Klassische Theoretische Physik II. V: Prof. Dr. M. Mühlleitner, Ü: Dr. M. Rauch. Klausur 1 Lösung. 27. Juli 2015, Uhr
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1 KIT SS 05 Klassische Theoretische Physik II V: Prof. Dr. M. Mühlleitner, Ü: Dr. M. Rauch Klausur Lösung 7. Juli 05, 6-8 Uhr Aufgabe : Kurzfragen (+4++3=0 Punkte) (a) Zwangsbedingungen beschreiben Einschränkungen der Bewegungsfreiheit des Systems. Mögliche Arten sind: holonom: Z. kann geschrieben werden als A µ ( r,..., r N, t) = 0 nicht-holonom: Z. kann nicht durch o.a. Form ausgedrückt werden, z.b. geschwindigkeitsabhängige Zwangsbedingung. skleronom: A µ t = 0 rheonom: A µ t 0 Für die Anzahl der Freiheitsgrade gilt: f = 3N N Z. (b) Die Länge der Verbindung zwischen den Punkten S und E ist gegeben durch E xe ( ) dy L = ds = dx +, dx S x S was minimal sein soll. Wir haben es also mit einem Variationsproblem (ohne Nebenbedingungen) zu tun, mit der Funktion F = + y.
2 Diese setzen wir in die Euler-Lagrange-Gleichung ein: d F dx y F y = 0 d y dx + y = 0 y + y = const. = C y = C ( + y ) y ( C ) = C dy C dx = y = ± C =: A, wobei wir in der letzten Zeile die auf der rechten Seite auftretende Konstante zu einer neuen Variable A zusammengefasst haben. Diese Differentialgleichung können wir nun integrieren y x dy = dxa y S x S y = A (x x S ) + y S. Das Einsetzen des Endpunkts erlaubt uns, die verbleibende Konstante A zu bestimmen y E = A (x E x S ) + y S A = y E y S x E x S y(x) = y E y S x E x S (x x S ) + y S und wir erhalten schließlich die gewüschte Bahngleichung, eine Gerade. (c) Aus der Form der Lagrange-Funktion erkennt man, dass diese nicht von ϕ abhängt, ϕ ist also eine zyklische Koordinate. Folglich ist der zugehörige kanonische Impuls erhalten: p ϕ = L ϕ = mr ϕ. (d) Trägheitstensoren bezüglich eines anderen Punktes als dem ursprünglich gegebenen lassen sich am einfachsten mit dem Satz von Steiner berechnen: Θ A = Θ S + M ( r A r ) A r A T. Dabei ist zu beachten, dass Θ S der Trägheitstensor im Schwerpunkt des Körpers ist. (Die Schwerpunktsbedingung war in der Herleitung explizit benutzt worden.) Um von einem Punkt A zu einem beliebigen anderen Punkt B zu gelangen, muss obige Formel also zweimal benutzt und dann Θ S eliminiert werden. Dies liefert Θ B = Θ A + M ( ( r B r A) rb r T B + r A r T A ). / 0
3 Aufgabe : Transversaler Kettenschwinger ( = Punkte) (a) Die kinetische Energie der drei Massenpunkte ist gegeben durch T = m (ẋ ) + ẋ + ẋ 3. Für die potentielle Energie betrachten wir zunächst die Federlänge L zwischen zwei benachbarten, ausgelenkten Massen, z.b. Massen und : L = l + (x x ). Da die Ruhelänge der Feder 0 ist, entspricht dies auch der im Potential vorkommenden Auslenkung L = L. Damit gilt für die potentielle Energie U = κ ( L) = κ ( l + (x x ) ). Definieren wir die Wände als Massenpunkte 0 und 4 mit Auslenkung x 0 = x 4 = 0, so erhalten wir insgesamt U = κ ( l + (x x 0 ) + l + (x x ) + l + (x 3 x ) + l + (x 4 x 3 ) ) = κ ( ) 4l + x + x + x 3 x x x x 3, und damit L = T U = m (ẋ ) ( ) + ẋ + ẋ 3 κ l + x + x + x 3 x x x x 3. (b) Für die Bewegungsgleichungen müssen wir die Lagrange-Gleichungen aufstellen. Es gilt Mit d L dt ẋ i L x i d L = mẍ i dt ẋ i L = κ (x x ) x L = κ (x x x 3 ) x L = κ (x 3 x ). x 3 = 0 ergibt sich in Matrixform ẍ ẍ = κ 0 m ẍ 3 0 } {{ } =:M x x x 3. 3 / 0
4 (c) Um die Eigenwerte von A zu bestimmen, stellen wir die charakteristische Gleichung auf det (M λ) = 0 ( λ) 3 ( λ) = 0 ( λ) (λ 4λ + 4 ) = 0 Daraus lässt sich direkt ein Eigenwert λ = ablesen. Für die beiden anderen gilt Damit folgt für die Eigenfrequenzen λ 4λ + = 0 λ,3 = ± 4 = ±. ω = κ m ( ω = + ) κ m ω 3 = ( ) κ m. Für die zugehörigen Eigenvektoren erhält man dann: λ = : v = v, = 0, v, v,3 = 0 v = 0 λ = + : 0 0 v = 0 v, = v,, v, = v,3 = 0 v = 4 / 0
5 λ 3 = : 0 0 v 3 = 0 v 3, = v 3,, v 3, = v 3,3 = 0 v 3 =. (d) Mit den Ergebnissen der vorhergehenden Teile und dem Schwingungsansatz x i = A sin (ωt + ϕ 0 ) lässt sich nun die allgemeine Lösung aufschreiben: x ( x = A 0 sin κ ) m t + ϕ x 3 + A ( ( sin + ) κ ) m t + ϕ ( ( + A 3 sin ) κ ) m t + ϕ 3. Grafisch findet man: ω = : 3 Masse in Ruhe, Massen und 3 schwingen entgegengesetzt mit gleicher Amplitude. ω = + : 3 Massen und 3 schwingen gleich, Masse entgegengesetzt mit um Faktor größerer Amplitude. ω 3 = : 3 Massen und 3 schwingen gleich, Masse in dieselbe Richtung mit um Faktor größerer Amplitude. 5 / 0
6 Aufgabe 3: Hamiltonsche Gleichungen und Hamiltonsches Prinzip (0 Punkte) Die Wirkung ist definiert als S = t t dt L(q, q, t). Die Beziehung zwischen Hamilton- und Lagrange-Funktion lautet H(q, p, t) = i q i p i L(q, q(q, p, t), t) L = i q i p i H S = t t dt i q i p i H, welche wir in der letzten Zeile in die Wirkung eingesetzt haben. Nun verwenden wir, dass die Variation der Wirkung für die physikalische Bahnkurve verschwinden soll, ( ) t 0 = δs = dt δ q i p i H(q, p, t) = t t t dt i i ( q i δp i + p i δ q i H δq i H ) δp i q i p i Für den zweiten Summanden benutzen wir partielle Integration. t t dt i p i δ q i = p i δq i t t }{{} =0 t dt ṗ i δq i, t wobei der erste Term verschwindet, da die Endpunkte nicht variiert werden (δq i (t ) = δq i (t ) = 0). Damit finden wir t δs = dt (( q i H ) ( δp i ṗ i + H ) ) δq i = 0. t p i i q i Da die Variationen δp i, δq i beliebig sind, müssen deren Vorfaktoren jeweils verschwinden q i H p i = 0, ṗ i + H q i = 0, was genau den Hamiltonschen Gleichungen entspricht. 6 / 0
7 Aufgabe 4: Symmetrie des Pendels (4+8+3=5 Punkte) (a) Die Aufgabenstellung beschreibt ein normales mathematisches Pendel. Für dieses wird als verallgemeinerte Koordinate die Auslenkung ϕ aus der Ruhelage gewählt, sodass gilt Damit folgt x = l sin ϕ ẋ = l ϕ cos ϕ z = l( cos ϕ) ż = l ϕ sin ϕ. T = m (ẋ + ż ) = m l ϕ U = mgz = mgl( cos ϕ) L = T U = m l ϕ mgl( cos ϕ) kleine Auslenkungen = m l ϕ mgl ϕ. Eingesetzt in die Lagrangegleichungen ergibt dies d L dt ϕ L ϕ = 0 ml ϕ + mglϕ = 0 ϕ = g l ϕ. (b) Die Transformation setzen wir in die Bedingung für das Noethertheorem ein, wobei die Zeit nicht transformiert wird, also dt = dt ) d (L dt = d ( m dɛ dt ɛ=0 dɛ l ( ϕ ɛα sin αt) mgl ) (ϕ + ɛ cos αt) ɛ=0 = m l ϕα sin αt mgl ϕ cos αt ( = ml α ϕ sin αt + g ) l ϕ cos αt! = d f(ϕ, t). dt Da es kein α gibt, das den Ausdruck verschwinden lassen würde, muss dieser einer totalen Zeitableitung entsprechen. Die beiden Summanden suggerieren dabei, dass sie die Terme einer Produktregel sind, wobei beim ersten das ϕ abgeleitet wurde. Dies führt zu dem Ansatz f = ml αϕ sin αt, also d dt f = ml α ϕ sin αt ml α ϕ cos αt. 7 / 0
8 Damit dies dem oben gefundenen Ausdruck entspricht, muss also gelten ml g l ϕ cos αt = ml α ϕ cos αt g l = α g α = l. α muss also gerade gleich der Kreisfrequenz ω = g des harmonischen Oszillators l sein, damit die Voraussetzungen des erweiterten Noether-Theorems erfüllt sind. (c) Dies setzen wir nun in die Formel für die Noether-Ladung ein, mit ψ Noether = cos αt und ϕ Noether = 0, Q = L ϕ ψ Noether f = ml ϕ cos αt + ml αϕ sin αt = ml ( ϕ cos αt + αϕ sin αt) ( g = ml ϕ cos l t + g l ϕ sin ) g l t. Eine weitere Erhaltungsgröße ist die Energie E = T + U, da L t = 0. 8 / 0
9 Aufgabe 5: Rollende Kugel auf schiefer Ebene (5+5+3=3 Punkte) (a) Zunächst berechnen wir die Beziehung zwischen Masse M und Dichte ρ der Kugel. Es gilt M = d 3 xρ( x) = ρ V Kugel V = ρ 4 3 R3 π ρ = 3M 4πR 3 Aufgrund der Rotationssymmetrie sind alle Diagonalelemente gleich und es kann eines davon beliebig gewählt werden, hier Θ zz Θ = d 3 xρ( x) ( x z ) = ρ V R 0 dr = 3M 4πR π 3 = 3M R 3 R 0 = M R 3 5 R5 Θ = 5 MR. π d cos ϑ R 0 0 dϕr (r r cos ϑ ) drr 4 [cos ϑ 3 cos3 ϑ ( drr 4 ) 3 (b) Die kinetische Energie der Kugel setzt sich aus zwei Teilen zusammen, zum einen die Rotationsenergie bezüglich des Schwerpunkts T rot = Θ ϕ, zum anderen die Translationsenergie des Schwerpunkts T trans = M ṡ. Der Zusammenhang zwischen abgerollter Strecke s und Drehwinkel ϕ lautet s = Rϕ. Damit folgt für die kinetische Energie insgesamt T = T rot + T trans = ṡ MR 5 R + M ṡ = 7 0 Mṡ. ] 9 / 0
10 Alternativ kann die kinetische Energie als die Rotationsenergie bezüglich des Auflagepunktes berechnet werden, dann ist der Trägheitstensor zu verwenden, der mit Hilfe des Satzes von Steiner um R verschoben wurde. Für die potentielle Energie benötigen wir den Zusammenhang zwischen z und zurückgelegter Strecke. Es gilt sin α = z L s, wobei L = const. die Gesamtlänge der Rampe bezeichnet. Die potentielle Energie lautet dann U = Mgz = Mg (L s) sin α. Im Prinzip wäre hier auch noch die Höhe des Schwerpunkts über dem Auflagepunkt zu berücksichtigen, dies ergibt aber nur einen zusätzlichen konstanten Term, der keinen Beitrag zu den Bewegungsgleichungen liefert. Also ergibt sich insgesamt L = T U = 7 0 Mṡ Mg (L s) sin α. (c) Für die Lagrange-Gleichung benötigen wir d L dt ṡ = 7 5 M s L = Mg sin α s Dies setzen wir ein in d L dt ṡ L s = 0 7 M s Mg sin α = 0 5 s = 5 7 g sin α Zweimaliges Integrieren und Einsetzen der Anfangsbedingungen liefert schließlich s = 5 4 g sin α t. 0 / 0
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