8.4 Morbus Parkinson und. atypischen Parkinson-Syndrome Morbus Parkinson Multisystematrophie. Merke. 8.4 Parkinson-Syndrome

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8.4 Parkinson-Syndrome MRT-Befunde. Die vielen verschiedenen Formen der degenerativen Ataxien können mit einer kortikalen zerebellären Atrophie, einer olivopontozerebellären Atrophie oder auch mit einer spinozerebellären Atrophie einhergehen ( Abb. 8.8). Der Morbus Friedreich zeigt typischerweise eine Atrophie des Kleinhirnwurms und des Myelons. Andere Anteile des Kleinhirns oder des Hirnstamms sind selten betroffen. Differenzialdiagnose. Es gibt zahlreiche weitere Erkrankungen, die klinisch mit einer Ataxie und in der Bildgebung mit einer spinozerebellären Atrophie einhergehen können, wie die verschiedenen Formen der autosomal-dominaten zerebellären Ataxie (SCA 1 17) oder die idiopathischen zerebellären Ataxien. Diagnostisch auf den Morbus Friedreich hinweisend sind die beschriebene Klinik mit frühem Beginn im Kindes- oder Jugendalter und natürlich der Nachweis der entsprechenden Genmutation. 8.4 Morbus Parkinson und atypische Parkinson-Syndrome 8.4.1 Morbus Parkinson Epidemiologie. Die Prävalenz des Morbus Parkinson beträgt in der Altersgruppe über 60 Jahre mehr als 1 %. Klinik/Therapie. Typischerweise beginnt die Erkrankung halbseitig und armbetont in der 6. Dekade. Rigor, Tremor und Hypokinese bis Akinese stellen die klassische Trias dar. Es kommt zu einem langsamen Fortschreiten mit Ausdehnung der Symptome auf die Gegenseite. Häufige Spätsymptome sind psychische Störungen, wie eine Depression; eine Demenzentwicklung ist möglich. Die medikamentöse Therapie erfolgt mit L-Dopa, Dopaminagonisten und Anticholinergika. H Merke Ein neues wirkungsvolles, von bestimmten Zentren durchgeführtes Verfahren zur Therapie des Morbus Parkinson ist die Tiefenhirnstimulation des Nucleus subthalamicus mit bilateraler Implantation von Stimulationselektroden. Pathologie. Dopaminerge Neurone in der Pars compacta der Substantia nigra gehen unter. Häufig sind Lewy-Einschlusskörperchen nachweisbar. Das sind eosinophile, 10 15 μm große Einschlüsse, ähnlich Neurofilamenten, im Zytoplasma von Zellen von Substantia nigra, Thalamus, Locus coeruleus, Raphekernen, N. basalis Meynert und Kortex sowie im autonomen Nervensystem. Tab. 8.1 Atypische Parkinson-Syndrome. Atypisches Typischer MRT-Befund Parkinson-Syndrom Multisystematrophie Putamen: T2w Hyper- und Hypointensität Atrophie Hyperintenser Rand Reduktion der N-Azetylaspartat- Spiegel olivopontozerebelläre Atrophie Läsionen im mittleren Kleinhirnstiel Hot-Cross-Bun-Zeichen PSP mesenzephale Atrophie sog. Mickey-Mouse-Zeichen CBD asymmetrische frontoparietale Atrophie T2w Hyperintensität im angrenzenden Marklager MRT-Befunde. Mit den Standardsequenzen sind keine spezifischen Abnormitäten nachweisbar. Veränderungen des Eisengehalts der Substantia nigra sind uneinheitlich und gelten daher inzwischen als diagnostisch nicht relevant. Nur aufwendige experimentelle Methoden haben mithilfe von DWI-Sequenzen oder der Kombination verschiedener Inversion-Recovery-Sequenzen eine Volumenminderung der Pars compacta der Substantia nigra nachgewiesen. Differenzialdiagnose. Die MRT-Diagnostik bei einem Patienten mit Parkinson-Symptomatik dient vor allem dem Ausschluss eines Normaldruckhydrozephalus und anderer Erkrankungen mit Stammganglienläsionen. Sie hilft auch bei der Suche nach Zeichen der in Tab. 8.1 beschriebenen atypischen Parkinson-Syndrome. 8.4.2 Multisystematrophie Epidemiologie. Das mittlere Erkrankungsalter der Patienten beträgt ca. 53 Jahre. Die Multisystematrophie ist Ursache von bis zu 5 % der Parkinson-Syndrome. Klinik/Therapie. Multisystematrophie ist ein Oberbegriff für 3 Erkrankungen mit einer unterschiedlichen Lokalisation der Degeneration und entsprechend unterschiedlicher Klinik. Die Formen werden nach ihrer typischen Klinik benannt und entsprechen den in Klammern genannten früheren Krankheitsbezeichnungen: MSA-P (striatonigrale Degeneration): mit Parkinson- Syndrom (Akinese, Rigor, Tremor) MSA-C (olivopontozerebelläre Atrophie): mit zerebellären Symptomen (Ataxie) MSA-A (Shy-Drager-Syndrom): mit autonomen Dysfunktionen (orthostatische Dysregulation, Inkontinenz) 305

Degenerative Erkrankungen Häufig liegen Überschneidungen bzw. Mischformen dieser Erkrankungen vor. So sind für die klinische Abgrenzung der MSA-P vom Morbus Parkinson frühe Zeichen einer autonomen Dysfunktion mit orthostatischer Dysregulation, Miktionsstörung oder Impotenz ein wichtiges Kriterium. Die Parkinson-Symptomatik der MSA-P zeigt auch als weiteren diagnostischen Hinweis ein schlechtes Ansprechen auf L-Dopa. Pathologie. Speziell bei der MSA-P tritt eine Gliose im Striatum auf, die dorsolateral beginnt. Alle Formen können Atrophien und Gliosen in Stammganglien, Pons, Kleinhirn und Olive zeigen. MRT-Befunde. Auch in der Bildgebung gibt es Mischformen mit Kombination der typischen Veränderungen. Die MSA-P geht mit Zeichen der Degeneration des Putamens einher, dorsolateral beginnend: Volumenminderung, T2w Hyper- und Hypointensität ( Abb. 8.9) hyperintenser Rand ( Abb. 8.10) DWI: ADC-Zunahme ( Abb. 8.11) MRS: Reduktion des N-Azetylaspartat-Spiegels SPECT/PET: Verlust von Dopaminrezeptoren, Hypometabolismus Die MSA-C zeigt entsprechend ihres deskriptiven Namens olivopontozerebelläre Atrophie eine Atrophie von Olive, Pons und Kleinhirn ( Abb. 8.12). Eine assoziierte hypertrophe, T2w hyperintense Olivendegeneration ist möglich, wie oben beschrieben. Das Hot-Cross-Bun-Zeichen oder Semmelzeichen ( Abb. 8.13) entsteht bei einer Degeneration transversaler Bahnen im Brückenfuß. Es ist nicht spezifisch für die Multisystematrophie; es findet sich z. B. auch bei der PSP, der CBD und der spinozerebellären Ataxie Typ 3. Abb. 8.9 MSA-P. Die gezeigten Schichten durch die Stammganglien zeigen relativ seitensymmetrisch ein inhomogenes, teils hyper-, teils hypointenses Signal am lateralen Rand des Putamens beiderseits als Ausdruck degenerativer Veränderungen bei einer Multisystematrophie vom Typ MSA-P. a Transversale T2w Aufnahme. b Transversale T2w Aufnahme (andere Schichtführung). 306

8.4 Parkinson-Syndrome Abb. 8.10 MSA-P. Ebenfalls bei einem Patienten mit einer MSA-P ist in diesen transversalen T2w Bildern nur ein schmaler hyperintenser Saum am lateralen Putamenrand erkennbar. Entsprechend dem aus der Histologie bekannten Fortschreiten der Degeneration von dorsolateral nach ventromedial liegen diese frühen Veränderungen dorsolateral. Abb. 8.11 MSA-P. Ein ADC-Bild eines Patienten mit MSA-P mit einem gegenüber der Umgebung erhöhten ADC-Wert im dorsolateralen Putamen als Zeichen der Degeneration. 8.4.3 Kortikobasale Degeneration Epidemiologie. Das Alter der Patienten beträgt 50 80 Jahre. Eine familiäre Häufung der CBD oder genetische Faktoren sind nicht bekannt. Klinik/Therapie. Ein wichtiges Merkmal der CBD ist eine deutlich asymmetrische Ausprägung der Parkinsonartigen Symptomatik mit Hypokinese und Rigor. Myoklonien treten ebenfalls auf. Typisch ist das sog. Alien-Limb- Syndrom einer Extremität, d. h. ein Fremdheitsgefühl für eine Extremität mit Apraxie und unwillkürlichen Bewegungen. Bei ca. 40 % der Patienten entwickelt sich eine mäßige Demenz als Zeichen der kortikalen Beteiligung. Ein schlechtes Ansprechen der Symptomatik auf L-Dopa ist typisch; eine kurative Therapie ist nicht bekannt. Pathologie. Makroskopisch zeigt sich eine asymmetrische frontoparietale Atrophie mit Neuronenverlust und Gliose in Kortex und Marklager der Zentralregion, in den Stammganglien und evtl. auch in der Substantia nigra. Die Ursache ist unklar. Ein weiteres Zeichen ohne bildhaften Eigennamen ( Abb. 8.14) ist eine umschriebene, fleckförmige Abnormität im mittleren Kleinhirnstiel mit T2w Hyperintensität und Zeichen einer Diffusionsstörung in den DWI-Aufnahmen. MRT-Befunde. Entsprechend der Makropathologie ist auch im Bild eine asymmetrische kortikale Atrophie der Zentralregion nachweisbar ( Abb. 8.15). Als Korrelat der Gliose kann eine T2w Hyperintensität des angrenzenden frontoparietalen Marklagers bestehen ( Abb. 8.16). Zusätzlich können meist weniger deutlich eine Atrophie oder eine Gliose von Teilen der Stammganglien nachweisbar sein. Die MRS kann frontal eine Reduktion des N-Azetylaspartat-Spiegels zeigen. 307

Degenerative Erkrankungen Abb. 8.12 Olivopontozerebelläre Atrophie. Deutliche Volumenminderung des Kleinhirns, der Kleinhirnstiele und des Pons sowie T2w hyperintense Degeneration der Olive (Pfeile) beidseits (e, f). Der IV. Ventrikel und die Kleinhirnfurchen sind konsekutiv aufgeweitet. a Axiale T2w Aufnahme. b Axiale T2w Aufnahme (auf a folgende Schicht). c Axiale T2w Aufnahme (auf b folgende Schicht). d Axiale T2w Aufnahme (auf c folgende Schicht). e Axiale T2w Aufnahme (auf d folgende Schicht). f Axiale T2w Aufnahme (auf e folgende Schicht). g Koronaren T1w Aufnahmen (verschiedene Ebenen). 308

8.4 Parkinson-Syndrome 8.4.4 Progressive supranukleäre Parese Epidemiologie. Die PSP ist auch bekannt unter dem Namen Steele-Richardson-Olszewski-Syndrom. Die Prävalenz beträgt 1 4 Erkrankte pro 100 000 Einwohner und Jahr. Das Erkrankungsalter liegt im Mittel bei 60 Jahren. Die Prognose ist ungünstig; die Lebenserwartung liegt bei 6 7 Jahren. Abb. 8.13 Hot-Cross-Bun-Zeichen oder Semmelzeichen bei Multisystematrophie. Transversale T2w Aufnahme. Im Brückenfuß ist deutlich eine pathologische Kreuzfigur zu erkennen, die als Folge einer Degeneration von Kleinhirnbahnen entsteht. Klinik/Therapie. Typische Symptome: symmetrisches Parkinson-Syndrom mit Akinese und Rigor, jedoch meist ohne Tremor Pseudobulbärparalyse mit Schluckstörung, Dysarthrie vertikale Blickparese (supranukleäre Ophthalmoplegie) Fallneigung nach hinten Demenz Therapeutisch helfen Parkinson-Medikamente, allerdings mit der für die atypischen Parkinson-Syndrome bekannten eingeschränkten Wirksamkeit. Pathologie. Makroskopisch auffällig ist eine Atrophie von Mesenzephalon und pontinem Tegmentum mit Aufweitung des III. Ventrikels und der perimesenzephalen Zisternen. Eine zusätzliche Atrophie von Frontal- und Abb. 8.14 Multisystematrophie. Ein weiteres Zeichen der Multisystematrophie ist diese relativ seitensymmetrische Signalveränderung im Kleinhirnstiel beiderseits, die sich in T2w Bildern sowie in FLAIR-Aufnahmen hyperintens darstellt und eine Diffusionsstörung in DWI-Sequenzen zeigt. a Axiale T2w Aufnahme. b Axiale DWI-Aufnahme. c Sagittale FLAIR-Aufnahme. 309

Degenerative Erkrankungen Abb. 8.15 CBD mit asymmetrischer Atrophie frontoparietaler Gyri. Dieses typische Zeichen zeigt sich deutlich in transversalen (a) oder koronaren Bildern (b), die einen Seitenvergleich zulassen. Aber auch die sagittalen FLAIR-Aufnahmen (c) weisen im Vergleich zu den weiter ventral oder dorsal gelegenen Gyri und Sulki eine Atrophie der Zentralregion nach. a Transversale Aufnahmen. b Koronare Aufnahme. c Sagittale FLAIR-Aufnahme. Temporallappen ist möglich. Mikroskopisch besteht eine Degeneration mit Neuronenverlust und Gliose in Tektum, Substantia nigra und pontinem Tegmentum. MRT-Befunde. Entsprechend der Pathologie zeigt sich eine Atrophie des Mesenzephalons, besonders von Tegmentum und Tektum. Bereits mithilfe einer Messung des a.-p. (anteroposterioren) Durchmessers des Mittelhirns lassen sich Patienten mit einer PSP gut von Patienten mit einem Morbus Parkinson unterscheiden. Der mittlere Durchmesser beträgt bei der PSP 13,4 mm (11 15 mm), beim Morbus Parkinson 18,5 mm (17 19 mm) und bei gesunden Kontrollpersonen ca. 18,2 mm (17 20 mm). Aufgrund der Form des Mittelhirns in transversaler Schichtführung wird das typische Erscheinungsbild mit dem Begriff Mickey-Mouse-Zeichen beschrieben ( Abb. 8.17). Weiterhin nachweisbar, aber weniger spezifisch, ist eine Atrophie von pontinem Tegmentum, Pallidum und Motorkortex sowie von Frontal- und Temporallappen. Hinzukommen kann eine hypertrophe Olivendegeneration mit T2w hyperintensem Signal (wie oben beschrieben). 310

8.4 Parkinson-Syndrome Abb. 8.16 CBD. Zusätzlich zur Atrophie zeigt dieser Fall einer CBD eine subkortikale und kortikale Gliose der Zentralregion. Diese ist zu erkennen als Hyperintensität in den sagittalen FLAIR-Aufnahmen (a) und im transversalen T2w und PDw Bild (b, c). a Sagittale FLAIR-Aufnahmen. b Transversale T2w Aufnahmen. c Transversale PDw Aufnahmen. 311

Degenerative Erkrankungen Klinik/Therapie. Frühe Symptome sind zunehmende Gedächtnisstörungen, die zunächst vor allem das Kurzzeit- und Neugedächtnis betreffen. Es bestehen Wortfindungs- und Orientierungsstörungen. Das Langzeitgedächtnis und entsprechend auch die Persönlichkeit und die Fassade bleiben relativ lange erhalten (Typ: kortikale Demenz). Später kommen auch eine Persönlichkeitsveränderung, aggressives Verhalten, eine wahnhafte Symptomatik und ein Abbau aller höheren Hirnleistungen hinzu. Es resultiert ein letaler Verlauf. Therapeutische Versuche erfolgen mit Cholinesterasehemmern und anderen Antidementiva. Pathologie. Makroskopisch ist eine kortikale Atrophie mit Betonung temporoparietal erkennbar. Histologisch finden sich kortikale Amyloid-Plaques, eine Aggregation von Tau-Protein in Neuronen zu Neurofibrillenbündeln (Alzheimer-Fibrillen, Tangles) und ein Untergang von Neuronen. Abb. 8.17 PSP. Transversale T2w Schicht durch die Hirnschenkel eines Patienten mit einer PSP. Die Atrophie von Tektum und Tegmentum führt zu einem messbar reduzierten Durchmesser und zum sog. Mickey-Mouse-Zeichen. 8.5 Neurodegenerative Formen der Demenz Die im Folgenden beschriebenen Erkrankungen entstehen durch degenerative Veränderungen von Hirnarealen, die für das Gedächtnis oder höhere intellektuelle Leistungen verantwortlich sind. Ihr Leitsymptom ist die Demenz. Beschrieben werden der Morbus Alzheimer, die Lewy-Body- Demenz und die frontotemporale Demenz. Diese Erkrankungen stellen wohl die häufigsten Ursachen der Demenz dar, sind jedoch nur kleiner Teil der Erkrankungen vielfältiger Ätiologie, die zu einer Demenz führen können. Auch mehrere der zuvor beschriebenen neurodegenerativen Erkrankungen mit Bewegungsstörungen, wie Morbus Parkinson, CBD, PSP und Chorea Huntington, können mit der Entwicklung einer Demenz einhergehen und gehören zu den Differenzialdiagnosen. 8.5.1 Morbus Alzheimer Epidemiologie. Typischerweise sind Personen über 65 Jahre betroffen, Frauen etwa doppelt so häufig wie Männer. Etwa 1 4 % der 65- bis 70-Jährigen erleiden eine Demenz vom Alzheimer-Typ mit einer Verdoppelung der Prävalenz alle weitere 5 Jahre. Eine familiäre Form liegt in 5 10 % der Fälle zugrunde. MRT-Befunde. Im Frühstadium sind häufig bereits Marklagergliosen mit mikroangiopathischem Verteilungsmuster nachweisbar. Eine Beteiligung der Stammganglien und Lakunen ist seltener als bei der arteriosklerotischen Mikroangiopathie. Im Verlauf entsteht eine zunehmende mediale Atrophie der Temporallappen, besonders ausgeprägt in Hippokampus und Gyrus parahippocampalis. Entsprechend sind die angrenzende perimesenzephale Zisterne und die Fissura choroidea passiv erweitert. Die Atrophie kann initial asymmetrisch sein ( Abb. 8.18). Nuklearmedizinische Verfahren, wie SPECT und PET, und experimentelle Perfusionsmessungen im MRT zeigen Zeichen eines Hypometabolismus und einer Hypoperfusion temporoparietal. In der MRS sind, ebenfalls temporoparietal, eine Reduktion des N-Azetylaspartat-Spiegels und ein Anstieg der Myo-Inositol-Konzentration zu messen. Differenzialdiagnose. Klinisch ist die Abgrenzung der vielfältigen Formen der Demenz besonders in der Frühphase schwierig. Tab. 8.2 führt als kurze Übersicht die wichtigsten MRT-Befunde häufiger Demenzursachen auf. 8.5.2 Lewy-Body-Demenz Epidemiologie. Nach dem Morbus Alzheimer ist die Lewy-Body-Demenz wahrscheinlich die zweithäufigste degenerative Form der Demenz mit autoptischem Nachweis in 15 30 % der Fälle. Männer sind häufiger betroffen. Eine Assoziation mit bzw. Mischformen mit dem Morbus Alzheimer und dem Morbus Parkinson sind möglich und werden am histologischen Nachweis von neokortikalen Lewy-Körperchen festgemacht. Klinik/Therapie. Laut Konsensuskriterien von 1996 besteht die typische Klinik in folgenden Symptomen: Fluktuation von kognitiver Störung, Aufmerksamkeit und Vigilanz visuelle Halluzinationen Parkinson-Symptomatik 312