Teil 1: Ansprüche D gegen J A. Anspruch auf Nacherfüllung aus 439, 437 Nr. 1 BGB I. wirksamer Kaufvertrag? 1. Vertragsschluss? über die von D im Geschäft des J ausgesuchte Brosche Modifikation des Erfüllungsanspruchs durch Gefahrübergang 2. Vorliegen von Wirksamkeitshindernissen? P: Nichtigkeit des KV wegen Anfechtung gem. V 142 I BGB durch J? a) Anfechtungserklärung, 143 I, II BGB? (+) b) Anfechtungsgrund? Hier: Eigenschaftsirrtum gem. 119 II BGB = Irrtum über eine verkehrswesentliche Eigenschaft von Sachen oder Personen Eigenschaft einer Sache = alle gegenwärtigen wertbildenden Merkmale, die ihren Grund in der Sache haben und von gewisser Dauer sind Verkehrswesentlich = vertraglich vereinbarte Eigenschaften und Eigenschaften, die erkennbar dem Rechtsgeschäft zugrunde gelegt worden sind Hier: Irrtum des J über die eigentliche Funktion (Pferdeschmuck) und über Materialbeschaffenheit Eigenschaftsirrtum (+) c) Anfechtungsfrist? 121 I BGB: unverzüglich (=ohne schuldhaftes Zögern) rechtzeitig (+) d) Ausschluss der Anfechtung gem. 242 i.v.m. 437, 434 BGB wegen Vorrang des Gewährleistungsrechts? Beachte: keine echte Konkurrenz zwischen den Gewährleistungsrechten und einem Anfechtungsrecht des Verkäufers gem. 119 II BGB, da dem Verkäufer Gewährleistungsrechte nie zustehen Aber: 119 II BGB ist aber ausgeschlossen, wenn sich der Verkäufer mit der Anfechtung seiner Gewährleistungspflicht entziehen möchte Verkäufer müsste dann nur das negative Interesse nach 122 BGB ersetzen Rechtsmissbrauch gem. 242 BGB, da Gewährleistung rechtlich angeordnet Seite 1 von 8
3. Zwischenergebnis: wirksamer KV (+) II. Vorliegen eines Mangels zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs, 437 BGB? 1. Keine Aliud-Lieferung, 434 III BGB? Aliud-Lieferung = andere Sache als die gekaufte wird übergeben Hier: (-), da genau das Schmuckstück verkauft wurde, was D letztlich erhalten hat 2. Sachmangel gem. 434 I S.1? Mangel = für den Käufer nachteilige Abweichen der Ist-Beschaffenheit von der maßgeblichen Soll-Beschaffenheit Prüfungsreihenfolge für Soll-Beschaffenheit: 1. von den Parteien getroffenen Beschaffenheitsvereinbarung gem. 434 I S. 1 BGB 2. Eignung der Sache zu der vertraglich vorausgesetzten Verwendung 434 I S. 2 Nr. 1 BGB 3. nach den objektiven Kriterien des 434 I S. 2 Nr. 2 BGB Hier: ausdrückliche Vereinbarung über den Verkauf einer goldenen Brosche Soll-Beschaffenheit gem. 434 I S. 1 BGB : Ist-Beschaffenheit: Brosche und golden. Pferdeschmuck und vergoldet. Mangel nach 434 I S.1 BGB (+) 3. zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs, 446 BGB? Hier: unveränderliche Eigenschaften der Kaufsache ( statischer Mangel ), daher (+) 4. Kein Ausschluss der Mängelrechte? a) gem. 442 I S. 1 BGB wegen Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis vom Mangel bei Vertragsschluss (-) b) gem. 444 BGB wegen eines Haftungsausschlusses: (-) III. Ausschluss des Nacherfüllungsanspruchs wegen Unmöglichkeit, 275 BGB? P: Inhalt der geschuldeten Leistung (=kaufrechtliche Nacherfüllungsanspruch)? 439 I: Beseitigung des Mangels (Alt. 1) oder Lieferung einer neuen mangelfreien Sache (Alt. 2). Wahlrecht des Käufers Seite 2 von 8
Vss.: beide Arten der Nacherfüllung müssen unmöglich sein 1. Unmöglichkeit der Mangelbeseitigung (Alt.1)? Vss.: behebbarer Mangel Hier: vergoldete Pferdeschmuck lässt sich nicht mehr in eine massiv goldene Brosche umgestalten unbehebbarer Sachmangel, Mangelbeseitigung damit gem. 275 I BGB unmöglich ( qualitative Unmöglichkeit ) 2. Unmöglichkeit der Neulieferung (Alt.2)? Hier: Stückschuld P: Ist eine Ersatzlieferung auch bei einer Stückschuld möglich? Lit.: nur ein bestimmter Gegenstand erfüllungstauglich, daher Unmöglichkeit (+) Rspr.: Ersatzlieferung beim Stückkauf möglich, wenn Ersetzbarkeit der Sache nach dem Parteiwillen Arg.: o Wortlaut des 439 I BGB o Gesetzgeber wollte beim Nacherfüllungsanspruch die Unterscheidung von Stück- und Gattungsschulden aufgeben 2. Ansicht vorzugswürdig, da interessensgerechter Auslegen der Vereinbarung gem. 133, 157 BGB: Gingen D und J bei Vertragsschluss davon aus, dass für den Fall der Mangelhaftigkeit die verkaufte Brosche gegen eine andere, ähnliche Brosche ausgetauscht werden konnte? Hier: Austauschbarkeit (-), da künstlerisch gefertigtes Einzelstück, von D persönlich ausgesucht 3. Zwischenergebnis: Nacherfüllungsanspruchs ist gem. 275 I BGB ausgeschlossen, da beide Nacherfüllungsarten unmöglich IV. Ergebnis: D hat keinen Anspruch gegen J auf Nacherfüllung aus 439, 437 Nr. 1 BGB. Seite 3 von 8
B. Anspruch aus 441 IV, 437 Nr. 2 Var. 4 BGB (Minderung) auf Rückzahlung von 1.500,- I. wirksamer Kaufvertrag? (+) II. Mangelhaftigkeit der Kaufsache bei Gefahrübergang, 437 BGB? (+) III. Kein Ausschluss der Mängelrechte nach 442 I BGB oder nach 444 BGB? (+) IV. Vorliegen der zusätzlichen Voraussetzungen des 441 I 1 BGB? 1. Minderungserklärung? Hier: D hat J gegenüber erklärt, dass er zwar den Schmuck behalten, aber 1.500,- des Kaufpreises zurückerstattet haben will Erklärung beinhaltet konkludent eine Minderung (+) 2. Bestehen eines Minderungsrecht, 441 I BGB? Vss.: Statt zurückzutreten Rücktrittsrecht des D erforderlich Hier: aus 437 Nr. 2 Var. 3, 326 V, 323 BGB wegen Unmöglichkeit der Nacherfüllung Vss.: gegenseitiger Vertrag, fällige, aber gem. 275 I unmögliche Nacherfüllung durch Schuldner J, 326 V BGB Hier: (+), s.o. D kann gem. 326 V, 323 BGB ohne Fristsetzung unmittelbar zurücktreten, daher (+) V. Anspruchshöhe, 441 III S. 1 BGB? Berechnung : neuer Preis wirklicher Wert alter Preis = mangelfreier Wert 2.100 600 / 1.800 = 700 neuer Preis = 700, Rückforderung = 1.400 VI. Ergebnis: Anspruch aus 441 IV 1, 437 Nr. 2 Alt. 2 BGB auf Rückerstattung von 1.400 (+) Seite 4 von 8
C. Anspruch aus 311a II i.v.m. 437 Nr. 3 BGB auf Rückzahlung von 1.500,- (kleiner Schadensersatz) I. wirksamer Kaufvertrag (+) II. Mangelhaftigkeit der Kaufsache bei Gefahrübergang, 437 BGB? (+) III. Unmöglichkeit der Leistung? Hier: 275 I Alt. 2 BGB, da J nicht mangelfrei liefern kann (s.o.) IV. Vertretenmüssen? Kenntnis oder zu vertretende Unkenntnis des Mangels? Hier: J fertigt seine Schmuckstücke selber an Kenntnis (+) i.ü. wird in 311a II S. 2 BGB das Vertretenmüssen vermutet, hier keine Entlastungstatsachen vorhanden V. Anspruchsinhalt, 249 ff. BGB? Hier: SE statt der Leistung, d.h. positives Interesse/Äquivalenzinteresse ist zu ersetzen = D ist grundsätzlich vermögensmäßig so zu stellen, wie wenn ordnungsgemäß erfüllt worden wäre Umfang: bei ordnungsgemäßer Erfüllung: Schmuckstück im Wert von 1.800 erhalten übereignete mangelhafte Sache hat nur einen Wert von 600 Differenz von 1.200 ist zu zahlen Art: Naturalrestitution nach 249 I BGB wegen des Erlöschens des (Nach-)Erfüllungsanspruchs gem. 275 I BGB nicht möglich gem. 251 I BGB ist daher der Schadensersatz in Geld zu gewähren VI. Ergebnis: Anspruch auf Schadensersatz aus 311a II S. 1 Alt. 1, 437 Nr. 3 Alt. 5 BGB auf Zahlung von 1.200 (+) Gesamtergebnis: D kann gem. 441 IV 1, 437 Nr. 2 Alt. 2 BGB infolge Minderung 1.400 zurückverlangen oder gem. 311a II S. 1 Alt. 1, 437 Nr. 3 Alt. 5 BGB Schadensersatz i.h.v. 1.200 Seite 5 von 8
Teil 2: Ansprüche des D gegen G (Behandlungskosten und Schmerzensgeld) I. Anspruch aus 280 I, 437 Nr. 3 BGB auf Ersatz der Behandlungskosten und auf Schmerzensgeld 1. wirksamer Kaufvertrag, 433 (= Schuldverhältnis)? (+) 2. Mangelhaftigkeit zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs, 437 (= Pflichtverletzung)? a) Mangel, 434 BGB: aa) keine Beschaffenheitsvereinbarung ( 434 I S. 1 BGB) bb) kein besonderer vereinbarter Verwendungszweck ( 434 I S. 2 Nr. 1 BGB) cc) gewöhnliche Beschaffenheit: Verzehr ohne Gesundheitsschädigung ( 434 I S. 2 Nr. 2 BGB) b) im Zeitpunkt des Gefahrübergangs, 446 S. 1 BGB (+) 3. Vertretenmüssen, 280 I S. 2 BGB? a) Grundsatz: Vertretenmüssen wird vermutet, es sei denn, der Schuldner kann sich entlasten b) verschuldensunabhängige Haftung, falls Garantie, 276 I S. 1 a.e. BGB? ausdrückliche Zusicherung einer bestimmten Beschaffenheit (-) konkludente Zusicherung keine Anhaltspunkte für Zusicherung des G b) Vorsatz oder Fahrlässigkeit? hätte ich nicht angeprüft! Vorsatz (-), evtl. Fahrlässigkeit, 276 II BGB? Hier: Würstchen lagen in der prallen Sonne Vertretenmüssen wird gem. 280 I 2 BGB vermutet Entlastungsbeweis: (-), da keine Überprüfung der Verzehrfähigkeit Fahrlässigkeit gem. 276 II BGB (+) 4. zusätzlich noch Voraussetzungen 280 III, 281, 282 oder 283 BGB zu prüfen? Vss.: nur, wenn Schadensersatz statt der Leistung verlangt Hier: Mangelfolgeschaden (=Schädigung sonstiger Rechtsgüter des Käufers) Integritätsinteresse des D, nicht aber sein Erfüllungsinteresse betroffen Schadensersatz tritt nicht an Stelle mangelfreier Leistung, sondern neben Leistung Anwendbarkeit des 280 III BGB (-) Seite 6 von 8
5. Schaden und Anspruchsinhalt? Wichtig: Anders als bei 826 BGB gehört der Schaden nicht zu den Tatbestandsmerkmalen, sondern wird nur bei der Rechtsfolge geprüft, d.h. ein Schadensersatzanspruch nach den 280 ff. kann gegeben sein, ohne dass ein Schaden vorliegt! Hier: Lebensmittelvergiftung, daher Schaden (+) 249 II 1 BGB: Zur Wiederherstellung der Gesundheit erforderlicher Geldbetrag 253 II BGB: Angemessenes Schmerzensgeld 6. Ergebnis: Anspruch auf Ersatz der Behandlungskosten i.h.v. 250,- Euro sowie auf angemessenes Schmerzensgeld gemäß 280 I, 437 Nr. 3 Alt. 1 BGB (+) II. Anspruch aus 280 I, 241 II BGB? (-), da 437 Nr. 3 BGB (=Mängelgewährleistungsrecht) vorrangig III. Anspruch aus 823 I BGB auf Ersatz der Behandlungskosten und auf Schmerzensgeld? 1. Rechtsgutsverletzung? Hier: Gesundheit (+) 2. Handlung des G (+) 3. Haftungsbegründende Kausalität (Handeln ursächlich für Verletzung)? (+) 4. Rechtswidrigkeit? = nach der Lehre vom Erfolgsunrecht indiziert die Tatbestandsmäßigkeit die Rechtswidrigkeit; keine Rechtfertigungsgründe vorhanden Hier: (+) 5. Verschulden? Hier: Fahrlässigkeit (+), s.o. 6. Schaden? Hier: Arztkosten und Schmerzensgeld (+) Seite 7 von 8
7. Haftungsausfüllende Kausalität (= Verletzung ursächlich für Schaden)? 8. Anspruchsinhalt, 249 ff. BGB? 249 II 1 BGB Geldersatz in Höhe der ihm entstandenen Behandlungskosten 253 II BGB angemessenes Schmerzensgeld IV. Anspruch aus 823 II i.v.m. 229 StGB auf Ersatz der Behandlungskosten und Schmerzensgeld? 1. Schutzgesetzverletzung? Hier: 229 StGB (=fahrlässige Körperverletzung) a) P: 229 StGB = Schutzgesetz? = Vorschrift muss zumindest auch den Schutz des Einzelnen bezwecken Hier: (+) b) Tatbestand des 229 StGB, Verschulden Rechtswidrigkeit? (+) 2. von G kausal herbeigeführter Schaden? (+) 3. Schaden auch vom Schutzzweck der Norm umfasst? (+) 4. Im Übrigen gilt das Gleiche wie bei 823 I BGB. 5. Ergebnis: Anspruch aus 823 II BGB i.v.m. 229 StGB auf Ersatz der Behandlungskosten i.h.v. 250,- Euro sowie auf angemessenes Schmerzensgeld (+) Seite 8 von 8