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Karolina Stoiber Aileen Wolf Ferienkurs Analysis 2 für Physiker SS 2016 A 1 Lokale Umkehrbarkeit un implizite Funktionen In iesem Kapitel weren Kriterien vorgestellt, wann eine Funktion umkehrbar ist oer eine Gleichung nach einer Variablen auflösbar ist. Es geht nicht arum ies auch tatsächlich zu tun. Das Interessante ist, ass man hier auch eine Formel lernt um ie Ableitung er Auflösung zu bilen ohne ie eigentliche Gleichung tatsächlich auszulösen. Im Gegensatz zur Vorlesung formulieren wir en Satz nur für Abbilungen er Form f : R n R n,.h. nur für enlich-imensionale Vektorräume. Damit ie Abbilung invertierbar sein kann, muss sie zwischen Vektorräumen er gleichen Dimension abbilen. 1.1 Lokale Umkehrbarkeit Der Satz über Umkehrfunktionen gibt an unter welchen Beingungen eine Funktion eine Umkehrfunktion hat un welche Eigenschaften iese Umkehrfunktion besitzt. Satz 1.1 (Satz über Umkehrfunktionen) Sei U R n offen un f : U R n eine stetig ifferenzierbare Abbilung. Sei a U un b := f(a). Die Jacobi Matrix J f (a) sei an er Stelle a invertierbar. Dann gibt es eine offene Umgebung U a U von a un eine offene Umgebung V b von b, soass f ie Menge U a bijektiv auf ie Menge V b abbilet un ie Umkehrfunktion g = f 1 : V b U a stetig ifferenzierbar ist. Für ie Ableitung gilt g (b) = f 1 (f(a)) = f (a) 1. Bemerkungen: f Ua ist eine bijektive Abbilung. Damit ist f Ua insbesonere injektiv. Dass ie Jacobi-Matrix an er Stelle a invertierbar ist, beeutet, ass f (a) eine bijektive, lineare Abbilung ist (Isomorphismus). Die Invertierbarkeit er Jacobi-Matrix kann man urch Ausrechnen er Determinante prüfen: J invertierbar et(j) 0 Die Formel für ie Ableitung er Umkehrfunktion erhält man leicht urch Ableiten er Ientitäten f 1 f = 1 un f f 1 = 1 1

Beispiel Sei f : R 2 \ {(0, 0)} R 2 (x, y) (2xy, y 2 x 2 ). Beweisen Sie, (a) Zu jeem (x 0, y 0 ) in R 2 \ {(0, 0)} gibt es eine Umgebung U von (x 0, y 0 ), soasss f U injektiv ist. (b) f selbst ist nicht injektiv. Lösung (a) Wir prüfen jetzt alle Voraussetzungen aus em Satz über ie Umkehrfunktion. Die Komponenten von f sin stetig ifferenzierbar un amit auch f. Wir berechnen ie Jacobi Matrix von f un prüfen ie Invertierbarkeit ieser Matrix für beliebiges (x 0, y 0 ) R 2 \ (0, 0). ( ) 2y0 2x J f (x 0, y 0 ) = 0 2x 0 2y 0 et(j f (x 0, y 0 )) = 4(x 2 0 + y 2 0) > 0 (x 0, y 0 ) R 2 \ {(0, 0)} Die Jacobi-Matrix ist also invertierbar un amit ist f an jeem Punkt in R 2 \ {(0, 0)} lokal umkehrbar un amit ist auch f U injektiv. (b) Da z.b. f( 1, 1) = (2, 0) = f(1, 1), ist f selbst nicht injektiv. Merke: lokale Umkehrbarkeit ist nicht globale Umkehrbarkeit. 1.2 Satz über implizite Funktionen Der Satz über implizite Funktionen trifft Aussagen über ie Möglichkeit Gleichungen nach bestimmten Variablen aufzulösen. Es gilt z.b. f(x, y) = 0. Ist es ann möglich eine Funktion ỹ zu finen, soass y = ỹ(x)? In welchem Bereich ist as möglich? Definition 1.1 (partielle Differentiale) Für eine ifferenzierbare Funktion f : U 1 U 2 R m mit U 1 R n un U 2 R m, efinieren wir ie partiellen Differentiale Damit ergibt sich as totale Differential D x f(x, y) : U 1 R m,h f (x, y)(h, 0) D y f(x, y) : U 2 R m,k f (x, y)(0, k) Df(x, y)(h, k) := f (x, y) (h, k) = D x f(x, y) h + D y f(x, y) k }{{}}{{}}{{} J J x J x un J y sin ann ie zu en jeweiligen Variablen zugehörigen Teilmatrizen er Jacobimatrix J. J y 2

Satz 1.2 (Satz über implizite Funktionen) Seien U 1 R n un U 2 R m sowie eine Funktion f mit f : U 1 U 2 R m einmal stetig ifferenzierbar. Ferner habe f eine Nullstelle (a, b) U 1 U 2 un sei D y f(a, b) invertierbar. Dann gibt es offene Umgebungen V 1, V 2 mit a V 1 U 1 un b V 2 U 2 un eine stetig ifferenzierbare Funktion g : V 1 V 2 soass Desweiteren gilt Bemerkungen: f(x, g(x)) = 0 y = g(x) x V 1. g (x) = [D y f(x, g(x))] 1 D x f(x, g(x)) x V 1. Die Formel für ie Ableitung erhält man urch Differenzieren von f(x, g(x)) = 0 unter Anwenung er Kettenregel. 1.2.1 Kochrezept: Anwenung Satz über Implizite Funktionen Ist f stetig ifferenzierbar? Ja Nein Satz nicht anwenbar Hat f in (x 0, y 0 ) eine Nullstelle f(x 0, y 0 ) = 0? Ja Nein Satz nicht anwenbar Ist D y f(x 0, y 0 ) invertierbar.h. et (D y f(x 0, y 0 )) 0? Ja Nein Satz nicht anwenbar Die Gleichung f(x 0, y 0 ) = 0 kann in einer Umgebung um (x 0, y 0 ) aufgelöst weren. 1.2.2 Beispiel: Einheitskreis Gegeben sei ie Funktion f(x, y) = x 2 + y 2 1. Die Nullstellenmenge ist gerae er Einheitskreis. Kann iese Gleichung überall nach y aufgelöst weren? Lösung Berechne D y f(x, y) = y f(x, y) = 2y Offensichtlich ist D y f nur für y 0 invertierbar. An allen Stellen y 0 lässt sich f(x, y) = 0 also lokal invertieren. Allerings beeutet as nicht, ass es eine globale 3

Funktion y = g(x) gibt. Das sieht man leicht wenn man nach y umstellt, es ergibt sich y = ± 1 x 2.h. zu jeem y-wert gibt es zwei x-werte. Im Fall y = 0.h. bei x = ±1 verzweigen sich iese beien Möglichkeiten un eine eineutige Auflösung ist nicht möglich. 1.2.3 Beispiel: Berechnung er Ableitung Sei f : R 2 R, (x, y) e xy x 2. Gibt es Stellen an enen sich ie Gleichung bei f(x, y) = 0 nach y auflösen lässt? Falls ja, bestimmen Sie für eine solche Stelle ie Ableitung er aufgelösten Funktion g(x). Lösung Die Ableitung nach er aufzulösenen Variable lautet y f(x, y) = xe xy 0 x 0. An allen Punkten außerhalb er x-achse, ie obige Gleichung erfüllen lässt sich ie Gleichung auflösen. Ein solcher Punkt ist z.b. (x, y) = (1, 0). Ist g ann nach em Satz über implizite Funktionen ie Funktion mit g(1) = 0 un f(1, g(1)) = 0 so gilt für ie Ableitung g (1) = ( y f(1, 0)) 1 x f(1, 0) = (1 e 1 0 ) 1 (0 e 1 0 2 1) = 2. 4

2 Differentialgleichungen Die Theorie er gewöhnlichen Differentialgleichungen beschäftigt sich im Wesentlichen mit er Suche von Lösungskurven t x(t) = x t, ie urch eine Differentialgleichung gegeben sin. So stehen verschieene Ableitungen ieser Kurve x t in Aquivalenz zu einem gegebenen Vektorfel F : R n R R n, as im Allgemeinen zeitabhängig ist. Definition 2.1 Sei G eine Teilmenge es R 2 un f : G R, (x, y) f(x, y) eine stetige Funktion, ann nennt man ẋ = F (t, x) eine gewöhnliche Differentialgleichung 1. Ornung. Die Lösungen ieser Gleichung ergeben Kurven x t, ie tangential entlang es Vektorfeles F verlaufen. Aufgrun einer möglichen Verschiebung sin ie Lösungen nicht eineutig. Bemerkung: Ist ein Anfangswert x(t 0 ) = x 0 R n gegeben, ann nennt man (2.1) Anfangswertproblem. 2.1 Existenz un Eineutigkeit von Lösungen Man ist sehr aran interessiert, ob eine Lösung existiert un ob sie eineutig ist oer nicht, gerae wenn Differentialgleichungen im Computer gelöst weren. Gibt es nämlich keine Lösung, so kann man lange auf ein numerisches Ergebnis warten, gibt er Computer nur eine aus, so ist es gut zu wissen, ob es bereits ie eineutige Lösung ist, oer ob es mehrere Lösungen gibt. Auch wenn ie Differentialgleichung nicht analytisch gelöst weren kann, so können och Aussagen über ie Art er Lösung getroffen weren. Gerae numerische Methoen um eine Lösung zu nähern können von er Kenntnis über ie Eineutigkeit einer Lösung profitieren. Die lokale Lösbarkeit von Anfangswertproblemen bei gewöhnlichen Differentialgleichungen erster Ornung wir urch en Satz von Picar-Linelöf un en Satz von Peano beschrieben. Doch um iese Sätze anwenen zu können, benötigt man zuerst en Begriff er Lipschitz- Stetigkeit. 5

Definition 2.2 (lokale un globale Lipschitz-Stetigkeit) Eine Funktion F : R n R R n heißt global Lipschitz stetig, falls L > 0 existiert, soass F (x, t) F (y, t) L x y für alle t R, x, y R n. L heißt Lipschitz-Konstante. Eine Funktion F : R n R R n heißt lokal Lipschitz stetig, falls es zu jeer Kugel B R (0) un jeem Intervall [ a, a] ein L = L R,a gibt, soass für alle x, y B R (0), t a. F (x, t) F (y, t) L x y Satz 2.1 Gegeben sei ie Funktion F : R n R R n, welche stetig ifferenzierbar in x un stetig in t sei. Dann ist F lokal Lipschitz. Satz 2.2 (Satz von Peano) Ist f in einem Gebiet D R n+1 stetig, so geht urch jeen Punkt (t 0, x 0 ) D minestens eine lokale Lösung es AWP s. D.h. es gibt ein β(t 0, x 0 ) > 0 erart, ass as AWP auf em Intervall (t 0 β, t 0 + β) minestens eine Lösung besitzt. Beispiel ẋ = x, x(0) = 0 f(t, x) = x stetig, beschränkt auf D = R [ a, a], a > 0, erfüllt jeoch keine Lipschitz-Beingung auf D. (t + α)2 < t α x(t) = Mehreutigkeit er Lösung 1 4 0 α t β 1 4 (t β)2 β t < (α, β) bel. Satz 2.3 (Eineutigkeit von Lösungen) Eine Funktion F sein lokal Lipschitz, y, ỹ seinen Lösungen von x(t) = F (x(t), t) t für t [t 0, t 0 + a], a > 0. Zusätzlich gelte y(t 0 ) = ỹ(t 0 ). Dann gilt y(t) = ỹ(t) für alle t [t 0, t 0 + a] Satz 2.4 (Picar-Linelöf, Eineutige Existenz) Gegeben sei ein Vektorfel F : R n R R, as lokal lipschitzstetig ist. Dann existiert ein δ > 0 erart, ass ie Differentialgleichung x(t) = F (x(t), t) t mit em Anfangswert x(t 0 ) = y für t t 0 < δ genau eine Lösung hat. 6

2.2 Lineare Differentialgleichungen Definition 2.3 Gegeben seien ie stetigen Funktionen t b(t) R n t A(t) M n Die allgemeine Form einer linearen Differentialgleichung ist x(t) = A(t)x(t) + b(t) t mit x(t) R n. Falls b(t) = 0 spricht man von einer homogenen linearen Differentialgleichung. Falls A(t) unabhängig von t ist, ann spricht man von einer linearen Differentialgleichung mit konstanten Koeffizienten. Bemerkung: Jee Differentialgleichung einer höheren Ornung lässt sich in ein System 1. Ornung transformieren. 2.2.1 Homogene Differentialgleichung, konstante Koeffizienten Die vorliegene Differentialgleichung sei von er Form x(t) = Ax(t), t A ist offenbar nicht abhängig von t. x(t) Rn Satz 2.5 Die allgemeine Lösung er Differentialgleichung ist mit c R Bemerkung: x(t) = Ax(t) t x(t) = c e At Die Lösung ist eineutig bei Vorgabe von x(t 0 ) = x 0 : x(t) = e At x 0 Es gilt as Superpositionsprinzip: Wenn x(t) un y(t) Lösungen sin, ann ist auch eine Linearkombination α 1 x(t)+ α 2 y(t) von x(t) un y(t) eine Lösung. Definition 2.4 (Matrixexponential) Sei A M n. Die Exponentialfunktion ist efiniert als e At t n = n! An n=0 7

Eulersche Formel e iat = cos At + i sin At Satz 2.6 (Gruppeneigenschaft (gilt allgemein)) Für alle s, t R gilt: e A(t+s) = e At + e As 2.2.2 Inhomogene Differentialgleichung mit konstanten Koeffizienten Die inhomogene lineare Differentialgleichung hat ie Form x(t) = Ax(t) + b(t) t mit er stetigen Funktion t b(t) R n. Die Anfangsbeingung sei x(0) = x 0. Zu beachten ist, ass A unabhängig von t ist. Satz 2.7 Die eineutige Lösung bei festem x(0) = x 0 von t x(t) = eat ist x(t) = e At x 0 + t 0 e A(t s) b(s)s Die Lösung er Gleichung 2.2.2 setzt sich zusammen aus er Lösung er homogenen DGL un einer partikulären Lösung er inhomogenen. 2.3 Lösungsmethoen 2.3.1 Trennbare Differentialgleichung (Trennung er Variablen) Gegeben sei eine Differentialgleichung er folgenen Gestalt: x(t) = g(t) f(x(t)) t x f(x) = g(t)t mit x(t) R Die Lösung ergibt sich urch beiseitiges Integrieren: x f(x) = g(t)t + const. 2.3.2 Exakte Differentialgleichungen Eine exakte Differentialgleichung (auch vollstänig) ist eine gewöhnliche Differentialgleichung er Form p(x, y(x)) + q(x, y(x)) y x = 0 8

für ie eine stetig ifferenzierbare Funktion F (x, y) existiert, so ass x F (x, y) = p(x, y) un F (x, y) = q(x, y) y Diese sog. Potentialfunktion existiert, falls 2.3.3 Potenzreihenansatz q x = p y Gegeben sei eine lineare Differentialgleichung 2. Ornung mit nicht konstanten Koeffizienten y + p(x)y + q(x)y = 0. Wir fragen, ob es eine Lösung gibt, ie in Form einer Potenzreihe argestellt weren kann. Vorraussetzung abei sei, ass p(x) un q(x) in eine Potenzreihe um einen Entwicklungspunkt x 0 entwickelt weren können. Ansatz y(x) = a n (x x 0 ) n n=0 Dies führt (nach geeigneter Umnummerierung er Summationsinizes) zu einer Rekursionsformel für ie Koeffizienten a n, welche ann (oft) explizit bestimmt weren können. 2.4 Beispiel: Geämpfter harmonischer Oszillator Diskutieren Sie ie Lösung er Differentialgleichung q = q 2γ q mit q(t) R als Kurven im Phasenraum (q(t), q(t)) für ie folgenen rei Bereiche er Dämpfungskonstante 1. γ > 1 (überämpft) 2. γ = 1 (kritisch geämpft) 3. 0 < γ < 1 (schwach geämpft) 9

Lösung Wir setzen x := (q, q) un erhalten as System ẋ = Ax mit er Matrix ( ) 0 1 A = R 2 2. 1 2γ Das charakteristische Polynom lautet χ A (λ) = et(a λ1) = λ 2 (texttra)λ + eta = λ 2 + 2γλ + 1 mit en Eigenwerten λ 1,2 = γ ± γ 2 1. Wir unterscheien ie folgenen rei Fälle: 1. γ > 1: A hat zwei verschieene reelle Eigenwerte. Nullstellen es charakteristischen Polynoms 2.4: λ 1,2 = γ ± γ 2 1 Es gibt zwei linear unabhängige reelle Eigenvektoren u 1 un u 2 von A zu en reellen Eigenwerten λ 1 un λ 2. Entwickeln er Anfangsbeingung x(0) bzgl. er Basis u 1, u 2 : x(t) = e ta x(0) = e ta (c 1 u 1 + c 2 u 2 ) = c 1 e tλ1 u 1 + c 2 e tλ2 u 2 2. γ = 1: A hat einen oppelten reellen Eigenwert. Nullstellen es charakteristischen Polynoms 2.4: λ 1,2 = 1 Da im ker (A λ1) = 1, gibt es einen reellen Eigenvektor u un einen avon linear unabhängigen reellen Hauptvektor 2.Stufe v mit (A λ1)v = u. Entwickeln er Anfangsbeingung x(0) bzgl. er Basis u, v: x(t) = e ta x(0) = e ta (c 1 u+c 2 v) = c 1 e tλ u+c 2 e tλ (v+t(a λ1)v) = e t ((c 1 +c 2 t)u+c 2 v) 3. 0 < γ < 1: A hat zwei nicht reelle Eigenwerte Nullstellen es charakteristischen Polynoms 2.4: λ 1,2 = γ ± i 1 γ 2 Es existieren zwei linear unabhängige Eigenvektoren, ie zueinaner komplex konjugiert gewählt weren können. 10