Kündigungsschutz und Kündigungsgründe

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ARBEITSRECHT A20 Stand: August 2017 Ihr Ansprechpartner Heike Cloß E-Mail heike.closs@saarland.ihk.de Tel. (0681) 9520-600 Fax (0681) 9520-690 Kündigungsschutz und Kündigungsgründe Fällt ein Unternehmen in den Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG), ist eine Kündigung nur als personen-, verhaltens- oder eine betriebsbedingte Kündigung möglich. Jeder Arbeitnehmer kann sich gegen seine Kündigung wehren, indem er nachweist, dass keiner dieser drei Gründe vorliegt. Diejenigen Arbeitnehmer, für die das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet, können sich gegen die ausgesprochene Kündigung nur unter dem Aspekt eines Verstoßes gegen die guten Sitten oder den gegen Treu und Glauben wehren. Neben der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes ist auch immer noch zu prüfen, ob weitere Kündigungsschutztatbestände zu Gunsten des Arbeitnehmers eingreifen. Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes Das Kündigungsschutzgesetz gilt, wenn der zu kündigende Mitarbeiter länger als sechs Monate ohne Unterbrechung im Betrieb beschäftigt war und der Betrieb mehr als zehn Arbeitnehmer außer zur Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt. Bis zum 31. Dezember 2003 war das Kündigungsschutzgesetz auf alle Betriebe anwendbar, die mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigten. Seit dem 1. Januar 2004 gilt das KSchG in Betrieben mit zehn oder weniger Arbeitnehmern nicht für diejenigen Mitarbeiter, die nach dem 1. Januar 2004 eingestellt wurden. Für die bereits zuvor beschäftigten Arbeitnehmer verbleibt es beim bisherigen Recht. Allerdings besteht der Kündigungsschutz nur solange, wie die Anzahl der Altarbeitnehmer den Schwellenwert von fünf Mitarbeitern noch überschreitet. Die Auszubildenden blieben und bleiben bei der Zahl der zu ermittelnden Arbeitnehmer unberücksichtigt. Teilzeitbeschäftigte werden entsprechend ihrer Wochenarbeitszeit in die Berechnung einbezogen: Bei einer regelmäßigen Wochenarbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und bei einer regelmäßigen Wochenarbeitszeit von nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75. Industrie- und Handelskammer des Saarlandes 1/8 Postanschrift: IHK Saarland 66104 Saarbrücken Büroanschrift: Franz-Josef-Röder-Straße 9 66119 Saarbrücken Tel. 06 81/95 20-0 Fax 06 81/95 20-888 E-Mail: info@saarland.ihk.de Internet: www.saarland.ihk.de

Haben Sie also schon vor dem 1. Januar 2004 mehr als fünf Arbeitnehmer, aber weniger als zehn Mitarbeiter beschäftigt und haben Sie nun neue Mitarbeiter eingestellt, ohne dabei die Höchstgrenze von zehn Mitarbeitern zu überschreiten, so behält jeder Mitarbeiter, der bereits vor dem 1. Januar 2004 beschäftigt gewesen ist und Kündigungsschutz genossen hat, diesen Status bei. Neu eingestellte Mitarbeiter müssen hingegen auf den gesetzlichen Kündigungsschutz verzichten. Wird die Höchstgrenze von zehn Mitarbeitern (Ausnahme die zur Berufsbildung Beschäftigten) überschritten, so unterliegen alle Mitarbeiter dem Kündigungsschutz. Übersicht über allgemeinen Kündigungsschutz Ein Mitarbeiter soll entlassen werden. Ist er länger als sechs Monate beschäftigt? nein ja Mitarbeiter hat keinen allgemeinen Kündigungsschutz Ausnahme: Besonders geschützte Personengruppen 1 nein ja Beschäftigt das Unternehmen mindestens 5,25 Mitarbeiter? nein Beschäftigt das Unternehmen mindestens 10,25 Mitarbeiter? 2 ja nein Wurde der Mitarbeiter vor dem 1. Januar 2004 eingestellt? ja Mitarbeiter hat allgemeinen Kündigungsschutz 1 Wie etwa Betriebsratsmitglieder, Auszubildende, Schwerbehinderte, werdende Mütter, Erziehungszeitler. 2 Teilzeitkräfte bis 20 Wochenstunden zählen mit 0,5; bis 30 Stunden mit 0,75 Personenbedingte Kündigungsgründe Personenbedingte Kündigungsgründe liegen vor, wenn der Arbeitnehmer objektiv nicht (mehr) in der Lage ist, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, wenn er also die Fähigkeit oder Eignung zur Erbringung der Arbeitsleistung verloren hat. Ein Verschulden des Arbeitnehmers ist nicht erforderlich. 2/8

In Betracht kommen beispielsweise eine fehlende Arbeitserlaubnis, fehlende fachliche oder persönliche Eignung (Nichtbestehen von Prüfungen, mangelhafte Kenntnisse), Arbeitsverhinderung wegen Haft, Verlust der erforderlichen Berufsausübungserlaubnis (Führerschein/ Flugschein). Auch eine Krankheit kann ein Grund für eine personenbedingte Kündigung sein. Keine personenbedingten Kündigungsgründe sind Alter des Arbeitnehmers, auch nicht das Erreichen des Renteneintrittsalters Wehr- oder Zivildienstzeiten Ehrenämter oder politische Mandate. Voraussetzungen für eine personenbedingte Kündigung Es muss feststehen, dass der Mitarbeiter auf Grund seiner persönlichen Fähigkeiten künftig nicht mehr in der Lage ist, seine arbeitsvertraglichen Pflichten zu erfüllen: negative Prognose. Auf Grund der künftigen Nichterfüllung muss es zu einer erheblichen Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers kommen: Interessenabwägung. Keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit des Mitarbeiters an einem anderen Arbeitsplatz innerhalb des Betriebes. Interessenabwägung bei einer umfassenden Abwägung der Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer überwiegen die Interessen des Arbeitgebers an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Krankheitsbedingte Kündigung Eine Kündigung wegen Krankheit ist aber nur dann sozial gerechtfertigt, wenn eine negative Zukunftsprognose vorliegt und dem Arbeitgeber nicht mehr zugemutet werden kann, die von der Krankheit ausgehenden Beeinträchtigungen der betrieblichen Interessen (zum Beispiel Störung des Arbeitsablaufs, wirtschaftliche Belastung) noch länger hinzunehmen. Vor einer Kündigung wegen Krankheit ist jedoch immer zu überprüfen, ob die Möglichkeit einer anderweitigen Beschäftigung, auch nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen, besteht, wenn auch eventuell zu schlechteren Bedingungen ("Änderungskündigung vor Beendigungskündigung"), oder ob der zeitweilige Ausfall des Arbeitnehmers durch andere Maßnahmen, zum Beispiel eine Aushilfskraft, überbrückt werden kann. Auf Grund der ungünstigen Platzierung der Regelung im Sozialgesetzbuch wurde bisher kaum Kenntnis von der Notwendigkeit des Betrieblichen Eingliederungsmanagements genommen. Arbeitgeber sollten die Auswirkungen der Vorschrift jedoch nicht unterschätzen: Zwar sieht das Gesetz keine unmittelbaren Konsequenzen bei Nichteinhaltung der Vorschrift vor, allerdings wurden mit Einführung des BEM die Anforderungen an eine krankheitsbedingte Kündigung verschärft. Zwar ist die Durchführung des Betrieblichen Eingliederungsmanagements keine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung für den Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung. Hat der Arbeitgeber jedoch kein Betriebliches Eingliederungsmanagement durchgeführt, so muss er in einem etwaigen Kündigungsschutzprozess umfassend vortragen und beweisen, dass es keinen leistungsgerechten Arbeitsplatz für den betroffenen Arbeitnehmer gibt. Kann er dies nicht, ist die Kündigung unwirksam. Wichtig ist es daher, eine Ablehnung 3/8

des Arbeitnehmers, das Betriebliche Eingliederungsmanagement durchzuführen, gut zu dokumentieren. Eine personenbedingte Kündigung erfordert keine vorherige Abmahnung. A26 Betriebliches Eingliederungsmanagement, Kennzahl 890, Verhaltensbedingte Kündigungsgründe Eine verhaltensbedingte Kündigung basiert auf einem Pflichtenverstoß des Arbeitnehmers. Es muss sich also immer um ein steuerbares Verhalten handeln. Liegt ein solches nicht vor, kommt nur eine personenbedingte Kündigung in Betracht. Voraussetzungen für eine verhaltensbedingte Kündigung erheblicher Pflichtverstoß der Pflichtverstoß muss rechtswidrig und auch schuldhaft erfolgt sein die Kündigung ist verhältnismäßig, es gibt also kein milderes Mittel als die Kündigung (z. B. Abmahnung) Interessenabwägung bei der Interessenabwägung überwiegt das Interesse des Arbeitgebers an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Eine verhaltensbedingte Kündigung ist gerechtfertigt, wenn Umstände im Verhalten des Arbeitnehmers vorliegen, die ein verständig urteilender Arbeitgeber zum Anlass für eine Kündigung nehmen würde. Durch das Verhalten des Arbeitnehmers müssen beispielsweise konkrete Störungen im Leistungs- beziehungsweise im Vertrauensbereich auftreten. Dies ist insbesondere der Fall bei Vertragsverletzungen, zum Beispiel Schlechtleistung, ständiges Zuspätkommen, Verletzung von Anzeige- oder Nachweispflichten im Krankheitsfall, Nebentätigkeit trotz Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, eigenmächtiger Urlaubsantritt, private unerlaubte Telefonnutzung für Ferngespräche, Verstöße gegen die betriebliche Ordnung (Alkoholmissbrauch während der Arbeitszeit, Rauchen in gefährdeten Arbeitsbereichen), Verstöße gegen Verschwiegenheitspflicht, rechtswidrige Arbeitsverweigerung, Beleidigungen und Tätlichkeiten gegenüber Arbeitskollegen, sexuelle Belästigung, strafbare Handlungen im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis (zum Beispiel Diebstahl im Betrieb, Betrug bei der Zeiterfassung) oder vielfache Lohnpfändungen, wenn durch den Arbeitsaufwand die Lohnbuchhaltung gestört wird. Die Rechtsprechung verlangt vor Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung im Regelfall je nach Schwere des Verstoßes mindestens eine, gegebenenfalls auch mehrere vorherige einschlägige Abmahnungen. Die idealerweise schriftlich erfolgende Abmahnung hat die Funktion, dem Arbeitnehmer die ihm vorgeworfenen Verfehlungen zu benennen und ihm Gelegenheit zu einer Verhaltensänderung zu geben. Dem Arbeitnehmer wird durch die Abmahnung angezeigt, worin sein Fehlverhalten lag, wie er sich korrekt zu verhalten hat und dass er mit 4/8

einer Kündigung zu rechnen hat, wenn sich sein Verhalten nicht ändern sollte. Nähere Informationen entnehmen Sie bitte unserem Infoblatt A13 Abmahnung, Kennzahl 67. In jedem Fall muss vor der verhaltensbedingten Kündigung eine Interessenabwägung unter Berücksichtigung der Gesamtumstände stattfinden. Keine verhaltensbedingten Kündigungsgründe sind der Abkehrwille, das heißt ein Arbeitnehmer hat das Recht, sich nach einem anderen Arbeitsplatz umzuschauen außerbetriebliches Verhalten, es sei denn, das Arbeitsverhältnis wird dadurch konkret gestört. Betriebsbedingte Gründe Eine betriebsbedingte Kündigung liegt vor, wenn eine Weiterbeschäftigung des Mitarbeiters wegen dringender betrieblicher Gründe nicht möglich ist, z. B. wegen der Schließung des Betriebes oder einzelner Abteilungen, bei Betriebsstilllegung in Folge von Insolvenz usw. Voraussetzungen für eine betriebsbedingte Kündigung Bestehen der betrieblichen Erfordernisse, d. h. eine Abteilung oder Betrieb selbst wird geschlossen, Arbeitsabläufe ändern sich, so dass bestimmte Arbeitsplätze entfallen, es besteht keine Möglichkeit der Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers an einem anderen Arbeitsplatz im Betrieb, es muss das Interesse des Arbeitgebers an der Schließung des Betriebes, das Interesse des Arbeitnehmers an dem Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses überwiegen, der Arbeitgeber muss die gesetzlich vorgegebene Sozialauswahl berücksichtigen. Eine betriebsbedingte Kündigung kann gerechtfertigt sein, wenn dringende betriebliche Gründe der Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen. Grundlage der Kündigung muss eine unternehmerische Entscheidung sein. Dies kann sich auf Grund innerbetrieblicher (zum Beispiel notwendige Rationalisierung, Produktionseinschränkung) oder außerbetrieblicher Umstände (zum Beispiel Absatzrückgang, Ausbleiben von Krediten) ergeben. Diese Umstände müssen zur Folge haben, dass die Erforderlichkeit einer Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer auf lange Sicht entfällt. Gibt es für den Betrieb weniger harte Maßnahmen (zum Beispiel Abbau von Überstunden), fehlt es an der Voraussetzung der dringenden Erforderlichkeit. Kann der Arbeitnehmer auf einem anderen freien Arbeitsplatz eingesetzt werden, so ist eine Kündigung ausgeschlossen, auch dann, wenn eine zumutbare Umschulung, Fortbildung oder Änderung der Arbeitsbedingungen erforderlich ist. Die betriebsbedingte Kündigung ist nur dann sozial gerechtfertigt, wenn bei der Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer ausreichend soziale Gesichtspunkte berücksichtigt wurden ("Sozialauswahl"). Seit dem 1. Januar 2004 ist die Sozialauswahl auf die folgenden vier Kriterien beschränkt: 5/8

Dauer der Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten des Arbeitnehmers und Schwerbehinderung des Arbeitnehmers. Bei berechtigtem betrieblichem Interesse können Leistungsträger und solche Personen, die für die Erhaltung einer ausgewogenen Sozialstruktur erforderlich sind, von der Sozialauswahl ausgenommen werden. Darunter fallen solche Personen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Einheitliche Klagefrist Es existiert eine einheitliche Klagefrist von drei Wochen für fast alle Kündigungen. Dies beruht darauf, dass das Kündigungsschutzgesetz grundsätzlich vor rechtsunwirksamen Kündigungen schützen will. Damit erweitert sich zugleich auch der Anwendungsbereich des 7 KSchG: Unabhängig davon, ob die Kündigung rechtswirksam ist oder nicht, gilt das Arbeitsverhältnis als beendet - und die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam -, wenn ein gekündigter Arbeitnehmer nicht innerhalb dieses Zeitraums Kündigungsschutzklage erhebt. Keine Anwendung findet die dreiwöchige Klagefrist jedoch auf solche Fälle, in denen der Arbeitnehmer nicht die Unwirksamkeit der Kündigung als solches geltend macht, sondern die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist rügt. Für den Fall der Fristrüge hat das BAG ausdrücklich entschieden (Urt. v. 15.12.2005, AZ.: 2 AZR 148/05), dass 4 KSchG keine Anwendung findet und somit eine Klage auch nach Ablauf der 3-Wochen- Frist möglich ist. Dies gilt jedoch nur für Fälle, in denen die Kündigungserklärung mit zu kurz berechneten Endterminen so ausgelegt werden kann, dass der Arbeitgeber den fristwahrenden Beendigungstermin gemeint hatte. Kündigungserklärungen, bei denen eine solche Auslegung nicht möglich ist, muss nach einer Entscheidung des BAG (Urt. v. 01.09.2010, AZ.: 5 AZR 700/09) Klage innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung eingelegt werden. Die Klage kann sich sowohl gegen die falsche Berechnung der Kündigungsfrist als auch gegen das Nichtvorliegen von Kündigungsschutzgründen berufen. Der Arbeitgeber muss im Kündigungsschreiben selbst nicht den Kündigungsgrund angeben. Ausnahmen davon: Bei Auszubildenden, Mütter im Mutterschutz oder bei tarifvertraglich vorgeschrieben Angabepflichten muss der Kündigungsgrund angegeben werden. Wenn der Mitarbeiter plant, gegen die Kündigung vorzugehen, hat er gegen seinen früheren Arbeitgeber einen Anspruch auf Mitteilung seines Kündigungsgrundes. Nur so könne er nämlich feststellen, ob die Kündigung rechtmäßig war bzw. seine Kündigungsschutzklage Aussicht auf Erfolg hat. 6/8

Abfindungsansprüche bei betriebsbedingter Kündigung Ein weit verbreiteter Irrtum ist, dass ein Arbeitnehmer immer Anspruch auf eine Abfindung im Sinne einer einmaligen außerordentlichen Zahlung hat. Einen gesetzlichen Anspruch auf Abfindung gibt es jedoch nicht. Typischerweise werden solche Ansprüche in Sozialplänen, Tarifverträgen oder zum Teil auch in Einzelarbeitsverträgen begründet. Eine Ausnahme ist die Abfindung bei einer betriebsbedingte Kündigung gem. 1a KSchG. Danach kann der Arbeitgeber seine betriebsbedingte Kündigung mit dem ausdrücklichen Hinweis verbinden, dass er die Kündigung auf dringende betriebliche Erfordernisse stützt und sein Mitarbeiter bei Verstreichenlassen der gesetzlichen dreiwöchigen Frist zu Erhebung einer Kündigungsschutzklage eine Abfindung in gesetzlicher Höhe erhalten kann. Mit dem Abfindungsanspruch kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen Klageverzicht schmackhaft machen. Ob er die Abfindung zusagt, ist eine freie Entscheidung des Arbeitgebers. Schließlich ist auch die Höhe des Abfindungsanspruchs geregelt: Sie beträgt 0,5 Monatsverdienste für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. Dabei gilt als Monatsverdienst, was der Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebender regelmäßiger Arbeitszeit in dem Monat, in dem das Arbeitsverhältnis endet, an Geld und Sachbezügen zusteht. Bei der Ermittlung der Dauer des Arbeitsverhältnisses ist ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten auf ein volles Jahr aufzurunden. Außerordentliche (fristlose) Kündigung Bei einer außerordentlichen Kündigung sieht das KSchG keinen Kündigungsschutz vor. Es müssen Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisse nicht zugemutet werden kann ("wichtiger Grund"). Die Kündigung muss schriftlich innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Kenntnis von den die Kündigung rechtfertigenden Tatsachen erfolgen ( Kündigungserklärungsfrist ). Die Angabe des Kündigungsgrundes im Kündigungsschreiben ist gesetzlich nicht zwingend vorgeschrieben. Nimmt der Arbeitgeber einen Kündigungsgrund im Schreiben auf und stellt er nach Ausspruch der Kündigung fest, dass noch weitere Kündigungsgründe vorliegen, kann er diese nicht einfach nachschieben. Es wird vielmehr bei der Überprüfung der Wirksamkeit der Kündigung nur seitens des Gerichtes das geprüft, was in dem Kündigungsschreiben selbst drinsteht. Die Gerichte stellen hohe Anforderungen an das Vorliegen eines wichtigen Grundes im Rahmen der Überprüfung. Spätestens auf Verlangen des Arbeitnehmers muss der Kündigungsgrund angegeben werden. Ob eine Abmahnung erforderlich ist, richtet sich nach Art und Schwere des Kündigungsgrundes. A03 Beendigung des Arbeitsverhältnisses - Kündigung, Aufhebungsvertrag, Fristablauf -, Kennzahl 890 Kündigungsfristen Auch wenn eine Kündigung verhaltens-, personen- oder betriebsbedingt ausgesprochen wird, muss der Arbeitgeber immer auch die Kündigungsfristen beachten. 7/8

A03 Beendigung des Arbeitsverhältnisses - Kündigung, Aufhebungsvertrag, Fristablauf -, Kennzahl 890 Eingreifen eines besonderen Kündigungsschutzes Das allgemeine Kündigungsschutzgesetz, das zuvor beschrieben wurde, greift für jeden Arbeitnehmer, sobald der Betrieb in den sachlichen Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes fällt. Davon zu unterscheiden sind die besonderen Kündigungsschutztatbestände, die an das Vorliegen bestimmter Voraussetzungen bei dem Mitarbeiter anknüpfen. Geschützter Personenkreis: Schwerbehinderte und Gleichgestellte, 68 SGB IX Frauen im Mutterschutz Arbeitnehmer in Elternzeit Auszubildende Kündigung: Bedarf der Zustimmung des Integrationsamtes (im Saarland Landesamt für Soziales, Gesundheit und Verbraucherschutz, Postfach 10 32 52, 66032 Saarbrücken, Tel.: 0681 9978-0, E-Mail: integrationsamt@las.saarland.de) Verboten nach dem Mutterschutzgesetz (im Saarland Erlaubnis des Landesamtes für Umwelt und Arbeitsschutz, Keplerstraße 18, 66117 Saarbrücken, Tel.: 0681 501-3394) Verboten nach BEEG (im Saarland Erlaubnis des Landesamtes für Umwelt und Arbeitsschutz, Keplerstraße 18, 66117 Saarbrücken, Tel.: 0681 501-3394) nach Probezeit nur noch außerordentlich BBiG (evtl. Schlichtungsverfahren) A06 Mutterschutz, Kündigungsschutz, Kennzahl 891, A30 Elternzeit und Elterngeld, Kennzahl 891, A08 Beschäftigung von Schwerbehinderten, Kennzahl 67. Dieses Merkblatt soll als Service Ihrer IHK nur erste Hinweise geben und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden. 8/8