Vortrag an der Evangelischen Akademie der Pfalz am

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Transkript:

Parallelgesellschaften: Fakt oder Fiktion? Wie fremd sind uns die Türken heute noch? Vortrag an der Evangelischen Akademie der Pfalz am 12.11.2011 Prof. Dr. Haci-Halil Uslucan Wissenschaftlicher Leiter des Zentrums für Türkeistudien und Integrationsforschung Professor für Moderne Türkeistudien an der Universität Duisburg-Essen; Fakultät für Geisteswissenschaften Kontakt: haci.uslucan@uni-due.de uslucan@zfti.de ww.uslucan.de Seite 00

Vortragsprogramm 1. Migration als Thema der Psychologie: 2. Umgang mit Diversity/kultureller Heterogenität 3. Kulturkonflikte oder interaktive Akkulturationsprozesse? 4. Lebenswelten von Migranten: Akkulturationsorientierungen, Erziehung und Werte Seite 11

1. Migration/Akkulturation als Gegenstand der Psychologie: Akkulturation: Wie eignen sich Menschen kulturelle Umwelten an? Menschliches Handeln/Verhalten: V = f (P/U) (K. Lewin) Von 1918-1984: 68 Theorien zur Akkulturation (Rudmin, 2003) Seite 22

Aus wessen Sicht wird diese Person dargestellt? Wie würden sich dagegen Deutsche beschreiben? Seite 33

Seite 44

Wie werden gegenwärtig Migranten im Alltag dargestellt? Wie würden sie sich selbst dagegen beschreiben? Seite 55

Typische Stereotype im Diskurs über Migranten: Mädchen/Frauen: untergeordnet/unabhängig/unselbstständig Jungen: Ehre, religiöser Fanatismus und Gewalt; Verfestigung durch mediale Alltagsbilder und soap operas : Macho-Murat : ungebändigte Sexualität, Frauenverachtung und Aggression Vorherrschender Diskurs: Welche Probleme machen sie uns? Aber nicht: Welche Probleme haben sie selbst? Stereotype threat im Bildungsbereich wichtige Erklärungsfigur für ungleiche Chancen: Beeinträchtigung kognitiver Leistungen Seite 66

2. Umgang mit Diversity/Kulturelle Heterogenität (R. Nestvogel): 1. Affirmativ: Wertschätzung und Akzeptanz von Unterschiedlichkeit 2. Normativ-demokratisch: Menschenrechts- und Demokratievorstellungen verpflichten zum Prinzip der Chancengleichheit : Alter, Geschlecht, Rasse, Religion, Lebensweise etc. kein Ausgrenzungsmerkmal Seite 77

3. Utilitaristische Haltung: In globalisierten Wirtschaften zweckmäßig, andere kulturelle Verhaltensweisen zu kennen, zu erwerben etc., um mit den Kunden bessere Geschäfte machen zu können, um neue Märkte sich erschließen zu können; rein unter wirtschaftlichen Aspekten ist eine positive Haltung zu Diversity einzunehmen. 4. Ungleichheitskonstrukte: Wahrnehmung von Ungleichheit, aber keine Wertschätzung; Konstruktion von Differenzen: Wir vs. Ihr (Andere); Abwertung der Anderen Seite 88

3. Kulturkonflikte oder interaktive Akkulturationsprozesse? Kulturkonflikt Entgegengesetzte Einflüsse von Familie einerseits und Einflüsse des Aufnahmelandes Identitätsprobleme bei Jugendlichen Psychosomatische Beschwerden bei Erwachsenen Seite 99

Probleme des Kulturkonflikt-Ansatzes Ursachenzuschreibung einseitig auf den Kulturwechsel Kulturwechsel reduktionistisch als Entwicklungseinschränkung Unterstellte Homogenität der Mehrheits- wie der Minderheitskultur Kultur als unausweichlich präskriptiv: Unterschlagung der Widerstands- und Eigenmächtigkeitspotenziale der Subjekte Seite 1010

Seite 111

Interaktives Akkulturationsmodell (IAM) Akkulturationsziele von Mehrheiten und Minderheiten und ihre Konsequenzen (Bourhis, Moise, Perreault & Senéca, 1997) Vgl. Wagner & Zick, 2000) Seite 1212

Psychologische Bedingungen und Hemmnisse gelingender Integration Bedingungen gelingender Integration Akkulturationsstile auf individueller Ebene Akkulturationsstress gering bei Einreise in jüngeren Lebensjahren (Sensible Phasen in der Entwicklung: Bspw. Zweitspracherwerb) Freiwilligkeit der Migration Personen mit hoher Schulbildung/Vorerfahrungen im Herkunftsland Personen mit optimistischem Charakter, hoher sozialer Kompetenz, internalem locus of control Seite 1313

4. Exemplarische Ergebnisse eigener Studien zu Akkulturationsorientierungen Akkulturationsorientierungen: Mittelwerte: Jugendliche und Eltern (M) 4,6 Jugendliche 4 3,83 3,8 Mütter 3,4 2,8 3,25 2,75 2,2 2,06 1,97 1,76 1,81 1,6 1 Integration Assimilation Separation Marginalisierung Seite 1414

Akkulturationsorientierungen: Mittelwerte Türkische Jugendl. und andere Jugendl. mit MH 4,6 Jugend T MH 4 3,4 3,83 3,86 3,25 3,27 Andere MH 2,8 2,2 2,06 2,13 1,76 1,86 1,6 1 Integration Assimilation Separation Marginalisierung Keine signifikanten Unterschiede in der Akkulturationsorientierung Seite 1515

Unterschiedliche Erziehungsstile? Methodische Orientierung: Anlehnung an die Genderforschung: Intersektionalitätsanalyse Statt Orientierung an der Differenzlinie Eigenkulturelle/fremdkulturelle Herkünfte Berücksichtigung des gleichzeitigen Einflusses von Klasse/Bildung Ethnie Geschlecht Seite 1616

Rekrutierungskontext: Berliner Oberschulen in den Bezirken Neukölln, Kreuzberg, Charlottenburg und Steglitz-Zehlendorf Deutsche Türken 214 304 Seite 1717

Stichprobenkennzeichnung: Schüler Deutsche Türken Altersdurchschnitt 13.6 (SD.67) 13.94 (SD.63) Geschlechtsspezifische Zusammensetzung 53 % männl. 47 % weibl. 45 % männl. 55 % weibl. Bildungshintergrund Hauptschule 17.8 % 23.8 % Realschule 10.8 % 41.6 % Gesamtschule 22.4 % 3.7 % Gymnasium 49.0 % 30.8 % Uslucan, Fuhrer & Mayer (2005). Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund Seite 1818

Stichprobenkennzeichnung: Eltern Deutsche Türken Gesamt 412 239 Zusammensetzung der 225 Mütter (M) 131 Mütter (M) Eltern 187 Väter (V) 108 Väter (V) Altersdurchschnitt der Eltern 43.18 (SD 5.35) M 46.0 (SD 6.94) V 38.23 (SD 4.88) M 41.86 (SD 5.90) V Durchschnittliche Kinderzahl 2.21 (SD 1.04) 3.26 (SD 1.22) Uslucan, Fuhrer & Mayer (2005). Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund Seite 1919

Stichprobenkennzeichnung: Bildungshintergrund der Eltern Angaben n in Prozente 60 50 40 30 20 10 Deutsche Mütter Deutsche Väter Türk. Mütter Türk. Väter 0 kein Abschluß Grundschule Hauptschule Mittl. Reife Abitur Seite 2020

Unterschiedliche Erziehungsstile? Mittelwerte (M), Standardabweichungen (SD), Signifikanzen (p) und Effektstärken (d) im ethnischen Vergleich: Elternsicht Türken Deutsche (N = 129) (N = 226) Variablen M SD M SD p d Aggressive Strenge (M) 1.74.61 1.58.44.00.30 Unterstützung (M) 4.17.67 4.25.44.19 -.14 Verhaltensdisziplin (M) 3.71.77 2.68.62.00 1.48 Inkonsistenz (M) 2.04.62 1.75.49.00.52 Aggressive Strenge (V) 1.75.63 1.57.50.01.32 Unterstützung (V) 3.90.66 4.01.53.13 -.17 Verhaltensdisziplin (V) 3.59.75 2.69.64.00 1.51 Inkonsistenz (V) 2.06.63 1.83.58.00.38 Seite 2121

Mittelwerte (M), Standardabweichungen (SD), Signifikanzen (p) und Effektstärken (d) im ethnischen Vergleich: Jugendlichensicht Türken Deutsche (N = 207) (N = 298) Variablen M SD M SD p d Aggressive Strenge (M) 1.76.62 1.63.61.02.21 Unterstützung (M) 3.77.80 3.68.79.23.11 Verhaltensdisziplin (M) 3.52.76 2.72.73.00 1.07 Inkonsistenz (M) 1.89.64 1.80.62.12.14 Aggressive Strenge (V) 1.69.60 1.59.66.10.16 Unterstützung (V) 3.47.84 3.39.93.32.09 Verhaltensdisziplin (V) 3.39.87 2.52.82.00 1.58 Inkonsistenz (V) 1.82.63 1.66.65.01.25 Seite 2222

Elterliche Erziehungsstile in Abhängigkeit des Bildungshintergrundes (Hauptschule als höchster Bildungsabschluß) Mittelwerte und Standardabweichungen Türkische Eltern Deutsche Eltern Variablen N M SD N M SD F p Aggressive Strenge (M) 33 1.67.54 46 1.86.54 2.44.12 Unterstützung (M) 35 4.22.70 47 4.11.47.82.36 Verhaltensdisziplin (M) 36 3.51.83 46 3.00.52 11.74.00 Inkonsistenz (M) 32 1.94.48 44 2.03.55.60.43 Aggressive Strenge (V) 32 1.77.73 36 1.80.69.32.86 Unterstützung (V) 30 3.97.63 38 3.95.60.00.92 Verhaltensdisziplin (V) 36 3.83.68 38 3.09.66 22.0.00 Inkonsistenz (V) 34 2.11.61 37 2.08.74.02.88 Seite 2323

Welche Werteunterschiede gibt es zwischen Deutschen und Türken? Seite 2424

Stichprobenkennzeichnung: Lebensort 232 Deutsche 337 Türkische Migranten in Deutschland Türken i.d. Türkei 210 Seite 2525

Tabelle : Stichprobenkennzeichnung (Angaben in Prozente) Deutsche (n= 234) Türkischstämmige Migranten in Deutschland (n = 205) Geschlecht Männlich 20.5 50.7 59 Weiblich 79.5 49.3 41 Bildungshintergrund Grundschule 1.3 16.1 14.1 Mittlere Reife 21.4 23.9 30.0 (Mittelschule i. d. Türkei) Gymnasium 65.8 31.7 18.3 Universität 1.3 14.1 8.0 Anderer Abschluß 6.4 2.9 3.4 Schüler 2.6 8.3 20.8 Türken in der Türkei (n= 327) Seite 2626

Tabelle : Religiosität der Befragten (Angaben in Prozente) Deutsche Türkischstämmige Türken in der Türkei Migranten in Deutschland Bezeichnen Sie sich als religiös? Ja Nein 38.9 60.7 83.4 16.1 91.1 8.0 Gehen Sie regelmäßig in die Moschee (Kirche)? Ja 5.1 33.7 34.6 Nein 80.3 60.5 59.6 Seite 2727

Werteausprägung 7,00 6,00 5,00 4,00 Deutsche Türkische Migranten Türken 3,00 2,00 1,00 0,00 Höflichkeit Achtung v. Tradition Nationale Sicherheit Autorität Familiäre Sicherheit Seite 2828

Werteausprägung 7,00 6,00 5,00 Deutsche Türkische Migranten Türken 4,00 3,00 2,00 1,00 0,00 Freiheit Anregendes Leben Reichtum Spiritualität Freundschaft Seite 2929

Tabelle: Herkunftsspezifische Ausprägung der Wertvorstellungen: Mittelwerte und Standardabweichungen (in Klammern) Deutsche Türkische Migranten Türken M (SD) M (SD) M (SD) Höflichkeit 4.80 (1.40) 5.45 (1.48) 5.17 (1.55) Achtung vor Tradition 2.76 (1.66) 4.65 (2.10)) 4.50 (2.13) Nationale Sicherheit 4.26 (1.96) 5.23 (2.21) 5.64 (1.77) Autorität 1.73 (1.78) 1.65 (2.30) 2.26 (2.37) Familiäre Sicherheit 6.32 (1.04) 6.39 (1.11) 6.24 (1.25) Freiheit 5.79 (1.30) 5.95 (1.37) 5.89 (1.40) Anregendes Leben 5.28 (1.31) 3.43 (2.33) 4.20 (2.09) Reichtum 3.00 (1.53)) 3.48 (2.09) 4.01 (1.90) Spiritualität 1.36 (2.17) 4.19 (2.45) 4.45 (2.30) Freundschaft 5.87 (1.41) 5.97 (1.24) 6.16 (1.11) Seite 3030

Tabelle: Wertehierarchien (Rangreihen) im Kulturvergleich Deutsche Türkische Migranten Türken Reihenfolge 1. Familiäre Sicherheit 1. Familiäre Sicherheit 1. Familiäre Sicherheit 2. Freundschaft 2. Freundschaft 2. Freiheit 3. Freiheit 3. Freiheit 3. Freundschaft 4. Anregendes Leben 4. Höflichkeit 4. Nationale Sicherheit 5. Höflichkeit 5. Nationale Sicherheit 5. Höflichkeit 6. Nationale Sicherheit 6. Achtung vor Traditionen 6. Achtung vor Traditionen 7. Reichtum 7. Spiritualität 7. Spiritualität 8. Achtung vor Traditionen 8. Reichtum 8. Anregendes Leben 9. Autorität 9. Anregendes Leben 9. Reichtum 10. Spiritualität 10. Autorität 10. Autorität Seite 3131

Tabelle: Herkunftsspezifische Ausprägung der Wertvorstellungen: Effektstärken Deutsche Türkische Migranten Türken Effektstärke d (D-TM) Effektstärke d (TM-T) Höflichkeit -.45.31 Achtung vor Tradition -1.00.07 Nationale Sicherheit -.46 -.20 Autorität.04 -.26 Familiäre Sicherheit -.06.13 Freiheit -.11.07 Anregendes Leben.91 -.35 Reichtum -.27 -.26 Spiritualität -1.22 -.11 Freundschaft -.07 -.16 Seite 3232

Werteauffassungen: Differenziert nach der selbstberichteten Religiosität (Mittelwerte): Non-Relig: nicht religiös; Relig: religiös Kulturelle Zugehörigkeit Deutsche Türkische Migranten Türken Non-Relig. Relig. Non-Relig. Relig. Non-Relig. Relig. Stichprobengröße: n= 141 n= 88 n= 33 n= 168 n= 26 N= 295 Werteauffassungen Mittelwerte Familiäre Sicherheit 6.25 6.42 5.88 6.49 4.77 6.39 Freundschaft 5.88 5.83 5.58 6.05 5.62 6.21 Freiheit 5.83 5.72 6.18 5.90 5.54 5.93 Anregendes Leben 5.36 5.14 3.82 3.34 4.50 4.15 Höflichkeit 4.83 4.74 4.94 5.55 4.23 5.28 Nationale Sicherheit 4.35 4.09 3.00 5.68 3.28 5.87 Reichtum 3.03 2.93 2.91 3.58 3.69 4.05 Achtung vor Tradition 2.56 3.11 3.24 5.74 1.73 4.76 Autorität 1.72 1.75 0.76 1.81 1.77 2.31 Spiritualität 0.93 2.00 1.88 4.65 1.04 4.79

Lebenswelten türkischer Migranten Karte der Türkei mit elf ausgewählten Regionen Sozioökonomische Entwicklung und Wertvorstellungen in elf Regionen der Türkei; Yasemin El-Menouar Martin Fritz Köln Z Soziol (2009) 61:535 561; DOI 10.1007/s11577-009-0082-5 Seite 3434

Lebenswelten türkischer Migranten Sozioökonomische Entwicklung und Wertvorstellungen in elf Regionen der Türkei; Yasemin El-Menouar Martin Fritz Köln Z Soziol (2009) 61:535 561; DOI 10.1007/s11577-009-0082-5 Seite 3535

Diskussion: Erwartungen, dass gerade jüngere Migranten sich in ihren Wertauffassungen an ihre deutschen Altersgenossen angleichen würden, lassen sich mit unseren Daten nicht bestätigen. Denkbar: jüngere Migranten stärkeren lebensweltlichen Verunsicherungen ausgesetzt und deshalb Präferenz für eher Sicherheit und Halt versprechende Orientierungen (wie etwa Achtung der Tradition, Höflichkeit, Autorität). Seite 3636

Diskussion: Werte Annahme: Jüngere Migranten deutlich stärker in Kontakt und Diskurs mit Deutschen; vermutlich eher das Bedürfnis, sich von der Mehrheitsgesellschaft abzugrenzen, offensiver die Differenzen zu betonen und die als "typisch" für die "türkische Kultur" unterstellten traditionalen Werte wie etwa Höflichkeit, Achtung vor Tradition, Autorität, nationale Sicherheit etc. verteidigen oder zumindestens wertschätzen zu müssen. Seite 3737

Diskussion: Werte Ergebnisse zusammenfassend: Keine "Parallelgesellschaft" der Migranten: zu große Anzahl an positiven Werteübereinstimmungen wie gemeinsamer Negationen. Dennoch: Migranten, insbesondere aber Migrantenjugendliche: weitaus stärker als ihre deutsche Bezugsgruppe Favorisierung einer konservativen Wertewelt. Deutung der Daten: Vorsicht geboten, als dass diese Studie trotz einer relativ großen Stichprobe keine Repräsentativität, weder für die deutsche noch für die türkische Stichprobe, beanspruchen kann; u.a. hohe innertürkische Varianz bei der Werteausprägung (starkes Ost-West-Gefälle) Seite 3838

Diskussion: Werte Studien zu bzw. über Migranten mit dem methodischen Problem der Konfundierung von ethnischer Zugehörigkeit und sozialer Schicht konfrontiert: Überschneidung von Schichtzugehörigkeit (z.b. Unterschicht) und ethnische Zugehörigkeit; Folge: unreflektierte Ethnisierung. Seite 3939

Ausblick/Veränderungen Akkulturation kann erleichtert werden durch: Tolerante/Anerkennende Einstellung der Mitglieder der Aufnahmekultur; Offenheit gegenüber Fremden; Soziale Durchlässigkeit der Institutionen/Interkulturelle Öffnung der sozialen Dienste Gemeinsamer Referenzrahmen statt Distanzmaximierung Verständnis von Kultur als gemeinsamer Zukunftsentwurf statt (rückwärtsgerichteter) Herkunftsbezug Seite 4040

Chancen von Integration Interkulturelle Erziehung von Mehrheiten wie Minderheiten Größere Ambiguitätstoleranz als psychische Ressource Bi-kulturelle Identitäten Bilingualität als kognitive Ressource: Metalinguale Fähigkeiten & Metakognitive Fähigkeiten Abbau des Group-think Phänomens in heterogen zusammengesetzten Gruppen; kulturelle Vielfalt als Ressource kreativer Problemlöseprozesse in sozialen Situationen Seite 4141

Vielen Dank für Ihre Geduld und Aufmerksamkeit! Kontakt: uslucan@zfti.de www.uslucan.de Seite 4242