HS 2012, Mittwoch, 13:15-14:45, MIS 3024 Vorlesung: Literatur und Landeskunde im DaF-Unterricht Sitzung 10: Literatur im Fremdsprachenunterricht: Literarische Kurzformen Deutsch als Fremdsprache/ Deutsch als Zweitsprache Thomas Studer
Anpassung des Programms 21.11.: Literarische Kurzformen 28.11.: Kinder- und Jugendliteratur; einfache Lektüre 5.12.: Migrationsliteratur 12.12.: Schriftlicher Test 19.12.: Filme
Je weniger der Lehrer sagt, desto besser. Besonders in den ersten Minuten, nachdem die Lernenden den Text zu Gesicht oder zu Gehör bekommen haben, ist jedes Wort des Lehrers zuviel. Heyd (1997, 128) Was sehen Sie? Ist das ein Text? Wie viele Wörter kommen vor? Wie deuten Sie die Beziehungen zwischen den Wörtern Worte, Du und ich?
Literaturwissenschaft vs. (fremdsprachliche) Literaturdidaktik Hermeneutik Code (u.a. Strukturalismus) Autor (biografischer Ansatz) Text (Response Theory) Leser/in (Rezeptionstheorie) Historischer Kontext (z.b. feministischer Ansatz) Methoden der Literaturwissenschaft (nach Bredella 2003, 55)
(Auch) für den FU besonders relevante Merkmale literarischer Texte (Bredella 2003; Glaap & Rück 2003) Foregrounding/ Selbst- bzw. Autoreferenzialität Beim ästhetischen Sprachgebrauch liegt der Fokus auf der Sprache selbst (nicht primär auf dem Inhalt, wie beim alltäglichen Sprachgebrauch) Leerstellen (Iser 1976) Literarische Texte bieten keine bruchlose Darstellung faktischer Zusammenhänge, sondern Deutungsspielräume (konstituiert durch Perspektivierungen, Standortwechsel, Schnitte ) Kulturelle Implikationen (Altmayer 2009) Kulturelle Deutungsmuster gehen in Texte ein und werden von den Lesenden an die Texte herangetragen
Definition des Begriffs kulturelle Deutungsmuster (Altmayer 2009, 128): Wissenselement, das typisiertes Wissen über einen bestimmten Erfahrungsbereich umfasst das dazu dient, konkrete Erfahrungen und Situationen als Fall eines allgemeineren Typs zu deuten und einzuordnen (Sinnzuschreibung, Handlungsorientierung) das sprachlich tradiert wird und einer sozialen Gruppe zur Herstellung einer gemeinsamen Wirklichkeit dient das im Alltag implizit und unreflektiert verwendet wird, das aber auf eine reflexive Ebene gehoben und kontrovers diskutiert werden kann. Beispiele Wochentage (z.b. Sonntag ) Himmelsrichtungen ( Süden, Osten ) Kategorisierungen von Personen (Mann/ Frau, Ausländer usw.) Familienrollen ( Vater, Mutter ) Wertorientierungen ( Disziplin, Ordnung )
Besonderheiten fremdsprachlicher (vs. muttersprachlicher) Literaturdidaktik Fremdsprache und ihre Erschwernisse, die sie dem Lesen und Verstehen auferlegt. Grösserer kulturräumlicher Abstand zwischen Text und fremdsprachigem Leser. Wenn man schon im muttersprachlichen Raum die fiktionale Literatur als eine Art Fremdsprache bezeichnen kann, weil sie anders redet als die Alltagssprache, wie viel Fremdheit bedeutet dann diese Literatur dem Fremdsprachenlerner, der sich nicht nur die Alltagssprache und -kultur, sondern auch noch die Rezeptionskontexte dieser fremden Literatur erarbeiten soll. (Hunfeld 1990, 344) Erschwernisse und doppelte Fremdheit als Potenzial Deautomatisierung und Irritation als Lerngelegenheit im sprachlichen und kulturellen Sinn
Interaktionistisches Verstehensmodell Verstehen als Dialektik von Lenkung durch den Text und Freiheit der Deutung im Spannungsfeld von: Autoreferenzialität (Wortlaut kommt vor Sinnzuschreibung) und Überbetonung des Formalen
Mummert 2006, 33
1. Ein Gedicht stellen : 11 Lernende bekommen Karten mit Gedichtteilen. 2-3 andere Lernende haben den Auftrag, die 11 Lernenden mit den Karten so zu positionieren, dass eine logische Reihenfolge entsteht.
Quelle: Zwischendurch mal Gedichte. (Hueber, 2012)
KWICS aus dem Leipziger Wortschatz (D-CH) Ja, die Klimaanlage ist ausgeschaltet - aha, den Stecker auch noch ausziehen aha! daher weht der Wind. Und da darfst Du auch noch für jede Unterschrift separat bezahlen, ca. 40-60 Franken je nach Notar. aha. dann doch. In dem Sinne konnten sich viele aha!, oh shit!, Volltreffer!, total daneben!
Beobachtungen zur Didaktisierung von fünfter sein und aha Die Didaktisierungen folgen den Zielen des kommunikativen Unterrichts Fertigkeitstraining: mündliche Interaktion und Produktion (inkl. Mimik und Gestik), Schreiben; Lesen Handlungs- und Produktorientierung; hoher Grad an Lerneraktivität; abwechslungsreiche Sozialformen Die sprachliche Oberfläche interessiert nicht bzw. nur im Hinblick auf das Wörterlernen (andernorts: Grammatik) Demgegenüber Autoreferenzialität In Bezug auf die inhaltliche Interpretation dominiert eine eindeutige Zuordnung von Signifikant und Signifikat Welche Situation beschreibt der Dichter? Überprüfen Sie Ihre Vermutungen. Sehen Sie sich die Auflösungen an. Demgegenüber: Deutungsspielräume Kulturelle Implikationen spielen keine Rolle Demgegenüber: Deutungsmuster