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Transkript:

Lösungsskizze Fall 3 A. Ansprüche des K gegen V auf Herausgabe des Fahrrades I. Anspruch des K gegen V auf Herausgabe des Fahrrades nach 985, 986 BGB 1. Eigentümerstellung des K a) Einigungsangebot b) Wirksamkeit des Angebots aa) Abgabe bb) Zugang c) Vorliegen der Annahmeerklärung des K d) Wirksamkeit der Annahme aa) Wirksamkeit der Erklärung gem. 107 BGB bb) Wirksamkeit des Einigungsvertrages gem. 108 Abs.1 BGB cc) Unwirksamkeit der Genehmigung gem. 108 Abs. 2 S.1 BGB 2. Besitzstellung des V 3. Recht zum Besitz des Fahrrades nach 986 BGB a) Vorliegen eines Angebots des V b) Wirksamkeit des Angebots c) Vorliegen der Annahmeerklärung des K d) Wirksamkeit der Annahme aa) Wirksamkeit der Erklärung gem. 107 BGB bb) Wirksamkeit des Tauschvertrags gem. 108 Abs.1 BGB cc) Unwirksamkeit der Genehmigung gem. 108 Abs.2 S.1 BGB II. Anspruch des K gegen V nach 812 Abs. 1 S. 1 Var. 1 BGB auf Rückübereignung und Herausgabe des Fahrrades 1. Etwas erlangt 2. Durch Leistung 3. Ohne Rechtsgrund 1

B. Ansprüche des V gegen K auf Herausgabe des Mopeds I. Anspruch des V gegen K auf Herausgabe des Mopeds nach 985, 986 BGB 1. Eigentümerstellung des V a) Einigung nach 929 S. 1 BGB aa) Einigungsangebot bb) Wirksamkeit des Angebots (1) Abgabe (2) Zugang cc) Vorliegen der Annahmeerklärung des K dd) Wirksamkeit der Annahme b) Übergabe c) Berechtigung des V 2. Ergebnis II. Anspruch des V gegen K nach 812 Abs. 1 S. 1 Var. 1 BGB auf Rückübereignung und Herausgabe des Mopeds 1. Etwas erlangt 2. Durch Leistung 3. Ohne Rechtsgrund 2

Lösung Fall 3 A. Ansprüche des K gegen V auf Herausgabe des Fahrrades I. Anspruch des K gegen V auf Herausgabe des Fahrrades nach 985, 986 BGB Dem K steht ein Anspruch aus 985 BGB gegenüber V zu, wenn K Eigentümer des Fahrrades ist und V nichtberechtigter Besitzer ( 986 BGB). 1. Eigentümerstellung des K Der K müsste Eigentümer des Fahrrades sein. Ursprünglich war K Eigentümer des Fahrrades. Er könnte jedoch sein Eigentum an dem Fahrrad nach 929 S. 1 BGB dadurch verloren haben, dass er es dem V mitgab. Dann müssten sich V und K wirksam über den Eigentumswechsel geeinigt und K dem V das Fahrrad übergeben haben. Des Weiteren müsste K zur Eigentumsübertragung berechtigt gewesen sein. a) Einigungsangebot Indem V dem K sein Moped gegen das Fahrrad zum Tausch angeboten hat, könnte er konkludent eine Einigungsangebot abgegeben haben, das Fahrrad des K zu erweben. Ein Einigungsangebot ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die die wesentlichen Vertragsbestandteile enthält. Bei einem Einigungsangebot sind diese Vertragsbestandteile die Vertragsparteien und die Sache, an der das Eigentum übertragen werden soll. Ob die Erklärung des V diese Vertragsbestandteile enthält, ist durch Auslegung der Erklärung zu ermitteln. Maßgeblich für die Auslegung ist bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen die Sicht eines objektiven Dritten in der Rolle des Erklärungsempfängers ( objektiver Empfängerhorizont ), 133, 157 BGB. V hat K sein Moped gegen das Fahrrad zum Tausch angeboten. Aus der Sicht eines objektiven Dritten in der Rolle des Erklärungsempfängers beinhaltet die Erklärung die Vertragsparteien (K und V) und die Sache, an der das Eigentum übertragen werden soll (das Fahrrad). Ein Einigungsangebot liegt folglich vor. b) Wirksamkeit des Angebots Darüber hinaus müsste das Angebot auch wirksam geworden sein. Eine empfangsbedürftige Willenserklärung wird mit Abgabe und Zugang wirksam. aa) Abgabe Daher ist zunächst eine Abgabe des Angebots von Nöten. Eine empfangsbedürftige Willenserklärung ist abgegeben, wenn der Erklärende sie in Richtung auf den Empfänger entäußert hat. V wollte das Fahrrad des K erwerben. Dieses hat V auch gegenüber K kundgetan. Mithin hat V als Erklärender die Willenserklärung in Richtung auf den Erklärungsempfänger K entäußert. Die Willenserklärung wurde also abgegeben. bb) Zugang Ferner müsste die Erklärung auch zugegangen sein. Eine mündliche Erklärung unter Anwesenden geht zu, wenn der Erklärungsempfänger die Erklärung vernommen hat (sog. Vernehmungstheorie). K hat die Äußerung des V gehört, so dass von einem Zugang bei K 3

auszugehen ist. Fraglich ist jedoch, ob der Zugang beim minderjährigen K hinreichend für die Wirksamkeit des Angebots ist. Gem. 131 Abs.1, Abs. 2, S.1 BGB wird eine Willenserklärung, die einem beschränkt Geschäftsfähigen gegenüber abgegeben wird, nicht wirksam, bevor sie dem gesetzlichen Vertreter zugeht. Gem. 2, 106 BGB ist ein Minderjähriger, der das siebente Lebensjahr vollendet hat, in der Geschäftsfähigkeit beschränkt. K ist 17 Jahre alt, mithin beschränkt geschäftsfähig. Nach 1626 Abs. 1 S.1 BGB haben die Eltern des K die elterliche Sorge, die die Vertretung des K ( 1629 Abs.1 S.1 BGB) umfasst. Das Angebot des V kann also grundsätzlich erst durch Zugang der Willenserklärung bei den Eltern des K wirksam werden. Gem. 131 Abs.2 S.2 genügt jedoch der Zugang der Erklärung beim beschränkt Geschäftsfähigen, wenn die Erklärung lediglich einen rechtlich Vorteil bringt. Bei der Beurteilung des Geschäfts ist nicht auf die wirtschaftlichen Vor- oder Nachteile für den Minderjährigen abzustellen, sondern auf die rechtlichen Vor- und Nachteile. Werden durch die Willenserklärung rechtliche Pflichten geschaffen, so ist das Geschäft nicht mehr rechtlich vorteilhaft. Das Vertragsangebot des V begründet keine Pflichten, sondern lediglich die Möglichkeit des K den Vertrag zustande zu bringen. Das Angebot ist rechtlich vorteilhaft, mit der Folge, dass dieses gem. 131 Abs.2 S.2 BGB mit Zugang bei K wirksam wird. c) Vorliegen der Annahmeerklärung des K Weiterhin ist für den Vertragsschluss die Annahme des Angebots durch K erforderlich. Eine Annahme ist die Erklärung des vorbehaltlosen Einverständnisses mit dem Angebot. Ob ein vorbehaltloses Einverständnis erklärt wurde, ist durch Auslegung zu ermitteln. Maßgeblich ist dabei die Sicht eines objektiven Dritten in der Rolle des Erklärungsempfängers ( objektiver Empfängerhorizont ) 133, 157 BGB. K erklärt sich mit dem Angebot einverstanden. Aus der Sicht eines objektiven Dritten hat sich K mit dem Angebot des V folglich vorbehaltlos einverstanden erklärt; eine Annahme liegt somit vor. d) Wirksamkeit der Annahme Auch die Annahme müsste wirksam geworden sein. Eine Annahme stellt ebenso wie ein Angebot eine empfangsbedürftige Willenserklärung dar, d.h., sie wird durch Abgabe und Zugang wirksam. K hat sich der Annahmeerklärung entäußert und V hat diese vernommen, so dass die Erklärung von K abgegeben und bei V zugegangen ist. aa) Wirksamkeit der Erklärung gem. 107 BGB Die Willenserklärung des minderjährigen K bedarf zu ihrer Wirksamkeit jedoch der Einwilligung der Eltern, sofern der Minderjährige durch die Erklärung nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt, 107 BGB. Unter einer Einwilligung ist die vorherige Zustimmung zu einem Rechtsgeschäft zu verstehen ( 183 BGB). Die Eltern haben mit K vor Erklärung der Annahme noch gar nicht über den Tausch geredet, so dass eine Einwilligung nicht erklärt wurde. Die Wirksamkeit der Annahmeerklärung hängt daher von der rechtlichen Vorteilhaftigkeit ab. Durch die Annahmeerklärung des Einigungsangebots wird ein dinglicher Vertrag über den Eigentumswechsel des Fahrrades begründet. Der K verliert daher bei erfolgreicher Übergabe das Eigentum an seinem Fahrrad. Die Annahmeerklärung ist daher nicht lediglich rechtlich vorteilhaft. Die Annahmeerklärung ist daher nicht gem. 107 BGB wirksam geworden. 4

bb) Wirksamkeit des Einigungsvertrages gem. 108 Abs.1 BGB Der Einigungsvertrag könnte gem. 108 Abs.1 BGB genehmigt worden sein. Unter einer Genehmigung versteht man die nachträgliche Zustimmung zu einem Rechtsgeschäft, 184 BGB. Durch eine Genehmigung wird das fragliche Rechtsgeschäft rückwirkend wirksam. Die Eltern sagen dem K, dass sie mit dem Geschäft einverstanden seien. Darin ist die nachträgliche Zustimmung zum Tauschvertrag zu sehen; der Tauschvertrag ist wirksam geworden. cc) Unwirksamkeit der Genehmigung gem. 108 Abs. 2 S.1 BGB Gem. 108 Abs.2 S.1 BGB ist die gegenüber K erteilte Genehmigung jedoch wieder unwirksam geworden, wenn der andere Teil den gesetzlichen Vertreter zur Erklärung über die Genehmigung auffordert. V hat die Eltern des K angerufen und gefragt, ob auch sie mit dem Geschäft einverstanden seien. V hat die Eltern als gesetzliche Vertreter des K aufgefordert, sich über die Genehmigung zu erklären. Daher wird gem. 108 Abs.2 S.1 Hs.2 BGB die vor Aufforderung dem Minderjährigen gegenüber erteilte Genehmigung unwirksam. Die Eltern haben die Genehmigung gegenüber V verweigert. Der Vertrag ist durch die verweigerte Genehmigung endgültig unwirksam geworden. Eine wirksam Einigung liegt daher nicht vor. K ist Eigentümer des Fahrrades geblieben. 2. Besitzstellung des V V müsste zudem Besitzer des Fahrrades sein. Der Besitz ist die tatsächliche Sachherrschaft über eine Sache. Maßgeblich ist dabei die Verkehrsanschauung. V hat das Fahrrad an sich, also übt er seither die tatsächliche Sachherrschaft über das Fahrrad aus. V ist also auch Besitzer des Fahrrades. 3. Recht zum Besitz des Fahrrades nach 986 BGB Schließlich dürfte V kein Recht zum Besitz an dem Fahrrad gegenüber K haben, 986 Abs. 1 BGB. Ein solches Besitzrecht des V könnte sich aus einem zwischen V und K abgeschlossenen Tauschvertrag ergeben. Ein Tauschvertrag kommt durch zwei inhaltsübereinstimmende, aufeinander bezogene Willenserklärungen, Angebot und Annahme, 145 ff. BGB, zustande. a) Vorliegen eines Angebots des V Indem der V dem K das Moped gegen das Fahrrad zum Tausch anbietet, hat er das Angebot erklärt. b) Wirksamkeit des Angebots Darüber hinaus müsste das Angebot auch wirksam geworden sein. Allein fraglich ist, ob die Erklärung dem K auch zugegangen ist. Eine mündliche Erklärung unter Anwesenden geht zu, wenn der Erklärungsempfänger die Erklärung vernommen hat (sog. Vernehmungstheorie). K hat die Äußerung des V gehört, so dass von einem Zugang bei K auszugehen ist. Nach 131 Abs. 2 S.2 BGB kommt es auch auf den Zugang der Willenserklärung bei K an, da der Zugang eines Angebotes lediglich rechtlich vorteilhaft ist (s. o.). 5

c) Vorliegen der Annahmeerklärung des K Weiterhin ist für den Vertragsschluss die Annahme des Angebots durch K erforderlich. K erklärt sich mit dem Angebot einverstanden. Aus der Sicht eines objektiven Dritten hat er sich mit dem Angebot des V vorbehaltlos einverstanden erklärt; eine Annahme liegt vor. d) Wirksamkeit der Annahme Auch die Annahme müsste wirksam geworden sein. K hat sich der Annahmeerklärung entäußert und V hat diese vernommen, so dass die Erklärung von K abgegeben und bei V zugegangen ist. aa) Wirksamkeit der Erklärung gem. 107 BGB Fraglich ist, ob die Annahme des K nach 107 wirksam ist. Die Eltern haben mit K vor Erklärung der Annahme noch gar nicht über das Tauschgeschäft geredet, so dass eine Einwilligung nicht erklärt wurde. Die Wirksamkeit der Annahmeerklärung hängt daher von der rechtlichen Vorteilhaftigkeit ab. Durch die Annahmeerklärung wird die Verpflichtung des K zur Übergabe der Tauschssache begründet. Die Annahmeerklärung ist daher nicht lediglich rechtlich vorteilhaft. Die Annahmeerklärung ist daher nicht gem. 107 BGB wirksam geworden. bb) Wirksamkeit des Tauschvertrags gem. 108 Abs.1 BGB Der Tauschvertrag könnte gem. 108 Abs.1 BGB genehmigt worden sein. Die Eltern sagen dem K, dass sie mit dem Geschäft einverstanden seien. Darin ist die nachträgliche Zustimmung zum Tauschvertrages zu sehen; der Tauschvertrag ist wirksam geworden. cc) Unwirksamkeit der Genehmigung gem. 108 Abs.2 S.1 BGB Gem. 108 Abs.2 S.1 BGB ist die gegenüber K erteilte Genehmigung jedoch wieder unwirksam geworden, da der V hat die Eltern des K angerufen und gefragt, ob auch sie mit dem Geschäft einverstanden seien (s.o.). Folglich wird gem. 108 Abs.2 S.1 Hs.2 BGB die vor Aufforderung dem Minderjährigen gegenüber erteilte Genehmigung unwirksam. V hat daher aus dem Tauschvertrag kein Recht zum Besitz. Der K hat gem. 985 BGB, vertreten durch seine Eltern, ein Anspruch auf Herausgabe des Fahrrades. II. Anspruch des K gegen V nach 812 Abs. 1 S. 1 Var. 1 BGB auf Rückübereignung und Herausgabe des Fahrrades Der K könnte ein Anspruch gegen V nach 812 Abs. 1 S. 1 Alt.1 BGB auf Herausgabe und Rückübereignung des Fahrrades zustehen, wenn V Besitz an diesen durch Leistung des K ohne Rechtsgrund erlangt hat. 1. Etwas erlangt Dazu müsste V von K etwas erlangt haben. "Etwas" i.s.d. 812 BGB ist jede vermögenswerte Rechtsposition. V hat von K zwar nicht das Eigentum (s.o.) aber den Besitz (s.o.) an dem Fahrrad erhalten. Auch der Besitz als tatsächliche Sachherrschaft ist eine vermögenswerte Rechtsposition und damit "etwas" i.s.d. 812 Abs. 1 S. 1 Var. 1 BGB. 6

2. Durch Leistung Den Besitz des V muss dieser durch Leistung des K erlangt haben. Leistung ist jede zweckgerichtete Vermehrung fremden Vermögens. K hat dem V den Besitz an seinem Fahrrad verschafft um seiner vermeintlichen Verpflichtung aus dem Tauchvertrag nachzukommen. Er hat somit zweckgerichtet das Vermögen des K um den Besitz an dem Fahrrad vermehrt. 3. Ohne Rechtsgrund Schließlich muss die Leistung des K an V ohne Rechtsgrund erfolgt sein. Dies ist der Fall, wenn der mit der Leistung verfolgte Zweck nicht erreicht wurde. K verfolgte den Zweck aus seiner Verpflichtung aus dem Tauschvertrag freizuwerden. Wie bereits oben dargestellt, scheitert der Tauschvertrag jedoch an der Minderjährigkeit des K, so dass der verfolgte Zweck, das Freiwerden von der Verbindlichkeit nicht erreicht werden konnte. Somit fehlt es am Rechtsgrund i. S. d. 812 Abs.1 S. 1 Var. 1 BGB. K hat einen Anspruch gegen V auf Verschaffung des Besitzes an den Fahrrad gem. 812 Abs. 1 S. 1 Var. 1 BGB B. Ansprüche des V gegen K auf Herausgabe des Mopeds I. Anspruch des V gegen K auf Herausgabe des Mopeds nach 985, 986 BGB Dem V steht ein Anspruch aus 985 BGB gegenüber K zu, wenn V Eigentümer des Mopeds ist und K nichtberechtigter Besitzer ( 986 BGB). 1. Eigentümerstellung des V Der V müsste Eigentümer des Mopeds sein. Ursprünglich war der V Eigentümer des Mopeds. Der V könnte sein Eigentum an dem Moped nach 929 S. 1 BGB dadurch verloren haben, indem er es dem K mitgab. Dann müssten sich V und K wirksam über den Eigentumswechsel geeinigt und der V dem K das Moped übergeben haben. Des weiteren müsste V zur Eigentumsübertragung berechtigt gewesen sein. a) Einigung nach 929 S. 1 BGB Eine Einigung ist ein dinglicher Vertrag, der durch zwei korrespondierende Willenserklärungen, Angebot und Annahme zustande kommt. aa) Einigungsangebot Indem der V dem K sein Moped zum Tausch anbietet, könnte er konkludent eine Einigungsangebot zum Eigentumswechsel über das Moped abgegeben haben. Aus der Sicht eines objektiven Dritten in der Rolle des Erklärungsempfängers beinhaltet die Erklärung die Vertragsparteien (K und V) und die Sache, an der das Eigentum übertragen werden soll (das Moped). Ein Einigungsangebot des V liegt folglich vor. 7

bb) Wirksamkeit des Angebots Darüber hinaus müsste das Angebot auch wirksam geworden sein. Eine empfangsbedürftige Willenserklärung wird mit Abgabe und Zugang wirksam. (1) Abgabe Daher ist zunächst eine Abgabe des Angebots von Nöten. V wollte das Eigentum an dem Moped auf K übertragen. Dieses hat der V auch gegenüber K kundgetan. Mithin hat V als Erklärender die Willenserklärung in Richtung auf den Erklärungsempfänger K entäußert. Die Willenserklärung wurde also abgegeben. (2) Zugang Ferner müsste die Erklärung auch zugegangen sein. K hat die Äußerung des V gehört, so dass von einem Zugang bei K auszugehen ist. Nach 131 Abs.2 S.2 BGB kommt es auch auf den Zugang der Willenserklärung bei K an, da der Zugang eines Angebotes lediglich rechtlich vorteilhaft ist. cc) Vorliegen der Annahmeerklärung des K Weiterhin ist für den Vertragsschluss die Annahme des Angebots durch K erforderlich. K erklärt sich mit dem Angebot einverstanden. Aus der Sicht eines objektiven Dritten hat sich K mit dem Angebot des V folglich vorbehaltlos einverstanden erklärt; eine Annahme liegt vor. dd) Wirksamkeit der Annahme Auch die Annahme müsste wirksam geworden sein. K hat sich der Annahmeerklärung entäußert und V hat diese vernommen, so dass die Erklärung von K abgegeben und bei V zugegangen ist. Die Willenserklärung des minderjährigen K bedarf zu ihrer Wirksamkeit jedoch der Einwilligung der Eltern, sofern der Minderjährige durch die Erklärung nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt, 107 BGB. Allein fraglich ist, ob die Annahmeerklärung rechtlich vorteilhaft ist. Durch die Annahmeerklärung des Einigungsangebots wird ein dinglicher Vertrag über den Eigentumswechsel des Mopeds begründet. Durch diesen wird der K zu nichts verpflichtet, sondern er erhält nur die Möglichkeit das Eigentum an einer unbelasteten Sache zu erhalten. Der Rechtskreis des K wird also erweitert. Die Einigungsannahme ist daher rechtlich vorteilhaft. Die Einigungsannahme ist daher nach 107 BGB wirksam geworden. Eine wirksame Einigung zwischen K und V liegt daher vor. b) Übergabe Dem K müsste das Fahrrad auch auf Veranlassung des V übergeben worden sein.. Der K übt die tatsächliche Sachherrschaft über das Fahrrad aus. Er ist somit Besitzer. Diese Besitzerlangung geschah auch auf Veranlassung des V. Eine Übergabe liegt daher vor. c) Berechtigung des V V war auch als Eigentümer des Mopeds zur Eigentumsübertragung berechtigt. V hat daher sein Eigentum an dem Moped wirksam auf K übertragen 2. Ergebnis Der K ist Eigentümer des Mopeds geworden. Ein Anspruch auf 985 des V scheidet daher aus. 8

II. Anspruch des V gegen K nach 812 Abs. 1 S. 1 Var. 1 BGB auf Rückübereignung und Herausgabe des Mopeds Dem V könnte ein Anspruch gegen K nach 812 Abs. 1 S. 1 Var.1 BGB auf Herausgabe und Rückübereignung des Mopeds zustehen, wenn K Eigentum und Besitz an diesen durch Leistung des V ohne Rechtsgrund erlangt hat. 1. Etwas erlangt Dazu müsste K von V etwas erlangt haben. "Etwas" i.s.d. 812 BGB ist jede vermögenswerte Rechtsposition. K hat von V Eigentum (s.o.) und Besitz (s.o.) an den Moped erhalten. Auch der Besitz als tatsächliche Sachherrschaft ist eine vermögenswerte Rechtsposition und damit "etwas" i.s.d. 812 Abs. 1 S. 1 Var. 1 BGB. 2. Durch Leistung Eigentum und Besitz muss K durch Leistung des V erlangt haben. Leistung ist jede zweckgerichtete Vermehrung fremden Vermögens. V hat dem K das Eigentum und den Besitz an dem Moped verschafft, um seiner Verpflichtung aus dem Tauschvertrag nachzukommen. Er hat somit zweckgerichtet das Vermögen des K um das Eigentum und den Besitz an den Moped vermehrt. 3. Ohne Rechtsgrund Schließlich muss die Leistung des V an K ohne Rechtsgrund erfolgt sein. Dies ist der Fall, wenn der mit der Leistung verfolgte Zweck nicht erreicht wurde. V verfolgte den Zweck aus seiner Verpflichtung aus dem Tauschvertrag freizuwerden. Der Tauschvertrag scheitert jedoch an der Minderjährigkeit des K (s.o), so dass der verfolgte Zweck, das Freiwerden von der Verbindlichkeit nicht erreicht werden konnte. Somit fehlt es am Rechtsgrund i. S.d. 812 Abs.1 S. 1 Var. 1 BGB. V hat einen Anspruch gegen K auf Verschaffung des Eigentums und des Besitzes an dem Moped gem. 812 Abs. 1 S. 1 Var. 1 BGB. 9