Dr. Christoph Schuler Facharzt für Allgemeinmedizin / Infektiologe DGI Praxisgemeinschaft Turmstrasse
Inhalt Herz- und Gefäßkrankheiten und HIV-Therapie Klassische Risikofaktoren Risikofaktor HIV-Infektion? Risikofaktor antiretrovirale Medikamente? Konsequenzen für die Praxis
HIV-Therapie und Herz-Kreislauf- Erkrankungen Lebenserwartung vieler HIV-Infizierter durch Antiretrovirale Therapie (ART) annähernd normal ART verändert das Spektrum der Begleiterkrankungen Opportunistische Infektionen nehmen ab Kardiale Erkrankungen nehmen zu Zunahme kardiovaskulärer Risikofaktoren steigendes Lebensalter der Patienten Steigender Anteil Herz-Kreislauf-bedingter Todesfälle bei HIV+ von 8% vor Einführung der ART auf mittlerweile 22% Crum et al.: J Acquir Immune Defic Syndr 2006
Arteriosklerose
KardiovaskuläreRisikofaktoren Alter Geschlecht Herzkrankheiten in der Familie Bewegung, Ernährung Bauchumfang Übergewicht Blutfette Bluthochdruck HIV- Infektion ART? Kardiovaskuläres Risiko Insulinresistenz Rauchen Erhöhter Blutzucker Diabetes
KardiovaskuläreRisikofaktoren Höheres Lebensalter (Männer > 45 J, Frauen > 55 J) Geschlecht (Männer haben ein höheres Risiko) Rauchen Erhöhtes LDL-Cholesterin (LDL) Erniedrigtes HDL-Cholesterin (HDL) (< 40 mg/dl) Bluthochdruck (> 140 mm Hg) Diabetes mellitus KHK in der Familie (Vater< 55 J, Mutter < 65 J) Bei 2 oder mehr Risikofaktoren steigt das Risiko für Koronare Herzkrankheit (KHK) deutlich Risiko-Tabellen helfen, das KHK-Risiko einzuschätzen: http://hin.nhlbi.nih.gov/atpiii/calculator.asp
SMART Studie: Unkontrollierte HIV- Vermehrung erhöht KV- Risiko CD4 + gesteuerte Therapieunterbrechungen (DC) sind mit signifikant rascherem Voranschreiten der Erkrankung und Tod verbunden, verglichen mit fortgesetzter ART und dauerhafter Virusunterdrückung (VS)RR 2.5 (95% CI, 1.8 3.6; P<0.001) Erhöht ht waren: : Tod aufgrund Herz-Kreislauf Kreislauf, Leber und Niere. Auch erhöhte hte Rate nichttödlicher Herz-Kreislauferkrankungen Kreislauferkrankungen. Schwerwiegene Komplikationen und Endpunkte Untergruppen Pat. mit Ergeinissen (n) Relatives Risiko (95% KI) Ernste Komplikationen 114 Tod: KHK, Leber, Niere 31 Nichttödl. KHK (inkl. EKG Verändg) 63 Nichttödl. Lebererkrankung Nichttödl. Nierenerkrankung 14 7 1.5 1.4 1.5 1.4 2.5 0.1 VS DC 10 besser El-Sadr W et al. 13th CROI 2006. Denver. Abstract 106LB. schlechter
Auftreten von HI pro 1000 Personen 10 8 6 4 2 0 D:A:D Study: Auftreten von Herzinfarkten Ein leichter Anstieg im Auftreten von Herzkreislauf - Erkrankungen hängt mit Dauer der ART zusammen Keine Relatives Risiko pro Jahr ART Insgesamt 1.16 < 1 1-2 2-3 3-4 4-5 5-6 6-7 >7 Behandlungsdauer mit ART (Jahre) Friis-Moller N et al. N Engl J Med. 2007;356:1723-1735
Studien zu ART und kardiovask. (KV-)Ereignissen Studie Patienten Studienty p Ereignisse ART Einfluss Traditionelle Risikofaktoren VA 1 36,766 R 1,207 KHK ART oder PI Nein Nicht untersucht HOPS 8 1807 P 84 KV-Ereignisse Spezifische ART Nein Alter >40 J, Diab., art. Hypertonus SMART 9 5472 p 63 KHK Kaiser 3 4408 R 86 HI PI Medi-Cal 4 28,513 R NA ART Intermittieren de ART /ART- Pausen Nein Therapieunterbrechung führt zu Komplikationen Risiko v HIV+ vs HIV- Kein Risiko unter PI Risiko unter ART bei 18 33-Jährigen Alter Nicht untersucht Nicht untersucht DAD 2 23,490 P 345 HI cart und PI Ja Rauchen, Alter, Geschle-cht, art Hypertonus, Diab. French 5 34,976 R 49 HI PI Ja Alter Johns Hopkins 6 2671 Fall.Kontroll 43 KHK HIV+ vs HIV- Ja Alter, art. Hypertonus, Diab. Frankfurt 7 4993 R 29 HI ART Ja Alter >40 J 1. Bozzette SA. N Engl J Med. 2003;348:702-710. 2. Friis-Møller N. 13th CROI 2006. Denver. #144. 3. Klein D. 13th CROI 2006. Denver. #737. 4. Currier JS. JAIDS. 2003;33:506-512. 5. Mary-Krause M. AIDS. 2003;21:2479-2486. 6. Moore RD. 10th CROI 2003. Boston. #132. 7. Rickerts V. Eur J Med Res. 2000;5:329-333. 8. Lichtenstein K. 13th CROI 2006. Denver. #735. 9. El-Sadr W et al.13th CROI 2006. Denver. #106LB.
Langzeittoxizität von ART Langzeitnebenwirkungen der ART werden wichtiger für die Therapieplanung Toxizität der Medikamente führt zu einer Schädigung der Mitochondrien, was zu Stoffwechselveränderungen und Fettverteilungsstörungen führen kann: HIV-assoziiertes Lipodystrophiesyndrom : Fettgewebsverlust Fettgewebszunahme Stoffwechselveränderungen (Gesicht, Arme,Beine,Gesäß (Bauch, Nacken, Brust) (Hypertriglyzeridämie, Hypercholesterinämie, Insulinresistenz, Glukosetoleranzstörung, Diabetes mellitus)
Blutfette vor und nach HIV-Therapie Vor Serokonversion ART Durchschnittswerte (mg/dl) 250 Vor-ART 200 150 100 50 0 0 2 4 6 8 10 12 14 Jahre Cholesterin ges. LDL HDL Riddler SA et al. JAMA. 2003;289:2978-2982 Empfohlene Durchschnittswerte
Stoffwechselveränderungen unter HIV-Medikamenten gering NNRTI NRTI PI stark Viramune Epivir / Emtriva Viread Ziagen Sustiva Retrovir Reyataz/r Invirase/r Videx Zerit Kaletra Telzir/r Prezista/r Crixivan/r Aptivus/r
NRTI und Herzinfarkt: D:A:D- und SMART-Studie D:A:D-Studie (The Data Collection on Adverse Events of Anti-HIV Drugs): multinationale Beobachtungsstudie mit 33 347 Patienten (aus 11 Kohorten) 517 Patienten (1,6%) erlitten Herzinfarkt; hiervon 192 Pat. unter Abacavir und 124 Pat. unter Didanosin in letzten 6 Monaten aktuelle Therapie mit Abacavir als Risikofaktor für Herzinfarkt vor allem bei vorbestehenden kardialen Risikofaktoren nach Absetzen kein erhöhtes Risiko mehr D:A:D-Study Group: Lancet 2008; CROI 2008 SMART-Studie (Retrospektive Analysen) aktuelle Therapie mit Abacavir (nicht aber ddi) mit erhöhtem kardiovaskulären Risiko verbunden aber nur bei Patienten mit erhöhten kardiovaskulären Risikofaktoren vor Therapiebeginn (> 5) Lundgren et al: IAC 2008
NRTI und Herzinfarkt: Herstelleranalysen GlaxoSmithKline: Analyse interner Studiendaten 54 klinische Studien und Anwendungsbeobachtungen 9 369 Patienten mit Abacavir und 5 044 Patienten ohne Im Beobachtungszeitraum: 11 Patienten mit Abacavir und 7 Patienten ohne erlitten Herzinfarkt Kein Hinweis auf mehr Herzinfarkte unter Abacavir Cutrell et al: Lancet 2008; DO1:10 Bristol Myers Squibb: Analyse interner Studiendaten Kein Hinweis auf mehr Herzinfarkte unter Didanosin
Wesentliche Ergebnisse dieser Studien Bestimmte Analysen zeigen ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkte unter Abacavir Risiko scheint größer zu sein, wenn zusätzlich noch andere Risikofaktoren vorliegen Risiko besteht nur für die Zeit der Therapie, nach Absetzen des Medikaments nicht mehr Insgesamt sind diese Analysen unvollständig, derzeit keine abschließende Beurteilung möglich Nutzen und potentielle Risiken individuell abwägen
Empfehlungen für die Praxis -1 Reduktion der Risikofaktoren Verzicht auf Rauchen!!! Ernährungsumstellung Körperliche Bewegung Familienanamnese Blutzucker, Cholesterin, HDL, LDL, Triglyzeride Blutdruck Ggfs. EKG, Ergometrie, Echo, Gefäßultraschall
Empfehlungen für die Praxis -2 Ggfs. Änderung der ART Austausch von PI gegen NNRTI Wechsel des PI NRTI ersetzen Fettsenker Statine (Pravastatin,Fluvastatin; Achtung:kein Simvastatin - WW!) Ezetimib Fibrate oder Omega-3-Fettsäuren (Fischöl) bei zu hohen Trigylzeriden
Zusammenfassung Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei HIV+ haben zugenommen Klassische Risikofaktoren spielen eine bedeutende Rolle ART ist mit einem leicht erhöhten Risiko verbunden (D:A:D-Studie) ART jedoch auch mit vermindertem Risiko verbunden (SMART- Studie) NRTI, NNRTI und PI haben unterschiedliche Auswirkungen auf Blutfette, Blutzucker, Fettumverteilung Verbesserung des kardiovaskulären Risikoprofils hilft wesentlich, Herz-Kreislauferkrankungen zu vermeiden Früherkennung durch regelmäßige Untersuchungen sinnvoll
Herzlichen Dank! Dr. Christoph Schuler Facharzt für Allgemeinmedizin/Infektiologe DGI Praxisgemeinschaft Turmstrasse Turmstrasse 76 A 10551 Berlin