Hamilton-Mechanik im erweiterten Phasenraum
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1 Hamilton-Mechanik im erweiterten Phasenraum Jürgen Struckmeier Antrittsvorlesung im Rahmen des Physikalischen Kolloquiums des Fachbereichs Physik der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main Frankfurt am Main, 14. Mai 2003 Der erweiterte Phasenraum p. 1
2 Motivation Aufgabe: Analyse zeitabhängiger Hamiltonsysteme Der erweiterte Phasenraum p. 2
3 Motivation Aufgabe: Analyse zeitabhängiger Hamiltonsysteme Einfachstes Beispiel: zeitabhängiger harmonischer Oszillator H(q,p,t) = 1 2 p ω2 (t)q 2 Der erweiterte Phasenraum p. 2
4 Motivation Aufgabe: Analyse zeitabhängiger Hamiltonsysteme Einfachstes Beispiel: zeitabhängiger harmonischer Oszillator H(q,p,t) = 1 2 p ω2 (t)q 2 1. Solvay-Kongress 1911: adiabatische Invariante Der erweiterte Phasenraum p. 2
5 Motivation Aufgabe: Analyse zeitabhängiger Hamiltonsysteme Einfachstes Beispiel: zeitabhängiger harmonischer Oszillator H(q,p,t) = 1 2 p ω2 (t)q 2 1. Solvay-Kongress 1911: adiabatische Invariante Courant, Snyder 1958: Synchrotron-Theorie Der erweiterte Phasenraum p. 2
6 Motivation Aufgabe: Analyse zeitabhängiger Hamiltonsysteme Einfachstes Beispiel: zeitabhängiger harmonischer Oszillator H(q,p,t) = 1 2 p ω2 (t)q 2 1. Solvay-Kongress 1911: adiabatische Invariante Courant, Snyder 1958: Synchrotron-Theorie Lewis 1967: exakte Invariante Der erweiterte Phasenraum p. 2
7 Motivation Aufgabe: Analyse zeitabhängiger Hamiltonsysteme Einfachstes Beispiel: zeitabhängiger harmonischer Oszillator H(q,p,t) = 1 2 p ω2 (t)q 2 1. Solvay-Kongress 1911: adiabatische Invariante Courant, Snyder 1958: Synchrotron-Theorie Lewis 1967: exakte Invariante Ursache der Schwierigkeiten: konventionelle kanonische Transformationstheorie Der erweiterte Phasenraum p. 2
8 Motivation Aufgabe: Analyse zeitabhängiger Hamiltonsysteme Einfachstes Beispiel: zeitabhängiger harmonischer Oszillator H(q,p,t) = 1 2 p ω2 (t)q 2 1. Solvay-Kongress 1911: adiabatische Invariante Courant, Snyder 1958: Synchrotron-Theorie Lewis 1967: exakte Invariante Ursache der Schwierigkeiten: konventionelle kanonische Transformationstheorie Erforderlich: kanonische Transformationstheorie im erweiterten Phasenraum Der erweiterte Phasenraum p. 2
9 Übersicht Das Prinzip der kleinsten Wirkung und dessen verallgemeinerte Formulierung Die erweiterte Form der kanonischen Gleichungen Kanonische Transformationen im erweiterten Phasenraum Beispiel 1: zeitabhängiger harmonischer Oszillator Beispiel 2: allgemeines zeitabhängiges Potential Zusammenfassung und Ausblick Der erweiterte Phasenraum p. 3
10 Das Prinzip der kleinsten Wirkung Gegeben: dynamisches System mit n Freiheitsgraden. Ein Weg γ im 2n-dimensionalen Phasenraum mit der Zeit t als unabhängigem Parameter ist definiert durch γ : ( q (t), p (t) ) q und p sind n-dimensionale Vektoren der generalisierten Koordinaten. Der erweiterte Phasenraum p. 4
11 Das Prinzip der kleinsten Wirkung Gegeben: dynamisches System mit n Freiheitsgraden. Ein Weg γ im 2n-dimensionalen Phasenraum mit der Zeit t als unabhängigem Parameter ist definiert durch γ : ( q (t), p (t) ) q und p sind n-dimensionale Vektoren der generalisierten Koordinaten. Wir definieren das Prinzip über ein Funktional Φ, d.h. als einer Abbildung der Menge der Wege γ nach R Φ(γ) = t1 t 0 [ p(t) d q(t) dt H ( q(t), p(t),t )] dt Die Funktion H : R n R n R R bezeichne die Hamiltonfunktion. Der erweiterte Phasenraum p. 4
12 Wasser v w v s Sand DLRG Beispiel eines Funktionals Φ : γ t R. Der erweiterte Phasenraum p. 5
13 Prinzip der kleinsten Wirkung (Leibnitz, Maupertuis, Euler, Lagrange): Unter allen denkbaren Wegen γ, wählt ein System genau denjenigen γ ext, bei dem Φ(γ ext ) ein Minimum annimmt. Der erweiterte Phasenraum p. 6
14 Prinzip der kleinsten Wirkung (Leibnitz, Maupertuis, Euler, Lagrange): Unter allen denkbaren Wegen γ, wählt ein System genau denjenigen γ ext, bei dem Φ(γ ext ) ein Minimum annimmt. Im Bild unseres Rettungsschwimmers geht ein System also immer genau den optimalen Weg. Der erweiterte Phasenraum p. 6
15 Prinzip der kleinsten Wirkung (Leibnitz, Maupertuis, Euler, Lagrange): Unter allen denkbaren Wegen γ, wählt ein System genau denjenigen γ ext, bei dem Φ(γ ext ) ein Minimum annimmt. Im Bild unseres Rettungsschwimmers geht ein System also immer genau den optimalen Weg. Max Planck: Das Prinzip gilt ganz allgemein für alle reversiblen Vorgänge der Physik! Der erweiterte Phasenraum p. 6
16 Prinzip der kleinsten Wirkung (Leibnitz, Maupertuis, Euler, Lagrange): Unter allen denkbaren Wegen γ, wählt ein System genau denjenigen γ ext, bei dem Φ(γ ext ) ein Minimum annimmt. Im Bild unseres Rettungsschwimmers geht ein System also immer genau den optimalen Weg. Max Planck: Das Prinzip gilt ganz allgemein für alle reversiblen Vorgänge der Physik! Das Funktional Φ(γ) nimmt genau dann ein Minimum an (δφ = 0), wenn der Phasenraumweg ( q(t), p(t) ) die kanonischen Gleichungen erfüllt d q dt = H p, d p dt = H q. Der erweiterte Phasenraum p. 6
17 Wir betrachten noch einmal das Variationsproblem δφ! = 0: δφ(γ) = δ t1 t 0 [ p(t) d q(t) dt H ( q(t), p(t),t )] dt! = 0. Wir sehen: die Zeit t spielt sowohl die Rolle der Integrationsvariablen, als auch die Rolle eines externen Parameters der Hamiltonfunktion. Der erweiterte Phasenraum p. 7
18 Wir betrachten noch einmal das Variationsproblem δφ! = 0: δφ(γ) = δ t1 t 0 [ p(t) d q(t) dt H ( q(t), p(t),t )] dt! = 0. Wir sehen: die Zeit t spielt sowohl die Rolle der Integrationsvariablen, als auch die Rolle eines externen Parameters der Hamiltonfunktion. Der erweiterte Phasenraum p. 7
19 Wir betrachten noch einmal das Variationsproblem δφ! = 0: δφ(γ) = δ t1 t 0 [ p(t) d q(t) dt H ( q(t), p(t),t )] dt! = 0. Wir sehen: die Zeit t spielt sowohl die Rolle der Integrationsvariablen, als auch die Rolle eines externen Parameters der Hamiltonfunktion. Bei der Berechnung der Variation δφ wird die Zeit t nicht mitvariiert. Nicht die allgemeinste Form der Variation! Der erweiterte Phasenraum p. 7
20 Wir betrachten noch einmal das Variationsproblem δφ! = 0: δφ(γ) = δ t1 t 0 [ p(t) d q(t) dt H ( q(t), p(t),t )] dt! = 0. Wir sehen: die Zeit t spielt sowohl die Rolle der Integrationsvariablen, als auch die Rolle eines externen Parameters der Hamiltonfunktion. Bei der Berechnung der Variation δφ wird die Zeit t nicht mitvariiert. Nicht die allgemeinste Form der Variation! Wir müssen die explizite t-abhängigkeit der Hamiltonfunktion von der formalen Integrationsvariablen trennen. Der erweiterte Phasenraum p. 7
21 Die allgemeinste Form des Variationsproblems erhält man gemäß Substitutionsregel mit s als neuer unabhängiger Variabler Φ(γ) = s1 s 0 [ p(s) d q(s) ds H ( q(s), p(s),t(s) ) dt(s) ds ] ds. Der erweiterte Phasenraum p. 8
22 Die allgemeinste Form des Variationsproblems erhält man gemäß Substitutionsregel mit s als neuer unabhängiger Variabler Φ(γ) = s1 s 0 [ p(s) d q(s) ds H ( q(s), p(s),t(s) ) dt(s) ds ] ds. Mit dieser symmetrischen Form des Integranden liegt es nahe, den (2n + 2)-dimensionalen erweiterten Phasenraum zu definieren, indem wir q n+1 = t, p n+1 = H als zusätzliche Phasenraumdimensionen einführen. Der erweiterte Phasenraum p. 8
23 Die allgemeinste Form des Variationsproblems erhält man gemäß Substitutionsregel mit s als neuer unabhängiger Variabler Φ(γ) = s1 s 0 [ p(s) d q(s) ds H ( q(s), p(s),t(s) ) dt(s) ds ] ds. Mit dieser symmetrischen Form des Integranden liegt es nahe, den (2n + 2)-dimensionalen erweiterten Phasenraum zu definieren, indem wir q n+1 = t, p n+1 = H als zusätzliche Phasenraumdimensionen einführen. H = H(s) R ist zu verstehen als der Funktionswert der Hamiltonfunktion H( q, p, t), d.h. als die Augenblicksenergie des Systems H(s) = H( q(s), p(s),t(s)). Der erweiterte Phasenraum p. 8
24 Mit den erweiterten Vektoren q 1 = ( q,t) und p 1 = ( p, H) schreibt sich das Variationsintegral nun s1 [ δ p 1 (s) d q 1(s) ( H 1 q1 (s), p 1 (s) )] ds =! 0. ds s 0 Der erweiterte Phasenraum p. 9
25 Mit den erweiterten Vektoren q 1 = ( q,t) und p 1 = ( p, H) schreibt sich das Variationsintegral nun s1 [ δ p 1 (s) d q 1(s) ( H 1 q1 (s), p 1 (s) )] ds =! 0. ds s 0 Wir sehen: das Funktional stimmt in der Form genau mit dem ursprünglichen Funktional überein. Die erweiterte Hamiltonfunktion H 1 ist die implizite Funktion H 1 ( q1, p 1 ) = ( H( q, p,t) H )dt ds = 0. Der erweiterte Phasenraum p. 9
26 Mit den erweiterten Vektoren q 1 = ( q,t) und p 1 = ( p, H) schreibt sich das Variationsintegral nun s1 [ δ p 1 (s) d q 1(s) ( H 1 q1 (s), p 1 (s) )] ds =! 0. ds s 0 Wir sehen: das Funktional stimmt in der Form genau mit dem ursprünglichen Funktional überein. Die erweiterte Hamiltonfunktion H 1 ist die implizite Funktion H 1 ( q1, p 1 ) = ( H( q, p,t) H )dt ds = 0. Die Variation des Funktionals verschwindet wiederum genau dann, wenn der erweiterte Phasenraumweg ( q1 (s), p 1 (s) ) die erweiterten kanonischen Gleichungen erfüllt d q 1 ds = H 1 p 1, d p 1 ds = H 1 q 1. Der erweiterte Phasenraum p. 9
27 Übersetzt in die Größen q, p, t, H und H heißt dies: d q ds = H 1 p = dt ds dt ds = H 1 H = dt ds H p,, d p ds = H 1 q = dt H ds q, dh ds = H 1 = dt H t ds t. Der erweiterte Phasenraum p. 10
28 Übersetzt in die Größen q, p, t, H und H heißt dies: d q ds = H 1 p = dt ds dt ds = H 1 H = dt ds H p,, d p ds = H 1 q = dt H ds q, dh ds = H 1 = dt H t ds t. Die partielle Zeitableitung von H erscheint nun als echte kanonische Gleichung. Der erweiterte Phasenraum p. 10
29 Übersetzt in die Größen q, p, t, H und H heißt dies: d q ds = H 1 p = dt ds dt ds = H 1 H = dt ds H p,, d p ds = H 1 q = dt H ds q, dh ds = H 1 = dt H t ds t. Die partielle Zeitableitung von H erscheint nun als echte kanonische Gleichung. Die konjugierte kanonische Gleichung liefert aber nur eine Identität. Es entsteht also kein substantielles Paar von zusätzlichen kanonischen Gleichungen. Der erweiterte Phasenraum p. 10
30 Übersetzt in die Größen q, p, t, H und H heißt dies: d q ds = H 1 p = dt ds dt ds = H 1 H = dt ds H p,, d p ds = H 1 q = dt H ds q, dh ds = H 1 = dt H t ds t. Die partielle Zeitableitung von H erscheint nun als echte kanonische Gleichung. Die konjugierte kanonische Gleichung liefert aber nur eine Identität. Es entsteht also kein substantielles Paar von zusätzlichen kanonischen Gleichungen. Die Parametrisierung der Zeit t = t(s) bleibt unbestimmt, d.h. sie kann frei gewählt werden. Der erweiterte Phasenraum p. 10
31 Übersetzt in die Größen q, p, t, H und H heißt dies: d q ds = H 1 p = dt ds dt ds = H 1 H = dt ds H p,, d p ds = H 1 q = dt H ds q, dh ds = H 1 = dt H t ds t. Die partielle Zeitableitung von H erscheint nun als echte kanonische Gleichung. Die konjugierte kanonische Gleichung liefert aber nur eine Identität. Es entsteht also kein substantielles Paar von zusätzlichen kanonischen Gleichungen. Die Parametrisierung der Zeit t = t(s) bleibt unbestimmt, d.h. sie kann frei gewählt werden. Genau diese Freiheit können wir bei kanonischen Transformationen im erweiterten Phasenraum nutzen. Der erweiterte Phasenraum p. 10
32 Kanonische Transformationen Allgemeine Bedingung, daß eine Transformation kanonisch ist: t 0 Das Variationsprinzip muß erhalten bleiben. In der konventionellen Beschreibung heißt dies: t1 [ δ p q H ( q, p,t )] t1 [ dt = δ p q H ( q, p,t )] dt. t 0 Der erweiterte Phasenraum p. 11
33 Kanonische Transformationen Allgemeine Bedingung, daß eine Transformation kanonisch ist: t 0 Das Variationsprinzip muß erhalten bleiben. In der konventionellen Beschreibung heißt dies: t1 [ δ p q H ( q, p,t )] t1 [ dt = δ p q H ( q, p,t )] dt. Die Zeit t ist die gemeinsame unabhängige Variable beider Systeme H und H. t 0 Der erweiterte Phasenraum p. 11
34 Kanonische Transformationen Allgemeine Bedingung, daß eine Transformation kanonisch ist: t 0 Das Variationsprinzip muß erhalten bleiben. In der konventionellen Beschreibung heißt dies: t1 [ δ p q H ( q, p,t )] t1 [ dt = δ p q H ( q, p,t )] dt. Die Zeit t ist die gemeinsame unabhängige Variable beider Systeme H und H. Es ist somit nicht möglich, Systeme mit eigenen unabhängigen Variablen t, t ineinander abzubilden. t 0 Der erweiterte Phasenraum p. 11
35 Kanonische Transformationen Allgemeine Bedingung, daß eine Transformation kanonisch ist: t 0 Das Variationsprinzip muß erhalten bleiben. In der konventionellen Beschreibung heißt dies: t1 [ δ p q H ( q, p,t )] t1 [ dt = δ p q H ( q, p,t )] dt. Die Zeit t ist die gemeinsame unabhängige Variable beider Systeme H und H. Es ist somit nicht möglich, Systeme mit eigenen unabhängigen Variablen t, t ineinander abzubilden. Nur eine KT im erweiterten PR kann dies leisten! H( q, p,t) t 0 KT im erweiterten PR H ( q, p,t ). Der erweiterte Phasenraum p. 11
36 δ Die allgemeine Bedingung für kanonische Transf. lautet analog im erweiterten Phasenraum: s2 s 1 [ d q 1 p 1 ds H ( ) ] s2 1 q1, p 1 ds = δ s 1 [ p 1 d q 1 ds ( H 1 q 1, p 1) ] ds Der erweiterte Phasenraum p. 12
37 δ Die allgemeine Bedingung für kanonische Transf. lautet analog im erweiterten Phasenraum: s2 s 1 [ d q 1 p 1 ds H ( ) ] s2 1 q1, p 1 ds = δ s 1 [ p 1 d q 1 ds ( H 1 q 1, p 1) ] ds die Integranden dürfen sich höchstens um ein totales Differential df 1 einer Funktion F 1 ( q 1, q 1) unterscheiden. Der erweiterte Phasenraum p. 12
38 δ Die allgemeine Bedingung für kanonische Transf. lautet analog im erweiterten Phasenraum: s2 s 1 [ d q 1 p 1 ds H ( ) ] s2 1 q1, p 1 ds = δ s 1 [ p 1 d q 1 ds ( H 1 q 1, p 1) ] ds die Integranden dürfen sich höchstens um ein totales Differential df 1 einer Funktion F 1 ( q 1, q 1) unterscheiden. Die erweiterte Hamiltonfunktion H 1 soll erhalten bleiben: H 1 ( q 1, p 1 ) H 1( q 1, p 1). Die Bedingung für kanonische Transformationen ist somit: p 1 d q 1 = p 1 d q 1 + df ( 1 q1, q 1), wobei df 1 = F 1 d q 1 + F 1 d q q 1 q 1 1. Der erweiterte Phasenraum p. 12
39 Koeffizientenvergleich liefert die Transformationsregeln: p 1 = F 1, p 1 = F 1 q 1 q 1, Der erweiterte Phasenraum p. 13
40 Koeffizientenvergleich liefert die Transformationsregeln: p 1 = F 1, p 1 = F 1 q 1 q 1, d.h. für die Größen q, p, t und H p = F 1 q, p = F 1 q, H = F 1 t, H = F 1 t. Die Funktion F 1 ( q,t, q,t ) wird wie üblich als Erzeugende der kanonischen Transformation bezeichnet. Der erweiterte Phasenraum p. 13
41 Koeffizientenvergleich liefert die Transformationsregeln: p 1 = F 1, p 1 = F 1 q 1 q 1, d.h. für die Größen q, p, t und H p = F 1 q, p = F 1 q, H = F 1 t, H = F 1 t. Die Funktion F 1 ( q,t, q,t ) wird wie üblich als Erzeugende der kanonischen Transformation bezeichnet. Mit Hilfe der Legendre-Transformation ( ) ( ) F 2 q1, p 1 = F1 q1, q 1 + q 1 p 1 kann F 1 als Erzeugende F 2 ausgedrückt werden. Der erweiterte Phasenraum p. 13
42 Die zugehörigen Transformationsregeln sind dann: p = F 2 q, q = F 2 p, H = F 2 t, t = F 2 H. Der erweiterte Phasenraum p. 14
43 Die zugehörigen Transformationsregeln sind dann: p = F 2 q, q = F 2 p, H = F 2 t, t = F 2 H. Die konventionellen kan. Transf. sind eine Untermenge der kanonischen Transf. im erweiterten Phasenraum: F 2 ( q, p,t, H ) = f 2 ( q, p,t) t H Als Transformationsregeln folgen nämlich nach Projektion in den konventionellen Phasenraum (H = H, H = H ): p = f 2 q, q = f 2 p, H = H + f 2 t, t = t. Der erweiterte Phasenraum p. 14
44 Die zugehörigen Transformationsregeln sind dann: p = F 2 q, q = F 2 p, H = F 2 t, t = F 2 H. Die konventionellen kan. Transf. sind eine Untermenge der kanonischen Transf. im erweiterten Phasenraum: F 2 ( q, p,t, H ) = f 2 ( q, p,t) t H Als Transformationsregeln folgen nämlich nach Projektion in den konventionellen Phasenraum (H = H, H = H ): p = f 2 q, q = f 2 p, H = H + f 2 t, t = t. Die erweiterten Regeln erlauben allgemeinere Zusammenhänge von H H und t t als die konventionellen. Der erweiterte Phasenraum p. 14
45 Beispiel 1: harmonischer Oszillator Wir betrachten das zeitabhängige 1-D Hamiltonsystem H(q,p,t) = 1 2 p ω2 (t)q 2. Der erweiterte Phasenraum p. 15
46 Beispiel 1: harmonischer Oszillator Wir betrachten das zeitabhängige 1-D Hamiltonsystem H(q,p,t) = 1 2 p ω2 (t)q 2. Dieses soll transformiert werden in das zeitunabhängige Hamiltonsystem gleicher Form H (q,p ) = 1 2 p ω2 0 q 2. Der erweiterte Phasenraum p. 15
47 Beispiel 1: harmonischer Oszillator Wir betrachten das zeitabhängige 1-D Hamiltonsystem H(q,p,t) = 1 2 p ω2 (t)q 2. Dieses soll transformiert werden in das zeitunabhängige Hamiltonsystem gleicher Form H (q,p ) = 1 2 p ω2 0 q 2. Die Erzeugende im erweiterten PR, die dies leistet ist F 2 ( q,p,t, H ) = q p ξ(t) + ξ(t) 4ξ(t) q2 H t 0 dτ ξ(τ), mit ξ(t) als einer differenzierbaren Zeitfunktion. Der erweiterte Phasenraum p. 15
48 Die Transformationsregeln folgen als q = q ξ, p = p / ξ+q ξ/2 ξ, t = t 0 dτ ξ(τ), H = F 2 t Wir sehen: auch die Zeit t wird transformiert! Der erweiterte Phasenraum p. 16
49 Die Transformationsregeln folgen als q = q ξ, p = p / ξ+q ξ/2 ξ, t = t 0 dτ ξ(τ), H = F 2 t Wir sehen: auch die Zeit t wird transformiert! Als neue Hamiltonfunktion H erhalten wir wie gewünscht H (q,p ) = 1 2 p 2 + ω 2 0 q 2, wobei ω 2 0 und damit ξ(t) dadurch bestimmt ist, daß ω 2 0 = 1 2 ξ ξ 1 4 ξ 2 + ω 2 (t)ξ 2! = const. Der erweiterte Phasenraum p. 16
50 Die Transformationsregeln folgen als q = q ξ, p = p / ξ+q ξ/2 ξ, t = t 0 dτ ξ(τ), H = F 2 t Wir sehen: auch die Zeit t wird transformiert! Als neue Hamiltonfunktion H erhalten wir wie gewünscht H (q,p ) = 1 2 p 2 + ω 2 0 q 2, wobei ω 2 0 und damit ξ(t) dadurch bestimmt ist, daß ω 2 0 = 1 2 ξ ξ 1 4 ξ 2 + ω 2 (t)ξ 2! = const. H ausgedrückt in den alten Koordinaten liefert die Invariante I(q, p, t) des Ausgangssystems H(q, p, t) H I(q,p,t) = ξh 1 2 ξ q p ξ q 2. Der erweiterte Phasenraum p. 16
51 Frage: Was ist die physikalische Bedeutung von ξ(t)? Wir verifizieren leicht ξ(t) = q 2 (t) erfüllt 1 2 ξ ξ 1 4 ξ 2 + ω 2 (t)ξ 2 = const., wenn q(t) Lösung der Bewegungsgleichung des zeitanhängigen harmonischen Oszillators ist q + ω 2 (t)q = 0. Der erweiterte Phasenraum p. 17
52 Frage: Was ist die physikalische Bedeutung von ξ(t)? Wir verifizieren leicht ξ(t) = q 2 (t) erfüllt 1 2 ξ ξ 1 4 ξ 2 + ω 2 (t)ξ 2 = const., wenn q(t) Lösung der Bewegungsgleichung des zeitanhängigen harmonischen Oszillators ist q + ω 2 (t)q = 0. Mit ξ(t) = q 2 (t), wobei q(t) eine zweite Lösung der Bewegungsgleichung ist, hat die Invariante die Form I = 1 2 (p q q p)2. Der erweiterte Phasenraum p. 17
53 Frage: Was ist die physikalische Bedeutung von ξ(t)? Wir verifizieren leicht ξ(t) = q 2 (t) erfüllt 1 2 ξ ξ 1 4 ξ 2 + ω 2 (t)ξ 2 = const., wenn q(t) Lösung der Bewegungsgleichung des zeitanhängigen harmonischen Oszillators ist q + ω 2 (t)q = 0. Mit ξ(t) = q 2 (t), wobei q(t) eine zweite Lösung der Bewegungsgleichung ist, hat die Invariante die Form I = 1 2 (p q q p)2. Die Invariante ist das 1-dimensionale Analogon zum Drehimpulserhaltungssatz in Zentralkraftfeldern. Der erweiterte Phasenraum p. 17
54 Beispiel 2: zeitabhängiges Potential Wir betrachten das zeitabhängige, n-dimensionale nichtlineare Hamiltonsystem H( q, p,t) = 1 2 p 2 + V ( q,t). Dieses soll wieder transformiert werden in das zeitunabhängiges Hamiltonsystem gleicher Form H ( q, p ) = 1 2 p 2 + V ( q ) = I. Der erweiterte Phasenraum p. 18
55 Beispiel 2: zeitabhängiges Potential Wir betrachten das zeitabhängige, n-dimensionale nichtlineare Hamiltonsystem H( q, p,t) = 1 2 p 2 + V ( q,t). Dieses soll wieder transformiert werden in das zeitunabhängiges Hamiltonsystem gleicher Form H ( q, p ) = 1 2 p 2 + V ( q ) = I. Verallgemeinerung des 1. Beispiels: das allgemeinste F 2, welches die Form von H erhält, ist gegeben durch F 2 ( q, p,t, H ) = q p ξ(t) + ξ(t) 4ξ(t) q 2 H t 0 dτ ξ(τ). Der erweiterte Phasenraum p. 18
56 Die Transformationsregeln sind wieder linear: ( ) ( ) ( ) q 1/ ξ 0 q = p 1 ξ/, t = ξ 2 ξ p t 0 dτ ξ(τ). Wir sehen: die Transformation der Zeit wird durch die noch nicht festgelegte Funktion ξ(t) bestimmt. Der erweiterte Phasenraum p. 19
57 Die Transformationsregeln sind wieder linear: ( ) ( ) ( ) q 1/ ξ 0 q = p 1 ξ/, t = ξ 2 ξ p t 0 dτ ξ(τ). Wir sehen: die Transformation der Zeit wird durch die noch nicht festgelegte Funktion ξ(t) bestimmt. Das neue Potential V ist V ( q ) = 1 4 q 2 ( ξ ξ 1 2 ξ 2 ) + ξ V ( ξ q,t ). Der erweiterte Phasenraum p. 19
58 Die Transformationsregeln sind wieder linear: ( ) ( ) ( ) q 1/ ξ 0 q = p 1 ξ/, t = ξ 2 ξ p t 0 dτ ξ(τ). Wir sehen: die Transformation der Zeit wird durch die noch nicht festgelegte Funktion ξ(t) bestimmt. Das neue Potential V ist V ( q ) = 1 4 q 2 ( ξ ξ 1 2 ξ 2 ) + ξ V ( ξ q,t ). Die Freiheit im erweiterten PR, die Transformation der Zeit also ξ(t) festzulegen, wird ausgenutzt zu fordern: V t = 0. Hierdurch wird H = const., also Konstante der Bewegung. Der erweiterte Phasenraum p. 19
59 Dies führt zu einem linearen, homogenen Dgl.-System 3. Ordnung: ξ ξ d dt ξ = ξ ξ f 1 ( q(t),t) f 2 ( q(t),t) 0 ξ mit Koeffizienten als reinen Zeitfunktionen für q = q (t) f 1 ( q (t),t) = 4 V q 2 t, f 2( q (t),t) = 4 [ V ( q,t) + 1 V q q 2 2 q ]. Der erweiterte Phasenraum p. 20
60 Dies führt zu einem linearen, homogenen Dgl.-System 3. Ordnung: ξ ξ d dt ξ = ξ ξ f 1 ( q(t),t) f 2 ( q(t),t) 0 ξ mit Koeffizienten als reinen Zeitfunktionen für q = q (t) f 1 ( q (t),t) = 4 V q 2 t, f 2( q (t),t) = 4 [ V ( q,t) + 1 V q q 2 2 q Wegen q-abhängigkeit nur simultan mit Integration der kanonischen Gleichungen lösbar. ]. Der erweiterte Phasenraum p. 20
61 Dies führt zu einem linearen, homogenen Dgl.-System 3. Ordnung: ξ ξ d dt ξ = ξ ξ f 1 ( q(t),t) f 2 ( q(t),t) 0 ξ mit Koeffizienten als reinen Zeitfunktionen für q = q (t) f 1 ( q (t),t) = 4 V q 2 t, f 2( q (t),t) = 4 [ V ( q,t) + 1 V q q 2 2 q ]. Wegen q-abhängigkeit nur simultan mit Integration der kanonischen Gleichungen lösbar. Ausnahme: für V/ t 0 ist immer ξ(t) 1 Lösung. Der erweiterte Phasenraum p. 20
62 Dies führt zu einem linearen, homogenen Dgl.-System 3. Ordnung: ξ ξ d dt ξ = ξ ξ f 1 ( q(t),t) f 2 ( q(t),t) 0 ξ mit Koeffizienten als reinen Zeitfunktionen für q = q (t) f 1 ( q (t),t) = 4 V q 2 t, f 2( q (t),t) = 4 [ V ( q,t) + 1 V q q 2 2 q ]. Wegen q-abhängigkeit nur simultan mit Integration der kanonischen Gleichungen lösbar. Ausnahme: für V/ t 0 ist immer ξ(t) 1 Lösung. Die Spur der Systemmatrix ist Null, d.h. die Wronski- Determinante der Lösungsmatrix Ξ(t) bleibt konstant. Mit Ξ(0) = E ist det Ξ(t) 1. Der erweiterte Phasenraum p. 20
63 Das transformierte Hamiltonsystem H ( q, p ) = 1 2 p 2 + V ( q ) = const. hat in den ursprünglichen Koordinaten die Darstellung H ( q, p,t) = ξ(t)h 1 2 ξ(t) q p ξ(t) q 2. Der erweiterte Phasenraum p. 21
64 Das transformierte Hamiltonsystem H ( q, p ) = 1 2 p 2 + V ( q ) = const. hat in den ursprünglichen Koordinaten die Darstellung H ( q, p,t) = ξ(t)h 1 2 ξ(t) q p ξ(t) q 2. Dies schreibt sich in Matrixform mit der transponierten 3 3 Lösungsmatrix Ξ T (t), wenn Ξ(0) = E: H 0 ξ 1 ξ1 ξ1 H 1 q 2 0 p 0 = ξ 2 ξ2 ξ2 1 q p 2, det Ξ = 1. ξ 3 ξ3 ξ3 1 q q 2 Der erweiterte Phasenraum p. 21
65 Das transformierte Hamiltonsystem H ( q, p ) = 1 2 p 2 + V ( q ) = const. hat in den ursprünglichen Koordinaten die Darstellung H ( q, p,t) = ξ(t)h 1 2 ξ(t) q p ξ(t) q 2. Dies schreibt sich in Matrixform mit der transponierten 3 3 Lösungsmatrix Ξ T (t), wenn Ξ(0) = E: H 0 ξ 1 ξ1 ξ1 H 1 q 2 0 p 0 = ξ 2 ξ2 ξ2 1 q p 2, det Ξ = 1. ξ 3 ξ3 ξ3 1 q q 2 Wir sehen: Für jedes Hamiltonsystem H transformiert sich der Vektor ( H, 1 2 q p, 1 4 q 2) linear in seinen Anfangswert. Die Lösung ξ(t) 1 ist gleichbedeutend mit H = H 0. Der erweiterte Phasenraum p. 21
66 Transformation des Volumenelements dh d( q p )d( q 2 ): dh 0 d( q 0 p 0 )d( q 0 2 ) = (H 0, q 0 p 0, q 2 (H, q p, q 2 ) 0 ) dh d( q p )d( q 2 ) Gemäß obiger Transformationsregel für ( H, 1 2 q p, 1 4 q 2) ist die Funktionaldeterminante gegeben durch det Ξ. Der erweiterte Phasenraum p. 22
67 Transformation des Volumenelements dh d( q p )d( q 2 ): dh 0 d( q 0 p 0 )d( q 0 2 ) = (H 0, q 0 p 0, q 2 (H, q p, q 2 ) 0 ) dh d( q p )d( q 2 ) Gemäß obiger Transformationsregel für ( H, 1 2 q p, 1 4 q 2) ist die Funktionaldeterminante gegeben durch det Ξ. Wegen det Ξ = 1 erhalten wir J = dh d( q p )d( q 2 ) = const. Das Differential J ist invariant gegenüber der zeitlichen Entwickung des allgemeinen Hamiltonsystems H( q, p,t) = 1 2 p 2 + V ( q,t). Der erweiterte Phasenraum p. 22
68 Zusammenfassung und Ausblick Im erweiterten Phasenraum lassen sich allgemeinere kanonische Transformationen definieren, die es erlauben zeitabhängige Hamiltonsysteme in zeitunabhängige transformieren. Der erweiterte Phasenraum p. 23
69 Zusammenfassung und Ausblick Im erweiterten Phasenraum lassen sich allgemeinere kanonische Transformationen definieren, die es erlauben zeitabhängige Hamiltonsysteme in zeitunabhängige transformieren. Für alle Systeme mit V ( q,t) gibt es eine lineare Transformation der makroskopischen Größen Energie H, q 2 und q p in ihre Anfangsbedingungen, die nur vom Verlauf einer Zeitfunktion ξ(t) abhängt. Der erweiterte Phasenraum p. 23
70 Zusammenfassung und Ausblick Im erweiterten Phasenraum lassen sich allgemeinere kanonische Transformationen definieren, die es erlauben zeitabhängige Hamiltonsysteme in zeitunabhängige transformieren. Für alle Systeme mit V ( q,t) gibt es eine lineare Transformation der makroskopischen Größen Energie H, q 2 und q p in ihre Anfangsbedingungen, die nur vom Verlauf einer Zeitfunktion ξ(t) abhängt. Zu untersuchen: physikalische Bedeutung des Umschlags von stabilem zu instabilem bzw. chaotischem Verlauf der Funktion ξ(t). Der erweiterte Phasenraum p. 23
71 Zusammenfassung und Ausblick Im erweiterten Phasenraum lassen sich allgemeinere kanonische Transformationen definieren, die es erlauben zeitabhängige Hamiltonsysteme in zeitunabhängige transformieren. Für alle Systeme mit V ( q,t) gibt es eine lineare Transformation der makroskopischen Größen Energie H, q 2 und q p in ihre Anfangsbedingungen, die nur vom Verlauf einer Zeitfunktion ξ(t) abhängt. Zu untersuchen: physikalische Bedeutung des Umschlags von stabilem zu instabilem bzw. chaotischem Verlauf der Funktion ξ(t). Zu untersuchen: Bedeutung des konstanten Differentials J. Der erweiterte Phasenraum p. 23
72 Veröffentlichungen Phys. Rev. Lett. 85, 3830 (2000) Phys. Rev. E 64, (2001) Phys. Rev. E 66, (2002) Ann. Phys. (Leipzig) 11, 15 (2002) Habilitationsschrift (GSI-Report ) Dieser Vortrag ist erhältlich unter struck Der erweiterte Phasenraum p. 24
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