1 / 20 Ist das Universum ein 3-Torus? RHO-Sommercamp, Waren Martin Haufschild 19. August 2009
2 / 20 Krümmung Kosmologische Räume werden gewöhnlich nach ihrer (Gaußschen) Krümmung K unterschieden: positive Krümmung: Analogon in 2D: Kugeloberfläche Volumen ist stets endlich keine Krümmung: Euklidischer ( flacher ) Raum Volumen kann endlich oder unendlich sein negative Krümmung: Analogon in 2D: Sattelfläche (hyperbolischer Raum) Volumen kann endlich oder unendlich sein
3 / 20 Krümmung aus der Friedmann-Gleichung Einsteins Feldgleichungen: R μν 1 2 g μνr + g μν Λ = 8πG T c 4 μν Für die Komponente (μ = 0, ν = 0) und bei kosmologischer Konstante Λ = 0 erhält man die 1. Friedmann-Gleichung ( ) 2 H(t) 2 a(t) = = 8πG Kc2 ρ a(t) 3 a(t) 2, wobei H der Hubble-Parameter, a der Skalenfaktor, G die Gravitationskonstante und ρ die Energiedichte ist. Sie beschreibt die Expansion des Universums in homogenen und isotropischen Modellen.
4 / 20 Krümmung aus der Friedmann-Gleichung 1. Friedmann-Gleichung: ( ) 2 H(t) 2 a(t) = = 8πG Kc2 ρ a(t) 3 a(t) 2, Einführung einer kritische Energiedichte ρ c := 3H2 8πG und des Dichteparameters Ω := ρ ρ c verkürzt die Gleichung zu (Ω = 1 K = 0) H(t) 2 (Ω 1) = Kc2 a(t) 2 Messung des Satelliten WMAP ergab: Ω = 1,02 ± 0,02. Das Universum hat also je nachdem, ob die kritische Energiedichte überschritten wird, keine oder positive Krümmung.
Torus ohne Krümmung Die globale Geometrie (Topologie) eines Raumes ist jedoch durch seine Krümmung nicht vollständig festgelegt: Auch ein flacher Raum kann endlich sein, wie z.b. der Torus. Er kann durch zwei Schnitte in der Ebene abgewickelt werden. Eine Kugeloberfläche lässt sich so nicht verzerrungsfrei darstellen. Heute favorisieren die meisten Wissenschaftler ein flaches unendliches Universum und unterstellen dabei die einfachste mögliche Geometrie. 5 / 20
Allgemeine Relativitätstheorie Einsteins allgemeine Relativitätstheorie beschreibt durch die Verknüpfung mit der Materiedichte lediglich die lokalen Eigenschaften der Raumzeit, macht über die Topologie jedoch keine Aussage. Die globalen geometrischen Eigenschaften lassen sich hingegen aus der kosmischen Hintergrundstrahlung bestimmen. Entdeckung: 1964 durch Penzias und Wilson (Nobelpreis 1978). 6 / 20
Ursprung der Hintergrundstrahlung nach der Urknalltheorie 380000 Jahre nach dem Urknall hatte sich das Universum durch die Expansion so weit abgekühlt (T 3000K), dass sich Protonen und Elektronen zu Wasserstoffatomen vereinten. Durch die fehlenden freien Elektronen wurde Strahlung nicht mehr gestreut und dringt seitdem fast ungehindert als Mikrowellen zu uns. 7 / 20
8 / 20 Hintergrundstrahlung gleicht Strahlung eines schwarzen Körpers Die Hintergrundstrahlung hat das Spektrum eines schwarzen Körpers von ca. 2,7 Kelvin. Intensitätsverteilung nach dem Planckschen Strahlungsgesetz
9 / 20 Schwankungen in der Hintergrundstrahlung Jedoch wurden Temperaturschwankungen im μk -Bereich entdeckt, die die Dichteschwankungen im frühen Universum widerspiegeln. (durch Verstärkung v. Quantenfluktuationen?)
10 / 20 Temperaturschwankungen werden auf Dichteschwankungen zurückgeführt Nur bei einer inhomogenen Massenverteilung ist Bildung von größeren Strukturen wie Galaxien möglich. Photonen müssen dann teils gegen die Gravitation anlaufen und kommen deshalb kälter an (gravitative Rotverschiebung). Hintergrundstrahlung nicht völlig isotrop und Fluktuationen sind als Flecken zu sehen. Genaue Informationen über die Anisotropien können zwischen verschiedenen kosmologischen Modellen unterscheiden
11 / 20 Analyse der Fluktuationen: Multipolentwicklung Die Fluktuationen der Hintergrundstrahlung werden durch eine (sphärische) Multipolentwicklung dargestellt. (ähnlich der Fourierentwicklung auf [0, 2π]) Größe und Häufigkeit dieser Fluktuationen werden in Multipole l (Kugelflächenfunktionen) umgerechnet, die die Winkelverteilung der Temperaturschwankungen ausdrücken: Dipol (l = 1), Quadrupol (l = 2), Oktupol (l = 3). Je höher die Multipolzahl, desto kleinräumiger die Winkelverteilung: Winkelabstand = 180Grad/l. Die Analyse des Multipol-Spektrums ist im Detail kompliziert und teilweise physikalisch und mathematisch recht anspruchsvoll.
12 / 20 Multipolentwicklung Ein Multipol ist eine beliebige Anordnung einer 2er-Potenz von punktförmigen Ladungen im Raum. Als Multipolentwicklung versteht man die Reihenentwicklung bei der ein beliebig lokalisiertes Potential durch Multipole angenähert wird. Multipol-Momente sind die Koeffizienten dieser Reihenentwicklung. Es bezeichnen Monopol, Dipol und Quadrupol die Terme 0., 1. und 2. Ordnung dieser Reihenentwicklung.
Probleme beim Messen der Hintergrundstrahlung Störstrahlung aus dem eigenen Sonnensystem Sichtrichtung immer 90 zur Sonne und 180 zur Erde Hintergrundstrahlung überlagert durch Bewegung um Milchstraßenzentrum starkes Dipolfeld in 1) Störung durch die Strahlung der Milchstraße 2) Diese Effekte müssen von der Hintergrundstrahlung abgezogen werden! 13 / 20
14 / 20 Auswertung der Multipolanalyse Ein unendliches Universum würde alle Wellenlängen in gleicher Stärke enthalten. Die Daten zeigen aber, dass die kleinen Multipolzahlen meistens stark vom diesem Modell abweichen. Die einfachste nicht-triviale Geometrie eines endlichen flachen Raums, die noch besser zu den kleinen Multipolzahlen passt, ist der 3-Torus.
15 / 20 Konstruktion des 3-Torus Die gegenüberliegenden Seiten eines Würfels werden miteinander identifiziert, so dass ein Objekt beim Verlassen durch eine Seite wieder durch die gegenüberliegende Seite eintritt.
16 / 20 Endliche Räume lösen den zu schwachen Quadrupol Beim Quadrupol (Winkelabstand = 180/2 Grad = 90 Grad) zeigen die Beobachtungen nur ein Siebtel des exakt berechenbaren Wertes im Modell mit unendlichem Raum. Modelle mit endlichem Raum lösen das Problem des schwachen Quadrupolanteils auf natürliche Weise: Durch die endliche Ausdehnung des Raums ist die größtmögliche Wellenlänge vorgegeben. (Ähnlich wie die Wellenlänge einer schwingenden Saite nicht größer sein kann als die Saite selbst.) Im Torus-Universum wurde die Seitenlänge des Würfels zu 55,6 Milliarden Lichtjahre berechnet. Die fehlenden größeren Wellenlängen unterdrücken deshalb den Quadrupol.
17 / 20 Nebenbei Gut zu den Daten passt auch das Modell eines Dodekaeders mit gekrümmten endlichen Raum. Bei allen endlichen Modellen wäre das endliche Universum dessen Volumen beschränkt ist aber grenzenlos wie bei der Reise auf einem Großkreis einer Kugeloberfläche.
18 / 20 Die Idee eines Torus-Universums...ist keineswegs neu und wurde bereits 1900 von Karl Schwarzschild vorgeschlagen. Neu sind jedoch die Berechnungen mit den ersten 5,5 Millionen Schwingungen und dem detaillierten Vergleich mit den Fluktuationen der Hintergrundstrahlung.
19 / 20 Die Vermessung der Welt der Satellit Planck Nach den Satelliten COBE und WMAP wird nun PLANCK die Hintergrundstrahlung vermessen. Erwartet wird ein wesentlich verbessertes Spektrums bei kleinen Winkelskalen. bessere Entscheidungsgrundlage zur Topologie des Universums Planck wird den Raum anhand der gemessenen Energiedichte auf weniger als 1 Prozent genau vermessen. Bestätigt sich der bisher favorisierte Wert, dann wäre das Torus-Universum die einzige bisher solide überprüfte Alternative zum unendlichen Raum.
Letztlich müssen die Beobachtungen entscheiden. 20 / 20