3.2 Implizite Funktionen
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1 3.2 Implizite Funktionen Funktionen können explizit als y = f(x 1, x 2,..., x n ) oder implizit als F(x 1, x 2,..., x n ;y) = 0 gegeben sein. Offensichtlich kann man die explizite Form immer in die implizite überführen: F(x 1, x 2,..., x n ;y) = f(x 1, x 2,..., x n ) y = 0. Umgekehrt ist das i. Allg. nicht möglich, d.h. i. Allg. kann man eine implizit gegebene Funktion nicht auflösen und dadurch eine explizite Form erhalten. Beispiel 24: Es sei F(x, y) = x 2 + y 2 1 = 0. Man kann diese Funktion nicht global nach y auflösen, sondern nur abschnittsweise: y(x) := { 1 x 2, für y 0, 1 x 2, für y 0. Definition 19: Sei f : R 2 D R. Man sagt, dass durch f(x, y) = 0 eine auf dem Intervall I R implizite Funktion g : I K mit Werten in K R erklärt ist, wenn es zu jedem x I genau ein y K gibt mit (x, y) D und f(x, y) = 0. Dieses y wird mit g(x) bezeichnet. 63
2 Satz 17: Satz über die implizite Funktion. Sei D R 2 offen und f : D R einmal stetig partiell differenzierbar. Ist (x 0, y 0 ) D ein Punkt der Niveaumenge f(x, y) = 0 mit f y (x 0, y 0 ) 0, dann gibt es Intervalle I R und K R mit dem Mittelpunkt x 0 bzw. y 0, so dass gilt a) R := {(x, y) : x I, y K} D und f y (x, y) 0 für alle (x, y) R. b) Durch f(x, y) = 0 ist auf I eindeutig eine differenzierbare implizite Funktion g : I K mit Werten in K erklärt mit der Ableitung g (x) = f x(x, g(x)) f y (x, g(x)) = f x(x, y) f y (x, y) für alle x I. Erläuterung zum Satz: Ist f y (x 0 ;y 0 ) 0, so gilt das aufgrund der Stetigkeit der 1. partiellen Ableitung auch für alle f y (x 0 ;y) mit y 0 δ < y < y 0 + δ = K und hinreichend kleinem δ > 0 und die Funktion f(x 0, y) ist für y K streng monoton wachsend. Dann sind aber alle Funktionen f(x, y) aufgrund der Stetigkeit von f(x; y) für festes x (x 0 α;x 0 + α) = I mit hinreichend kleinem α > 0 in y (y 0 δ;y 0 + δ) = K streng monoton wachsend. Deshalb ist die Funktion y f(x;y) (x fest gewählt, Funktion in y) streng monoton wachsend und die Gleichung f( x;y) = 0 mit x I besitzt genau eine Lösung ỹ K. Beispiel 25: f(x, y) = 3x 2y 1 = 0 ist offensichtlich (global) auflösbar mit der impliziten Funktion Dies wird bestätigt durch g(x) = y = 1 (1 3x). 2 f y (x, y) = 2 0 für alle (x, y) R 2. Beispiel 26: f(x, y) = e y + y 3 + x 3 + x 2 1 = 0. 64
3 Hier gilt f y (x, y) = e y + 3y 2 > 0 für alle (x, y) R 2. Deshalb ist diese Funktion lokal überall nach y auflösbar. Beispiel 27: f(x, y) = y 2 (x 1) + x 2 (x + 4) = 0 f(x, y) ist nur für 4 x < 1 erklärt. Außerdem ist f y = 2y(x 1) = 0 für y = 0 bzw. x = 1. Wie man sich überzeugt, bedeutet das, dass in der Umgebung von ( 4, 0) und (0,0) die Funktion keine implizite Funktion besitzt. Offensichtlich gibt es in jeder Umgebung von (0, 0) mehrere mögliche implizite Funktionen, dagegen kann in keiner Umgebung um ( 4,0) eine implizite Funktion gefunden werden. 65
4 3.2.1 Implizites Differenzieren Nachdem die Differenzierbarkeit bewiesen ist, berechnet man die Ableitungen mit der Kettenregel aus f(x, g(x)) = 0 und fährt auch für höhere Ableitungen von g(x) so fort: f(x, g(x)) = 0 f x (x, g(x)) + f y (x, g(x))g (x) = 0 (f x (x, g(x)) + f y (x, g(x))g (x)) x + (f x (x, g(x)) + f y (x, g(x))g (x)) y = 0 f xx (x, g(x)) + f xy (x, g(x))g (x) + f yx (x, g(x))g (x)+ usw. usf. Nach g bzw. g aufgelöst erhält man: + f yy (x, g(x))(g (x)) 2 + f y (x, g(x))g (x) = 0, g (x) = f x f y ; g (x) = 1 f y ( fxx + 2 f xy g + f yy (g ) 2) = 1 f 3 y ( fxx (f y ) 2 2f xy f x f y + f yy (f x ) 2). Insbesondere gilt damit in Punkten x 0 mit g (x 0 ) = 0, stets g (x 0 ) = fxx(x 0, y 0 ) f y(x 0, y 0 ), d.h. R Die durch f(x, y) = 0 bestimmte implizite Funktion y = g(x) hat in (x, y) eine horizontale Tangente, wenn Insbesondere ist (x, y) eine f(x, y) = 0, f x (x, y) = 0, f y (x, y) 0. fxx(x, y) a) lokale Maximalstelle, wenn f y(x, y) < 0, fxx(x, y) b) lokale Minimalstelle, wenn f y(x, y) > 0 ist. Beispiel 28: Es sei wie in Beispiel 26 f(x, y) = e y + y 3 + x 3 + x 2 1 = 0. Dann ist f x (x, y) = 3x 2 + 2x = 0 und wegen f y (x, y) = e y + 3y 2 > 0 ist g (x) = 0 für x 1 = 0 und x 2 = 2 3. Wegen f xx(x, y) = 6x + 2 hat g(x) in x = 0 eine lokale Maximalstelle und in x = 2 3 eine lokale Minimalstelle. 66
5 Beispiel 29: Wir wollen nun die Funktion aus Beispiel 27 betrachten f(x, y) = y 2 (x 1) + x 2 (x + 4) = 0. Es zunächst daran erinnert, dass diese Funktion nur für 4 x < 1 definiert ist. Weiterhin ist f y (x, y) = 2y(x 1) and f x (x, y) = y 2 + 3x 2 + 8x. Um die stationären Punkte, der für 4 < x < 0 bzw. 0 < x < 1 definierten impliziten Funktion zu finden, muss das (nichtlineare) Gleichungssystem f(x, y) = y 2 (x 1) + x 2 (x + 4) = 0, f x (x, y) = y 2 + 3x 2 + 8x = 0 gelöst werden. Aus f x (x, y) = 0 erhält man y 2 = 3x 2 8x. Dies in f(x, y) = 0 eingesetzt ergibt die Gleichung (3x 2 + 8x)(x 1) + x 2 (x + 4) = 3x 3 + 3x 2 8x 2 + 8x + x 3 + 4x 2 = 2x 3 x 2 + 8x = x(2x 2 + x 8) = 0, die erste Lösung x = 0 ergibt keinen stationären Punkt, da hier f x (0, 0) = 0 ist. Die beiden Lösungen der quadratischen Gleichung x x 4 = 0 sind x 1/2 = 1 4 ± = 1 2 ± 65 16, 65 die Lösung x 1 = > 1 scheidet auch aus, so dass x 2 = als 67
6 einziger Wert für x bleibt. Für dieses x gibt es zwei y nämlich: y 2 = 3x 2 8x = 3 ( ) 2 ( ) = , ,65. Wegen f y (x 2, y 1 ) = und damit y 1 = 4 1,65 und y 2 = 2y 1 (x 2 1) < 0 bzw. f y (x 2, y 2 ) = 2y 2 (x 2 1) > 0 und f xx (x 2, y 1 ) = f xx (x 2, y 2 ) = 6x = 3 2 (1 + 65) + 8 5,6 < 0, ist f xx(x 2, y 1 ) f y (x 2, y 1 ) < 0 und f xx(x 2, y 2 ) f y (x 2, y 2 ) > 0, folglich besitzt die implizite Funktion y = g 1 (x) mit y > 0 in (x 2, y 1 ) eine lokale Maximalstelle und die implizite Funktion y = g 2 (x) mit y < 0 in (x 2, y 2 ) eine lokale Minimalstelle. Der Satz über die implizite Funktion lässt sich verallgemeinern: 68
7 R Es sei f : R n D R eine einmal stetig differenzierbare Funktion, für die in einer Umgebung eines Punkte a = (a 1, a 2,..., a n ) D gilt: f(a 1, a 2,..., a n ) = 0, f xn (a 1, a 2,..., a n ) 0. Dann gibt es eines Umgebung U des Punktes (a 1, a 2,..., a n 1 ) und ein offenes Intervall K R, das a n enthält, so dass gilt a) R := {(x 1, x 2,..., x n 1, x n ); (x 1, x 2,..., x n 1 ) U, x n K} D und f xn ( x) 0 für alle x R. b) Zu jedem Punkt (x 1, x 2,..., x n 1 ) U gibt es genau eine Zahl x n K mit f(x 1, x 2,..., x n 1, x n ) = 0. Durch x n := g(x 1, x 2,..., x n 1 ) ist eine partiell differenzierbare Funktion g : U R erklärt mit g x i (x 1, x 2,..., x n 1 ) = f x i (x 1, x 2,..., x n 1, x n ) f xn (x 1, x 2,..., x n 1, x n ), 1 i n 1. Beispiel 30: f(x, y z) = xcos y + y cos z + z cos x 2 = 0 ist implizit eine Funktion z = g(x, y) in einer Umgebung von (0,0,2) erklärt, da f z (0, 0, 2) (0, 0, 2) = y sinz + cos x = 1. (0, 0, 2) Dann ist außerdem g x (0, 0) = f x(0, 0, 2) cos y z sinx = f z (0, 0, 2) y sinz + cos x = 1 (0, 0, 2) und g y (0, 0) = f y(0, 0, 2) f z (0, 0, 2) y + cos z = xsin y sinz + cos x = cos 2. (0, 0, 2) 3.3 Extremwertaufgaben mit Nebenbedingungen In zahlreichen Extremwertaufgaben ist die Menge der zulässigen Punkte eingeschränkt durch eine oder auch mehrere Nebenbedingungen der Form g(x 1, x 2,..., x n ) = 0. 69
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