Mischgebiete und Dorfgebiete

Ähnliche Dokumente
Baunutzungsverordnung

Urbane Gebiete. Dr. Rainer Voß Fachanwalt für Verwaltungsrecht/AnwaltMediator (DAA/FU Hagen) Kompetenz durch Spezialisierung

Spannungsfeld Lärm zwischen Gewerbe und Wohnen. Urbanes Gebiet. Änderung der BauNVO, TA Lärm und 18. BImSchV. Klaus Meyer

Städtebaurecht. BauGB 34. Vorlesungsthema!

Teil 2 Bauleitplanung: Erläuterung der Fachbegriffe

Realisierung von Bauvorhaben bei problematischen Immissionssituationen

Bayern FNP ist schön!

Präambel. Teil B Text

Ergänzung zur Begründung der 7. Änderung des Bebauungsplans Nr. 6

Baunutzungsverordnung 1968 Verordnung über die bauliche Nutzung der Grundstücke

Schleswig-Holstein Der echte Norden

Stadt Esens Landkreis Wittmund

III. Die Zulässigkeit von Einzelbauvorhaben

Teil B Textliche Festsetzungen zum Bebauungsplan G Steuerung des Einzelhandels im Bezirk Marzahn-Hellersdorf, Ortsteil Marzahn

Allgemeine Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung

d) Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche

Verordnung über die bauliche Nutzung der Gundstücke (Baunutzungsverordnung) vom 26. November 1968 (BGBl. I S. 1237)

Bebauungsplan Sachsenpark Dittersbach

Drucksache 6/637. Landtag Brandenburg

Verordnung über die bauliche Nutzung der Grundstücke (Baunutzungsverordnung BauNVO)

Baunutzungsverordnung 1962 Verordnung über die bauliche Nutzung der Grundstücke

Verordnung über die bauliche Nutzung der Grundstücke

Verordnung über die bauliche Nutzung der Grundstücke (Baunutzungsverordnung - BauNVO)

Stadt Büren. Bebauungsplan Nr. 16 Goldammerweg Bebauungsplan Nr. 17 Hermannstraße Informationsveranstaltung,

Verordnung über die bauliche Nutzung der Grundstücke (Baunutzungsverordnung - BauNVO)

Baunutzungsverordnung

Das Baurecht in der Krise

Öffentliches Baurecht, TU Dresden Die planungsrechtliche Zulässigkeit baulicher und sonstiger Vorhaben

Bundesrat Drucksache 708/16. Allgemeine Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung

Inhaltsübersicht. ERSTER ABSCHNITT Art der baulichen Nutzung

Zweckverband Gewerbepark Nürnberg Feucht Wendelstein. 1. Änderung des Bebauungsplans Gewerbepark Nürnberg-Feucht

Satzungen nach 34 und 35 BauGB. 1

Achtung: Diese Veranstaltung ist keine Rechtsberatung und erläutert nur Begrifflichkeiten!

Anhang 1: Übersicht zur Zulässigkeit von Vergnügungsstätten nach BauNVO 1990

Der Bebauungsplan. 2.Stufe. Bebauungsplan

BEBAUUNGSPLAN NR. 1. zur Regelung von Art und Maß baulicher Nutzung der Grundstücke

Gemeinde Juist. Neuaufstellung der Bebauungspläne in Bensersiel (insbesondere Taddigshörn, Lammertshörn und Oll Deep)

Die Sicherung der Nahversorgung und ihre rechtlichen Grenzen

Genehmigung von Biogasanlagen nach Baurecht

Bebauungsplan. Vorlesungsthema

SATZUNG. zur 2. Änderung des Bebauungsplanes Nr Gewerbestraße, Gemeinde Südbrookmerland

GEMEINDE ASBACH- BÄUMENHEIM

ÄNDERUNG DER BAUSTUFENPLÄNE BESONDERS GESCHÜTZTE WOHNGEBIETE

Gemeinde Schutterwald. 4. Änderung Bebauungsplan. 1m neuen Feld~~

Entwurf einer Verordnung zur Änderung der Verordnung über die bauliche Nutzung der Grundstücke

Die bauplanungsrechtliche Behandlung von Windenergieanlagen. Prof. Dr. Thomas Heinicke, FHöV NRW, Duisburg

a) Nach Buchstabe c) wird folgender Buchstabe d) eingefügt:

Veranstaltung der BKM 2016 BauGB-Novelle zur Unterbringung von Flüchtlingen

Bebauungsplan. Hintere Ried II - 1. Änderung. Begründung

Der Windenergie-Erlass vom

Markt Sulzbach a. Main. Änderung des Bebauungs- und Grünordnungsplans. Grüne Lunge. Begründung gemäß 9 Abs. 8 Baugesetzbuch

Bebauungsplanes Nr. 161 Industriepark Heilshorn-Süd

Vorlesung / Übung. Bauordnungs- und Bauplanungsrecht ÖR B1. Wintersemester 2011/2012. Klausurfragen

Baurechtliche Herausforderungen bei der Schaffung von Unterbringungsmöglichkeiten für Flüchtlinge. Dr. Christian Giesecke, LL.M.

Vermeidung von Konflikten bei der Ansiedlung von Gewerbe in Wohngebietsnähe

Wohnen in Gemengelagen Erfahrungen aus Köln

Prof. Dr. Wilhelm Söfker Bonn, Veranstaltung Windenergie beim Landkreis Oldenburg. am 22. August 2017

Zeichenerklärung. Festsetzungen nach 2 Abs. 5 und 9 BauGB und der Planzeichenverordnung

B e g r ü n d u n g. zum Bebauungsplan - Vorentwurf Nr. 5373/049 - Östlich Aachener Straße -

Urbanes Gebiet MU. 6a Baunutzungsverordnung. Bezirksamt Neukölln von Berlin - Stadtentwicklungsamt

Hamburgisches Gesetz zum Schutz gegen Lärm (Hamburgisches Lärmschutzgesetz - HmbLärmSchG) Vom 30. November 2010

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

Planen und Bauen im Grunewald

Bad Rippoldsau-Schapbach. Bebauungsplan 1. Änderung Bebauungsplan Beim Dorf Grün. Textteil zum Bebauungsplan. I. Rechtliche Grundlagen

Planungsrechtlicher Umgang mit dem Lebensmitteleinzelhandel. Dr. Christian Wiggers Rechtsanwalt

Fehlervermeidung bei Einzelhandelskonzepten: Was geht und was geht nicht? vhw-praxisseminar, München, 16. September 2010

Möglichkeiten und Erfordernisse der raumordnerischen Steuerung der Ansiedlung von Biogasanlagen

10 Inhaltsverzeichnis

BEBAUUNGSPLAN NR. 87 DER STADT FEHMARN

Start Projektplanung durch Bauherrn / Entwurfsverfasser (Bauantrag) u.a. Art. 64 BayBO

Hansjochen Dürr/Manfred Aschke. Baurecht. Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden

Was ist auf meinem Betriebsgrundstück zulässig?

Verkehrslärm und Gewerbelärm in der Bauleitplanung. Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht Dr. Michael Oerder

Begründung zum Bebauungsplan Nr Änderung Peters Osterjork

B E B A U U N G S P L A N

Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 143 des Abgeordneten Péter Vida fraktionslos Landtagsdrucksache 6/260

Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin 2013 Abt. für Finanzen, Personal und Stadtentwicklung

Neuregelungen zur Erleichterung der Unterbringung von Flüchtlingen in 246 BauGB

S a t z u n g über den Abwasserbeitrag der Stadt Heidelberg (Abwasserbeitragsatzung - AbwBS)

Planen und Bauen in Überschwemmungsgebieten

L A N D B R A N D E N B U R G

Abstände zwischen Betriebsbereichen gemäß StörfallV und schutzbedürftigen Gebieten im Rahmen der Raum- und Flächenplanung

zu Punkt der 956. Sitzung des Bundesrates am 31. März 2017

Vorlesungsgliederung. - Zweiteilung des Baurechts: Bauplanungsrecht mit Städtebaurecht einerseits, Bauordnungsrecht

Grundlagen des Öffentlichen Baurechts

Was ist auf meinem Betriebsgrundstück zulässig?

GEMEINDE INZELL Landkreis Traunstein

Einwohnerversammlung der Gemeinde Flintbek

Stadt Rödermark. Bebauungsplan B 33. Südlich Töpferstraße / westlich Schömbsstraße

Ausnahmen und Befreiungen im Bauplanungs- und Bauordnungsrecht

Zusammenfassende Erklärung. gemäß 6 Abs. 5 Satz 3 BauGB zum Flächennutzungsplan der Gemeinde St. Oswald-Riedlhütte

Naturschutzrecht Übung. Verhältnis Naturschutzrecht und Baurecht

Aktuelle rechtliche Rahmenbedingungen zur Nahversorgung

Anlage Änderung des Flächennutzungsplanes der Stadt Bielefeld Wohnen an der Bochumer Straße/Am Rohrwerk. Abschließende Darstellung

Schalltechnische Untersuchung

Windenergie in der Regional- und Bauleitplanung: Rechtsprechung und Planungspraxis

Verordnung über die bauliche Nutzung der Grundstücke (Baunutzungsverordnung - BauNVO)

Prof. Dr. M. Ronellenfitsch WS 2009/2010. Übung im Öffentlichen Recht für Fortgeschrittene. Fall 5

Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 4. Juni 2009 ( 11 E 929/09)

Transkript:

W O R K S H O P Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung Mischgebiete und Dorfgebiete Grenzen der planerischen Steuerungsmöglichkeiten Allgemeine Grundlagen und Problemstellungen 02. März 2015

Tagesordnung 10.00 Uhr - Beginn der Veranstaltung Begrüßung Inhaltliche Einführung und Ergebnisse der Umfrage Überblick zu den städtebaurechtlich relevanten Fragestellungen Gemeinsamkeiten und Unterschiede Ca. 11.30 Uhr Kaffeepause Festsetzung von Misch- und Dorfgebieten Ca. 13.30 Uhr bis 14.00 Uhr Mittagspause Fallbeispiele FAZIT 16.00 Uhr - Ende der Veranstaltung 2

Einführung Der Umgang mit Mischgebieten und Dorfgebieten ist in der städtebaulichen Praxis, v.a. bei der Aufstellung oder Änderung von Bebauungsplänen, aber auch im unbeplanten Innenbereich mit zahlreichen Problemen und Rechtsunsicherheiten verbunden. Im Auftrag des Ministeriums für Infrastruktur und Landesplanung (MIL) des Landes Brandenburg sollen diesbezüglichen Fragestellungen unter Zugrundelegung der spezifischen Besonderheiten im Land Brandenburg und der konkreten Fragen, die sich für die Städte und Gemeinden sowie die Baugenehmigungsbehörden in Brandenburg stellen, nachgegangen werden. 3

Umfrage Erfassung der landesspezifischen Besonderheiten im Land Brandenburg mit Hilfe einer Umfrage unter Einbeziehung : aller Städte und Gemeinden sowie alle Landkreise als untere Bauaufsichtsbehörden im Land Brandenburg Versendung eines mit dem MIL abgestimmten Fragebogens 4

Fragebogen 1. Haben Sie in Ihrem Gemeindegebiet durch Bebauungsplan festgesetzte Misch- oder Dorfgebiete? 2. Was waren die Gründe für die Festsetzung der Misch- und Dorfgebiete? 3. Hatten Sie bei der Aufstellung des Bebauungsplans Probleme bei der Festlegung des Umgriffs der festgesetzten Misch- oder Dorfgebiete? Wenn ja, welche genau? 4. Gibt es bei festgesetzten Misch- oder Dorfgebiete Probleme im Planvollzug? Wenn ja, welche genau? 5. Wie wird im Planvollzug sichergestellt, dass die notwendige Nutzungsmischung, die charakteristisch für ein Misch- und Dorfgebiet ist, hergestellt bzw. bewahrt? 6. Gibt es in Ihrem Gemeindegebiet faktische Misch- oder Dorfgebiete? 7. Wenn ja, stellen sich auch hier Probleme im Planvollzug und welche sind das? 8. Gibt es sonstige Probleme bei der Behandlung von Misch- oder Dorfgebieten? 9. Hatten Sie in jüngerer Zeit Rechtsmittelverfahren im Zusammenhang mit festgesetzten oder faktischen Dorf- oder Mischgebieten (Widerspruchs- oder Klageverfahren von Bauherren oder Nachbarn) und welche waren ggf. die Gründe dafür? 5

Auswertung Rücklauf Fragen 1 und 2 1. Haben Sie in Ihrem Gemeindegebiet durch Bebauungsplan festgesetzte Misch- oder Dorfgebiete? In den vielen Gemeinden bestehen Bebauungspläne, die als Art der baulichen Nutzung Misch- oder Dorfgebiete festsetzen. Dabei kommt in erster Linie das Mischgebiet zur Anwendung. 2. Was waren die Gründe für die Festsetzung der Misch- und Dorfgebiete? Erhaltung und Fortentwicklung der bestehenden Siedlungsstruktur (meist Ortslagen, Gemengelagen) Schaffung der Voraussetzung für die Entwicklung neuer Mischgebiete (Ortszentrum) Pufferzone zwischen Wohnen und Gewerbe/Industrie bzw. Puffer zwischen Straße und Wohnen Höhere Dichtewerte Umsetzung der Ziele eines Vorhabenträgers (z.b. Umnutzung einer Industriebrache), Entwicklung aus dem Flächennutzungsplan 6

Auswertung Rücklauf Fragen 3 und 4 3. Hatten Sie bei der Aufstellung des Bebauungsplans Probleme bei der Festlegung des Umgriffs der festgesetzten Misch- oder Dorfgebiete? Wenn ja, welche genau? Probleme bei der räumlichen Abgrenzung bestehen nicht. 4. Gibt es bei festgesetzten Misch- oder Dorfgebiete Probleme im Planvollzug? Wenn ja, welche genau? Gewährleistung der Durchmischung / der Steuerung der Durchmischung Überwiegend Bedarf für Wohnen nicht für Gewerbe bzw. Landwirtschaft Beurteilung des zulässigen Störgrads ("nicht wesentlich störend"), Nachbarschutz Umnutzung eines "nicht wesentlich störend" Gewerbebetriebs in einen störenden (3-Schicht-Betrieb) Zulässigkeit von Nutzungen am Rande des Mischgebiets zu Gewerbegebiet hin Umnutzungen: GE wird nach Inbetriebnahme wieder aufgegeben -> Wohnnutzung Aufgabe der Landwirtschaft, Scheunen -> Wohnnutzung 7

Auswertung Rücklauf Frage 5 5. Wie wird im Planvollzug sichergestellt, dass die notwendige Nutzungsmischung, die charakteristisch für ein Misch- und Dorfgebiet ist, hergestellt bzw. bewahrt? Die Sicherstellung wird überwiegend als problematisch angesehen Es wird keine Baugenehmigung mehr erteilt, wenn eine Nutzungsart (Wohnen bzw. Gewerbe) überwiegt Dabei wird als Grenze meist als 60-70 % zum Ansatz gebracht (Problem: Gebiete laufen mit Wohnen voll; Restflächen für Gewerbe u.ä. bleiben leer) Vertragliche Regelungen Beratung Es wurde insbesondere folgende Fragen aufgeworfen: Welches Mischungsverhältnis ist anzunehmen? Wie hat die Durchmischung räumlich zu erfolgen? Was ist für eine rechtssichere Versagung zu beachten? 8

Auswertung Rücklauf Fragen 6 und 7 6. Gibt es in Ihrem Gemeindegebiet faktische Misch- oder Dorfgebiete? Ganz überwiegend sind faktische Mischgebiete (Dorfgebiete eher selten) vorhanden In der Regel im Bereich der Ortskerne und entlang von Straßen Die Anzahl von Dorfgebieten ist eher gering Anregung: Neue Gebietskategorie in BauNVO: "ländlich geprägtes Dorfgebiet 7. Wenn ja, stellen sich auch hier Probleme im Planvollzug und welche sind das? Immissionsschutz (Lärm und Gerüche) Eigentumswechsel/-verhältnisse Einfügen Gebot der Rücksichtnahme Begrifflichkeit: Dörfer Dorfgebiet ab wann nicht mehr MD sondern MI Nutzungsaufgabe Landwirtschaft bzw. Neuansiedlung v.a. Nebenerwerb/Kleintierhaltung 9

Auswertung Rücklauf Frage 8 8. Gibt es sonstige Probleme bei der Behandlung von Misch- oder Dorfgebieten? Umgang mit Abstandserlass Unterschiedliche Auffassungen betreffend die Abgrenzung bzw. Einstufung der Gebietsart seitens der Gemeinde (MI) bzw. der Genehmigungsbehörde (WA), wessen Einschätzung hat mehr Gewicht? Wie kann eine Trennung von Wohnen und Gewerbe im Mischgebiet erfolgen? Heranrücken der Wohnnutzung des Mischgebiets an das angrenzende Gewerbegebiet, was ist zu beachten? Tierhaltung, Abgrenzung von privater und gewerblicher Tierhaltung in faktischen MI- oder MD-Gebieten Problem: Keine Steuerung der Entwicklung über FNP Beurteilung der Zulässigkeit bei Ausbau/Umnutzung von Nebengebäuden / Wohnen in 2. Reihe 1 0

Auswertung Rücklauf Frage 9 9. Hatten Sie in jüngerer Zeit Rechtsmittelverfahren im Zusammenhang mit festgesetzten oder faktischen Dorf- oder Mischgebieten (Widerspruchs- oder Klageverfahren von Bauherren oder Nachbarn) und welche waren ggf. die Gründe dafür? Verfahren sind überwiegend nicht anhängig. Wenn dann sind die Lärmbelastung bzw. Geruchsemissionen ausschlaggebend. Ein großes Thema stellen auch die Umnutzung von Stallgebäuden für die Pferdehaltung / Hobbytierhaltung dar. 1 1

Auswertung Fallbeispiele 6 Fallgruppen Bestandssicherung Angebotsplanung / Kleinstädtisches Zentrum Mischgebietsvollzug / Bedarf Gegliedertes Mischgebiet Vorgeschobenes Mischgebiet Etikettenschwindel 12

Städtebaurechtlich relevante Fragestellungen Dorfgebiete 5 BauNVO (1) Dorfgebiete dienen der Unterbringung der Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe, dem Wohnen und der Unterbringung von nicht wesentlich störenden Gewerbebetrieben sowie der Versorgung der Bewohner des Gebietes dienenden Handwerksbetrieben. Auf die Belange der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe einschließlich ihrer Entwicklungsmöglichkeiten ist vorrangig Rücksicht zu nehmen. (2) Zulässig sind 1.Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe und die dazugehörigen Wohnungen und Wohngebäude, 2.Kleinsiedlungen einschließlich Wohngebäude mit entsprechenden Nutzgärten und landwirtschaftliche Nebenerwerbsstellen, 3.sonstige Wohngebäude, 4.Betriebe zur Be- und Verarbeitung und Sammlung land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, 5.Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes, 6.sonstige Gewerbebetriebe, 7.Anlagen für örtliche Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke, 8.Gartenbaubetriebe, 9.Tankstellen. (3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des 4a Abs. 3 Nr. 2 zugelassen werden. Mischgebiete 6 BauNVO (1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören. (2) Zulässig sind 1.Wohngebäude, 2.Geschäfts- und Bürogebäude, 3.Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirt-schaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes, 4.sonstige Gewerbebetriebe, 5.Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke, 6.Gartenbaubetriebe, 7.Tankstellen, 8.Vergnügungsstätten im Sinne des 4a Abs. 3 Nr. 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind. (3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des 4a Abs. 3 Nr. 2 außerhalb der in Absatz 2 Nr. 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden. 13

Mischgebiete 6 Mischgebiete (1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören. Ziel: Stadt der kurzen Wege : Wohnen, Arbeiten, Versorgung und Freizeitgestaltung auf in räumlicher Nähe quantitative und qualitative Gleichrangigkeit und Gleichwertigkeit, also keine Übergewichtigkeit einer Nutzung Durchmischung: keine rechnerisch exakte Zahlenwerte Tatsächliche Umstände im Einzelfall 14

Mischgebiete Zulässiger Störgrad: Gewerbebetriebe, die das Wohnen nicht wesentlich stören Störgradsystematik der BauNVO: nicht störende Gewerbebetriebe in WS- und WA-Gebieten. nach der besonderen Eigenart mit der Wohnnutzung vereinbare Gewerbebetriebe in WB-Gebieten. nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe in MD-, MI- und MK-Gebieten. nicht erheblich belästigende Gewerbebetriebe in GE-Gebieten. erheblich belästigende Gewerbebetriebe in GI-Gebieten. 15

Mischgebiete gewisse Störungen in Mischgebieten müssen hingenommen werden Typisierende Betrachtung stellt auf den Störgrad des jeweiligen Gewerbebetriebes ab, und zwar auf die aktuellen Störungen und auf die künftigen bei funktionsgerechter Nutzung (vgl. BVerwG, U. v. 24.9.1992 7 C 7.92) Es kommt nicht auf die konkreten örtlichen Gegebenheiten an, da sich die Rahmenbedingungen ändern können Eine nur scheinbare Problembewältigung sog. maßgeschneiderte Baugenehmigung ist nicht ausreichend Hilfestellung für Beurteilung: Anlagen, die einer Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz bedürfen, sind in der Regel in einem Mischgebiet nicht zulässig sind Korrektiv Immissionsschutzrechtliche Notfallbremse : 15 Abs.1 BauNVO 16

Dorfgebiete 5 Dorfgebiete (1) Dorfgebiete dienen der Unterbringung der Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe, dem Wohnen und der Unterbringung von nicht wesentlich störenden Gewerbebetrieben sowie der Versorgung der Bewohner des Gebietes dienenden Handwerksbetrieben. Auf die Belange der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe einschließlich ihrer Entwicklungsmöglichkeiten ist vorrangig Rücksicht zu nehmen. Wesentlicher Unterschied zur MI: Vorrang von Land- und Forstwirtschaft Ohne landwirtschaftliche oder forstwirtschaftliche Betriebsstellen ist ein Baugebiet kein Dorfgebiet! (vgl. BVerwG, B. v. 29.5. 2001 4 B 33.01; VGH Ba-Wü, U. v. 02.10.2013 5 S 1273.12 -, NVwZ-RR 2014, 177) 17

Dorfgebiete Das Baugebiet muss von Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe geprägt sein (vgl. BVerwG, U. v. 23.42009 4 CN 5.07). Landwirtschaftstypische Emissionen (Tiergeräusche, Gerüche, Lärm landwirtschaftlicher Maschinen u.s.w.) sind prinzipiell hinzunehmen. Duldungspflichten gegenüber Gerüchen für Wohnbebauung etwas höher als die Regelwerte der GIRL 2008, weil vorrangige Rücksichtnahme auf landwirtschaftliche Betriebe (vgl. OVG Münster, U. v. 20.9.2007 7 A 1434.06). Zulässiger Störgrad von Gewerbebetrieben wie beim Mischgebiet Rechtlicher Begriff und umgangssprachlicher Dorfbegriff liegen weit auseinander. 18

Festgesetzte Misch- und Dorfgebiete Rechtliche Grundlagen: > 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB (Art der baulichen Nutzung) > 1 Abs. 3 i.v.m. 1 Abs. 2 BauNVO (Baugebiete) Exkurs: Flächennutzungsplan Rechtliche Grundlagen > 5 Abs. 2 Nr. 1 BauGB (allgemeine bzw. besondere Art der baulichen Nutzung) > 1 Abs. 1 BauNVO (Bauflächen), 1 Abs. 2 BauNVO (Baugebiete) 19

Faktische Misch- und Dorfgebiete Achtung: Gemengelage Misch- oder Dorfgebiet Industriell oder hinsichtlich ihrer Geräuschauswirkungen vergleichbare Nutzungen sowie zum Wohnen dienende Gebiete oder ggf. auch nur entsprechende einzelne bauliche Anlagen grenzen aneinander (vgl. Nr. 6.7 der TA Lärm) Also: Nicht jedwede Mischung von gewerblichen Nutzungen und Wohnnutzungen ist als Misch- oder Dorfgebiet im bauplanungsrechtlichen Sinne einzustufen. 20

Festgesetzte und faktische Misch- und Dorfgebiete Rechtsanspruch auf Zulassung > sowohl einer Wohnnutzung > als auch einer das Wohnen nicht wesentlich störenden Gewerbenutzung Einziges Korrektiv: 15 Abs. 1 BauNVO > Ein sonst zulässiges Vorhaben ist unzulässig, weil es im Hinblick auf die Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widerspricht ( 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO) > Schwelle: wenn ein Kippen des Baugebiets unmittelbar bevorsteht, also keine Flächen nach Anzahl, Größe, Lage und Zweckbestimmung mehr zur Verfügung stehen, die die Entwicklung zu einem Misch- oder Dorfgebiet ermöglichen. Bedeutung der Darstellung des FNPs bei faktischen Misch- oder Dorfgebieten 21

Planungsziele und Gründe Städtebauliche und umweltbezogene Zielsetzungen Bestandssicherung Neuplanung in der Nachbarschaft zu immissionsrelevanten Nutzungen bzw. Neuplanung in der Nachbarschaft zu bestehenden Wohngebieten Puffer zwischen störungsempfindlichen und immissionsrelevanten Nutzungen 22

Rechtfertigung Trennungsgrundsatz 50 Satz 1 BImSchG Bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen sind die für eine bestimmte Nutzung vorgesehenen Flächen einander so zuzuordnen, dass schädliche Umwelteinwirkungen und von schweren Unfällen im Sinne des Artikels 3 Nummer 5 der Richtlinie 96/82/EG in Betriebsbereichen hervorgerufene Auswirkungen auf die ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienenden Gebiete sowie auf sonstige schutzbedürftige Gebiete, insbesondere öffentlich genutzte Gebiete, wichtige Verkehrswege, Freizeitgebiete und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete und öffentlich genutzte Gebäude, so weit wie möglich vermieden werden. Erforderlichkeit der Planung 1 Abs. 3 BauGB Hinreichend nachvollziehbarer Bedarf und tatsächliches Planungsziel sonst: Etikettenschwindel (BVerwG, B. v. 28.2.2002 4 CN 5.01) Hinreichende Flächengröße 23

Feinsteuerung Gliederungs- und Differenzierungsmöglichkeiten nach 1 Abs. 4 bis 10 BauNVO > Abs. 4: Gliederung > Abs. 5: Ausschluss von allgemein zulässige Nutzung/Ausnahmsweise zulässig > Abs. 6: Ausschluss von ausnahmsweise zulässigen Nutzungen / allgemeine Zulässigkeit von Ausnahmen > Abs. 7: horizontale Gliederung > Abs. 8: Beschränkung auf Teile des Gebiets > Abs. 9: Beschränkung der Anwendung von Abs. 5 bis 8 auf bestimmte Arten > Abs. 10: Fremdkörperfestsetzung Auch anwendbar für Misch- und Dorfgebiete 24

Feinsteuerung Erforderlichkeit ( 1 Abs. 3 BauGB) / städtebauliche Gründe (BVerwG, B. v. 6.5.1996 4 NB 16.96) Zweckbestimmung muss gewahrt bleiben (BVerwG, B. v. 8.11.2004 4 BN 39.04), daher > ist ein Ausschluss der jeweiligen Hauptnutzung im MI: Wohnen und nicht wesentlich störendes Gewerbe im MD: land- und forstwirtschaftliche Betriebsstätten ist nicht möglich! 25

Fallbeispiele Fallgruppe I Bestandssicherung 26

Fallbeispiele Fallgruppe I Bestandssicherung 27

Fallbeispiele Fallgruppe II Angebotsplanung / Kleinstädtisches Zentrum 28

Fallbeispiele Fallgruppe II Angebotsplanung / Kleinstädtisches Zentrum 29

Fallbeispiele Fallgruppe III Mischgebietsvollzug / Bedarf 30

Fallbeispiele Fallgruppe III Mischgebietsvollzug / Bedarf 31

Fallbeispiele Fallgruppe IV Gegliedertes Mischgebiet 32

Fallbeispiele Fallgruppe IV Gegliedertes Mischgebiet 33

Fallbeispiele Fallgruppe V Vorgeschobenes Mischgebiet 34

Fallbeispiele Fallgruppe V Vorgeschobenes Mischgebiet 35

Fallbeispiele Fallgruppe VI Etikettenschwindel 36

Fallbeispiele Fallgruppe VI Etikettenschwindel 37

Fallbeispiel Umnutzung / Bauen in 2. Reihe 38

W O R K S H O P Mischgebiete und Dorfgebiete in der städtebaulichen Praxis F A Z I T 39