Insolvenzplan und Eigenverwaltung - Chancen für einen Neustart im Rahmen der Sanierung und Insolvenz *



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Transkript:

Bales: Insolvenzplan und Eigenverwaltung - Chancen für einen Neustart im Rahmen der NZI 2008 Heft 4 216 Insolvenzplan und Eigenverwaltung - Chancen für einen Neustart im Rahmen der Sanierung und Insolvenz * Assessor Klaus Bales, Bad Kreuznach Der Beitrag erläutert Vor- und Nachteile der außergerichtlichen Sanierung und der Sanierung in einem Insolvenzverfahren, um sodann auf Insolvenzplanverfahren und Eigenverwaltung einzugehen. Der Autor appeliert an alle von der Unternehmenskrise Betroffenen, künftig die Instrumente des Insolvenzplans und der Eigenverwaltung häufiger zu nutzen. I. Einleitung Die weiter sehr hohe Zahl der Unternehmensinsolvenzen 1 und erhebliche Forderungsverluste belasten seit mehreren Jahren die Ertragslage deutscher Kreditinstitute. Die InsO hat dabei den Bedarf an Lösungsmöglichkeiten zur Abwendung eines förmlichen Insolvenzverfahrens nicht beseitigt. Häufig genießt die außergerichtliche Sanierung gegenüber dem förmlichen Insolvenzverfahren den Vorzug. Banken und Sparkassen leisten sowohl in der Krise als auch der Insolvenz ihres Kunden oftmals wichtige Beiträge zur außergerichtlichen oder gerichtlichen Sanierung. Dabei werden die Kreditgeber nicht nur auf eine harte wirtschaftliche, sondern auch auf eine besondere rechtliche Probe gestellt. Dennoch bietet die Krise oder bevorstehende Insolvenz Chancen für die Bank, durch gezielte Bales: Insolvenzplan und Eigenverwaltung - Chancen für einen Neustart im Rahmen der unterstützende Sanierungsmaßnahmen das schuldnerische Unternehmen weiter am Markt zu halten oder die Wettbewerbsfähigkeit wieder herzustellen und letztlich auch zum Erhalt von Arbeitsplätzen beizutragen. II. Außergerichtliche Sanierung oder gerichtliches Insolvenzverfahren? 1. Ausgangslage NZI 2008 Heft 4 217 Für eine Sanierung kommen mehrere Vorgehensweisen in Betracht, die jeweils spezifische Vor- und Nachteile aus Sicht der einzelnen Gläubigergruppen mit sich bringen. Der Einfluss von Banken ist vor einer Insolvenz am größten. Am Ende der Skala steht das Regelinsolvenzverfahren mit Liquidation des Geschäftsbetriebs, bei dem die mögliche Einflussnahme auf das gesamte Verfahren und dessen Ergebnis am deutlich geringsten ist.

Abbildung 1: Einflussmöglichkeiten auf die Sanierung in verschiedenen Stadien/Verfahren der Krise 2. Interessenabwägung Bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen und Risiken kann eine Sanierung durch ein förmliches Insolvenzverfahren oder eine außergerichtliche Sanierung in Betracht kommen. Der außergerichtlichen Sanierung wird häufig der Vorzug eingeräumt, einmal um den Ruf des Krisenunternehmens zu schonen, aber auch um den strengen Vorgaben und Regelungen eines förmlichen Insolvenzverfahrens zu entgehen. Denn der Sanierungsprozess müsste hier an Fristen- und Verfahrensvorschriften angepasst werden, außerdem nehmen die Konsens- und Abstimmungsschwierigkeiten in einem formalisierten Insolvenzverfahren unter mehreren Beteiligten (Insolvenzverwalter, Gläubigerversammlung, Insolvenzgericht) zu. Im Übrigen führt ein Insolvenzverfahren nicht selten zu erheblichen Konsequenzen im Wettbewerb, von verändertem, das heißt kontraproduktivem Kundenverhalten ganz zu schweigen 2. Beliebte Praxis von Geschäftspartnern eines kriselnden Unternehmens ist es nämlich, die Zahlung fälliger Verbindlichkeiten entweder hinauszuzögern oder ganz zu verweigern. Damit tragen diese noch mehr zur Schieflage des auf liquide Mittel dringend angewiesenen Krisenunternehmens bei 3. 3. Sanierung von Unternehmen ohne Insolvenzverfahren Die Sanierung von Unternehmen ohne Insolvenz ist der häufiger anzutreffende Fall. Die Gründe hierfür sind hinlänglich bekannt: Die Eigentümer behalten ihre Gesellschafterstellung, die Gläubiger, insbesondere die Gläubiger von Dauerschuldverhältnissen, haben zumindest die Hoffnung, ihre bisherige Stellung behalten zu können, die Belegschaft geht von einer höheren Beschäftigungssicherheit aus, die Kunden und Lieferanten sind nicht mit dem Makel der Insolvenz zu konfrontieren, die Wettbewerber können die Insolvenz des Mitbewerbers nicht zu Werbezwecken ausnutzen. Somit kann festgehalten werden, dass zum einen die Entscheidung zur Sanierung außerhalb der Insolvenz von einer Fülle miteinander abzuwägender Kriterien abhängt. Zum anderen ist aber auch festzustellen, dass oftmals nicht die notwendige Entscheidungsfreiheit existiert, da ein krisengeschütteltes Unternehmen nur zu oft zum Getriebenen der Ereignisse wird und das Heft des Handelns nicht mehr in seiner Hand ist.

Abbildung 2: Indikatoren für die Entscheidung zur Sanierung mit oder ohne Insolvenz 4. Sanierung durch förmliches Insolvenzverfahren? Der quasi naturgegebene Vorteil einer Sanierung im Insolvenzverfahren ist der, dass durch den Insolvenzverwalter eine externe Autorität mit höherer Glaubwürdigkeit in das Unternehmen tritt. Durch die Person des Insolvenzverwalters ist ein geordneter Ablauf gewährleistet, der Alleingänge einzelner Gläubiger (so genannter Akkordstörer) zu Lasten aller Beteiligten weitgehend ausschließt. Auch Vollstreckungsmaßnahmen sind während des Insolvenzverfahrens untersagt 4. Ein weiterer Vorteil des gerichtlichen Verfahrens besteht darin, dass die InsO ein Unternehmen bereits dann für erhaltenswert hält, wenn es gelingt, die Mehrzahl der Gläubiger von einem Fortführungskonzept und Schuldenerlass bzw. Forderungsverzicht zu überzeugen. Es genügt, wenn in jeder Gläubigergruppe die Mehrheit der abstimmenden Gläubiger zustimmt und diese Gläubiger mehr als 50 Prozent der Ansprüche auf sich vereinen ( 244 InsO). Ergibt eine Alternativrechnung, dass Gläubiger durch den Bales: Insolvenzplan und Eigenverwaltung - Chancen für einen Neustart im Rahmen der Insolvenzplan nicht schlechter als im Falle der Unternehmenszerschlagung gestellt werden, bestehen Eingriffsmöglichkeiten des Gerichts in die Rechte der ablehnenden Gläubiger ( 245 InsO). Insoweit besteht ein gewisser Schutz gegen Gläubiger, die den Insolvenzplan aus sachfremden Erwägungen blockieren. Darüber hinaus wird das Instrument des Insolvenzplans auch dadurch gestärkt, dass keine Mindestquoten mehr nötig sind und die Gruppenbildung der Gläubiger individuell gestaltet werden kann. Im Übrigen wird die Fortführung des Unternehmens in einem förmlichen Insolvenzverfahren durchaus gefördert. Im Eröffnungsverfahren muss der vorläufige Insolvenzverwalter das Unternehmen des Schuldners grundsätzlich fortführen ( 22 I Nr. 2 InsO), soweit nicht das Insolvenzgericht einer Stilllegung zustimmt, um eine erhebliche Verminderung des Vermögens des Schuldners bzw. der Insolvenzmasse zu vermeiden. Dies wird nur dann der Fall sein, wenn der vorläufige Verwalter keine Sanierungsaussicht erkennt und das Unternehmen erhebliche Verluste hinzunehmen hat. Auch nach Verfahrenseröffnung gilt die Fortführungspflicht in gleicher Weise für den Insolvenzverwalter, denn er muss im Berichtstermin darlegen, ob eine Fortführung möglich ist und welche Möglichkeiten für einen Insolvenzplan bestehen ( 156 InsO). Die Gläubigerversammlung beschließt nach 157 InsO, ob der Verwalter die Sanierung des Unternehmens in Angriff nehmen soll. III. Die übertragende Sanierung in der Insolvenz - Chancen für alle Beteiligten NZI 2008 Heft 4 218

1. Grundsätze Bei einer übertragenden Sanierung handelt es sich um einen Unternehmensverkauf im Sinne eines Asset- Deals, das heißt einzelne Vermögenswerte des Unternehmens werden als Funktionseinheit im Paket an einen Erwerber verkauft 5. Die Gläubiger werden dann entweder aus dem Verkaufserlös oder aus den künftigen Überschüssen des auf den Dritten übertragenen Unternehmens befriedigt. Die Bezeichnung Sanierung kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich dabei um eine Form der Vermögensverwertung handelt. Grundsätzlich gibt es zwei Formen der übertragenden Sanierung 6 : Zum einen können die Unternehmensaktiva an einen verfahrensfremden Dritterwerber veräußert werden, der das Insolvenzunternehmen für seine Zwecke weiter betreibt, zum anderen kann eine Auffanggesellschaft durch sanierungswillige Verfahrensbeteiligte gegründet werden, auf die zum Zweck der Sanierung dann aus der Masse die Unternehmensaktiva übertragen werden. Nach Auffassung des BFH kann ein notleidend gewordenes Unternehmen in der Weise saniert werden, dass der Gesellschaft Altschulden erlassen und neue Eigenmittel zugeführt werden, gegebenenfalls durch die Aufnahme neuer Gesellschafter. Die Sanierung kann aber auch dergestalt herbeigeführt werden, dass die bisherigen Gesellschafter bzw. neu hinzutretende neue Gesellschafter eine Nachfolgegesellschaft, auch in Form einer Kapitalgesellschaft, gründen, die den Betrieb der Personenhandelsgesellschaft übernimmt, während diese das ihr verbleibende Vermögen zur teilweisen Befriedigung der Gläubiger verwendet 7. Hierbei wird das Unternehmen in seiner neuen rechtlichen Gestalt von Altschulden entweder völlig oder nach Maßgabe der an die schwindende Gesellschaft zu zahlenden Vergütung teilweise entlastet, ihm werden in der Übernahmegesellschaft auch neue Eigenmittel zugeführt 8. In der Praxis dominiert die vom BFH genannte Übernahmegesellschaft als Variante der so genannten Auffanggesellschaft. Diese wird allerdings in der Regel nicht den Betrieb des Krisenunternehmens als Ganzes, sondern nur das ertragsfähige Erfolgspotenzial des Krisenunternehmens fortführen. Die unrentablen Geschäftsbereiche, das heißt das zur Fortführung nicht betriebnotwendige Betriebsvermögen des Krisenunternehmens, bleibt als Ballast zurück und ist im Rahmen der Liquidation zu verwerten 9. 2. Insolvenzplan oder Regelverfahren? Die übertragende Sanierung im (eröffneten) Insolvenzverfahren kann sich deshalb anbieten, weil in diesem Fall vom Grundsatz her eine Trennung von Aktiva und Passiva durchgeführt werden kann. Die Geltung des 25 HGB (Haftung des Erwerbers bei Firmenfortführung) ist nach der Rechtsprechung des BGH 10 im eröffneten Insolvenzverfahren ebenso ausgeschlossen wie die Haftung des Unternehmenserwerbers für Steuerverbindlichkeiten nach 75 II AO. Beide Vorschriften kommen beim Erwerb aus der Masse nicht zum Zuge. Allerdings bleibt 613a BGB (Übernahme von Arbeitsverhältnissen) anwendbar. Eine übertragende Sanierung im Insolvenzverfahren kann sowohl über einen Insolvenzplan als auch im Rahmen des Regelverfahrens durchgeführt werden. Ein Insolvenzplan kommt vor allem in solchen Fällen in Betracht, in denen das Unternehmen auf eine eigens dafür bereitgestellte Auffanggesellschaft übertragen werden soll, während die übertragende Sanierung durch Gesamtveräußerung an einen unbeteiligten Dritterwerber nur sehr eingeschränkt planbar ist und daher dem Regelverfahren vorbehalten bleiben wird. Diese Gesamtveräußerung bedarf der Zustimmung des Gläubigerausschusses bzw. der Gläubigerversammlung ( 160 II Nr. 1 InsO). Die übertragende Sanierung im Sinne einer Auffanglösung ist nach 162 InsO im Regelverfahren generell nur mit Zustimmung der Gläubigerversammlung zulässig. Damit soll eine Veräußerung der Unternehmensaktiva unter Wert verhindert werden 11. Im Ergebnis ist daher eine sofortige übertragende Sanierung mit Verfahrenseröffnung kaum möglich, da der Insolvenzverwalter eine ausreichende Legitimation frühestens mit der ersten Gläubigerversammlung erhält. Bis dahin vergehen jedoch wertvolle Wochen, in denen die Übertragungsentscheidung offen bleiben muss, ein Kalkül, das gerade für ernst zu nehmende Auffanginteressenten bei laufendem Geschäftsbetrieb nicht tragbar ist 12. IV. Das Insolvenzplanverfahren - Sanierungsinstrument mit Chancen und Risiken

1. Ziele des Gesetzgebers Der Insolvenzplan dient an Stelle des früheren Vergleichs oder Zwangsvergleichs dem Ziel, den Gläubigern bestmögliche Befriedigung durch einvernehmliche (auch mit dem Schuldner) Bewältigung der Insolvenz im Rahmen Bales: Insolvenzplan und Eigenverwaltung - Chancen für einen Neustart im Rahmen der von privatautonomen Entscheidungen bzw. Verträgen zu gewähren. Das Insolvenzplanverfahren ist das Herzstück des neuen Insolvenzrechts. Mit seiner Hilfe soll den Beteiligten die Möglichkeit gegeben werden, Insolvenzen auf der Grundlage der Gläubigerautonomie flexibel und effizient abzuwickeln. Dabei sind alle Regelungen denkbar, die auch außerhalb eines Insolvenzplanverfahrens zwischen Schuldnern und Gläubigern vereinbart werden können 13. Für die Gläubiger kann mit Hilfe eines Insolvenzplans unter Umständen eine bessere Befriedigung durch die Unternehmensfortführung oder eine andere Verwertung (z.b. Übertragung, Liquidation) anstatt der Zerschlagung und Verwertung nach der InsO erreicht werden. Auch steuerliche Verlustvorträge können erhalten werden, wie Rechte und Vertragsbeziehungen des Schuldners (z.b. Lizenzen). Auch wenn derzeit in der Praxis nur circa ein Prozent aller eröffneten Verfahren durch einen Insolvenzplan beendet werden 14, ist der damit erreichte Effekt für die Gläubiger außerordentlich hoch und die Attraktivität des Verfahrens wächst stetig. Die Wahl der Sanierung im Wege des Insolvenzplanverfahrens kann dann sinnvoll sein, wenn es auf den Erhalt des Schuldners in seiner konkreten Rechtspersönlichkeit ankommt (etwa wegen bestehender Vertragsbeziehungen wie z.b. Lizenzverträge) oder wenn es für das Erreichen des Sanierungserfolgs erforderlich ist, gewisse (Mindest-)Gläubiger auch gegen deren Willen in das Sanierungsgeschehen einzubeziehen. 2. Vorteile des Insolvenzplanverfahrens in der Praxis NZI 2008 Heft 4 219 Die InsO eröffnet mit dem verfahrensmäßigen Rahmen der 217ff. InsO die Möglichkeit der Eigensanierung des Rechtsträgers eines Unternehmens in der Insolvenz. Als Sanierungsinstrument kommt der Insolvenzplan allerdings nur dann in Betracht, wenn die Beteiligten gewillt sind, Beiträge zur Erhaltung des Unternehmens zu leisten. So werden zumindest die Großgläubiger auf einen Teil der Forderungen verzichten müssen; absonderungsberechtigte Gläubiger müssen - zumindest vorläufig - bereit sein, auf die Verwertung ihrer Sicherheiten zu verzichten. Ebenso ist die Einbindung der Arbeitnehmerschaft erforderlich. Von dieser wird erwartet, dass sie erforderliche Umstrukturierungen und personelle Einschnitte akzeptiert. Ein weiterer Vorteil eines Insolvenzplanverfahrens liegt in der Einführung des so genannten Obstruktionsverbots ( 245 InsO), wonach obstruierende Gläubiger durch geschickte Gruppenbildung überstimmt werden können. Außerdem bleiben Kreditkündigungen ohne Wirkung und Einzelzwangsvollstreckungsmaßnahmen sind unwirksam. Allerdings ist nicht jedes krisengeschüttelte Unternehmen für eine Sanierung in einem Insolvenzverfahren geeignet. Ebenso wie bei einer außergerichtlichen ( freien ) Sanierung kommt es auch in einem Insolvenzverfahren auf die Sanierungsfähigkeit des Unternehmens an. Diese liegt nur dann vor, wenn das Krisenunternehmen dauerhaft überlebens- und damit sanierungsfähig ist, das heißt wenn die Finanzkraft der Gesellschaft mittelfristig zur Fortführung des Unternehmens ausreicht. Das erfordert auch die insolvenzrechtliche Sichtweise, die eine Fortführungsfähigkeit nur dann bejaht, wenn die finanzorientierten Insolvenzgründe (drohende) Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung beseitigt werden 15. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht empfiehlt sich grundsätzlich eine Sanierung, wenn die Fortführung günstiger als die Zerschlagung ist oder wenn die zukünftigen diskontierten Ertragswerte die Kosten einer Sanierung übersteigen und damit ein Sanierungsmehrwert entsteht 16. Ausgehend von einem geringen Liquidationswert kann ein Unternehmen als sanierungsfähig und sanierungswürdig bezeichnet werden, wenn

es nach erfolgter Sanierung voraussichtlich in der Lage sein wird, Jahresüberschüsse bzw. nachhaltig einen positiven cash-flow zu erwirtschaften. Diese Grundsätze und Erwägungen können durchaus auch bei der Erstellung und Beurteilung eines Sanierungsplans herangezogen werden. Abbildung 3: Bedeutung des Insolvenzplanverfahrens in der Praxis Hinsichtlich der Vorteile eines Insolvenzplanverfahrens gegenüber einer übertragenden Sanierung können aus der Erfahrung heraus eindeutige Indizien ermittelt werden. Vorsicht ist bei dem Argument der höheren Gewalt angezeigt. Sofern ein ansonsten vergleichsweise profitables Unternehmen durch eine derartige singuläre Ursache in die Insolvenz getrieben wird, so ist die Rettung des Unternehmens mit der sie tragenden Gesellschaft sicherlich gerechtfertigt. Kritisch ist aber zu fragen, ob derartige Ereignisse tatsächlich höhere Gewalt sind und die Folgen entsprechender Ereignisse nicht durch eine vorausschauende Geschäftsführung in ein zumindest verkraftbares Ausmaß hätten abgemildert werden können. Dennoch erweist sich eine übertragende Sanierung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens oft als langwierig und kompliziert, so dass der außergerichtlichen übertragenden Sanierung häufig der Vorzug eingeräumt wird. Dabei ist zu beachten, dass davon keine befreiende Wirkung für die Altgesellschaft im Hinblick auf die Insolvenzantragspflichten ausgeht und auch nicht auf Mehrheitsregeln zurückgegriffen werden kann. Insofern ist vertraglich zu vereinbaren, dass zustimmende Gläubiger auch dann an den Sanierungsplan gebunden sind, wenn eine prozentual festzulegende Minderheit diesen ablehnt und damit zur vollen Befriedigung berechtigt bleibt. Gelingt dies, besteht der Hauptvorteil der außergerichtlichen Sanierung in der Diskretion des Verfahrens als Folge des Nichtbestehens von Publizitätspflichten. Zudem können die erhaltenswerten Vermögensgegenstände gezielt ausgesucht und übertragen werden, während Verbindlichkeiten beim Altgesellschafter verbleiben. Bales: Insolvenzplan und Eigenverwaltung - Chancen für einen Neustart im Rahmen der NZI 2008 Heft 4 220 Abbildung 4: Indikatoren für die Vorteilhaftigkeit eines Insolvenzplanverfahrens V. Die Eigenverwaltung als Sanierungsinstrument 1. Rechtslage

Das in die InsO neu eingeführte Rechtsinstitut der Eigenverwaltung bietet die Möglichkeit, dass ein Unternehmen abweichend vom üblichen Regelinsolvenzverfahren unter der Leitung seiner weiterhin verfügungsbefugten Organträger und - eingeschränkter - Kontrolle eines Sachwalters geführt werden kann. Abbildung 5: Optionen der Ausgestaltung von Insolvenzverfahren: Regelinsolvenz, Insolvenzplan, Eigenverwaltung, Eigenverwaltung Die Eigenverwaltung stellt eine Ausnahme zum Regelinsolvenzverfahren dar. Wird diese angeordnet, behält der Schuldner trotz Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über sein Vermögen, wenn auch unter der Aufsicht eines Sachwalters. Bei diesem Verfahren kann also das Management - anders als im Regelverfahren - operativ stärker agieren. Trotzdem hat es nicht völlig freie Hand, sondern wird von einem Sachwalter kontrolliert, der vom Insolvenzgericht eingesetzt wird. Die Eigenverwaltung eröffnet daher dem Schuldner weitergehende Möglichkeiten zur Eigensanierung. Mit der Eigenverwaltung sollen die Kenntnisse und Erfahrungen der bisherigen Geschäftsleitung für das Insolvenzverfahren nutzbar gemacht werden. Eine lange Einarbeitungszeit für einen Fremdverwalter wird ebenso vermieden wie ein hoher Kostenaufwand. Gerade bei größeren Unternehmen bietet eine Eigenverwaltung folgende Vorteile: Kontinuität der Unternehmensführung, Vermeidung von Einarbeitungszeiten, Aufwands- und Kostenreduzierung, Nutzung von branchenspezifischen Kenntnissen und Kontakten, einheitliche Leitung von Konzernunternehmen. Außerdem soll das Verfahren Anreiz für das Schuldnerunternehmen bieten, sich möglichst frühzeitig unter den Schutz eines gerichtlichen Insolvenzverfahrens zu stellen. Dies entspricht auch betriebswirtschaftlichen Grundsätzen, wonach eine nachhaltige Sanierung nur möglich ist, wenn die erforderlichen Maßnahmen nach einer gründlichen Schwachstellenanalyse früh einsetzen. 2. Die Eigenverwaltung in der Praxis Nach der gesetzgeberischen Intention sollte die Eigenverwaltung die Ausnahme bleiben; sie verbietet sich, wenn es nicht um Sanierung, sondern um Liquidation geht. Dies wird mitunter in der Praxis außer Acht gelassen, so dass Eigenverwaltungen auch dann angeordnet werden, wenn eigentlich ein Regelinsolvenzverfahren und die Bestellung eines Insolvenzverwalters notwendig sind.

Mitunter wird auch argumentiert, dass das alte Management nach wie vor zu viel Macht habe und den Eintritt der Krise nicht verhindern konnte, jetzt aber diese im Rahmen der Eigenverwaltung bewältigen soll. Auch in den Fällen, in denen der Schuldner durch Missmanagement, unternehmerische Fehlleistungen oder kriminelle Handlungen die Insolvenz herbeigeführt hat, rechtfertigt dies die Ablehnung der Anordnung der Eigenverwaltung durch den Geschäftsführer und die Einsetzung eines Insolvenzverwalters; denn Voraussetzung für eine Eigenverwaltung ist die positive Feststellung des Insolvenzgerichts, dass sie nicht zu wirtschaftlichen Nachteilen für die Gläubiger führen kann 17. Schwierigkeiten bei der Umsetzung des Sanierungsansatzes der Eigenverwaltung sind in manchen Verfahren dadurch aufgetreten, dass zum einen die Insolvenzgerichte ihre ablehnende Haltung zur Eigenverwaltung nur sehr zögernd aufgeben. Dabei wird betont, dass die Einsetzung eines insolvenzrechtlichen Sanierungsexperten in die Leitungsfunktion des schuldnerischen Unternehmens eine Umgehung der richterlichen Auswahlermessensentscheidung bei der Bestellung des im Verfahren maßgeblich Handelnden bedeuten würde und die Unabhängigkeit dieser Person sichergestellt wäre. Andererseits wird darauf verwiesen, dass die Gründe für eine Anordnung der Eigenverwaltung dann wegfallen, wenn ein externer Sanierungsexperte - zeitweilig und erst kurz vor Antragstellung - engagiert wird, da dann gerade die vom Gesetzgeber angestrebten Vorteile der Eigenverwaltung, insbesondere die Kontinuität in der Geschäftsführung, nicht gegeben sind. Im Übrigen ist es in einigen Fällen auch zu einem Kompetenzgerangel zwischen der vorläufigen Insolvenzverwaltung und dem Vorstand des schuldnerischen Unternehmens über die Frage gekommen, wer die Geschäfte des Unternehmens zu führen hat. Dies führte teilweise dazu, dass die Insolvenzgerichte auf Wunsch der Gläubiger starke vorläufige Verwalter eingesetzt haben, auf die die Verfügungsbefugnis überging. 3. Gefahren und Risiken - auch für Gläubiger Eine Benachteiligung der Gläubiger kann sich dann ergeben, wenn der Schuldner trotz der Aufsichtsmöglichkeiten des Sachwalters sowie des Gläubigerausschusses und der Gläubigerversammlung eigenmächtig zum Nachteil der Gläubiger handelt. So hat der Schuldner die Möglichkeit, den gewöhnlichen Geschäftsverkehr ohne Einbindung des Sachwalters abzuwickeln, so dass die Gefahr besteht, dass eingehende Gelder zweckentfremdet werden. Ist eine Betriebsveräußerung die bestmögliche Befriedigung für die Gläubiger, ist diese nur im Zusammenwirken mit dem verwaltungs- und verfügungsbefugten Schuldner möglich. Dieser wird zu einer solchen Mitwirkung grundsätzlich Bales: Insolvenzplan und Eigenverwaltung - Chancen für einen Neustart im Rahmen der NZI 2008 Heft 4 221 nicht bereit sein. Dies gilt umso mehr, wenn der Plan gerade den Erhalt des Unternehmens vorsieht. Umgekehrt kann der Sachwalter selbst keine Sanierungsmaßnahmen für das schuldnerische Unternehmen einleiten, selbst wenn er sie dringend für notwendig erachtet. Ein destruktives Verhalten des Schuldners führt somit auch zu einer Beeinträchtigung der Gläubigerrechte. Auch fortlaufende Verluste werden den an einer Sanierung nicht interessierten Schuldner kaum tangieren, weil diese nur zu einer geringeren Quote der Insolvenzgläubiger führen. Gefahren für die Gläubiger entstehen auch bei der Kreditaufnahme und der Sicherheitenbestellung durch den Schuldner, bei der dem Sachwalter ein Zustimmungsrecht zusteht ( 275 InsO): Verweigert dieser seine Zustimmung, weil er die Maßnahme des Schuldners als gläubigerschädigend ansieht, zerstört er unter Umständen ein erfolgversprechendes Sanierungskonzept; gegebenenfalls entstehen sogar Haftungsansprüche des Schuldners. Trägt der Sachwalter die Entscheidung des Schuldners mit und schlägt die Sanierung fehl, sieht sich der Sachwalter unter Umständen Haftungsansprüchen der Gläubiger ausgesetzt. Die dem Schuldner in 282 InsO eingeräumte Befugnis zur Verwertung von Gegenständen, an denen Absonderungsrechte bestehen, eröffnet erhebliche Missbrauchsmöglichkeiten. Der Schuldner sieht vor allem dann von einer Verwertung ab, wenn es sich bei dem Grundvermögen um ein von ihm und seiner Familie bewohntes Eigenheim handelt. Dem Sachwalter ist es - anders als einem Insolvenzverwalter ( 165 InsO) - verwehrt, das Grundstück zu verwerten und den das Grundpfandrecht übersteigenden Erlös der Masse

zuzuführen. 4. Chancen bei der Eigenverwaltung Die erfolgreiche Implementierung einer Eigenverwaltung muss vom Grundsatz der Gläubigerautonomie geprägt sein. Die Durchführung jedes Insolvenzverfahrens dient nur den Interessen der Gläubiger. Die Eigenverwaltung soll dabei die Möglichkeit bieten, eine bessere Gläubigerbefriedigung als in einem Regelinsolvenzverfahren zu erreichen, stellt aber im Ansatz nicht auf die Interessen des schuldnerischen Unternehmens und seiner Organe oder Inhaber ab. Vor diesem Hintergrund ist für eine erfolgreiche Umsetzung einer Eigenverwaltung und Nutzung dieses Sanierungsinstruments zunächst ein fundiertes, möglichst im Vorfeld der Antragstellung erarbeitetes Sanierungskonzept erforderlich, dessen Maßnahmen nach Verfahrenseröffnung, z.b. in einem Insolvenzplan, umgesetzt werden können. Nur in Abstimmung mit den wesentlichen Gläubigern und bei entsprechendem Vertrauen in die unternehmerische Führung ist eine erfolgreiche Eigenverwaltung möglich. Kann dies - gegebenenfalls durch Einbeziehung eines Sanierungsexperten - erreicht werden, so ist die Eigenverwaltung eine gute Möglichkeit, kostengünstiger die Insolvenz eines Unternehmens abzuwickeln und die spezifischen Kenntnisse und Erfahrungen der Geschäftsleitung zu nutzen. Allerdings sollte Missbrauchsgefahren mit den in der InsO geregelten Einflussmöglichkeiten der Gläubiger sowie der Einsetzung eines in der Insolvenzverwaltung erfahrenen Sachwalters begegnet werden. Folgende Ablaufplanung erleichtert den Einstieg in eine Sanierung durch Eigenverwaltung: - Erstellung eines Sanierungsgutachtens (gegebenenfalls ist vorab ein Kurzgutachten anzufertigen); - Darstellung und Analyse der Ist-Situation (wirtschaftlich/rechtlich); - Prüfung der Sanierungsfähigkeit und -würdigkeit; - Darstellung der finanz- und insbesondere auch der leistungswirtschaftlichen Sanierungsmaßnahmen/- möglichkeiten; - Verhandlungen mit Gesellschaftern, Gläubigern, Kunden und Arbeitnehmern; - Vorbereitung des Insolvenzplans in seinen Grundzügen; - intensive Verhandlungen mit dem zuständigen Insolvenzgericht; - Suche nach einer geeigneten und unabhängigen Person als vorläufigem Insolvenzverwalter (möglichst auch späterem Sachwalter); - Vorbereitung der reibungslosen Geschäftsbetriebsfortführung im vorläufigen Insolvenzverfahren; - Antragstellung; - zeitgleich Umsetzung der geplanten Veränderungen der Geschäftsführungs- und der Gesellschafterstrukturen; - parallele Erstellung des konkreten und detaillierten Plans während des vorläufigen Insolvenzverfahrens auf der Grundlage der dargestellten Vorbereitung. VI. Fazit Die vorstehenden Ausführungen machen deutlich, dass mit den Instrumenten des Insolvenzplans und der Eigenverwaltung zwei strategische Optionen der Sanierung von Unternehmen im Rahmen der Insolvenz zur

Verfügung stehen. Wenn man die Unternehmenssanierung wirklich ernst nehmen will, müssen in Zukunft alle von einer Unternehmenskrise Betroffenen - das heißt der Unternehmer selber, die Lieferanten- und Bankengläubiger, Kunden, der Insolvenzverwalter und das Insolvenzgericht - diese Optionen viel häufiger und offensiver nutzen. Nur dann wird sich auch die Insolvenz von ihrem negativen Image befreien können und es wird gelingen, deutlich zu machen, dass sie sogar ein erfolgversprechender Neuanfang sein kann. * Der Autor ist Bereichsleiter Problemkreditmanagement (Sanierung/Abwicklung) bei der Sparkasse Rhein-Nahe, Bad Kreuznach. 1 Anzahl Unternehmensinsolvenzen 2007: 27490 (2006: 30680, Quelle: www.creditreform.de (Insolvenzen, Löschungen, Neugründungen 2007 und 2006). 2 Vgl. dazu Neuhof, NJW 1998, 3225. 3 Theewen, BKR 2003, 141. 4 Vgl. 89 InsO, Vollstreckungsverbot. 5 Vgl. Wellensiek, NZI 2002, 233 (234). S. zur übertragenden Sanierung auch Zipperer, NZI 2008, 206 (in diesem Heft). 6 Bamberger, in: Knops/Bamberger/Maier-Reimer, Recht der Sanierungsfinanzierung, 2005, 1 Rdnr. 31. 7 BFH, DB 1986, 1803. 8 BFH, DB 1986, 1803. 9 Vgl. Maus, in: Gottwald, InsolvenzR-Hdb., 2. Aufl. (2001), 5 Rdnr. 68. 10 Vgl. dazu z.b. BGHZ 104, 151 = NJW 1988, 1912 (1913) m.w. Nachw. 11 S. dazu Bales, Sparkasse 2000, 377. 12 So Förster, ZInsO 1999, 395 (396). 13 Haarmeyer, in: Blöse/Kiehm (Hrsg.), Unternehmenskrisen - Sanierungskonzepte - Krisenvorsorge - Steuern,2006, Rdnr. 358. 14 Ehlers, NZI 2008, 211 (213). 15 Vallender, in: Knops/Bamberger/Maier-Reimer (o. Fußn. 6), 6 Rdnr. 6. 16 Vallender, in: Knops/Bamberger/Maier-Reimer (o. Fußn. 6), 6 Rdnr. 6 m.w. Nachw. 17 AG Darmstadt, ZInsO 1999, 176.