Konzept zur barrierefreien Gestaltung von ÖPNV-Haltestellen im Coburger Stadtgebiet (Stand:14.11.07) 1
Einführung Haltestellen tragen mit ihrer Lage, dem Erscheinungsbild, dem Umfang und Qualität der Ausstattung wesentlich zur Gestaltung des Straßenraumes, des Stadtbildes und zur Attraktivität des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) bei. Moderne Haltestellen verbessern das Image des ÖPNV und steigern die Attraktivität des Gesamtsystems. Sie sind barrierefrei zu gestalten, um mobilitätsbehinderten Menschen die eigenständige Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel im Sinne des Leitziels Mobilität für Alle zu ermöglichen. Mit Datum vom 13.09.06 hat der Bau- und Umweltsenat der Stadt Coburg die Aufstellung eines Konzeptes zur barrierefreien Umgestaltung vorhandener Haltestellen im Stadtgebiet beschlossen. Im Stadtgebiet werden ca. 330 Haltestellen bedient. Diese sind sowohl von ihrer straßenräumlichen Lage als auch von ihrer Ausstattung her sehr unterschiedlich. Der ganz überwiegende Teil der Haltestellen ist nicht barrierefrei. Ein zeitnaher und gleichzeitiger Umbau aller Haltestellen ist weder finanziell noch logistisch möglich. Daher wird ein gestuftes Vorgehen vorgeschlagen. Grundsätzlich sind einige Rahmenbedingungen zu beachten. Dazu zählt die Art der eingesetzten Fahrzeuge, die Lage der Haltestelle im Netz, Sicherheitsaspekte, die Leistungsfähigkeit und der Betriebsablauf, das städtebauliche Umfeld und nicht zuletzt auch die Form der Haltestelle (Bucht, Kap, Fahrbahnrand). Gegebenenfalls wird für eine sinnvolle Umgestaltung über die Verlegung der Haltestellen zu entscheiden sein. Bei laufenden Deckenerneuerungsarbeiten und Bordsteinsanierungen werden Haltestellen zukünftig entsprechend der nachfolgend beschriebenen Kriterien berücksichtigt. Ebenso bei städtebaulichen bzw. straßenräumlichen Gestaltungsmaßnahmen. Da durchschnittlich nur zwischen drei und sechs Haltestellen jährlich durch Deckenerneuerung abgedeckt werden, soll für die Gesamtheit der Haltestellen ein Sonderprogramm aufgelegt und mit Haushaltsmitteln ausgestattet werden, um in einem überschaubaren Zeitfenster die Mehrzahl der Haltestellen umgestalten zu können. Dabei spielt die Verkehrswichtigkeit der Haltestellen eine Rolle bei der Reihung der Maßnahmen. Zunächst sollen Haltestellen mit hoher Frequenz und an wichtigen Zielen umgestaltet werden, wobei zu prüfen ist, ob diese Haltestellen in Bereichen liegen, die zeitnah städtebaulich umgestaltet werden. Auch die Zugänglichkeit zum ÖPNV in den Kerngebieten der Stadtteile ist zeitnah zu verbessern. Weniger wichtige Haltestellen z. B. in Gewerbegebieten werden in der Priorität hinten angestellt. 2
Nach einem Fünf-Jahres-Zeitraum sollte überprüft werden, ob mit dem vorgeschlagenen Konzept und den verfügbaren Finanzmitteln, die Ziele einer barrierefreien Umgestaltung erreicht worden sind. Bei Bedarf ist das Konzept anzupassen. Die Umgestaltung wird immer abhängig sein von der Platzverfügbarkeit und der räumlichen Situation. Außerdem sollte das Verhältnis von Aufwand und Nutzen berücksichtigt werden. Eine Umgestaltung der Haltestellen um jeden Preis kann nicht Ziel des Konzeptes sein. Ebenso sollte bei der Materialwahl ein Kompromiss gefunden werden. Es wird zwar zum einen eine optisch kontrastreiche Gestaltung gefordert, aber auch diese sollte sich möglichst in das Umfeld einfügen lassen. Gestaltungsgrundsätze (technisch) Als kleinster gemeinsamer Nenner wird die Erhöhung des Bordsteins auf mindestens 18 cm und die Schaffung von ausreichend Warteflächen mit hindernisfreier Erreichbarkeit vorgegeben. An besonders geeigneten Stellen ist die Verwendung eines höheren Bordsteins (z. B. Dresdner Kombibord 23 cm) zu prüfen. Stadteinwärts gerichtete Haltestellen sollen möglichst mit Witterungsschutz versehen sein. Die Grundausstattung der Haltestellen in Abhängigkeit vom Fahrgastaufkommen stellt die folgende Auflistung dar: Tabelle 1: Ausstattungsmerkmale G Grundausstattung (alle Haltestellen): Haltestellenschild, Haltestellename, Liniennummer und Fahrplan (zuständig: Verkehrsbetrieb) Abfallbehälter (zuständig: Verkehrsbetrieb) Wartefläche (4x2,8 m bemessen an Rollstuhlbedarf) Warteflächenhöhe / Bordsteinhöhe mindst. 18 cm optisch und taktil markierte Einstiegskante Aufmerksamkeitsfeld für vorderen Einstieg A hohes Fahrgastaufkommen: Witterungsschutz (einsteigerbezogen) Sitzgelegenheit (einsteigerbezogen) bei geringer Platzverfügbarkeit: Anlehnelemente dynamische Fahrgastinformation Liniennetzplan, Umgebungsplan, Tarifinformation (zuständig: Verkehrsbetrieb) 3
direkte Beleuchtung Uhr Fahrradabstellplätze Wege im Umfeld barrierefrei B mittleres Fahrgastaufkommen: Witterungsschutz (einsteigerbezogen) Sitzgelegenheiten (einsteigerbezogen) bei geringer Platzverfügbarkeit: Anlehnelemente Beleuchtung (direkt bzw. indirekt über Straßenbeleuchtung) evtl. Fahrradabstellplätze C geringes Fahrgastaufkommen: nur Grundausstattung in Einzelfällen Witterungsschutz Die einschlägigen Normen und Empfehlungen der Verbände sollen bei der Ausgestaltung berücksichtigt werden. Ebenso sollte auf eine möglichst hindernisfreie Erreichbarkeit der Haltestelle geachtet werden. Das heißt, dass Zugangsmöglichkeiten durch Bordsteinabsenkungen (beispielsweise Kasseler Rollbord) vorhanden sein müssen und darauf geachtet wird, dass das Haltestellenumfeld von Einbauten oder Aufstellern freizuhalten ist. Sitzgelegenheiten sollten an geeigneten Stellen (Senioreneinrichtungen) eine leicht erhöhte Sitzfläche von ca. 50 cm erhalten und eventuell mit Armlehnen als Aufstehhilfe versehen sein. Eine Prioritätenreihung der Haltestellen ist Tabelle 2 vorgeschlagen, wobei eine Einzelfallprüfung für jede Haltestelle notwendig ist, was die obengenannten Rahmenbedingungen angeht. Dabei sollte auch berücksichtigt werden, in welchem Grundzustand sich die Haltestellen darstellen. So weist z. B. die Haltestelle Bausenberg mit einer sehr hohen Ein- und Aussteigerzahl ein gutes Erscheinungsbild auf, kann allerdings nicht als voll barrierefrei bewertet werden. Hier ist abzuwägen, ob nicht eine Haltestelle, die zwar weniger Frequenz aufweist, dafür aber in einem schlechteren Gesamtzustand ist, vorgezogen werden sollte. Der Gesamtkostenaufwand wird für das Sonderprogramm mit ca. 250.000 Euro pro Jahr über ca. 10 Jahre geschätzt. Die Kosten sind von Haltestelle zu Haltestelle unterschiedlich, abhängig vom Umfang der Straßenraumumgestaltung, die notwendig wird. In Einzelfällen dürfte die Anpassung der Bordsteinbereiche 4
ausreichen, in anderen Fällen ist eine großräumige Veränderung notwendig, die möglicherweise mehr umfasst als den reinen Haltestellenbereich. Eine Bezuschussung der Maßnahmen über GVFG-Mittel oder über das ÖPNV- Förderprogramm ist bei der Regierung von Oberfranken angefragt, aber als wahrscheinlich nicht förderfähig eingestuft worden. Haltestellenumbauten sind nur dann förderfähig, wenn sie zu einer Straßenbaumaßnahme gehören, die GVFG gefördert wird. Weitere Fördermöglichkeiten werden geprüft. Tabelle 2: Verkehrswichtige und nachfragestarke Haltestellen (hohes und mittleres Verkehrsaufkommen) 2.1 Innenstadthaltestellen Lfd. Haltestelle verknüpft mit derzeit 1. Vorschlag Planungsstand Bemerkungen Nr. Neubauprojekt im MIP Ausstattung* 1 Theaterplatz Neubau im Bau Rendezvouspunkt 2 Bahnhof ZOB Ausführungspl. 3 Mohrenstraße 4 Mohrenbrücke Untere Mohrenstr. G + A MiP-Anmeld. 5 Ehrenburg Steingasse G + A MIP-Anmeld. 6 Herrngasse Herrngasse G + A MIP-Anmeld. oder später 7 Steinweg Heilig-Kreuz-Str. 2007 G + A Deckenerneuerung verschoben ( wg. Umltg. ) 8 Post G + A vorziehen: Witterungsschutz 9 Albertsplatz Sanierung G + A Gestaltungs- in Vorbereitung Ketschenvorstadt wettbewerb 10 Alexandrinenbrücke G + zurückstellen 11 Kanalstraße Kanalstraße G + 2. Planungs- beabsichtigt abschnitt 12 Bahnhofstraße Anlage Geh- und 2007 Vorüberlegung Radweg am Itzufer 13 Oberer Bürglaß Oberer Bürglaß G + aufgegeben! 14 Obere Anlage 2006 erneuert zurückstellen 2.2 Wichtige Ziele 1 Klinikum stadtauswärts 2 Friedhof Seidmannsdorfer Str. 2008 straßenräuml. Umgestaltung Beb.pl. Planungsergänzung! 3 Rodacher Str./ Querstr. neue Bahnunterführung 4 Hallenfreibad Sportpark Nord? 5 Ketschend. Str. DJH 6 Neustadter Str. 7 Max-Böhme-Ring III Beb.pl. Bordsteine gebaut Gehsteige fehlen 8 Neuses Bahnhof G z.t. erl.? 9 Ernst-Faber-Str. 10 Creidlitz Bahnhof neue Bahnunterführung Beb.Pl. 11 Kükenthalstraße 12 Lützelbuch Altenheim 13 Landratsamt BGS-Trasse Vorentwurf 14 Veste 5
15 Seniorenwohnzentr. 16 Contakt straßenräuml. Umgestaltung 2.3 Stadtteilhaltestellen 1 Bausenberg akzeptabler Zustand 2 Scheuerfelder Str. 3 Creidlitzer Str. 4 Lauersgraben 5 Erfurter / Gothaer Str. Diskussion? Thüringer Str. 6 Wüstenahorn Wendeplatz 7** Heimatring Hochhaus 8 Scherfelder Str. Hochhaus 9 Baltenweg 10 Eckartsberg stadteinwärts akzeptabler Zustand 11 Albrecht-Dürer-Str. II 12** Schlesierweg 13 Fr.-Lutter-Str. Dörfles 14 Plattenäcker 15 Hutstr. 16 Gustav-Hirschfeld-R. 17 Albrecht-Dürer-Str. I 18 Weimarer Str. 19 Wirtsgrund 20 Danziger Str. im Bau 21 St. Lukaskirche 22 Lützelbuch 23 Dr. Hans-Schack-Str. 24 Röntgenweg 25 Heimatring Einkaufszentrum 26 Neuses Mitte Bordst.-höhen akzepabel 27 Bertelsdorf Mitte 28 Lauterer Str./Querstr? 29 Neue Heimat Mitte? 30 Pilgramsroth Wendeplatz 31 Beiersdorf Mitte 32 Seidmannsdorf 33 Hirschfeldring / G + C Klinikum 34 Schießstand G + C 35 Neershof / Wendepl. G + C 36 Sändleinweg G + C 37 Rögen / Wendepl. G + C 38 Löbelstein Mitte G + C 39 Gustav-Freytag-Weg G + C 40 Glend Wendeplatz G + C 41 Hasenstein G + C Wie in der Tabelle 2 deutlich wird, liegen vor allem einige der Innenstadthaltestellen in Bereichen, deren städtebauliche bzw. straßenräumliche Gestaltung im MIP vorgesehen ist. Die Haltestellen können und sollen dabei in die 6
Gesamtmaßnahme integriert werden, wobei eine möglichst zeitnahe Umsetzung im Sinne der Barrierefreiheit anzustreben ist. Liegt eine Haltestelle in einem Bereich, dessen Umgestaltung von größeren Gesamtmaßnahmen beeinflusst werden kann, wie z. B. die Haltestelle Rodacher Str./Querstraße, für deren Bereich ein Bebauungsplan für eine Bahnunterführung vorliegt, dann sollte ein Vorziehen der Haltestellenumgestaltung geprüft werden. Unabhängig vom Konzept zur barrierefreien Umgestaltung der Haltestellen wird über die SÜC die Haltestellenbeschilderung in einem einheitlichen Erscheinungsbild erneuert. Hier ist eine möglichst zeitnahe Abstimmung zwischen Verkehrsbetrieb und Stadt vorzunehmen, um möglichst keine Doppelarbeiten entstehen zu lassen. Maßnahmen 2008/2009 Für den Zeitraum der nächsten zwei Jahre werden folgende Haltestellenbereiche zum barrierefreien Umbau vorgeschlagen: Klinikum stadtauswärts, Ernst-Faber- Str. (Altenheim) und der gesamte Haltestellenzug Heimatring. Die Voruntersuchungen und Planungen sind aufgrund der Komplexität und des hohen Abstimmungsbedarfs an ein Planungsbüro zu vergeben. Literatur: Grundsätze zum Entwurf von Haltestellenanlagen enthalten folgende Veröffentlichungen der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV): Empfehlungen für Anlagen des öffentlichen Personennahverkehrs, EAÖ, Ausgabe 2003 Empfehlungen für die Anlage von Hauptverkehrsstraßen, EAHV, Ausgaben 1993 (Kap. 4.2.7 Führung des öffentlichen Personennahverkehrs) Empfehlungen für Radverkehrsanlagen ERA 95 (Kap. 4.2.3 Radwege an Bushaltestellen) Merkblatt für Maßnahmen zur Beschleunigung des öffentlichen Personennahverkehrs mit Straßenbahnen und Bussen 1999 Merkblatt für den Bau von Busverkehrsflächen 2000 Handbuch für die Bemessung von Straßenverkehrsanlagen (HBS, Kap. 9) Hessische Straßen- und Verkehrsverwaltung (2006): Leitfaden Unbehinderte Mobilität Teil 1 und 2. Wiesbaden. 7