Gewinnsteuerung und ihre steuerlichen Auswirkungen 1 Beispiel: Hätten Sie die Waren theoretisch am Bilanzstichtag verkauft, hätten Sie den Tageswert erzielen können. Spätestens allerdings, wenn der Kunde die defekten Waren ausgepackt hätte, wäre das Geschäft geplatzt oder der Kunde würde nur noch einen Bruchteil des Tageswerts bezahlen. Also liegt der objektive Wert wesentlich unter dem Tageswert am Bilanzstichtag. In diesem Fall wäre eine außerplanmäßige Abschreibung vorzunehmen. Für die Bewertung von Forderungen sind nachträgliche Erkenntnisse sehr hilfreich. Bis zur Bilanzerstellung wissen Sie, wer das Zahlungsziel lange überschritten hat und wer nicht. Sie wissen vielleicht schon, ob ein Gerichtsverfahren abgeschlossen ist und vieles mehr. Diese Erkenntnisse (wertaufhellend) sind notwendig, um den objektiven Wert am Bilanzstichtag zu ermitteln. Was hätte Ihr Kunde tatsächlich am Stichtag zahlen können? Eine wertbeeinflussende Erkenntnis, die Sie nicht beachten müssen, kommt bei Forderungen eher selten vor. Vielleicht, wenn Ihr Kunde nach dem Bilanzstichtag im Lotto gewinnt und ganz unerwartet doch noch zahlt, obwohl Sie diese Forderung nach Abschluss des Insolvenzverfahrens bereits abgeschrieben hatten. Hier wäre Ihr Kunde am Bilanzstichtag nicht in der Lage gewesen, die Forderung zu begleichen. Also lag der objektive Wert der Forderung bei 0 Euro. 1.6 Gewinnsteuerung und ihre steuerlichen Auswirkungen Mithilfe einiger Vergleiche zeigt dieses Kapitel Unterschiede: Gleichmäßige oder schwankende Ergebnisse Steuern bei Personenfirmen und Kapitalgesellschaften Gewinne von Personenfirmen sowie Gewinnausschüttung oder Gehaltsauszahlung bei einer Kapitalgesellschaft Diese Unterschiede werden nicht gezeigt, um Vor- und Nachteile hervorzuheben, und auch nicht, um Sie dazu zu bewegen, an den Gegebenheiten Ihres Unternehmens etwas zu verändern. Forderungen 39
1 Von der Buchführung bis zum Jahresabschluss Die Wahl der Gesellschaftsform und die damit verbundenen Möglichkeiten der Gewinnermittlung sind Entscheidungen, in die zwar auch steuerliche Betrachtungen mit einfließen, viel mehr kommt es aber auf die gesellschaftlichen Verhältnisse sowie auf rechtliche Absicherungen an, die wiederum in jeder Branche anders gewichtet sind. Anhand dieser pauschalen Berechnungen möchte ich Ihnen lediglich einen Überblick über die verschiedenen Gegebenheiten geben. Dieser Schnelldurchlauf durch das Steuerrecht zeigt, wie wichtig es ist, mehrere Aspekte in die Jahresabschlussarbeiten und die Möglichkeiten der Gewinnsteuerung mit einzubeziehen. Sie sollten neben dem aktuellen Ergebnis auch die Ergebnisse der Vor- und Folgejahre sowie die steuerliche Betrachtung mit einbeziehen und ggf. beachten, welche Auswirkungen Ihre Maßnahme auf die Buchführung Ihres Geschäftspartners hat. Wer glaubt, der Beruf eines Buchhalters oder eines Steuerberaters erfordere keine Kreativität, wird nach der Lektüre dieses Kapitels seine Meinung vermutlich ändern. 1.6.1 Gewinnsteuerungsmöglichkeiten Hier geht es darum, den Gewinn zu steuern, das Ergebnis vorübergehend zu verändern. Kennen Sie das? Tagelang waren Sie mit der Vorbereitung des Jahresabschlusses beschäftigt. Alle Geschäftsvorfälle, auch die schwierigen, sind richtig gebucht, alle Nebenrechnungen auf Anlagen übersichtlich dargestellt und Sie präsentieren ganz stolz das vorläufige Ergebnis. Nach einer kurzen Begeisterung über die schnelle Bearbeitung folgt die Reaktion auf das Ergebnis. Liegt ein Gewinn vor, versiegt die Begeisterung recht bald, denn es wird eine hohe Steuerzahlung befürchtet. Bei Verlust wird meist noch schneller mit Ablehnung reagiert, denn solch ein Ergebnis könne man keinem Geschäftspartner vorlegen. Also egal, welches Ergebnis Sie verkünden, Sie können es nicht jedem Recht machen. Es müssen Kompromisse gefunden werden und 40
Gewinnsteuerung und ihre steuerlichen Auswirkungen 1 genau dazu sind die Gewinnsteuerungsmöglichkeiten da. Sie verändern das Ergebnis im richtigen Jahr und manchmal eben auch im gewünschten bzw. notwendigen Jahr. Bei bilanzierenden Unternehmen kommt es vor allem auf die wirtschaftliche Zugehörigkeit an. Erst wenn ein Kundenauftrag abgeschlossen ist, zählt der Umsatz zu den Erlösen. Anzahlungen oder eine spätere Rechnungsstellung verändern Ihr Ergebnis nicht. Möglichkeiten im aktuellen Jahr Ist das aktuelle Jahr noch nicht abgelaufen, haben Sie einige Möglichkeiten, Ihren Gewinn zu steuern. Mit Absprache Ihres Kunden legen Sie den Fertigstellungstermin für einen Auftrag auf das nächste Jahr und schreiben statt einer Schlussrechnung eine weitere Akontorechnung. Allerdings ist hier zu beachten, dass die Kosten für diesen Auftrag erst zu den Aufwendungen zählen, wenn der Erlös erfasst wird (Kapitel 4). Sie bitten Ihren Lieferanten, den Fertigstellungstermin vorzuverlegen, oder teilen einen Auftrag in mehrere Einzelaufträge. Anschaffung von abnutzbaren Anlagegütern. Dies lohnt sich vor allem zu Beginn des Jahres. Im Anschaffungsjahr ist die Abschreibung nur möglich für die Monate, in denen das Anlagegut dem Unternehmen zur Verfügung steht bzw. betriebsbereit ist (Kapitel 3). Tipp: Ist Ihr Kunde ein Einnahme-Überschussrechner und Sie bitten ihn, den Fertigstellungstermin auf das nächste Jahr zu verlegen, hat das keine Auswirkung auf sein Ergebnis. Beim Einnahme-Überschussrechner zählt nur die Zahlung, es genügt eine Anzahlung. Bilanziert Ihr Kunde auch und bitten Sie ihn um das Einverständnis, den Fertigstellungstermin zu verschieben, zählt Ihre Rechnung auch erst im nächsten Jahr zu seinen Betriebsausgaben. Ausnahme Anlagevermögen: Die Abschreibung ist zulässig, wenn es dem Unternehmen zur Verfügung steht. Möchte Ihr Kunde abschreiben, müssen Sie den Auftrag fertig stellen. 41
1 Von der Buchführung bis zum Jahresabschluss Möglichkeiten beim Jahresabschluss Im Rahmen der Jahresabschlussarbeiten werden viele Möglichkeiten der Gewinnsteuerung genutzt, die meisten allerdings nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen. Anlagevermögen bewerten, ggf. außerplanmäßige Abschreibungen vornehmen (Kapitel 3) Investitionsabzugsbetrag abziehen und/oder zusätzliche Sonderabschreibung vornehmen (Kapitel 9). Seit 2010 nur in der Steuerbilanz. Forderungen bewerten, tatsächlich prüfen, ob die erwarteten Geldeingänge sicher eingehen werden (Kapitel 4) Bestandsveränderungen von Vorräten und unfertigen und fertigen Erzeugnissen sowie die Bewertung der Anschaffungs- und Herstellungskosten (Kapitel 4) Rückstellungen vorsichtig bilden und auflösen (Kapitel 10) Rücklagen für Ersatzbeschaffung in besonderen Fällen und unter bestimmten Voraussetzungen (Kapitel 9). Seit 2010 nur in der Steuerbilanz. 1.6.2 Steuern bei Einzelfirmen und Personengesellschaften Siehe CD-ROM Personenfirmen zahlen Einkommensteuer und gegebenenfalls Gewerbesteuer, es gibt Freibeträge. Die Einkommensteuer steigt progressiv, was bei schwankenden Ergebnissen zu unterschiedlich hohen Steuern führen kann. Die Gewerbesteuer für Gewinne ab 2008 mindert den Gewinn nicht mehr, aber es wird ein großer Teil der gezahlten Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer angerechnet. Im Bereich der Einkommensteuer ist ein Verlustrücktrag in das Vorjahr begrenzt möglich, bei der Gewerbesteuer nicht. Beide lassen aber Verlustvortrag zu. Möchten Sie selbst ein paar Berechnungen anstellen, finden Sie dazu auf der beiliegenden CD-ROM eine Einkommensteuertabelle sowie einen Gewerbesteuerrechner. 42
Wie kommen Unternehmer/innen an die Gewinne des Unternehmens? 1 1.6.3 Steuern bei Kapitalgesellschaften Kapitalgesellschaften zahlen Gewerbesteuer und Körperschaftsteuer, für sie gibt es keine Freibeträge und die Steuern steigen proportional. Im Bereich der Körperschaftsteuer ist der Verlustrücktrag in das Vorjahr und Verlustvortrag in das Folgejahr möglich. Dadurch wirken sich stark schwankende Ergebnisse, wenn überhaupt, nur im Bereich der Gewerbesteuer negativ aus, da es hier keinen Verlustrücktrag gibt. Das hört sich zunächst gut an, aber bei Kapitalgesellschaften stellt sich in steuerlicher Hinsicht ein ganz anderes Problem: Wie kommt die Person Unternehmer/in an das Geld ihrer Kapitalgesellschaft? Diese Frage wird im folgenden Kapitel beantwortet. 1.7 Wie kommen Unternehmer/innen an die Gewinne des Unternehmens? Erledigen Sie die Buchführung für ein Einzelunternehmen, eine Personengesellschaft oder eine Kapitalgesellschaft? Bei Personenfirmen werden Gewinnentnahmen vollkommen anders behandelt als bei Kapitalgesellschaften. 1.7.1 Gewinne von Personenfirmen Für Unternehmer/innen einer Einzelfirma und einer Personengesellschaft ist das Gehalt, also der Gewinn des Unternehmens, Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Der Gewinn des Unternehmens wird ermittelt, und dafür müssen die Unternehmer/innen Gewerbe- und Einkommensteuer zahlen. 43