Kapitel 1. Zug und Druck in Stäben

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Transkript:

Kapite 1 Zug und Druck in Stäben 1

1 Zug und Druck in Stäben 1.1 Spannung... 7 1.2 Dehnung... 13 1.3 Stoffgesetz... 14 1.4 Einzestab... 18 1.5 Statisch bestimmte Stabsysteme... 28 1.6 Statisch unbestimmte Stabsysteme... 33 1.7 Zusammenfassung... 40 Lernziee: In der Eastostatik untersucht man die Beanspruchung und die Verformung von eastischen Tragwerken unter der Wirkung von Kräften. Wir woen uns im ersten Kapite nur mit dem einfachsten Bautei dem Stab befassen. Zusätzich zu den aus Band 1 bekannten Geichgewichtsbedingungen benötigt man zur Lösung dieser Probeme kinematische Beziehungen und das Eastizitätsgesetz. Die kinematischen Beziehungen beschreiben die Geometrie der Verformung, während durch das Eastizitätsgesetz das Materiaverhaten ausgedrückt wird. Die Studierenden soen befähigt werden, diese Geichungen sachgemäß anzuwenden und mit ihrer Hife sowoh statisch bestimmte as auch statisch unbestimmte Stabsysteme zu behanden. D. Gross et a., Technische Mechanik 2, DOI 10.1007/978-3-642-40966-0_1, Springer-Verag Berin Heideberg 2014

1.1 Spannung 7 1.1 Spannung Wir betrachten einen geraden Stab mit konstanter Querschnittsfäche A. Die Verbindungsinie der Schwerpunkte der Querschnittsfächen heißt Stabachse. Der Stab werde an seinen Enden durch die Kräfte beastet, deren gemeinsame Wirkungsinie die Stabachse ist (Abb. 1.1a). Die äußere Beastung verursacht innere Kräfte. Um sie bestimmenzukönnen, führen wir in Gedanken einen Schnitt durch den Stab. Die in der Schnittfäche verteiten inneren Kräfte sind ächenkräfte und werden as Spannungen bezeichnet. Sie haben die Dimension Kraft pro äche und werden z.b. in der Einheit N/mm 2 oder in der nach dem Mathematiker und Physiker Baise Pasca (1623 1662) benannten Einheit Pasca bzw. Megapasca MPa (1 MPa = 1 N/mm 2 ) angegeben. Der Begriff der Spannungen wurde von Augustin Louis Cauchy (1789 1857) eingeführt. Während wir in der Statik starrer Körper nur die Resutierende der inneren Kräfte (= Stabkraft) verwendet haben, müssen wir uns in der Eastostatik nun mit den verteiten inneren Kräften (= Spannungen) sebst befassen. s A ϕ s 1.1 a s d τ σ s A = cos A ϕ b σ e ϕ σ τ c Abb. 1.1 N Wir wähen zunächst einen zur Stabachse senkrechten Schnitt s s. In der Schnittfäche wirken dann Spannungen, die wir mit σ bezeichnen (Abb. 1.1b). Wir nehmen an, dass sie senkrecht zur Schnittfäche stehen und geichförmig verteit sind. Wei sie norma zum Schnitt stehen, nennt man sie Normaspannungen. Nach Band 1, Abschnitt 7.1, assen sie sich zur Normakraft N zusam-

8 1 Zug und Druck in Stäben menfassen (Abb. 1.1c). Daher git N = σa, und die Größe von σ kann aus der Normakraft bestimmt werden: σ = N A. (1.1) Da im Beispie die Normakraft N im Stab geich der äußeren Kraft ist, wird aus (1.1) σ = A. (1.2) Im ae einer positiven Normakraft N (Zugstab) ist auch die Spannung σ positiv (Zugspannung); bei einer negativen Normakraft (Druckstab) ist sie negativ (Druckspannung). Wir woen nun den Schnitt durch einen Zugstab nicht senkrecht zur Stabachse führen, sondern in einer nach Abb. 1.1d um den Winke ϕ gedrehten Richtung. Die inneren Kräfte (Spannungen) wirken dann auf die Schnittfäche A = A/ cos ϕ, wobei wir wieder annehmen, dass die Verteiung geichförmig ist. Wir zeregen die Spannungen in eine Komponente σ norma und eine Komponente τ tangentia zur Schnittfäche (Abb. 1.1e). Die Normakomponente σ ist die Normaspannung, die Tangentiakomponente τ heißt Schubspannung. Kräftegeichgewicht am inken Stabtei iefert : σa cos ϕ + τa sin ϕ =0, : σa sin ϕ τa cos ϕ =0. Mit A = A/ cos ϕ fogt daraus σ + τ tan ϕ =, σtan ϕ τ =0. A Wenn wir diese beiden Geichungen nach σ und τ aufösen, so erhaten wir zunächst σ = 1 1+tan 2 ϕ A, τ = tan ϕ 1+tan 2 ϕ A.

Mit den trigonometrischen Umformungen 1 1+tan 2 ϕ =cos2 ϕ, cos 2 ϕ = 1 (1 + cos 2 ϕ), 2 sin ϕ cos ϕ = 1 2 sin 2 ϕ 1.1 Spannung 9 und der Abkürzung σ 0 = /A (= Normaspannung in einem Schnitt senkrecht zur Stabachse) ergibt sich schießich σ = σ 0 2 (1 + cos 2 ϕ), τ = σ 0 sin 2 ϕ. (1.3) 2 Die Spannungen hängen somit von der Schnittrichtung ϕ ab. Bei Kenntnis von σ 0 können σ und τ für beiebige Schnitte aus (1.3) berechnet werden. Der Größtwert der Normaspannung tritt bei ϕ = 0 auf: σ max = σ 0. Die Schubspannung erreicht für ϕ = π/4 ihr Maximum τ max = σ 0 /2. Bei einem Schnitt s s in der Nähe eines Stabendes, an dem eine Einzekraft angreift (Abb. 1.2a), ist die Normaspannung nicht geichmäßig über die Schnittfäche verteit: es kommt dort zu Spannungsspitzen (Abb. 1.2b). Die Erfahrung zeigt jedoch, dass eine soche Spannungsüberhöhung auf die unmittebare Umgebung des Angriffspunkts der Einzekraft beschränkt ist und mit zunehmendem Abstand vom Stabende sehr schne abkingt (Prinzip von de Saint-Venant, Adhémar Jean Caude Barré de Saint- Venant (1797 1886)). s s a s s b σ Abb. 1.2 c σ Die geichförmige Spannungsverteiung wird auch bei geochten, gekerbten oder abgesetzten Querschnitten (agemein: bei starker Querschnittsänderung) gestört. Weist der Stab z.b. Kerben auf,

10 1 Zug und Druck in Stäben so tritt im Restquerschnitt (Schnitt s s ) ebenfas eine Spannungsüberhöhung auf (Abb. 1.2c). Die Ermittung socher Spannungsverteiungen ist mit der eementaren Theorie für den Zugstab nicht mögich. Wenn der Querschnitt des Stabes ängs der Stabachse nur schwach veränderich ist, kann die Normaspannung in guter Näherung weiterhin aus (1.1) berechnet werden. Dann sind aerdings die Querschnittsfäche A und somit auch die Spannung σ vom Ort abhängig. Wirken zusätzich zu den Einzekräften noch Voumenkräfte in Richtung der Stabachse, so hängt auch die Normakraft N vom Ort ab. Mit einer in Richtung der Stabachse gezähten Koordinate x git dann bei veränderichem Querschnitt: σ(x) = N(x) A(x). (1.4) Dabei wird auch hier angenommen, dass die Spannungsverteiung in einem beiebigen Querschnitt (fester Wert x) geichförmig ist. Bei statisch bestimmten Systemen kann man aein aus Geichgewichtsbedingungen die Normakraft N ermitten. Wenn die Querschnittsfäche A gegeben ist, dann ässt sich daraus nach (1.4) die Spannung σ bestimmen (statisch unbestimmte Systeme werden wir im Abschnitt 1.4 behanden). In der Praxis ist es erforderich, die Abmessungen von Bauteien so zu wähen, dass eine vorgegebene maximae Beanspruchung nicht überschritten wird. Bei einem Stab bedeutet dies, dass der Betrag der Spannung σ nicht größer as eine zuässige Spannung σ zu werden darf: σ σ zu (bei manchen Werkstoffen sind die zuässigen Spannungen für Zug und Druck verschieden). Mit σ = N/A ässt sich daraus bei gegebener Beastung N die erforderiche Querschnittsfäche A erf = N σ zu (1.5) berechnen. Diese Aufgabe nennt man Dimensionierung. Wenndagegen der Querschnitt A vorgegeben ist, so fogt aus N σ zu A die zuässige Beastung des Stabes.

1.1 Spannung 11 Es sei angemerkt, dass ein auf Druck beanspruchter schanker Stab durch Knicken versagen kann, bevor die Spannung einen unzuässig großen Wert annimmt. Mit der Untersuchung von Knickprobemen woen wir uns erst im Kapite 7 beschäftigen. Beispie 1.1 Ein konischer Stab (Länge ) mit kreisförmigem Querschnitt (Endradien r 0 bzw. 2 r 0 ) wird nach Abb. 1.3a durch eine Druckkraft in der Stabachse beastet. Wie groß ist die Normaspannung σ in einem beiebigen Querschnitt bei einem Schnitt senkrecht zur Stabachse? B1.1 r 0 2r 0 a Abb. 1.3 b x r(x) Lösung Wir führen eine Koordinate x ängs der Stabachse ein (Abb. 1.3b). Dann wird r(x) =r 0 + r ( 0 x = r 0 1+ x ). Mit der Querschnittsfäche A(x) =πr 2 (x) und der konstanten Normakraft N = erhaten wir nach (1.4) für die Normaspannung σ = N A(x) = πr 2 0 ( 1+ x ) 2. Das Minuszeichen zeigt an, dass eine Druckspannung voriegt. Ihr Betrag ist am inken Ende (x = 0) vierma so groß wie am rechten Ende (x = ). Beispie 1.2 Ein Wasserturm mit Kreisringquerschnitt (Höhe H, Dichte ϱ) trägt einen Behäter vom Gewicht G 0 (Abb. 1.4a). Der Innenraum des Turms hat den konstanten Radius r i. Wie groß muss der Außenradius r gewäht werden, damit bei Berücksichtigung des Eigengewichts übera die geiche Druckspannung σ 0 herrscht? B1.2

12 1 Zug und Druck in Stäben G 0 H r i r 0000000 1111111 0000000 1111111 a x dx A A+dA dg r(x) r i b σ 0 σ 0 Abb. 1.4 Lösung Wir fassen den Wasserturm as Stab auf. Durch (1.4) ist ein Zusammenhang zwischen Spannung, Normakraft und Querschnittsfäche gegeben. Dabei ist hier die konstante Druckspannung σ = σ 0 bekannt; die Normakraft N (hier as Druckkraft positiv gezäht) und die Querschnittsfäche A sind unbekannt. Eine zweite Geichung erhaten wir aus dem Geichgewicht. Wir zähen die Koordinate x vom oberen Ende des Turms und betrachten ein Stabeement der Länge dx (Abb. 1.4b). ür den Kreisringquerschnitt an der Stee x git A = π(r 2 r 2 i ), (a) wobei r = r(x) der gesuchte Außenradius ist. Die Normakraft ist dort nach (1.4) durch N = σ 0 A gegeben. An der Stee x +dx haben die Querschnittsfäche bzw. die Normakraft die Größen A +da bzw. N +dn = σ 0 (A +da). DasGewichtdesEementsbeträgt dg = ϱgdv, wobei das Voumen des Eements durch dv = A dx (bei Vernachässigung von Termen höherer Ordnung) gegeben ist. Damit iefert das Kräftegeichgewicht in vertikaer Richtung : σ 0 (A +da) ϱgdv σ 0 A =0 σ 0 da ϱgadx =0. Durch Trennen der Variaben und Integration ergibt sich daraus da ϱg A = dx n A = ϱgx A = A 0 e ϱgx σ 0. (b) σ 0 A 0 σ 0

1.2 Dehnung 13 Die Integrationskonstante A 0 fogt aus der Bedingung, dass auch am oberen Ende des Turms (für x =0istN = G 0 ) die Normaspannung geich σ 0 sein so: G 0 A 0 = σ 0 A 0 = G 0 σ 0. Aus (a) bis (c) erhät man dann für den Außenradius (c) r 2 (x) =r 2 i + G 0 πσ 0 e ϱgx σ 0. 1.2 Dehnung Nach den Spannungen woen wir nun die Verformungen eines eastischen Stabes untersuchen. Hierzu betrachten wir zunächst einen Stab mit konstanter Querschnittsfäche, der im unbeasteten Zustand die Länge hat. Wenn an seinen Enden eine Zugkraft angreift, dann verängert er sich um Δ (Abb. 1.5). Es ist zweckmäßig, neben der Verängerung Δ as Maß für die Größe der Verformung außerdem das Verhätnis von Längenänderung zu Ausgangsänge einzuführen: ε = Δ. (1.6) Die Größe ε heißt Dehnung; sie ist dimensionsos. Wenn sich zum Beispie ein Stab der Länge =1mumΔ =0, 5mmverängert, dann ist ε =0, 5 10 3 ; dies ist eine Dehnung von 0,05%. Bei einer Verängerung (Δ >0) ist die Dehnung positiv, bei einer Verkürzung (Δ <0) negativ. Wir werden im fogenden nur keine Deformationen, d.h. Δ bzw. ε 1betrachten. Die Definition (1.6) für die Dehnung git nur dann, wenn ε über diegesamtestabänge konstant ist. Hat ein Stab eine veränderiche Querschnittsfäche oder wirken Voumenkräfte ängs der Stab- 1.2 Δ Abb. 1.5

14 1 Zug und Druck in Stäben x dx u u+du undeformierter Stab deformierter Stab dx+(u+du) u Abb. 1.6 achse, so kann die Dehnung vom Ort abhängen. Man geangt dann zu einer Definition der örtichen Dehnung, indem man statt des gesamten Stabes ein Stabeement betrachtet (Abb. 1.6). Das Eement hat im unbeasteten Stab die Länge dx. Seine inke Querschnittsfäche befindet sich an der Stee x, seine rechte an der Stee x +dx. Wenn wir den Stab deformieren, erfahren die Querschnitte Verschiebungen, die wir mit u bezeichnen. Sie hängen vom Ort x des Querschnitts ab: u = u(x). Verschiebt sich der inke Querschnitt des Stabeementes um u, dann verschiebt sich der rechte Querschnitt um u+du. DieLänge des Eements beträgt im beasteten Stab dx+(u+du) u =dx+du.seinelängenänderung ist somit durch du gegeben. Das Verhätnis der Längenänderung zur ursprüngichen Länge dx ist die örtiche Dehnung: ε(x) = du dx. (1.7) Wenn die Verschiebung u(x) bekannt ist, dann kann die Dehnung ε(x) durch Differenzieren ermittet werden. Ist dagegen ε(x) bekannt, so ässt sich u(x) durch Integrieren bestimmen. Die Verschiebung u und die Dehnung ε beschreiben die Geometrie der Verformung. Man bezeichnet sie daher as kinematische Größen; Geichung (1.7) nennt man eine kinematische Beziehung. 1.3 1.3 Stoffgesetz Spannungen sind Kraftgrößen und ein Maß für die Beanspruchung des Materias eines Körpers. Dehnungen sind kinematische Größen und ein Maß für die Verformung. Diese hängt aerdings

1.3 Stoffgesetz 15 von der auf den Körper wirkenden Beastung ab. Demnach sind die Kraftgrößen und die kinematischen Größen miteinander verknüpft. Die physikaische Beziehung zwischen ihnen heißt Stoffgesetz. Das Stoffgesetz ist abhängig vom Werkstoff, aus dem der Körper besteht. Es kann nur mit Hife von Experimenten gewonnen werden. Ein wichtiges Experiment zur Ermittung des Zusammenhangs zwischen Spannung und Dehnung ist der Zug- bzw. der Druckversuch. Dabei wird ein Probestab in einer Prüfmaschine gedehnt bzw. gestaucht. Die von der Maschine auf den Stab ausgeübte Kraft ruft im Stab die Normaspannung σ = /A hervor. Geichzeitig ändert sich die Meßänge des Stabes. Aus der gemessenen Längenänderung Δ kann die Dehnung ε =Δ/ berechnet werden. Der Zusammenhang zwischen σ und ε wird in einem Spannungs- Dehnungs-Diagramm dargestet. Abbidung 1.7 zeigt schematisch (nicht maßstäbich) die in einem Zugversuch gewonnene Kurve für einen Probestab aus Stah. Man erkennt, dass zunächst Spannung und Dehnung proportiona anwachsen. Dieser ineare Zusammenhang git bis zur Proportionaitätsgrenze σ P. Wenn man die Spannung weiter erhöht, dann wächst die Dehnung überproportiona. Bei Erreichen der ießspannung (Streckgrenze) σ nimmt die Dehnung bei praktisch geichbeibender Spannung zu: der Werkstoff beginnt zu fießen (es sei angemerkt, dass viee Werkstoffe keine ausgeprägte Streckgrenze besitzen). Anschießend steigt die σ σ w = A w σ = A σ Entastung σ P Abb. 1.7 ε p A ε

16 1 Zug und Druck in Stäben Kurve wieder an, d.h. der Werkstoff kann eine weitere Beastung aufnehmen. Diesen Bereich bezeichnet man as Verfestigungsbereich. Man kann experimente feststeen, dass bei der Verängerung eines Stabes die Querschnittsfäche A abnimmt. Diesen Vorgang nennt man Querkontraktion. Bei hohen Spannungen verringert sich der Querschnitt des Probestabes nicht mehr geichmäßig über die gesamte Länge, sondern er beginnt sich einzuschnüren. Dort beschreibt die auf den Ausgangsquerschnitt A bezogene Spannung σ = /A die wirkiche Beanspruchung nicht mehr richtig. Man führt daher zweckmäßig die auf die wirkiche Querschnittsfäche A w bezogene Spannung σ w = /A w ein. Sie ist die wirkiche Spannung im eingeschnürten Bereich. Man nennt σ w auch die physikaische Spannung, während σ die nominee (konventionee) Spannung heißt. Abbidung 1.7 zeigt beide Spannungen bis zum Bruch des Stabes. Wenn man einen Probestab bis zu einer Spannung σ<σ beastet und anschießend voständig entastet, so nimmt er seine ursprüngiche Länge wieder an: die Dehnung geht auf den Wert Nu zurück. Dabei faen die Beastungs- und die Entastungskurve zusammen. Dieses Materiaverhaten nennt man eastisch. Entsprechend heißt der Bereich σ σ P inear-eastisch. Wird der Stab dagegen vor der Entastung über σ hinaus beastet, so veräuft die Entastungsinie parae zur Geraden im ineareastischen Bereich, vg. Abb. 1.7. Bei vöiger Entastung geht die Dehnung dann nicht auf Nu zurück, sondern es beibt eine pastische Dehnung ε p erhaten. Dieses Stoffverhaten heißt pastisch. Wir woen uns im fogenden immer auf inear-eastisches Materiaverhaten beschränken und dies kurz eastisch nennen (d.h. eastisch bedeutet im weiteren immer inear-eastisch ). Dann git zwischen Spannung und Dehnung der ineare Zusammenhang σ = Eε. (1.8)

1.3 Stoffgesetz 17 Der Proportionaitätsfaktor E heißt Eastizitätsmodu. Das Eastizitätsgesetz (1.8) wird nach Robert Hooke (1635 1703) das Hookesche Gesetz genannt. Es sei angemerkt, dass Hooke das Gesetz noch nicht in der orm (1.8) angeben konnte, da der Spannungsbegriff erst 1822 von Augustin Louis Cauchy (1789 1857) eingeführt wurde. Die Beziehung (1.8) git für Zug und für Druck (der Eastizitätsmodu ist für Zug und für Druck geich). Damit (1.8) gütig ist, muss die Spannung unterhab der Proportionaitätsgrenze σ P beiben, die für Zug bzw. für Druck verschieden sein kann. Der Eastizitätsmodu E ist eine Materiakonstante, die mit Hife des Zugversuchs bestimmt werden kann. Seine Dimension ist (wie die einer Spannung) Kraft/äche; er wird z.b. in der Einheit MPa angegeben. In der Tabee 1.1 sind Werte von E für einige Werkstoffe bei Raumtemperatur zusammengestet (diese Zahenwerte sind nur Richtwerte, da der Eastizitätsmodu von der Zusammensetzung des Werkstoffs und der Temperatur abhängt). Eine Zug- bzw. eine Druckkraft erzeugt in einem Stab nach (1.8) eine Dehnung ε = σ/e. (1.9) Längenänderungen und damit Dehnungen werden aerdings nicht nur durch Kräfte, sondern auch durch Temperaturänderungen hervorgerufen. Experimente zeigen, dass bei geichförmiger Erwärmung eines Stabes die Wärmedehnung ε T proportiona zur Temperaturänderung ΔT ist: ε T = α T ΔT. (1.10) Der Proportionaitätsfaktor α T heißt thermischer Ausdehnungskoeffizient (Wärmeausdehnungskoeffizient). Er ist eine weitere Werkstoffkonstante und wird in der Einheit 1/ C angegeben. Einige Zahenwerte sind in Tabee 1.1 zusammengestet. as die Temperaturänderung nicht über die gesamte Stabänge geich ist, sondern vom Ort abhängt, dann ergibt (1.10) die örtiche Dehnung ε T (x) =α T ΔT (x).

18 1 Zug und Druck in Stäben Tabee 1.1 Werkstoffkennwerte Materia E in MPa α T in 1/ C Stah 2,1 10 5 1,2 10 5 Auminium 0,7 10 5 2,3 10 5 Beton 0,3 10 5 1,0 10 5 Hoz (in aserrichtung) 0,7... 2,0 10 4 2,2... 3,1 10 5 Gusseisen 1,0 10 5 0,9 10 5 Kupfer 1,2 10 5 1,6 10 5 Messing 1,0 10 5 1,8 10 5 Wirkt sowoh eine Spannung σ as auch eine Temperaturänderung ΔT, so fogt die Gesamtdehnung ε durch Überagerung (Superposition) von (1.9) und (1.10) zu ε = σ E + α T ΔT. (1.11) Diese Beziehung kann auch in der orm σ = E(ε α T ΔT ) (1.12) geschrieben werden. 1.4 1.4 Einzestab Zur Ermittung der Spannungen und der Verformungen eines Stabes stehen drei verschiedene Arten von Geichungen zur Verfügung: die Geichgewichtsbedingung, die kinematische Beziehung und das Eastizitätsgesetz. Die Geichgewichtsbedingung wird je nach Probemsteung am ganzen Stab, an einem Teistab (vg. Abschnitt 1.1) oder an einem Stabeement formuiert. Wir woen sie nun für ein Eement angeben. Dazu betrachten wir einen Stab, der durch Einzekräfte an den Stabenden und durch Linienkräfte n = n(x) in Richtung der Stabachse beastet ist (Abb. 1.8a). Aus dem Stab,

1.4 Einzestab 19 n dx 1 a x dx n(x) 2 N b x dx x+dx N +dn Abb. 1.8 der sich im Geichgewicht befinden so, denken wir uns ein Eement nach Abb. 1.8b herausgeschnitten. An der Schnittstee x wirkt die Normakraft N, an der Stee x +dx die Normakraft N +dn. Aus dem Kräftegeichgewicht in Richtung der Stabachse : N +dn + n dx N =0 fogt die Geichgewichtsbedingung dn dx + n =0. (1.13) Verschwindet die Linienkraft (n 0), so ist demnach die Normakraft konstant. Die kinematische Beziehung für den Stab autet nach (1.7) ε = du dx, während das Eastizitätsgesetz durch (1.11) gegeben ist: ε = σ E + α T ΔT. Wenn man in das Eastizitätsgesetz die kinematische Beziehung und σ = N/A einsetzt, so erhät man du dx = N EA + α T ΔT. (1.14) Da diese Geichung die Stabverschiebung u mit der Schnittkraft N verbindet, nennt man sie das Eastizitätsgesetz für den Stab. Das Produkt EA aus Eastizitätsmodu und Querschnittsfäche wird as Dehnsteifigkeit bezeichnet. Die Geichungen (1.13) und (1.14)

20 1 Zug und Druck in Stäben sind die Grundgeichungen für den eastisch deformierbaren Stab. Die Verschiebung u eines Stabquerschnitts erhät man durch Integration der Dehnung: ε = du dx du = ε dx u(x) u(0) = x 0 ε d x. Die Stabverängerung Δ fogt aus der Differenz der Verschiebungen an den Stabenden x = und x =0zu Δ = u() u(0) = 0 ε dx. (1.15) Mit ε =du/dx und (1.14) erhät man daraus Δ = 0 ( ) N EA + α T ΔT dx. (1.16) Im Sonderfa eines Stabes mit konstanter Dehnsteifigkeit, der nur durch eine Einzekraft beastet wird (n 0,N = ) und der eine geichförmige Temperaturänderung erfährt (ΔT = const), ergibt sich die Längenänderung zu Δ = EA + α T ΔT. (1.17) ür ΔT =0fogt Δ = EA, (1.18) und für = 0 git Δ = α T ΔT. (1.19) Bei der Behandung von konkreten Aufgaben muss man zwischen statisch bestimmten und statisch unbestimmten Probemen unterscheiden. Bei statisch bestimmten Probemen kann man im-

1.4 Einzestab 21 mer mit Hife der Geichgewichtsbedingung aus der äußeren Beastung die Normakraft N(x) bestimmen. Mit σ = N/A und dem Eastizitätsgesetz ε = σ/e fogt daraus die Dehnung ε(x). Integration iefert dann die Verschiebung u(x) und die Stabverängerung Δ. EineTemperaturänderung verursacht bei statisch bestimmten Probemen nur Wärmedehnungen (keine zusätzichen Spannungen). Bei statisch unbestimmten Probemen kann die Normakraft dagegen nicht mehr aein aus der Geichgewichtsbedingung bestimmt werden. Daher müssen zur Lösung der Aufgabe ae Geichungen (Geichgewicht, Kinematik, Eastizitätsgesetz) geichzeitig betrachtet werden. Eine Temperaturänderung kann hier zusätziche Spannungen verursachen; diese werden Wärmespannungen genannt. Wir woen abschießend die Grundgeichungen für den eastischen Stab zu einer einzigen Geichung für die Verschiebung u zusammenfassen. Dazu ösen wir (1.14) nach N auf und setzen in (1.13) ein: (EAu ) = n +(EAα T ΔT ). (1.20a) Dabei sind Abeitungen nach x durch Striche gekennzeichnet. Die Differentiageichung (1.20a) vereinfacht sich für EA = const und ΔT = const zu EAu = n. (1.20b) Wenn die Veräufe von EA, n und ΔT gegeben sind, kann die Verschiebung eines beiebigen Stabquerschnitts durch Integration von (1.20) ermittet werden. Die dabei auftretenden Integrationskonstanten werden aus den Randbedingungen bestimmt. Ist zum Beispie das eine Ende eines Stabes unverschiebich geagert, so git dort u = 0. Wenn dagegen ein Ende des Stabes verschiebich ist und dort eine Kraft 0 angreift, dann autet nach (1.14) mit N = 0 die Randbedingung u = 0 /EA + α T ΔT. Am unbeasteten Ende ( 0 = 0) eines Stabes, der nicht erwärmt wird (ΔT =0), fogt daraus u =0.

22 1 Zug und Druck in Stäben Wenn eine der in (1.20) auftretenden Größen über die Stabänge nicht stetig ist (z.b. Sprung im Querschnitt A), so muss man den Stab in Bereiche einteien. Die Differentiageichung (1.20) ist dann für jeden Teibereich zu ösen; die Integrationskonstanten können in diesem a aus Rand- und aus Übergangsbedingungen bestimmt werden. 000 111 G x N(x) G = x G a b Abb. 1.9 As Anwendungsbeispie für ein statisch bestimmtes System betrachten wir einen hängenden Stab konstanter Querschnittsfäche A unter der Wirkung seines Eigengewichts (Abb. 1.9a). Wir bestimmen zunächst die Normakraft im Stab. Dazu denken wir uns an der Stee x einen Schnitt geegt (Abb. 1.9b). Die Normakraft N ist geich dem Gewicht G des Stabteis unterhab der Schnittstee. Dieses ässt sich durch das Gesamtgewicht G ausdrücken: G (x) =G( x)/. Aus (1.4) fogt damit σ(x) = N(x) A = G A ( 1 x ). Die Spannung ist demnach inear über die Länge des Stabes verteit und nimmt vom Wert σ(0) = G/A am oberen Ende auf den Wert σ() = 0 am unteren Ende ab. Aus (1.16) erhaten wir die Verängerung des Stabes: Δ = 0 N EA dx = G ( 1 x ) dx = 1 G EA 2 EA. 0

1.4 Einzestab 23 Sie ist hab so groß wie die Verängerung eines gewichtsosen Stabes, der an seinem Ende durch eine Kraft G beastet wird. Wir können die Aufgabe auch durch Integration der Differentiageichung (1.20b) für die Stabverschiebung ösen. Mit der konstanten Streckenast n = G/ fogt EAu = G, EAu = G x + C 1, EAu = G 2 x2 + C 1 x + C 2. Die Integrationskonstanten C 1 und C 2 werden aus den Randbedingungen bestimmt. Am oberen Ende des Stabes verschwindet die Verschiebung: u(0) = 0. ür den spannungsfreien Querschnitt am unteren Ende git u () = 0. Daraus fogen C 2 = 0 und C 1 = G. Die Verschiebung und die Normakraft sind damit bekannt: u(x) = 1 G (2 2 EA x x2 2 ) (, N(x) =EAu (x) =G 1 x ). Die Verängerung des Stabes ist wegen u(0) = 0 geich der Verschiebung des unteren Stabendes: Δ = u() = 1 G 2 EA. Die Spannung erhät man zu σ(x) = N(x) A = G A ( 1 x ). As Anwendungsbeispie für ein statisch unbestimmtes System betrachten wir einen abgesetzten Stab (Querschnittsfächen A 1 bzw. A 2 ), der ohne Vorspannung zwischen zwei starren Wänden geagert ist (Abb. 1.10a). Gesucht sind die Lagerreaktionen, wenn der Stab im Bereich 1 geichförmig um ΔT erwärmt wird. Es treten zwei Lagerkräfte auf (Abb. 1.10b). Zu ihrer Ermittung steht nur eine Geichgewichtsbedingung zur Verfügung: : B C =0.

24 1 Zug und Druck in Stäben B 01 01 01 01 B 01 ΔT a ΔT c 1 2 00 11 00 11 C B b "0" System 01 01 01 = 01 + 01 01 C 01 01 ΔT C "1" System X Abb. 1.10 Daher müssen wir die Verformungen in die Rechnung einbeziehen. ür die Längenänderungen in den beiden Teibereichen 1 und 2 git nach (1.16) mit der konstanten Normakraft N = B = C: Δ 1 = N EA 1 + α T ΔT, Δ 2 = N EA 2 (der Stab wird im Bereich 2 nicht erwärmt). Der Stab ist zwischen starren Wänden eingespannt. Daher muss seine gesamte Längenänderung Δ Nu sein. Dies iefert die geometrische Bedingung Δ =Δ 1 +Δ 2 =0. Eine soche Bedingung wird auch Verträgichkeitsbedingung (Kompatibiitätsbedingung) genannt. Einsetzen ergibt N EA 1 + α T ΔT+ N EA 2 =0 B = C = N = EA 1A 2 α T ΔT A 1 + A 2. Wir können die Aufgabe auch auf fogende Weise ösen. In einem ersten Schritt erzeugen wir aus dem gegebenen, statisch unbestimmten System ein statisch bestimmtes System. Dies geschieht dadurch, dass wir eines der Lager, z.b. das Lager C, entfernen. Die Wirkung des Lagers auf den Stab ersetzen wir durch die noch unbekannte Lagerkraft C = X. DieGröße X wird statisch Unbestimmte genannt. Nun werden zwei verschiedene Beastungsfäe betrachtet. Der Stab unter der gegebenen Beastung (Temperaturerhöhung im Bereich 1 ) heißt 0 -System (Abb. 1.10c). Durch die Temperaturänderung verängert sich im 0 -System der Stab im Bereich 1

1.4 Einzestab 25 um Δ (0) 1 (reine Wärmedehnung, Normakraft N =0),während er im Bereich 2 seine Länge beibehät. Die Verschiebung u (0) C des rechten Endpunktes des Stabes ist daher durch u (0) C =Δ(0) 1 = α T ΔT gegeben. Im zweiten Lastfa wirkt auf den Stab nur die statisch Unbestimmte X. Dieses System nennt man 1 -System. ür die Verschiebung des rechten Endpunktes im 1 -System git u (1) C =Δ(1) 1 +Δ (1) 2 = X X. EA 1 EA 2 Im ursprüngichen System wirken sowoh die gegebene Beastung as auch die Kraft X. Wir müssen daher die beiden Lastfäe überagern (Superposition). Die gesamte Verschiebung an der Stee C fogt damit zu u C = u (0) C + u(1) C. Da aber die starre Wand im wirkichen System bei C keine Verschiebung eraubt, muss die geometrische Bedingung u C =0 erfüt sein. Aus ihr fogt durch Einsetzen die statisch Unbestimmte: α T ΔT X EA 1 X EA 2 =0 X = C = EA 1 A 2 α T ΔT A 1 + A 2. Geichgewicht (vg. Abb. 1.10b) iefert schießich die zweite Lagerreaktion B = C. Beispie 1.3 In einem Hohzyinder aus Kupfer (Querschnittsfäche A Cu, Eastizitätsmodu E Cu ) befindet sich ein Vozyinder geicher Länge aus Stah (Querschnittsfäche A St, Eastizitätsmodu E St ). Beide Zyinder werden durch die Kraft über eine starre Patte gestaucht (Abb. 1.11a). B1.3

26 1 Zug und Druck in Stäben Wie groß sind die Spannungen in den Zyindern? Wie groß ist die Zusammendrückung? Cu St St Cu St Cu 0000 1111 11110000 0000 1111 a 11110000 b Abb. 1.11 Lösung Wir bezeichnen die Druckkräfte auf den Kupfer- bzw. auf den Stahzyinder mit Cu bzw. St (Abb. 1.11b). Dann iefert das Kräftegeichgewicht an der Patte Cu + St =. (a) Hieraus können die beiden unbekannten Kräfte nicht ermittet werden: das System ist statisch unbestimmt. Eine zweite Geichung erhaten wir, wenn wir die Verformung des Systems berücksichtigen. Die Verkürzungen der Zyinder (hier positiv gezäht) sind nach (1.18) durch Δ Cu = Cu EA Cu, Δ St = St EA St gegeben. Dabei ist für E Cu A Cu kurz EA Cu (= Dehnsteifigkeit des Kupferzyinders) gesetzt worden. Anaog ist EA St die Dehnsteifigkeit des Stahzyinders. Da die Patte starr ist, autet die geometrische Bedingung (b) Δ Cu =Δ St. (c) Aufösen von (a) bis (c) ergibt Cu = EA Cu EA St, St =. EA Cu + EA St EA Cu + EA St Daraus fogen nach (1.2) die Druckspannungen in den Zyindern: (d)

1.4 Einzestab 27 σ Cu = E Cu E St, σ EA Cu + EA St =. St EA Cu + EA St Durch Einsetzen von (d) in (b) erhaten wir schießich die Zusammendrückung Δ Cu =Δ St = EA Cu + EA St. Beispie 1.4 Über einen Stahbozen 1, der ein Gewinde mit der Ganghöhe h trägt, wird eine Kupferhüse 2 der Länge geschoben und durch eine Schraubenmutter ohne Vorspannung fixiert (Abb. 1.12a). Anschießend wird die Mutter um n Umdrehungen angezogen, und das System wird um ΔT erwärmt. Gegeben sind die Dehnsteifigkeiten und die Wärmeausdehnungskoeffizienten für den Bozen und für die Hüse. Wie groß ist die Kraft im Bozen? B1.4 X nh 2 1 2 nh X 1 X Abb. 1.12 a X b Lösung Wenn die Mutter angezogen wird, übt sie eine Druckkraft X auf die Hüse aus, die sich dadurch verkürzt. Die zugehörige Gegenkraft wirkt über die Mutter auf den Bozen und verängert ihn. Wir egen diese Kräfte durch Trennen von Bozen und Hüse frei (Abb. 1.12b). Die Kraft X kann aus Geichgewichtsbedingungen aein nicht bestimmt werden. Das Probem ist daher statisch unbestimmt, und wir müssen die Verformungen berücksichtigen. Die Länge des Bozens im getrennten Zustand nach Anziehen der Mutter ist

28 1 Zug und Druck in Stäben durch 1 = nh gegeben (Abb. 1.12b). ür seine Verängerung erhaten wir daher bei einer Berücksichtigung der Wärmedehnung Δ 1 = X( nh) EA 1 bzw. (wegen nh ) Δ 1 = X EA 1 + α T 1 ΔT. + α T 1 ΔT ( nh) Die Längenänderung der Hüse beträgt mit 2 = Δ 2 = X EA 2 + α T 2 ΔT. Da die Längen von Bozen und Hüse nach der Verformung übereinstimmen müssen, git die geometrische Bedingung 1 +Δ 1 = 2 +Δ 2 Δ 1 Δ 2 = 2 1 = nh. Einsetzen iefert die gesuchte Kraft: ( X + ) +(α EA 1 EA T 1 α T 2 )ΔT = nh 2 X = nh ( (α T 1 α T 2 )ΔT 1 + 1 ). EA 1 EA 2 1.5 1.5 Statisch bestimmte Stabsysteme Die Methoden zur Ermittung von Spannungen und Verformungen beim Einzestab können auf die Untersuchung von Stabsystemen übertragen werden. Wir beschränken uns in diesem Abschnitt auf statisch bestimmte Systeme. Bei ihnen können zunächst aus den Geichgewichtsbedingungen die Stabkräfte ermittet werden. Anschießend assen sich die Spannungen in den Stäben und die Längenänderungen bestimmen. Aus den Längenänderungen fogen dann die Verschiebungen einzener Knoten des Systems. Da

1.5 Statisch bestimmte Stabsysteme 29 wir voraussetzen, dass die Längenänderungen der Stäbe kein im Vergeich zu ihren Längen sind, dürfen wir die Geichgewichtsbedingungen am unverformten System aufsteen. Wie man dabei vorgeht, sei am Beispie des Stabzweischags nach Abb. 1.13a dargestet. Beide Stäbe haben die geiche Dehnsteifigkeit EA. Gesucht ist die Verschiebung des Knotens C, wenn dort eine vertikae Kraft angreift. Wir bestimmen zunächst die Stabkräfte S 1 und S 2. Sie fogen aus den Geichgewichtsbedingungen (Abb. 1.13b) : S 2 sin α =0 : S 1 + S 2 cos α =0 S 1 = tan α, S 2 = sin α. Nach (1.17) sind dann die Längenänderungen der Stäbe durch Δ 1 = S 1 1 EA = 1 EA tan α, Δ 2 = S 2 2 EA = 1 EA sin α cos α gegeben. Der Stab 1 wird kürzer (Druckstab), der Stab 2 verängert sich (Zugstab). Die neue Lage C des Knotens C ergibt sich durch fogende Überegung: durch gedankiches Lösen der Ver- 00 11 00 11 00 11 00 11 00 11 a B A 2 1 α C 2 S 2 α S 1 b C 2 1 C Δ 2 Δ 1 1 α Δ 1 C Δ 2 α v Abb. 1.13 c C d C u

30 1 Zug und Druck in Stäben bindung in C machen wir das System bewegich. Dann können sich die Stäbe 1 bzw. 2 um die Punkte A bzw. B drehen. Die Endpunkte der Stäbe bewegen sich dabei auf Kreisbogen, deren Radien die Längen 1 +Δ 1 bzw. 2 +Δ 2 haben. Der Punkt C iegt im Schnittpunkt dieser Kreisbogen (Abb. 1.13c). Die Längenänderungen der Stäbe sind sehr kein im Vergeich zu den Stabängen. Daher kann man mit guter Näherung die Kreisbogen durch ihre Tangenten ersetzen. Dies führt auf den Verschiebungspan nach Abb. 1.13d. Bei maßstäbicher Zeichnung des Verschiebungspans kann die Verschiebung des Knotens C abgeesen werden. Wenn wir die Aufgabe grafoanaytisch ösen woen, so genügt eine Skizze. Aus ihr erhaten wir für die Horizontaverschiebung u und die Vertikaverschiebung v: u = Δ 1 = 1 EA tan α, v = Δ 2 sin α + u tan α = 1+cos 3 α EA sin 2 α cos α. (1.21) Die Ermittung der Verschiebungen von Knoten eines achwerks aus den Längenänderungen der einzenen Stäbe ist im agemeinen aufwendig und nur bei achwerken mit einer geringen Anzah von Stäben zu empfehen. Bei achwerken mit vieen Stäben ist die Anwendung von Energiemethoden vorteihafter (vg. Kapite 6). Wenn die Stäbe nicht zu einem achwerk verbunden, sondern an starren Körpern angeschossen sind, dann kann man durch sinngemäßes Vorgehen die Verschiebungen einzener Punkte des Systems ermitten. B1.5 Beispie 1.5 Ein starrer Baken (Gewicht G) wird auf drei eastischen Stäben geicher Dehnsteifigkeit EA geagert (Abb. 1.14a). Wechen Neigungswinke hat der Baken nach der Montage? Lösung Wir berechnen zuerst die Stabkräfte aus den Geichgewichtsbedingungen (Abb. 1.14b): S 1 = S 2 = G 4cosα, S 3 = G 2.

1.5 Statisch bestimmte Stabsysteme 31 a a a G A G B 1 αα 2 3 b S 1 S 2 αα S 3 EA a A A B Δ 1 α Δ 2 v A 1 A 2 c Abb. 1.14 d β v A a v B Mit 1 = 2 = / cos α und 3 = fogen daraus die Längenänderungen der Stäbe: Δ 1 =Δ 2 = S 1 1 EA = G 4EAcos 2 α, Δ 3 = S 3 3 EA = G 2 EA. Der Punkt B des Bakens senkt sich um den Wert v B = Δ 3 ab. Zur Ermittung der Absenkung v A des Punktes A skizzieren wir einen Verschiebungspan (Abb. 1.14c). Hierzu tragen wir die Stabverkürzungen Δ 1 bzw. Δ 2 in Richtung des jeweiigen Stabes auf und errichten die Lote. Deren Schnittpunkt iefert die neue Lage A des Punktes A. Seine Absenkung ist demnach durch v A = Δ 1 / cos α gegeben. Da v A und v B verschieden sind, ist der Baken nach der Montage geneigt. Der Neigungswinke β ergibt sich nach Abb. 1.14d und wegen tan β β (keine Deformationen) sowie mit = a cot α zu β = v B v A a = 2cos3 α 1 4cos 3 α G cot α EA. Wenn cos 3 α > 1 2 (bzw. < 1 2 ) ist, dann ist der Baken nach rechts (inks) geneigt. Im Sonderfa cos 3 α = 1 2,d.h.α =37, 5, beibt er nach der Montage waagerecht.

32 1 Zug und Druck in Stäben B1.6 Beispie 1.6 Ein achwerk, das aus drei Stahstäben (E = 2 10 5 MPa) besteht, wird durch die Kraft = 20 kn beastet (Abb. 1.15a). Wie groß müssen die Querschnittsfächen der Stäbe mindestens sein, wenn die Spannungen nicht größer as σ zu = 150 MPa 2 und die Verschiebung des Lagers B keiner as 0,5 der Länge des Stabes 3 sein soen? C C a A 1 3 2 B S 1 45 b S 2 =S 1 45 45 S 3 S 2 B Abb. 1.15 Lösung Wir berechnen zuerst die Stabkräfte. Aus den Geichgewichtsbedingungen am Knoten C und am Lager B (Abb. 1.15b) erhaten wir (Symmetrie beachten) 2 S 1 = S 2 = 2, S 3 = 2. Damit die zuässige Spannung nicht überschritten wird, muss geten: σ 1 = S 1 A 1 σ zu, σ 2 = S 2 A 2 σ zu, σ 3 = S 3 A 3 σ zu. Daraus fogt für die mindestens erforderichen Querschnittsfächen A 1 = A 2 = S 1 σ zu =94, 3mm 2, A 3 = S 3 σ zu =66, 7mm 2. Es ist außerdem die Bedingung zu erfüen, dass die Verschiebung des Lagers B keiner as 0,5 der Länge des Stabes 3 sein so. Diese Verschiebung ist geich der Verängerung Δ 3 = S 3 3 /EA 3 des Stabes 3 (das Lager A verschiebt sich nicht!). Aus Δ 3 < 0, 5 10 3 3 fogt damit (a)

http://www.springer.com/978-3-642-40965-3