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Transkript:

IV.2 Kanonische Transformationen 79 IV.2 Kanonische Transformationen IV.2.1 Phasenraum-Funktionen Die verallgemeinerten Koordinaten q a t) und die dazu konjugierten Impulse p a t) bestimmen den Bewegungszustand eines mechanischen Systems zur Zeit t vollständig. Das heißt jede mögliche Größe um diesen Zustand zu charakterisieren wie z.b. die Position der Drehimpuls oder die gesamte Energie kann durch die Phasenraumkoordinaten des Systems ausgedrückt werden. Dementsprechend ist es sinnvoll Funktionen von der Zeit t und den 2s Phasenraumkoordinaten q a p a mit a 1... s zu betrachten. Im Rest dieses Kapitels werden solche Funktionen der Kürze halber als Phasenraum-Funktionen oder Funktionen auf dem Phasenraum bezeichnet auch wenn die Zeit auch Argument der Funktion ist. Dazu wird angenommen dass sie beliebig differenzierbar sind ohne dass das jedes Mal erwähnt wird. Bemerkung: Wenn die Funktion einer messbaren physikalischen Größe entspricht anstatt ein mathematisches Konstrukt zu sein wird sie auch Observable genannt. IV.2.2 Poisson-Klammer IV.2.2 a Definition Definition: Seien f und g zwei Funktionen von der Zeit t und den 2s Phasenraumkoordinaten q a p a mit a 1... s. Ihre Poisson 19) -Klammer ist ebenfalls eine Phasenraum-Funktion derselben Variablen definiert durch f g f ) g IV.12) q a p a p a q a wobei die t q p)-abhängigkeit aller Funktionen nicht geschrieben wurde. Bemerkungen: In der Literatur sind Poisson-Klammern manchmal mit einem globale Vorzeichen vor der rechten Seite definiert. Um nur internationale Standardreferenzen zu nennen ist die hier verwendete Konvention die gleiche wie bei Arnold [1] oder Goldstein [4 5] während Landau & Lifschitz [9 20] die alternative Konvention benutzen. Auf ähnlicher Weise ist die Notation nicht universell: somit benutzen viele Autoren rechteckige Klammern [ ] z.b. Arnold Goldstein oder Landau & Lifschitz um die formelle Analogie mit dem Kommutator der Quantenmechanik zu betonen. Hiernach wird die Poisson-Klammer IV.12) manchmal auch mit qp expliziter Angabe der relevanten Phasenraumkoordinaten. bezeichnet d.h. mit Für die spätere Diskussion über kanonische Transformationen in IV.2.4 ist es günstig die Poisson-Klammer in einer Matrixform zu schreiben. Dafür führt man die s-dimensionalen Spaltenvektoren q f f/ q 1. f/ q s und p f f/ p 1. f/ p s IV.13) ein. Diese können dann wiederum in einen Spaltenvektor mit insgesamt 2s Komponenten kombiniert 19) S. Poisson 1781 1740

80 Hamilton-Formalismus werden. Dann ist die Poisson-Klammer von f und g durch ) ) q f) T p f) T) 0 1 s q g 1 s 0 p g IV.14) gegeben mit q f) T und p f) T den Zeilenvektoren transponiert zu den Spaltenvektoren IV.13) und 1 s der s s-einheitsmatrix. IV.2.2 b Eigenschaften Die Poisson-Klammer besitzt einige mathematische Eigenschaften die sich generell problemlos beweisen lassen und deshalb hiernach nur aufgelistet werden. Der Kürze halber werden die Abhängigkeit der verschiedener Funktion von ihren Variablen t q p) nicht geschrieben. Bilinearität Seien 1 g 2 bzw. f 1 f 2 g drei Funktionen auf dem Phasenraum und λ 1 λ 2 C. Dann gelten λ1 f 1 λ 2 f 2 g λ 1 f1 g λ 2 f2 g f λ1 g 1 λ 2 g 2 λ1 1 λ2 2. IV.15) Antisymmetrie / Antikommutativität Für jedes Paar ) von Funktionen auf dem Phasenraum gilt g f. IV.16) Daraus folgt trivial f f 0. Nullelemente Sei K eine Zahl; die Funktion auf dem Phasenraum die identisch konstant gleich K ist ist ein Nullelement d.h. ihre Poisson-Klammer mit jeder Funktion f auf dem Phasenraum verschwindet f K 0. IV.17) Produktregel sowie die Für jedes Triplett h) von Funktionen auf dem Phasenraum gelten h h g f h IV.18) Jacobi 20) -Identität h g h f h 0. IV.19) Im Gegensatz zu den anderen Eigenschaften die sich in einer Zeile nachprüfen lassen ist der Beweis dieser Identität mühsam. Jeder der drei Terme ist eine Summe über zwei Freiheitsgrade-Indizes von 8 Beiträgen die selbst Produkte von zwei Ableitungen und einer doppelten Ableitung sind. Das Spiel besteht darin Indizes zu umbenennen und die Vertauschung der Ordnung der Ableitungen zu benutzen um das gesuchte Ergebnis zu finden. Bemerkungen: Für die dritte Eigenschaft ist eigentlich nur die Unabhängigkeit der Funktion K von den Phasenraumkoordinaten nötig: die Konstante kann noch von der Zeit abhängen entsprechend einer auf dem Phasenraum gleichförmigen Funktion ohne den Nullwert deren Poisson-Klammer mit jeder anderen Funktion zu ändern. Versehen mit der Addition und der Poisson-Klammer bildet die Menge der Funktionen auf dem Phasenraum eines Systems eine Algebra.

IV.2 Kanonische Transformationen 81 IV.2.3 Poisson-Klammer und Zeitentwicklung Mit Hilfe der Poisson-Klammer lässt sich die Zeitentwicklung einer Phasenraumfunktion elegant umschreiben. IV.2.3 a Zeitentwicklung einer Phasenraumfunktion Sei jetzt f eine beliebige Funktion auf dem Phasenraum eines physikalischen Systems dessen Hamilton-Funktion H als bekannt angenommen wird. Die Anwendung der Kettenregel gibt für die totale Ableitung von f nach der Zeit df t qt) pt) ) f t qt) pt) ) f t qt) pt) ) f t qt) pt) ) q a t) ṗ a t). dt t q a p a Dabei können die Zeitableitungen q a t) q a t) der Koordinatenfunktionen mithilfe der Hamilton schen Bewegungsgleichungen IV.4) umgeschrieben werden: df dt f t f H q a p a f H p a q a wobei alle Funktionen im gleichen Punkt t qt) pt) ) zu betrachten sind. Unter Verwendung der Poisson-Klammer IV.12) lautet diese Zeitableitung df dt f t f H. IV.20) Insbesondere werden die Hamilton schen Bewegungsgleichungen IV.4) zu dq a dt q a H dp a dt p a H für a 1... s IV.21) weil die Projektionen q a t qt) pt) ) qa p a t qt) pt) ) pa auf die Koordinatenachsen der Position im Phasenraum trotz ihrer Notation keine explizite Funktion der Zeit sind. Bemerkung: Wegen der Bilinearität IV.15) der Poisson-Klammer ist die Abbildung f f H bei gegebener Hamilton-Funktion H eine lineare Abbildung. IV.2.3 b Integrale der Bewegung In Übereinstimmung mit Definition I.49) ist eine Funktion K der Zeit t und der Phasenraumkoordinaten eine Konstante der Bewegung auch Integral der Bewegung genannt wenn sie konstant entlang der Trajektorie eines System im Phasenraum bleibt d.h. wenn dk/dt 0. Laut Gl. IV.21) ist diese Anforderung äquivalent zu K t K H 0 d.h. unter Verwendung der Antikommutativität IV.16) der Poisson-Klammer K t q p ) Integral der Bewegung K t H K. IV.22) Dank der Poisson-Klammer können auch zumindest prinzipiell neue Integrale der Bewegung gefunden werden dank dem Theorem Satz von Poisson): Seien K 1 K 2 zwei Konstanten der Bewegung. Dann ist ihre Poisson- Klammer K 1 K 2 auch eine Erhaltungsgröße.

82 Hamilton-Formalismus Beweis: die Jacobi-Identität IV.19) mit f K 1 g K 2 h H 1 gibt H K1 K 2 K 2 H K 1 H K1 K 2 d.h. nach Verwendung der Beziehung IV.22) für beide Konstanten der Bewegung H K1 K 2 K 1 K 2 K1 t t K 2 t K1 K 2 wobei die letzte Gleichung aus dem Austauschen von partiellen Ableitung nach der Zeit und nach Phasenraumkoordinaten folgt. Somit ist K 1 K 2 laut Gl. IV.22) erhalten. Bemerkung: In der Praxis ist dieser Satz nicht so nützlich denn seine Anwendung führt schnell entweder zur Nullfunktion oder zu einem Integral der Bewegung das abhängig von den schon bekannten Integralen ist und somit nicht neu ist. Eigentlich kann ein System mit s Freiheitsgraden maximal 2s 1 unabhängige Konstanten der Bewegung haben. IV.2.4 Kanonische Transformationen Es kann günstig sein Koordinatentransformationen im Phasenraum durchzuführen. IV.2.4 a Fundamentale Poisson-Klammern Seien q a...s verallgemeinerte Koordinaten und p a...s die zugehörigen konjugierten Impulse. Aus der Definition der Poisson-Klammer zweier Funktionen IV.12) und der Tatsache dass die Phasenraumkoordinaten unabhängig voneinander sind folgen die fundamentalen Poisson- Klammern qa q b pa p b 0 IV.23) qa p b δab Bemerkung: Da die Poisson-Klammer zweier Funktionen selbst eine Funktion von der Zeit und der Phasenraumkoordinaten ist bedeutet δ ab hier die Funktion die identisch Null für a b identisch 1 für a b ist. Der Beweis der Beziehungen IV.23) ist trivial. Beispielsweise gilt qa p b c1 q a q c p b p c q a p c p b q c δ ac δ bc wobei die zweite Gleichung die Unabhängigkeit der Koordinaten ausdrückt und zu q a p b δab führt. c1 Definition: Wenn Phasenraumkoordinaten q a p a die Gleichungen IV.23) erfüllen so heißen sie kanonische Variablen. IV.2.4 b Koordinatentransformation im Phasenraum Wir betrachten eine allgemeine Koordinatentransformation im Phasenraum qa p a ) Q a p a ) Q a Q a t q p) mit für a 1... s. P a P a t q p) IV.24) Unter diese Transformation der Koordinaten ändert sich im Allgemeinen auch die funktionale Form der Phasenraum-Funktion welche eine gewisse physikalische Größe ausdrückt. Das heißt eine Funktion f der alten Koordinaten q q a p p a soll durch eine Funktion F der neuen Koordinaten

IV.2 Kanonische Transformationen 83 Q Q a P P a ersetzt werden. Die beiden Funktion stehen in Zusammenhang zu einander weil sie die Beziehung F t Qt q p) Pt q p) ) ft q p) erfüllen müssen. Beispiel: Sei ein System mit einem einzigen Freiheitsgrad beschrieben durch kanonisch konjugierte Variablen q p mit der Hamilton-Funktion hq p) a 2 wobei a und b positiv sind. Die Hamilton schen Bewegungsgleichungen lauten q h p bpq4 1 q 2 b 2 p2 q 4 ṗ h q a q 3 2bp2 q 3. Wird die erste Gleichung nach der Zeit abgeleitet bzw. nach p umgestellt so ergibt sich q bṗq 4 4bpq 3 q bzw. p q bq 4. Daraus folgt die Bewegungsgleichung q abq 2 q2 q deren Lösung auf erster Sicht nicht trivial aussieht. Führt man aber die Koordinatentransformation IV.25) Q pq 2 P 1 q IV.26) durch so nimmt die Hamilton-Funktion die bekannte Form HQ P ) a 2 P 2 b 2 Q2 entsprechend einem harmonischen Oszillator mit Masse m 1/a und natürlicher Kreisfrequenz ω 2 ab. Was aber noch nicht klar ist ist ob die Bewegungsgleichungen in den neuen Koordinaten Q P ) die gleiche Form wie in den alten erhält mit Hamilton-Funktion HQ P ) statt hq p). IV.2.4 c Kanonische Transformationen Sei nun g eine neue Funktion der alten Koordinaten q p und G die damit assoziierte Funktion der neuen Koordinaten Q P: G t Qt q p) Pt q p) ) gt q p). Definition: Eine Koordinatentransformation IV.24) im Phasenraum heißt kanonische Transformation wenn sie die Poisson-Klammer zweier beliebigen Funktionen unverändert lässt d.h. qp F G QP. IV.27) Insbesondere sollen die fundamentalen Poisson-Klammern in den neuen Koordinaten Qa Q b QP P a P b QP 0 Qa P b QP δ ab IV.28) sein. Reziprok kann man zeigen dass wenn die fundamentalen Poisson-Klammern in den neuen Phasenraumvariablen die kanonische Form IV.28) annehmen dann ist die Koordinatentransformation kanonisch.

84 Hamilton-Formalismus Bemerkung: Anstatt der mathematisch korrekten Notation F G für die Funktionen der neuen Variablen Q P einzuführen benutzen Physiker oft die gleiche Notation f und g auch wenn die mathematische Form nicht die gleiche wie in den alten Variablen q p ist. Dementsprechend wird qp IV.29) QP statt Gl. IV.27) geschrieben. Transformation der Phasenraumkoordinaten für s 1 Seien zwei Funktionen der Phasenraumkoordinaten q p eines Systems mit einem einzigen Freiheitsgrad. Unter einer Koordinatentransformation q p) Q P ) werden sie durch neue Funktionen F G ersetzt mit ft q p) F t Qt q p) Pt q p) ) gt q p) G t Qt q p) Pt q p) ). Die Ableitung der ersten dieser Gleichungen nach einer der Phasenraumvariablen zb q gibt f q df dq d.h. unter Verwendung der Kettenregel f q F Q Q q F P P q. Ähnliche Gleichungen gelten für die Ableitung nach p oder für die Ableitungen von g so dass die Poisson-Klammer von f und g sich als qp f g q p f g p q F Q Q q F ) P G Q P q Q p G ) P F Q P p Q p F ) P G Q P p Q q G ) P P q schreiben lässt. Beim Ausmultiplizieren des Terms auf der rechten Seite kommen acht Beiträge wovon vier sich kürzen während die vier übrigen Terme faktorisiert werden können. Insgesamt ergibt sich F qp G Q P F ) G Q P P Q q p Q ) P p q d.h. mit qp F G QP Q P ) q p) Q Q P ) q p) Q P q p Q P p q det q P q Q p P p IV.30a) IV.30b) Gleichung IV.30a) zeigt dass die Transformation q p) Q P ) kanonisch ist wenn die Determinante IV.30b) gleich 1 ist. Beispiel: Kommt man zurück zum Beispiel des IV.2.4 b man prüft einfach nach dass die Transformation IV.26) eigentlich kanonisch ist. Transformation der Phasenraumkoordinaten für s > 1 Wie betrachten nur eine Transformation q p) Q P) der Phasenraumkoordinaten für ein System mit s Freiheitsgraden wobei s > 1 ist eigentlich kann auch s 1 sein. Laut Gl. IV.14) lässt sich die Poisson-Klammer zweier Funktionen der Variablen q p) als qp ) ) 0 q f) T p f) T) 1s q g ) q f) T p f) T) q g J 2s IV.31) 1 s 0 p g p g

IV.2 Kanonische Transformationen 85 schreiben wobei die zweite Gleichung die 2s 2s-Matrix J 2s definiert. Wie im Fall des Problems mit s 1 Freiheitsgrad lassen sich die partiellen Ableitungen von nach den Variablen q a p a durch die Ableitungen von F G nach den zugehörigen Variablen Q a P a ausdrücken; z.b. gelten und g dg q a dq a g dg p a dp a b1 b1 G Q b G ) P b Q b q a P b q a G Q b G ) P b Q b p a P b p a sowie ähnliche Gleichungen mit g bzw. G ersetzt durch f bzw. F. Führt man die vier folgenden s s-matrizen definiert durch ihre Elemente q Q ) ab Q b q a q P ) ab P b q a p Q ) ab Q b p a p P ) ab P b p a ein so lassen sich die Beziehungen zwischen den partielle Ableitungen von g und denen von G in der kürzeren Matrix-Schreibweise ) ) ) ) q g q Q q P Q G Q G Λ p g p Q p P P G P G schreiben. Dabei stellt die 2s 2s-Matrix Λ die Transformationsmatrix für die Koordinatentransformation unter Betrachtung dar. Die Transposition dieser Beziehung mit g bzw. G ersetzt durch f bzw. F lautet q f) T p f) T) Q F ) T P F ) T) Λ T. Dies kann im Ausdruck IV.31) der Poisson-Klammer von f und g eingesetzt werden. Somit ergibt sich qp ) Q F ) T P F ) T) Q G Λ T J 2s Λ. P G Andererseits gilt in den neuen Phasenraumkoordinaten F G QP ) Q F ) T P F ) T) Q G J 2s. P G Vergleicht man beide Ausdrücke man sieht dass die Transformation q p) Q P) kanonisch ist wenn die Anforderung Λ T J 2s Λ J 2s IV.32) an die Transformationsmatrix Λ erfüllt ist. Bemerkung: Man prüft einfach nach dass wenn zwei Transformationsmatrizen Λ 1 Λ 2 der obigen Gleichung genügen dann erfüllt sie auch das Produkt Λ 1 Λ 2 : anders gesagt ist das Hintereinanderausführen zweier kanonischer Transformation wieder eine kanonische Transformation. Die Matrizen welche die Beziehung IV.32) erfüllen bilden die symplektische Gruppe Sp2s).