Genehmigungsverfahren Im Nachfolgenden wird ein grober Überblick über gängige Genehmigungsverfahren gegeben ohne Anspruch auf Vollständigkeit! Kommentare des Autors mit Bezug zur aktuellen Situation in Leverkusen sind kursiv und fett gesetzt. Übersicht: Für die nachfolgenden Genehmigungsverfahren gelten Gesetze und Verordnungen des Bundes und der Länder. Der Vollzug obliegt den Ländern und den nachgeordneten Behörden. Daher gibt es z. T. länderspezifische Unterschiede. Im Baurecht gehen die Unterschiede bis auf die Kommunalebene. 1. Planfeststellungsverfahren 2. Plangenehmigung 3. BImSchG-Genehmigung 4. Baugenehmigung 5. Sonstige 6. Zusammenfassung 1. Planfeststellungsverfahren (VwVfG) 1 Typische Anwendungen: neue Infrastrukturprojekte wie Kanäle, Häfen, Flugplätze, Eisenbahnen, Fernverkehrsstraßen (Autobahnen, Bundesstraßen), Gas-/Öl-Fernleitungen, Hochspannungsleitungen usw. Auch wesentliche Änderungen vorhandener "Anlagen" bedürfen eines neuen Planfeststellungsverfahrens. Das VwVfG gibt nur allgemeine Grundsätze vor. Daher spielen Fachgesetze, Verordnungen, technische Regeln etc. eine große Rolle bei der Beurteilung eines Vorhabens. Das Planfeststellungsverfahren wird grundsätzlich mit Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt! Der Vorhabenträger stellt nach intensiven Vorgesprächen bei der planfeststellenden Behörde (häufig die Bezirksregierung) einen Antrag, in dem das Vorhaben dargestellt wird. Es muss auch skizziert werden, warum diese Lösung und nicht andere Varianten gewählt wurden. Wichtig sind die Beschreibungen des Vorhabens mit Lage, Platzbedarf, Umweltauswirkungen, Auswirkungen auf die Nachbarschaft, bauliche Maßnahmen etc. In aller Regel muss für solche Vorhaben das Ergebnis einer Umweltverträglichkeitsprüfung 2 vorgelegt werden. Auch können Angaben zum Schutz von FFH-Gebieten 3 notwendig sein. Das Gewässer der Dhünn ist in Leverkusen in Teilbereichen ein solches FFH-Gebiet. Wenn die planfeststellende Behörde durch erste Prüfung den Antrag als vollständig ansieht, erfolgt die öffentliche Bekanntmachung des Vorhabens heute nur noch im Amtsblatt der Anhörungsbehörde und der Stadt Leverkusen und im Internet in anderen Kommunen auch in der Presse. Darin ist eine Kurzbeschreibung des Vorhabens enthalten sowie die Termine für die öffentliche Auslegung der Unterlagen und für die Erörterung. Die öffentliche Auslegung der Antragsunterlagen findet meist über 4 Wochen bei der planfeststellenden Behörde und bei den Verwaltungen der betroffenen Kommunen statt. Das können in grenznahen Gebieten auch Gemeinden in EU- Nachbarstaaten sein. Jeder kann sich die Unterlagen ansehen, gegen Auslagenersatz können auch Kopien angefertigt werden. Wer von dem Vorhaben betroffen ist und seine Rechte (z. B. körperliche Unversehrtheit) gefährdet sieht, kann Einwendungen zu Protokoll geben oder nachträglich schriftlich einreichen. Dabei muss die in der Bekanntmachung genannte Frist (i. d. R. bis 14 Tage nach Ende der Auslegung) eingehalten werden. Verspätete Einwendungen werden nicht 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) 2 gem. Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVPG) 3 gem. FFH-RL der EU (Fauna, Flora, Habitat)
berücksichtigt! Es können auch Institutionen (z. B. BUND, Nabu) stellvertretend für Bürger Einwendungen erheben. Nur wer rechtzeitig Einwendungen erhebt, ist auch Beteiligter am weiteren Verfahren! Die von der planfeststellenden Behörde beteiligten Fachbehörden müssen innerhalb einer gesetzten Frist Ihre Stellungnahmen zu dem Vorhaben abgeben i. d. R bis zum Erörterungstermin. Häufig werden diese Behörden auch um Stellungnahme zu den eingegangenen Einwendungen gebeten. Der Erörterungstermin findet an dem in der Bekanntmachung genannten Ort und Datum statt es sei denn, es sind keine Einwendungen erfolgt. Dieser Termin wird von einem Vertreter der planfeststellenden Behörde geleitet und ist nicht öffentlich! Teilnehmer sind der Antragsteller, die beteiligten Behörden, ggf. Sachverständige, die Einwender und Betroffene. Ohne fristgemäße Einwendungen sind Betroffene später nicht am weiteren Verfahren beteiligt! Die Presse kann, muss aber nicht, zugelassen werden. Nach den Formalien erhält der Vorhabenträger Gelegenheit, sein Projekt nochmals kurz vorzustellen. Die beteiligten Behörden nehmen dann Stellung und weisen ggf. schon auf Auflagen, Bedingungen, Nebenbestimmungen etc. hin. Danach dürfen die Einwender ihre Bedenken äußern und müssen ihre Betroffenheit darlegen. Aus den darauf folgenden Äußerungen der Behörden kann oft schon zu erkennen sein, ob die Einwendungen Erfolg haben werden. Über den Erörterungstermin wird ein Protokoll erstellt, das allen Beteiligten auch den Einwendern zugestellt wird. Die planfeststellende Behörde fasst die Stellungnahmen und Gutachten zusammen, wägt diese ab und erstellt dann den "Planfeststellungsbeschluss". Vor Verkündung des Beschlusses wird i. d. R. den Beteiligten die Gelegenheit gegeben, sich zu dem "Entwurf" zu äußern. Dies ersetzt seit einigen Jahren die frühere Möglichkeit des nachträglichen Widerspruchs gegen die Behördenentscheidung. Der Planfeststellungsbeschluss enthält alle für Errichtung und Betrieb des Vorhabens notwendigen Einzelgenehmigungen außer wasserrechtlichen Entscheidungen! (Vergl. dazu Genehmigungen nach BImSchG.) Der Planfeststellungsbeschluss wird den Beteiligten zugestellt. Bei sehr vielen Einwendern reicht auch eine öffentliche Bekanntmachung. Ist ein Beteiligter mit der Entscheidung der Behörde nicht einverstanden, so kann Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss eingereicht werden. Auch hier sind Fristen zu beachten. In der Regel ist das VG 4 zuständig. Ist die Klage erfolgreich, muss der Planfeststellungsbeschluss abgeändert werden. Dagegen kann sich der Vorhabenträger, Einwender oder die Behörde wehren und bei der nächsthöheren Instanz OVG 5 das Urteil anfechten. Bei Erfolg wird der Planfeststellungsbeschluss gemäß dem neuen Urteil abgeändert. Auch hier haben der Vorhabenträger, der Einwender und die Behörde das Recht, sich dagegen zur Wehr zu setzen. Letzte Instanz für alle Seiten ist das BVerwG 6. Die Verwaltungsgerichte prüfen vorrangig formalrechtliche Aspekte! Die Bundesregierung beabsichtigt, für die A 1 in Leverkusen die direkte Zuständigkeit des BVerwG einzuführen s. Fußnote 4. Erst nach Abschluss aller Klageverfahren wird der Planfeststellungsbeschluss rechtskräftig und unanfechtbar! Dieser Gang durch die Instanzen ist dem Vorhabenträger häufig zu lang vom Planfeststellungsbeschluss bis zum BVerwG nicht unter 5 Jahre! Daher gibt es die Möglichkeit insbesondere wenn "öffentliches Interesse" an dem Vorhaben besteht nach Bekanntgabe des Planfeststellungsbeschlusses den "sofortigen Vollzug" zu beantragen. Dem wird die planfeststellende Behörde unter Auflagen und unter Ausschluss von Haftungs- und Schadenersatz-Ansprüchen (vonseiten der Vorhabenträger) stattgeben. In Einzelfällen kann die planfeststellende Behörde den Sofortvollzug auch anordnen, wenn besondere Interessen der Öffentlichkeit oder Gefahr im Verzug vorliegen. Gegen den Sofortvollzug kann auch geklagt werden. Die Aussichten auf Erfolg (aus Sicht des Einwenders) sind in aller Regel sehr gering! Im Falle der Rheinbrücke Leverkusen wird nach Überzeugung des Autors kein VG den Sofortvollzug verhindern! 4 Verwaltungsgericht. Durch 48 Abs. 1 Nr. 8 Verwaltungsgerichtsordnung ist nun festgelegt, dass für Planfeststellungsverfahren bei Bundesfernstraßen die Oberverwaltungsgerichte (OVG) als 1. Instanz zuständig sind. Siehe aber auch Anhang zu 17 e Abs. 1 FStrG. Für die dort genannten Vorhaben ist das Bundesverwaltungsgericht in 1. und letzter Instanz zuständig. 5 Oberverwaltungsgericht 6 Bundesverwaltungsgericht
Außer dem Sofortvollzug können vor Rechtskraft des Planfeststellungsbeschlusses vom Vorhabenträger auch "Teilgenehmigungen" oder "vorzeitiger Beginn" beantragt werden z.b. für Baustelleneinrichtung, Zuwegung, einzelne Gebäude usw. Um frühzeitig Klarheit über die Genehmigungsfähigkeit des Projektes zu haben, kann ein Vorbescheid beantragt werden. Dieser berechtigt jedoch nicht zu irgendwelchen Errichtungsmaßnahmen. Sind für das Projekt zusätzliche Genehmigungen erforderlich z. B. Anlagengenehmigungen nach BImSchG oder Baugenehmigungen so können diese in den Planfeststellungsbeschluss eingebunden werden. Dann müssen die Antragsunterlagen die gem. den Fachgesetzen notwendigen Informationen und Unterlagen enthalten siehe dort. Sollte sich bei der Abnahme oder einer Überprüfung herausstellen, dass die Bestimmungen des Planfeststellungsbeschlusses (oder seiner eingeschlossenen Genehmigungen) nicht eingehalten werden (z. B. Emissionswerte, Brandschutzbestimmungen) oder der Vorhabenträger hat falsche Angaben gemacht, werden die Behörden zunächst versuchen (notfalls mit Bußgeldern), den Betreiber zu ordnungsgemäßem Handeln zu zwingen. Ist das nicht möglich, kann im Extremfall der Feststellungsbeschluss einschl. aller eingeschlossenen Genehmigungen widerrufen werden! 2. Plangenehmigung nach VwVfG Der Anwendungsbereich entspricht formal dem Planfeststellungsverfahren. Das Plangenehmigungsverfahren wird aber ohne Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt. Daher sind vom Gesetzgeber für dieses Verfahren sehr enge Grenzen gesetzt. Es darf u. a. nur angewendet werden, "wenn die Rechte anderer nicht beeinträchtigt werden oder die Drittbetroffenen sich mit der Inanspruchnahme ihres Eigentums einverstanden erklären bzw. auf ihre privaten Rechte verzichten; eine Plangenehmigung ist auch möglich, wenn Rechte anderer nicht wesentlich beeinträchtigt werden." 7 Eine Plangenehmigung scheidet m. E. für den Autobahnausbau in Leverkusen aus! Straßen.NRW hat auch nie etwas anderes gesagt! Das Verfahren zur Plangenehmigung verläuft vergleichbar mit dem Planfeststellungsverfahren. Der Erörterungstermin und die Klagemöglichkeit evtl. Betroffener entfallen. Die ggf. Betroffenen wurden vorher kontaktiert siehe oben. Gegen die Durchführung der Plangenehmigung anstelle des Planfeststellungsverfahrens kann von Betroffenen geklagt werden. Der Nachweis der "wesentlichen Beeinträchtigung" ist im Einzelfall schwierig! Die Klagemöglichkeiten des Vorhabenträgers sind die gleichen wie beim Planfeststellungsverfahren. 3. Anlagengenehmigung nach BImSchG 8 Typische Anwendung: "Genehmigungsbedürftige Anlagen" (gem. Anhang zur 4. BImSchV 9 ) für Industrie, Gewerbe, Landwirtschaft usw. z. B. Chemie-Anlagen, Gießereien, Mastbetriebe für Geflügel, Abfallbehandlungsanlagen u.v.a.m. Zu vielen Anlagentypen sind Mengenschwellen genannt, ab denen die Genehmigungspflicht gilt. Der Anhang zu dieser Verordnung ist in 2 Spalten aufgeteilt. Anlagen in der 1. Spalte unterliegen dem "Förmlichen Genehmigungsverfahren" mit Öffentlichkeitsbeteiligung. Anlagen der Spalte 2 werden nach dem "Vereinfachten Verfahren" ohne Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt. Auch wesentliche Änderungen solcher Anlagen bedürfen der Genehmigung, die ggf. nur unter Beteiligung der Öffentlichkeit erteilt wird. Die Genehmigungen nach BImSchG gelten für Errichtung und Betrieb der Anlage. 7 http://www.aarhus- konvention.de/einmischen/oeffentlichkeitsbeteiligung/planfeststellungsverfahren/plangenehmigung.html 8 Bundes-Immissionsschutz-Gesetz 9 Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen
Viele Bestimmungen des BImSchG und seiner Verordnungen gelten auch für "nicht-genehmigungsbedürftige Anlagen" (i. S. d. Gesetzes) z. B. die Verkehrslärm-Verordnung 10. Ausgenommen von der Anwendung des BImSchG sind z. B. Anlagen, - die dem Bergrecht unterliegen (ober- und unterirdischer Kohle- und Erzabbau), - die dem Atomrecht unterliegen (Kernkraftwerke, Aufbereitungsanlagen, Zwischenlager), - die der Landesverteidigung dienen. Genehmigungsbehörden sind meist die Bezirksregierungen, für Anlagen der Spalte 2 manchmal auch die Landratsämter. Geregelt wird das in den Zuständigkeitsverordnungen der Länder. Die Regeln für das Genehmigungsverfahren gem. BImSchG sind in der 9. BImSchV 11 festgelegt. Der Ablauf des Verfahrens und die Klagemöglichkeiten entsprechen i. W. denen des Planfeststellungsverfahrens. In den Antragsunterlagen sind häufig in länderspezifischen Formularen sehr detaillierte Angaben zu machen z. B. zu Umweltauswirkungen, Wasser-Entnahme und Einleitung, Abfall-Vermeidung und Entsorgung usw. Unterliegt die Anlage der 12. BImSchV 12 so sind die besonderen Sicherheitsmaßnahmen zu beschreiben. Die Vorlage eines Sicherheitsberichtes kann erforderlich sein. Selbst Fragen des Mehrschichtbetriebes und der Wochenendarbeit können Gegenstand des Genehmigungsverfahrens nach BImSchG sein. Nach den Angaben zu den Errichtungskosten wird die Genehmigungsgebühr berechnet. Bei der Genehmigung nach BImSchG werden alle anderen Genehmigungen, die für Errichtung und Betrieb der Anlage notwendig sind, mit erteilt ("Konzentrationswirkung"). Dazu gehören typischerweise die Baugenehmigung sowie abfallrechtliche und wasserrechtliche Genehmigungen. Der Umfang der Antragsunterlagen ergibt sich aus den Bestimmungen der 9. BImSchV und aus den Fachgesetzen, nach denen Entscheidungen zu fällen sind. 4. Baugenehmigungen Nahezu alle Baumaßnahmen auch unterirdische bedürfen der Baugenehmigung. Selbst für Einfriedungen und Zäune braucht man eine Baugenehmigung, wenn bestimmte Höhen überschritten werden. Das Baurecht ist wohl das älteste Genehmigungsrecht, das wir kennen. Daraus resultieren sehr viele historisch bedingte Unterschiede in den einzelnen Bundesländern. Das anzuwendende Bundesrecht ist das BauGB 13. Darunter gibt es die BauO 14 der Länder. Aber selbst in den Kommunen gibt es z. T. unterschiedliche Bestimmungen, wie z.b. Gestaltungssatzungen etc. Genehmigungsbehörden sind meist die Bauämter der Kommune. Zu den Antragsunterlagen gehören typischerweise neben der Baubeschreibung, Baupläne, Lagepläne, Entwässerungspläne, statische Berechnungen, Angabe zur Wärmedämmung u.v.a.m. Die Baugenehmigung berechtigt zur Errichtung eines Bauwerkes, dessen Nutzung ggf. in der Genehmigung festgeschrieben wird (Wohngebäude, Geschäftshaus etc.). Der "Betrieb" wie bei Anlagengenehmigungen nach BImSchG spielt hier keine Rolle. 10 16. BImSchV 11 Verordnung über das Genehmigungsverfahren 12 Störfall-Verordnung gem. Seveso-RL der EU 13 Baugesetzbuch 14 Bauordnung (in NRW: Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen)
5. Sonstige Es gibt noch eine Vielzahl wichtiger Genehmigungen, die den Rahmen dieser Übersicht aber sprengen würden. Beispielhaft seien genannt: - Einleiterlaubnis nach WHG 15, - Abfallentsorgung nach AbfallG 16, - Energieeinspeisung nach EEG 17. 6. Zusammenfassung Genehmigungsverfahren jeglicher Art laufen sehr formal ab. Entschieden wird aber auf Basis der Klärung technischer und juristischer Fragen, die im Zusammenhang mit dem Vorhaben stehen müssen. 15 Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushaltes (Wasserhaushaltsgesetz) 16 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz 17 Energie-Einspeisungs-Gesetz