Arbeitsstättenverordnung Die Novelle der Arbeitsstättenverordnung Was verspricht die Novelle für ein Unternehmen? - Erwartungen und Perspektiven - Inhalte 1. Kernsystematik 2. Bedeutung aus der Sicht eines Industrieunternehmens - Deregulierung - Regelungssystematik 3. Risiken 4. Fazit 1
Kernsystematik Ziel: Die Arbeitsstättenverordnung dient der Sicherheit und dem Gesundheitsschutz der Beschäftigten beim Einrichten und Betreiben von Arbeitsstätten. Vorgabe: Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass Arbeitsstätten so eingerichtet und betrieben werden, dass von ihnen keine Gefährdungen für die Sicherheit und die Gesundheit der Beschäftigten ausgehen. Kernsystematik Umsetzung: Bei Einhaltung der Regeln für Arbeitsstätten kann davon ausgegangen werden, dass die Anforderungen der Arbeitsstättenverordnung erfüllt sind. Einschränkung: Soweit in anderen Rechtsvorschriften Anforderungen gestellt werden, bleiben diese hiervon unberührt. 2
Arbeitsschutzrecht Das Arbeitsschutzrecht aus der Sicht eines Industriebetriebes: Hohe Komplexität. Die Anzahl der rechtlichen Regelungen stellt einen Unternehmer vor eine Herausforderung. Beispiel mechanische Werkstatt Umkleide- und Sanitärbereich Meisterbüro Pausenraum Dreh- und Schleifmaschinen Werkbänke Schweißarbeitsplatz Gefahrstoffemissionen Lärmemissionen Lackierarbeitsplatz Lagerbereich (incl. zwei Regale) Zugluft Verkehrswege, Arbeitsraumgestaltung, Fluchtwege 3
Regelwerke Auszug aus den beim Einrichten zu berücksichtigenden Regelwerken Arbeitsschutzgesetz Arbeitsstättenverordnung Geräte- und Produktsicherheitsgesetz Maschinenrichtlinie Betriebsverfassungsgesetz Betriebssicherheitsverordnung Bildschirmarbeitsverordnung Lastenhandhabungsverordnung Landesbauordnung Verordnung über elektrische Betriebsräume Chemikaliengesetz Gefahrstoffverordnung Gesetz über die elektromagnetische Verträglichkeit von Geräten Wasserhaushaltsgesetz und diverse Unfallverhütungsvorschriften von der Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung am Arbeitsplatz über Lärm, Schweißen und Schneiden bis hin zu Kranen Regelwerke Forderung Systematik und Deregulierung. Frage: Wird die neue Arbeitsstättenverordnung diesen Forderungen gerecht? 4
Deregulierung Deregulierung Laut Duden Fremdwörterbuch: Aufhebung regelnder Maßnahmen Definition aus dem Wirtschaftsrecht: Verzicht auf staatliche Maßnahmen, mit denen politische Zielsetzungen gegen den Markt durchgesetzt werden sollen. Deregulierung Begründung zur Arbeitsstättenverordnung: Vorgabe von Schutzzielen Konkrete Regelungen nur, wenn nach arbeitswissenschaftlich begründeten Erkenntnissen Gesundheitsschäden zu erwarten sind. 5
Deregulierung Beispiele: Ausstattung: Jedem Beschäftigten muss mindestens eine Kleiderablage zur Verfügung stehen, sofern Umkleideräume nicht vorhanden sind (...). Demgegenüber gilt für Lärm: In Arbeitsstätten ist der Schalldruckpegel so niedrig zu halten, wie es nach der Art des Betriebes möglich ist (...). Deregulierung Kann die Deregulierung mit der vorliegenden Verordnung gelingen? Einschätzung: An einigen Stellen wurden Sachverhalte geregelt, welche meiner Meinung nach über den gesetzten Anspruch hinausgehen, während an anderer Stelle entgegen vorhandener gesicherter arbeitswissenschaftlicher Erkenntnisse Handlungsspielräume geöffnet wurden. 6
Regelungssystematik Wir rufen uns nochmals das Beispiel der mechanischen Werkstatt ins Gedächtnis zurück: Umkleide- und Sanitärbereich Meisterbüro Pausenraum Arbeitsschutzgesetz Arbeitsstättenverordnung Geräte- und Produktsicherheitsgesetz Maschinenrichtlinie Betriebsverfassungsgesetz Betriebssicherheitsverordnung Bildschirmarbeitsverordnung Lastenhandhabungsverordnung Landesbauordnung Verordnung über elektrische Betriebsräume Chemikaliengesetz Gefahrstoffverordnung Regelungssystematik Einschätzung: In Punkto Regelungssystematik wurde mit der Novelle ein weiterer Schritt in die richtige Richtung getan. Aber: Harmonisierungsbedarf. 7
Regelungssystematik 3 Abs. 4: Soweit in anderen Rechtsvorschriften, insbesondere dem Bauordnungsrecht der Länder, Anforderungen gestellt werden, bleiben diese Vorschriften unberührt. Regelungssystematik Dann wird es ermöglicht, in klarer Abarbeitung der Vorgaben Rechtssicherheit zu erlangen. Ein wesentlicher Anspruch für die zukünftige Arbeit wird hier die Weiterentwicklung dieser Systematik in allen Bereichen des arbeitsschutzrelevanten Rechtes sein. Und: Der Ausschuss für Arbeitsstätten muss sich seiner Verantwortung bewusst sein, seine Regeln in diese Systematik einzubinden. 8
Risiken Grundsätzlich bestehen jedoch auch Risiken. Risiken Standards: Grundsystematik: Prinzip der Gefährdungsbeurteilung. Beispiel 6 Abs. 1: Der Arbeitgeber hat solche Arbeitsräume bereitzustellen, die eine ausreichende Grundfläche und Höhe sowie einen ausreichenden Luftraum aufweisen. 9
Risiken Wann gilt ein Sachverhalt als anerkannte Regel, wann als gesicherte Erkenntnis? Risiken Gestaltungsspielräume erfordern Wissen und Erfahrung. Und: Gestaltungsspielräume nutzen bedeutet auch Verantwortung wahrnehmen. 10
Fazit Fazit: 1. Grundsätzlich muss es einem innovativen Menschen möglich sein, seine Ideen zu entwickeln. Bill Gates Traum von der Garage zum Großkonzern darf nicht an bürokratischen Hürden aus dem Arbeitsstättenrecht scheitern. Aber Bill Gates konnte diesen Weg nur so erfolgreich gehen, weil er betriebliche Störgrößen erfolgreich reduziert hat. Fazit Zu diesen Störgrößen zählen auch Lärm, Klima, zu geringe Arbeitsraumbreiten und Mitarbeiterdemotivation durch nicht menschengerecht gestaltete Arbeitsstätten. Unsere Aufgabe ist es, die Störgrößen aufzuzeigen und den Weg zur Beseitigung dieser Störgrößen zu begleiten. Und: An den Stellen, an welchen die Gesundheit der Mitarbeiter irreversibel beeinflusst wird, müssen Leitplanken geschaffen werden, welche nicht verlassen werden dürfen. Dies wird die zukünftige Aufgabe des Ausschusses für Arbeitsstätten sein. 11
Fazit 2. An die mit dem Arbeitsschutz befassten Aufsichtsbehörden und technischen Aufsichtspersonen der Berufsgenossenschaften gewandt: Es gilt gemeinsam die Handlungsspielräume zu gestalten! Dies kann nur in der fachlichen Diskussion im Einzelfall unter Berücksichtigung der betrieblichen Gegebenheiten vor Ort gelingen. Ein Zurückziehen auf tabellarische Werte wird diesem Anspruch nicht gerecht. Fazit 3. An die Unternehmen gewandt: Wir müssen die gewonnenen Spielräume verantwortungsvoll nutzen. Ansonsten werden wir uns künftig zu fragen haben, warum die Konkurrenz mit den gleichen Anlagen eine motiviertere, gesündere Belegschaft besitzt und damit eine höhere Produktivität und ein deutlich höheres Qualitätsniveau erreicht. 12