EuGH-Urteil und geändertes ArbZG: Die Konsequenzen

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Transkript:

Lars Herrmann 26.09.2003 EuGH-Urteil und geändertes ArbZG: Die Konsequenzen Das lang erwartete und je nach Interessenlage erhoffte oder befürchtete Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 09.09.2003 hat zu einer zügigen Novellierung des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) geführt. Heute hat der Bundestag die Änderungen des Arbeitszeitgesetzes verabschiedet. Gleichwohl gibt es weiterhin große Missverständnisse bei seiner Auslegung insbesondere vielleicht auch deshalb, weil die Diskussion eher interessenpolitisch als juristisch geführt wird. Der nachfolgende Text soll den Krankenhäusern Hilfestellung bei der Interpretation des EuGH-Urteils und des neuen ArbZG bieten. Er soll dabei insbesondere zeigen, dass die Folgen des Urteils für die Krankenhäuser wesentlich weniger dramatisch sein dürften als häufig angenommen. 1. Das EuGH-Urteil In dem Verfahren beim EuGH (Rs. C-151/02) ging es aufgrund einer Vorlage des LAG Schleswig-Holstein um die Auslegung der EG-Arbeitszeit-Richtlinie 93/104. Ein in einem konventionellen Regeldienst-/ Bereitschaftsdienstschema (Stufe D) mit nach deutschem Arbeitszeitschutzrecht zulässiger Ausgestaltung und Handhabung arbeitender Assistenzarzt hatte gegenüber seinem Arbeitgeber, einem Städtischen Krankenhaus, auf Wertung seiner gesamten Bereitschafsdienste als Arbeitszeit geklagt. Nach dem sog. SI- MAP-Urteil vom 03.10.2000 hatte sich der EuGH damit erneut zur arbeitszeitschutzrechtlichen Bewertung des Bereitschaftsdienstes zu äußern. Mit seinem Urteil gibt er dem vorlegenden LAG Hinweise zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts, die es diesem ermöglichen, die bei ihm anhängige Rechtssache zu entscheiden. Der Inhalt des Urteils lässt sich in zwei Teile gliedern: 1. Bereitschaftsdienste in Form persönlicher Anwesenheit im Krankenhaus sind in vollem Umfang Arbeitszeit im Sinne der Arbeitszeit-Richtlinie unabhängig davon, ob es den Betroffenen gestattet ist, sich an der Arbeitsstelle auszuruhen. Die Arbeitszeit-Richtlinie steht damit dem Arbeitszeitgesetz entgegen, nach dem Zeiten, in denen ein Arbeitnehmer während eines Bereitschaftsdienstes untätig ist, als Ruhezeit eingestuft werden. Damit folgt der EuGH seiner SIMAP-Linie mit folgenden Argumenten: Lützowufer 1 10785 Berlin Telefon 030/803 20 41 Fax 030/803 91 33 www.arbeitszeitberatung.de email@arbeitszeitberatung.de

- Weder der Rahmen noch die Natur der Tätigkeiten unterscheiden sich von denen in der Rechtssache, die zum Urteil SIMAP geführt hat auch deshalb, weil die maximale Inanspruchnahmequote von 49% nur durchschnittlich einzuhalten ist, so dass ein Arzt während eines einzelnen Bereitschaftsdienstes so oft und solange zur Arbeitsleistung herangezogen werden kann, wie dies erforderlich ist. - Die Begriffe Arbeitszeit und Ruhezeit im Sinne der Arbeitszeit- Richtlinie dürfen nicht nach Maßgabe von Regelungen der verschiedenen Mitgliedstaaten ausgelegt werden. Sie stellen vielmehr gemeinschaftsrechtliche Begriffe dar, die anhand objektiver Merkmale unter Berücksichtigung des Regelungszusammenhangs und des Zwecks dieser Richtlinie zu bestimmen sind. Nur eine solche autonome Auslegung kann die volle Wirksamkeit dieser Richtlinie und eine einheitliche Anwendung der genannten Begriffe in sämtlichen Mitgliedstaaten sicherstellen. - Der Umstand, dass die Definition des Begriffs Arbeitszeit in der EG- Arbeitszeit-Richtlinie auf die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten verweist, bedeutet nicht, dass die Mitgliedstaaten den Inhalt dieses Begriffs einseitig festlegen können. - Bereitschaftsdienst erfüllt die charakteristischen Merkmale des Begriffs Arbeitszeit im Sinne der Arbeitszeit-Richtlinie, weil die Arbeitnehmer sich an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort aufhalten und diesem zur Verfügung stehen müssen, um gegebenenfalls sofort ihre Leistungen erbringen zu können. Diese Verpflichtungen, aufgrund derer die betroffenen Ärzte ihren Aufenthaltsort während der Wartezeiten nicht frei bestimmen können, ist als Bestandteil der Wahrnehmung ihrer Aufgaben anzusehen. Der bloße Umstand, dass der Arbeitgeber dem Arzt einen Ruheraum zur Verfügung stellt, in dem dieser sich aufhalten kann, solange keine beruflichen Leistungen von ihm verlangt werden, ändert nichts an diesem Ergebnis. - Einwände hinsichtlich wirtschaftlicher und organisatorischer Auswirkungen können diese Auslegung nicht in Frage stellen, weil die Verbesserung von Sicherheit, Arbeitshygiene und Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer bei der Arbeit Zielsetzungen darstellen, die keinen rein wirtschaftlichen Überlegungen untergeordnet werden dürfen. 2 2. Die Abweichungsvorschriften im Arbeitszeitgesetz 5 Absatz 3 [Kürzung der Ruhezeit durch Inanspruchnahmen im Bereitschaftsdienst] und 7 Absatz 2 Unterabsatz 1 ArbZG [Öffnungsklausel für von den arbeitszeitgesetzlichen Grundnormen abweichende tarifvertragliche Regelungen zum Bereitschaftsdienst] fallen in ihrer derzeitigen Ausgestaltung nicht unter die in der Richtlinie 93/104 in Artikel 17 und 18 vorgesehenen Abweichungsmöglichkeiten,

- weil sie nur einen Ausgleich der Bereitschaftsdienst-Inanspruchnahmen vorsehen, der Bereitschaftsdienst jedoch siehe oben insgesamt der Arbeitszeit zugerechnet wird; - weil eine Kürzung der täglichen Ruhezeit von elf zusammenhängenden Stunden durch Ableistung eines Bereitschaftsdienstes, der zur regelmäßigen Arbeitszeit hinzukommt, nur dann unter die Abweichungsbestimmungen in Artikel 17 Absatz 2 Nummer 2.1 Buchstabe c Ziffer i der Arbeitszeit-Richtlinie fällt, wenn den betroffenen Arbeitnehmern gleichwertige Ausgleichsruhezeiten im unmittelbaren Anschluss an die entsprechenden Arbeitsperioden gewährt werden; - weil eine solche Kürzung der täglichen Ruhezeit in keinem Fall zu einer Überschreitung der in der Arbeitszeit-Richtlinie festgesetzten Höchstdauer der wöchentlichen Arbeitszeit von durchschnittlich 48h/w (Artikel 6) führen darf, denn von dieser Höchstdauer sieht die Arbeitszeit-Richtlinie keine Abweichungsmöglichkeit durch nationale Regelungen vor; - weil Deutschland von der Öffnungsklausel des Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer i der Arbeitszeit-Richtlinie diese ermöglicht unter bestimmten Umständen eine Nichtanwendung von Artikel 6 [durchschnittliche Wochenhöchstarbeitszeit von 48h] nicht Gebrauch gemacht hat. Für eine gemeinschaftsrechtskonforme Gestaltung von Bereitschaftsdiensten im Anschluss an andere Arbeitszeiten müssen sich die Ruhezeiten laut Urteilsbegründung unmittelbar an die Arbeitszeit anschließen, deren Ausgleich sie dienen, um eine Ermüdung oder Überlastung des Arbeitnehmers durch die Kumulierung aufeinanderfolgender Arbeitsperioden zu verhindern. ( ) Um sich tatsächlich ausruhen zu können, muss der Arbeitnehmer sich ( ) für eine bestimmte Anzahl von Stunden, die nicht nur zusammenhängen, sondern sich auch unmittelbar an eine Arbeitsperiode anschließen müssen, aus seiner Arbeitsumgebung zurückziehen können, um sich zu entspannen und sich von der mit der Wahrnehmung seiner Aufgaben verbundenen Ermüdung zu erholen. Dieses Erfordernis ist umso dringlicher, wenn die regelmäßige tägliche Arbeitszeit abweichend von der allgemeinen Regel durch die Ableistung eines Bereitschaftsdienstes verlängert wird. ( ) Unter diesen Umständen muss die Verlängerung der täglichen Arbeitszeit, die die Mitgliedstaaten oder die Sozialpartner nach Artikel 17 der Richtlinie 93/104 vornehmen können, indem sie die Dauer der dem Arbeitnehmer während eines gegebenen Arbeitstages gewährten Ruhepause ( ) verkürzen, grundsätzlich durch die Gewährung gleichwertiger Ausgleichsruhezeiten ausgeglichen werden, die aus einer Anzahl zusammenhängender Stunden entsprechend der vorgenommenen Kürzung bestehen und die dem Arbeitnehmer gewährt werden müssen, bevor die folgende Arbeitsperiode beginnt. 3

4 2. Änderungen des ArbZG Auf dieser Basis ist nun das ArbZG überarbeitet worden. Dabei hat sich der Gesetzgeber dafür entschieden, den Gestaltungsrahmen für die Krankenhäuser so weit wie im Rahmen der EuGH-Auslegung der EG-Arbeitszeit- Richtlinie möglich zu fassen und die konkrete Ausgestaltung der durch das EuGH-Urteil definierten Spielräume wie bisher über die Öffnungsklausel des 7 ArbZG den Tarifvertragsparteien zu überlassen. Daher wurden in das Arbeitszeitgesetz zusammengefasst folgende Änderungen aufgenommen (zum Gesetzeswortlaut siehe unter www.arbeitszeitberatung.de). a. Per Tarifvertrag können Arbeitszeiten über 10h/Tag hinaus zugelassen werden, wenn sie regelmäßig und zu einem erheblichen Teil Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst umfassen, die voll auf die gesetzliche Höchstarbeitszeit anzurechnen sind, wobei der Ausgleichszeitraum zur Einhaltung der durchschnittlichen 48h-Woche auf 12 Kalendermonate verlängert werden darf. b. Per Tarifvertrag können diese Arbeitszeitverlängerungen auch ohne Ausgleich auf 48h/w erfolgen, wenn die Gesundheit der Arbeitnehmer nicht gefährdet wird und der einzelne Beschäftigte schriftlich einwilligt; willigt er nicht ein oder widerruft er seine Einwilligung (mit einem Monat Frist), darf er deshalb nicht benachteiligt werden. c. Bei einer Verlängerung der Tagesarbeitszeit gemäß a. über 12h hinaus muss im unmittelbaren Anschluss hieran eine Ruhezeit von mindestens 11h gewährt werden. 3. Tarifvertragliche Konsequenzen Nun sind die Tarifvertragsparteien gefordert, ihre Regelungen an die neue Rechtslage anzupassen, im BAT beispielsweise also insbesondere die SR 2c. Derzeit ist nicht noch absehbar, zu welchen Lösungen die Tarifvertragsparteien kommen werden; ich rechne aber auch hier nun mit zügigen Ergebnissen. Grundsätzlich sind zwei Szenarien denkbar: 1. Übernehmen die Tarifvertragsparteien die weitest mögliche Auslegung, gäbe es für die Bereitschaftsdienstorganisation in Krankenhäusern betrachtet man dieses Thema allein aus rechtlicher Perspektive einen nur geringen Änderungsbedarf: a. Regelungen, die im Anschluss an eine Regeldienst- Bereitschaftsdienst-Kombination einen weiteren Regeldienst zulassen wie derzeit beispielsweise noch bei den Bereitschaftsdienststufen A und B im BAT wären zukünftig ebenso nicht mehr zulässig wie das in der Praxis verbreitete regelmäßige Weiterarbei-

ten nach einem Bereitschaftsdienst (das bislang schon gesetzeswidrig war). b. Ärzte, die von der freiwilligen Einwilligung zu Arbeitszeiten von durchschnittlich über 48h/w keinen Gebrauch machen möchten, können bei ansonsten unveränderter Bereitschaftsdienstorganisation zu nur noch 2-3 solch langer Bereitschaftsdienste pro Monat eingeteilt werden, um die 48h-Woche durchschnittlich nicht zu überschreiten. Die Bereitschaftsdienst-Vergütung kann ohnehin von den Tarifparteien wie bisher fortgeführt werden, weil es im EuGH-Urteil ausschließlich um die arbeitszeitschutzrechtliche Seite des Bereitschaftsdienstes geht es sei denn, die Tarifvertragsparteien vereinbaren diesbezüglich ebenfalls neue Regelungen. 2. Allerdings erwarte ich nicht, dass die Tarifvertragsparteien des Öffentlichen Dienstes diesen hier unterstellten Gestaltungsrahmen tatsächlich ausschöpfen werden (anders als sicherlich einige Tarifvertragsparteien in der Privatwirtschaft). Insbesondere dürfte es für die oben unter b. genannte Option für Arbeitszeiten über durchschnittlich 48h/w hinaus keine Einigungschancen zwischen den Tarifvertragsparteien geben. Schränken sich die Tarifvertragsparteien in dieser Hinsicht in ihren Gestaltungsmöglichkeiten ein, erfordert dies aber über die oben genannten Punkte hinausgehende Änderungen. Darüber hinaus fordert der Marburger Bund eine Begrenzung der täglichen Arbeitszeit auf 13h. Die Tarifvertragsparteien haben es daher selbst in der Hand, die Bereitschaftsdienstorganisation durch eine Verringerung der Gestaltungsmöglichkeiten für die einzelnen Krankenhäuser zu verteuern - und damit den Strukturwandel zu Lasten kleinerer, unspezialisierter Krankenhäuser zu beschleunigen: Schon weil in größeren Krankenhäusern in der Regel pro Bereitschaftsdienstreihe mehr Assistenzärzte eingesetzt werden können, ist es für diese Häuser leichter, ohne größere Strukturveränderungen Bereitschaftsdienste auch dann zu organisieren, wenn die Arbeitszeitdauern durch die Tarifvertragsparteien generell auf durchschnittlich 48h/w und ggf. zusätzlich in ihrer täglichen Höchstdauer imitiert werden sollten. Anders als für Arbeitsvertragsparteien im Bereich des Privatrechts für sie ist bis zum 01.01.2004 weiterhin das geltende Arbeitszeitgesetz maßgeblich können Mitarbeiter/innen und ihre Vertretungen gegenüber öffentlichrechtlichen Arbeitgebern die Umsetzung der EG-Arbeitszeit-Richtlinie in der Auslegung durch die EuGH-Rechtsprechung einfordern. Nach herrschender Meinung haben die bei staatlichen Arbeitgebern Beschäftigten somit insbesondere Anspruch darauf, dass ihre durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit einschließlich der Bereitschaftsdienste 48h nicht überschreitet und sie im unmittelbaren Anschluss an Tagesarbeitszeiten einschließlich Bereitschaftdienstzeiten von über 12h Dauer mindestens 11h Ruhezeit haben. 5