die Struktur der Theorie beherrshen, folgt. Eine weitere Möglihkeit besteht in der Diskussion von elastishen Stößen, bei denen Energie und Impuls erhalten sein muss. Diese Gedankenexperimente sind allerdings reht kompliziert und die Argumentation, wie sie in manhen Shulbühern steht, ist niht völlig zwingend. Wir wollen jetzt den Ausdruk T7.55 genauer diskutieren. Aus Gl. T7.46 folgt P 0, P 1, P 2, P 3 = m u 0, u 1, u 2, u 3. P 0 = P j = m 1 v 2 / 2 m v j 1 v 2 / 2. T7.56 In älteren Darstellungen führt man hier häufig eine geshwindigkeitsabhängige träge Masse ein: m mv = 1 v 2 /. 2 Dann kann man die räumlihe Komponenten von P in Newton sher Form shreiben: P 1, P 2, P 3 = p = mv v. Dies ist kein befriedigendes Konzept. mv ist eine ein-komponentige Größe, aber kein Lorentzskalar. Es hängt ja von v und damit vom jeweils verwendeten Inertialsystem ab. Zwei Beobahter, die sih gegeneinander bewegen, weisen dem Teilhen untershiedlihe Massen mv zu. Diese träge Masse ist also keine intrinsishe Eigenshaft des Teilhens. Die Aussage, dass die Masse zunimmt, wenn das Teilhen sih bewegt, ist äußerst missverständlih und vershleiert den wahren Gehalt der Relativitätstheorie. Masse ist Ruhemasse m, ein Lorentzskalar. T7-31

Wie kann man m unabhängig vom Koordinatensystem bestimmen? Wir bilden den Lorentzskalar P 0 2 P 1 2 + P 2 2 + P 3 2 = m 2 [ u 0 2 u 1 2 + u 2 2 + u 3 2]. Mit T7.52 folgt m 2 = P 0 2 P 2 2. T7.57 unabhängig vom Koordinatensystem. P = P 1, P 2, P 3 ist der räumlihe Impuls. Welhe Bedeutung hat die zeitlihe Komponente P 0? Um dies zu sehen, entwikeln wir P 0 für v. P 0 = m 1 v 2 / = m 1 + 1 v 2 2 2 2 +. Es folgt P 0 = m 2 + 1 2 m v2 + 1 2 m v2 ist aber die niht-relativistishe kinetishe Energie. Wir shließen: P 0 = E T7.58 ist die relativistishe Energie des Teilhens. Das maht Sinn: In der Mehanik haben wir gelernt, dass die Energie erhalten ist, wenn die Kräfte niht von der Zeit oder der Geshwindigkeit abhängen. Es muss gleihgültig sein, ob wir unser Experiment zur Zeit t oder zur Zeit t + δt durhführen. Eine Bedingung für Impulserhaltung ist, dass die Kräfte nur von Relativabständen abhängen. Es muss gleihgültig sein, ob wir unseren Experimentiertish am Ort r oder am Ort r + δ r aufstellen. Die Loretztransformationen verkoppeln t und r. Also sollten auh E und p verkoppelt sein, wie wir es jetzt gefunden haben. E/ ist die Null-Komponente des 4-Impulses: E P =, P. T7.59 Für ein ruhendes Teilhen folgt E = m 2, v = 0. T7.60 Energie und Ruhemasse sind äquivalent. In der niht-relativistishen Theorie war die Energie nur bis auf eine irrelevante Konstante festgelegt. In der relativistishen Theorie haben wir diese Freiheit niht mehr. E ist im gegebenen Inertialsystem K eindeutig als E = P 0 = 2 m 1 v 2 / 2 T7.61 festgelegt. T7-32