Dyskalkulie und zählendes Rechnen

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Transkript:

Naturwissenschaft Sabine Lehmann Dyskalkulie und zählendes Rechnen Examensarbeit

Hausarbeit im Rahmen der Ersten Staatsprüfung für das Lehramt an Grund-, Haupt-, und Realschulen an der Technischen Universität Braunschweig Thema: Dyskalkulie und zählendes Rechnen Fallstudie Nadine 1. Exemplar Vorgelegt von: Sabine Lehmann Datum: 11.11.2003

Inhalt Seite 1. Einleitung... 5 2. Dyskalkulie... 7 2.1 Begriffsklärung... 7 2.2 Definition... 8 2.3 Störungsbilder der Dyskalkulie... 9 2.4 Grundfähigkeiten des Rechnens und deren Störungen... 11 2.5 Weitere Ursachen für Dyskalkulie... 15 2.5.1 Ursachen aus dem Bereich der Schule... 16 2.5.2 Ursachen aus dem persönlichen Umfeld des Kindes... 16 2.5.3 Ursachen, die im Kind liegen... 17 3. Teufelskreis... 21 3.1 Erstes Stadium: Ein Defizit beginnt zu wirken... 21 3.1.1 Attribuierung (Stigmatisierung)... 21 3.1.2 Repression... 22 3.1.3 Darstellung der Situation im ersten Stadium... 23 3.2 Zweites Stadium: Bildung der ersten Reaktionen beim Kind... 24 3.3 Drittes Stadium: Leistungsstörungen treten auf... 27 3.4 Viertes Stadium: Aufbau einer stabilen misserfolgsorientierten Motivationslage... 28 4. Zählendes Rechnen... 30 4.1 Lösungsstrategien beim Addieren/Subtrahieren im Zahlenraum bis 20... 30 4.1.1 Zählstrategien... 31 4.1.2 Heuristische Strategien... 32 4.1.3 Kennen der Grundaufgabe... 32 4.2 Vorzüge des zählenden Rechnens... 33 2

4.3 Probleme des zählenden Rechnens... 33 4.4 Ursachen des zählenden Rechnens... 35 4.5 Mögliche Prävention des zählenden Rechnens... 36 4.5.1 Simultane (gliedernde, nicht zählende) Erfassung der Anzahlen bis 10... a) Simultane Anzahlenerfassung bei Punktemustern... b) Systemischer Aufbau der simultanen Zahlenerfassung bis 10... 37 37 38 4.5.2 Handlungen und Vorstellungsbilder des Addierens/Subtrahierens im Zahlenraum bis 10... 39 4.5.3 Einführung des Zahlenraums bis 20... 40 4.5.4 Zehnerüberschreitung mit Zerlegung des Operationsschrittes... 41 4.5.5 Lehrstrategie zur Automatisierung des kleinen Einsundeins... 43 4.6 Fördermöglichkeiten... 43 5. Allgemeine Fördermaßnahmen... 46 6. Fallstudie Nadine... 48 6.1 Anamnese... 48 6.1.2 Die Person Nadine... 48 6.1.3 Die familiäre Situation... 49 6.1.4 Die schulische Situation... 52 6.2 Das Mathematikprofil von Nadine... 53 6.2.1 Darstellung des Testverfahrens... 53 a) Zahl- und Operationsverständnis... b) Addition und Subtraktion im Zahlenraum bis 20... 53 54 6.2.2 Beobachtungen... 55 6.2.3 Zusammenfassung der Testergebnisse... 57 6.2.4 Fördermöglichkeiten... 57 6.3 Nadines Zählstrategien... 58 6.4 Förderverlauf und Hilfsmittel... 60 6.4.1 Eingesetzte Fördermaterialien... a) Zwanzigerrechenrahmen... b) Domino... c) Steckwürfel... 60 61 64 66 3

d) Wechselspiel... 67 6.4.2 Darstellung einer Förderstunde... 68 6.4.3 Entwicklung von Nadines mathematischen Fähigkeiten... 70 7. Abschließende Bemerkung... 73 8. Literaturverzeichnis... 75 9. Anhang... 78 4

1. Einleitung Dyskalkulie ist ein Phänomen, das in den letzten Jahren immer häufiger schon bei Grundschulkindern zu beobachten ist. Viele Menschen, sowohl Eltern als auch Lehrer, zweifeln jedoch immer noch an seiner Existenz. Deshalb ist es wichtig vor allem Lehrer über die Existenz von Rechenschwäche aufzuklären, sie über Hintergründe und Ursachen zu informieren und ihnen allgemeine Präventions- und Fördermöglichkeiten zu zeigen. Ich hoffe, dass diese Arbeit dazu einen Beitrag leisten kann. Im Sommersemester 2002 besuchte ich an der die Veranstaltung Fördern und Differenzieren im Mathematikunterricht der Grundschule, welche von Herrn geleitet wurde. Neben allgemeinen Grundsätzen, Methoden und Arbeitsformen differenzierenden und fördernden Unterrichts wurden spezielle Probleme dargestellt, die der Unterricht mit rechenschwachen Kindern bereitet. Zudem wurden besondere Methoden, Veranschaulichungen und Lernstandsfeststellungsmöglichkeiten dargestellt, ausprobiert und verglichen. Im folgenden Semester besuchte ich dann die gleichnamige, praktische Übung mit rechenschwachen Kindern, in der ich die Möglichkeit erhielt, das erworbene theoretische Wissen auch in der Praxis zu erproben. Ca. 20 rechenschwache Schüler 1 aus mehreren Grundschulen kamen während des Semesters einmal in der Woche und wurden von etwa 30 Studentinnen unter der Leitung von Herrn beobachtet und gefördert. Die Kinder wurden in Zweiergruppen eingeteilt, in denen sie dann jeweils von zwei oder drei Studentinnen 60 Minuten lang betreut wurden. Die folgenden 30 Minuten des Seminars wurden zur Nachbesprechung genutzt. Einige Zeit später vermittelte mir Herr das Mädchen Nadine, das einer Förderung bedarf. Seitdem fördere ich Nadine jeden Freitag je eine Schulstunde. Die vorliegende Arbeit gliedert sich in eine theoretische Grundlegung der Dyskalkulie und in die Fallstudie von Nadine. Im Detail ist die Arbeit in folgender Form aufgebaut: Im zweiten Kapitel wird zunächst die Begrifflichkeit geklärt und einige Definitionen verschiedener Autoren angeführt, bevor einige Symptome der Dyskalkulie aufgezeigt werden und intensiv auf die Ursachenklärung eingegangen wird. Auch das dritte Kapitel, welches sich mit dem Teufelskreis beschäftigt, trägt zur Ursachenklärung bei. Anschließend wird im vierten Kapitel ein sehr häufig auftretendes Symptom der Dyskalkulie, das zählende Rechnen, genauer beschrieben. 1 Hier und im Folgenden wird Schüler und Lehrer stets als geschlechtsneutraler Begriff verwendet. 5

Im fünften Kapitel, der Fallstudie Nadine, soll der Leser eine Vorstellung bekommen, wie sich eine Dyskalkulie in der Realität äußern kann und welche Fördermöglichkeiten angewandt werden können. Im Vorfeld möchte ich betonen, dass diese Arbeit in keinem Punkt einen Anspruch auf Vollständigkeit erheben kann. 6

2. Dyskalkulie 2.1 Begriffsklärung In unserer hochtechnisierten Welt wird die fundamentale Bedeutung des Rechnens deutlich. Es gibt heutzutage fast keine berufliche Tätigkeit mehr, bei der nicht wenigstens die Beherrschung der Grundrechenarten notwendig ist. Aber auch im nichtberuflichen Bereich kommt der Rechenfähigkeit eine hohe Bedeutung zu (vgl. Brandl 1992, S. 9). Dennoch haben viele Menschen bereits Erfahrungen mit Schwierigkeiten in Mathematik gemacht. Entweder hatten sie selbst Probleme mit Mathematik in der Schule oder kennen es von ihren Kindern oder Bekannten (vgl. Krüll 2000, S. 9). Es gibt nämlich eine sehr hohe Anzahl von Schülern mit Mathematikschwierigkeiten. Internationale Studien sehen etwa 6% aller Schüler als extrem rechenschwach an (Ellrott/Aps Ellrott 1998, S. 3-1). Hierbei wird für das Vorliegen einer Rechenschwäche ein Leistungsrückstand von etwa zwei Jahren gegenüber den sonstigen Schulleistungen zugrunde gelegt. Nach den Aussagen von Lehrern kommt es aber eher selten zu so einem Leistungsrückstand, allerdings benötigen etwa 15-20% von ihren Schülern eine Förderung im Fach Mathematik (vgl. Lorenz/Radatz 1993, S. 4). Die Rechenschwäche fand in der Literatur bisher weniger Beachtung als die Lese- Rechtschreib-Schwäche, unter anderem weil sie bisher weniger gründlich untersucht wurde und weil eine genaue diagnostische Erfassung Schwierigkeiten bereitet, da eine Dyskalkulie im geringen Maße abgrenzbar und isolierbar ist (vgl. Schulz 1999, S. 28). Entsprechend vielfältig sind die Begriffe sowie die Erklärungen für Auftreten, Erscheinungsformen und Ursachen für dieses Phänomen (ebenda). Als Fachbegriffe werden beispielsweise Akalkulie, Anarithmasthenie, Dyskalkulie, Fingeragnosie, Kalkulasthenie und Zahlenblindheit verwendet. Für jeden dieser Begriffe lässt sich bestimmt ein von den anderen abgehobenes Erscheinungsbild kennzeichnen, aber für didaktische Fragestellungen eignet sich solch eine Begriffsfülle nicht (vgl. Lorenz/Radatz 1993, S. 17). Aus diesem Grund werden im Folgenden nur die Begriffe Dyskalkulie, Rechenstörung und Rechenschwäche synonym verwendet. Wie man hier schon erkennen kann, ergibt sich durch diese Vielzahl an begrifflichen Umschreibungen zwangsläufig auch eine Flut unterschiedlicher Definitionen. 7