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$Id: hilbert.tex,v 1.5 2013/06/21 13:11:01 hk Exp hk $ 7 Hilberträume In der letzten Sitzung hatten wir die Theorie der Hilberträume begonnen, und sind gerade dabei einige vorbereitende elementare Grundtatsachen über Hilberträume beziehungsweise Prähilberträume zusammenzustellen. Die letzte noch ausstehende dieser Aussagen ist die Stetigkeit des Skalarprodukts, und um diese überhaupt zu formulieren benötigen wir eine vorbereitende Konstruktion. Das Skalarprodukt eines Prähilbertraums H über K {R, C} ordnet je zwei Vektoren x, y H einen Skalar x y K zu, ist also eine Abbildung : H H K. Um jetzt überhaupt von Stetigkeit sprechen zu können, benötigen wir auf dem Definitionsbereich und dem Bildbereich des Skalarprodukts die Struktur eines normierten Raums. Für die rechte Seite K haben wir den gewöhnlichen reellen oder komplexen Betrag, auf H H haben wir dagegen zunächst keine Norm. Wir werden auf H H ein Skalarprodukt definieren so, dass auch H H zu einem Prähilbertraum und somit zu einem normierten Raum wird. Da die Beschränkung auf das Produkt zweier Prähilberträume etwas künstlich ist, werden wir gleich weiter gehen und Produkte E 1 E n endlich vieler normierter Räume definieren. Wir orientieren uns dabei am Beispiel des R n, dieser war als Menge ein Produkt R n = R R und eine Norm konnten wir beispielsweise durch die euklidische Norm (x 1,..., x n ) := x 2 1 + + x 2 n einführen. Dies war allerdings keinesfalls die einzige Wahl, wir haben im Laufe dieser Veranstaltung auch schon die beiden alternativen Normen (x 1,..., x n ) 1 := x 1 + + x n oder (x 1,..., x n ) := max{ x 1,..., x n } verwendet, in II. 8.Satz 6 hatten wir dann gesehen das es auf die spezielle Wahl der Norm für Konvergenz- und Stetigkeitsfragen nicht ankommt. Ebenso können wir auf viele verschiedene Weisen eine Norm auf einem allgemeinen Produkt E = E 1 E n normierter Räume einführen, jede Formel die eine Norm auf dem R n liefert gibt uns auch eine Norm auf E. Schreiben wir etwa die Norm auf E i als i, so sind (x 1,..., x n ) 2 := x 1 2 1 + + x n 2 n, (x 1,..., x n ) 1 := x 1 1 + + x n n, (x 1,..., x n ) := max{ x 1 1,..., x n n } 17-1

alles äquivalente Normen auf E, wie wir im folgenden Lemma einsehen werden. Lemma 7.3 (Produkte normierter Räume) Seien K {R, C}, n N mit n 1 und für jedes 1 j n sei (E j, j ) ein normierter Raum über K. Auf dem cartesischen Produkt E := E 1 E n definieren wir die Addition und die Multiplikation mit Skalaren für x, y E, λ K durch x + y = (x 1,..., x n ) + (y 1,..., y n ) := (x 1 + y 1,..., x n + y n ) und λx = λ (x 1,..., x n ) := (λx 1,..., λx n ). Dann ist E mit dieser Addition und Multiplikation ein Vektorraum über K. Sei weiter 0 eine Norm auf dem R n und für alle x, y R n mit x j y j für alle 1 j n gelte auch x 0 y 0. Dann definiert für x E ein Norm auf E. Es gelten: x := ( x 1 1,..., x n n ) 0 (a) Für jedes 1 j n ist die Projektion P j : E E j ; x x j eine stetige lineare Abbildung. (b) Sind F ein weiterer normierter Raum, M F eine Teilmenge und f j : M E j für jedes 1 j n eine stetige Abbildung, so ist auch eine stetige Abbildung. f := (f 1,..., f n ) : M E; x (f 1 (x),..., f n (x)) (c) Eine Menge U E ist genau dann offen wenn es für jedes x U stets offene Mengen U j E j mit x j U j für 1 j n gibt so, dass U 1 U n U ist. (d) Eine Folge (x k ) k N in E konvergiert genau dann gegen ein x E wenn die Folge (x k j ) k N für jedes 1 j n in E j gegen x j konvergiert. (e) Eine Folge (x k ) k N in E ist genau dann eine Cauchyfolge wenn die Folge (x k j ) k N für jedes 1 j n eine Cauchyfolge in E j ist. (f) Die Norm auf E ist bis auf Äquivalenz von Normen von 0 unabhängig. (g) Genau dann ist die Norm vollständig wenn die Norm j für jedes 1 j n vollständig ist. 17-2

Beweis: Wir zeigen zunächst das E überhaupt ein Vektorraum über K ist und hierzu müssen wir die Vektorraumaxiome aus I. 11 nachweisen. Zunächst gelten für alle x, y, z E und alle Skalare λ, µ K das Assoziativgesetz (x + y) + z = (x j + y j ) 1 j n + z = ((x j + y j ) + z j ) 1 j n = (x j + (y j + z j )) 1 j n = x + (y j + z j ) 1 j n = x + (y + z) der Addition, das Kommutativgesetz der Addition, das Assoziativgesetz x + y = (x j + y j ) 1 j n = (y j + x j ) 1 j n = y + x λ(µx) = λ (µx j ) 1 j n = (λ(µx j )) 1 j n = ((λµ)x j ) 1 j n = (λµ)x der Multiplikation, die beiden Distributivgesetze λ (x + y) = λ (x j + y j ) 1 j n = (λ(x j + y j )) 1 j n = (λx j + λy j ) 1 j n = (λx j ) 1 j n + (λx j ) 1 j n = λx + λy sowie (λ + µ)x = ((λ + µ)x j ) 1 j n = (λx j + µx j ) 1 j n = (λx j ) 1 j n + (µx j ) 1 j n = λx + µx und die Multiplikation mit Eins ist 1 x = (1 x j ) 1 j n = x. Um die Existenz eines Nullvektors einzusehen, setze 0 := (0,..., 0) und dann gilt für jedes x E auch 0 + x = (0 + x j ) 1 j n = x. Ist schließlich x E, so setzen wir x := ( x j ) 1 j n und erhalten ( x) + x = (( x j ) + x j ) 1 j n = (0,..., 0) = 0. Damit ist E mit der angegebenen Addition und Multiplikation ein Vektorraum über K. Als nächsten Schritt wollen wir einsehen das eine Norm auf E ist, und hierzu überprüfen wir die definierenden Eigenschaften einer Norm aus II. 4.5. Dabei ist für jedes x E stets x 0, es gilt 0 = (0,..., 0) 0 = 0 und ist x E mit x = 0, so ist ( x 1 1,..., x n n ) 0 = 0, also gilt x j j = 0, und somit auch x j = 0, für jedes 1 j n, d.h. es ist x = 0. Seien nun x, y E. Für jedes 1 j n haben wir x j + y j j x j j + y j j, also ist nach unserer Annahme für 0 auch x + y = ( x 1 + y 1 1,..., x n + y n n ) 0 ( x 1 1 + y 1 1,..., x n n + y n n ) 0 = ( x 1 1,..., x n n ) + ( y 1 1,..., y n n ) 0 ( x 1 1,..., x n n ) 0 + ( y 1 1,..., y n n ) 0 = x + y. 17-3

Sind schließlich x E und λ K, so haben wir λx = ( λx 1 1,..., λx n n ) 0 = ( λ x 1 1,..., λ x n n ) 0 = λ ( x 1 1,..., x n n ) 0 = λ ( x 1 1,..., x n n ) 0 = λ x. Damit ist gezeigt das eine Norm auf E ist, und wir kommen nun zu den restlichen Aussagen des Lemmas. Nach II. 8.Satz 6 ist 0 äquivalent zur Maximumsnorm auf dem R n, also gibt es nach II. 8.Lemma 5.(a) Konstanten A, B > 0 mit x 0 A max 1 j n x j und max 1 j n x j B x 0 für alle x R n. (d) = Sei 1 j n. Ist dann ɛ > 0, so existiert ein k 0 N mit x k x < ɛ/b für alle k N mit k k 0 und für jedes k N mit k k 0 ist damit auch x k j x j j max 1 i n xk i x i i B ( x k 1 x 1 1,..., x k n x n n ) 0 = B x k x < ɛ. Also konvergiert die Folge (x k j ) k N in E j gegen x j. = Sei ɛ > 0. Für jedes 1 j n existiert dann ein k j N mit x k j x j j < ɛ/a für alle k N mit k k j. Setze k 0 := max{k 1,..., k n }. Ist dann k N mit k k 0, so gilt für jedes 1 j n wegen k k 0 k j stets x k j x j j < ɛ/a, also ist auch x k x = ( x k 1 x 1 1,..., x k n x n n ) 0 A max 1 j n xk j x j j < ɛ. Damit konvergiert die Folge (x k ) k N in E gegen x. (a) Klar nach (d). (b) Sei (x k ) k N eine Folge in M die gegen ein x M konvergiert. Für jedes 1 j n ist f j in x stetig, also konvergiert (f j (x k )) k N in E j gegen f j (x) und nach (d) konvergiert die Folge (f(x k )) k N in E gegen f(x). Damit ist f : F E eine stetige Abbildung. (c) = Sei U E offen. Sei x U. Da x ein innerer Punkt von U ist, existiert ein ɛ > 0 mit B ɛ (x) U. Für jedes 1 j n ist die offene Kugel U j := B ɛ/a (x j ) eine offene Teilmenge von E j mit x j U j. Sei nun y U 1 U n gegeben. Für jedes 1 j n ist dann y j B ɛ/a (x j ), also y j x j j < ɛ/a, und damit ist auch y x = ( y 1 x 1 1,..., y n x n n ) 0 A max 1 j n y n x n j < ɛ, es gilt also y B ɛ (x) U. Damit haben wir auch U 1 U n U eingesehen. = Sei x U. Nach unserer Annahme gibt es dann für jedes 1 j n eine offene Menge U j E j mit x j U j so, dass U 1 U n U gilt. Ist 1 j n, so ist x j ein innerer Punkt von U j, also existiert ein ɛ j > 0 mit B ɛj (x j ) subsetequ j. Setze schließlich ɛ := 1 B min{ɛ 1,... ɛ n } > 0. 17-4

Wir zeigen nun das B ɛ (x) U gilt. Sei also ein Punkt y B ɛ (x) gegeben. Für jedes 1 j n ist dann y j x j j max 1 i n y i x i i B ( y 1 x 1 1,..., y n x n n ) 0 = B y x 0 <Bɛ ɛ j, also y j B ɛj (x j ) U j. Damit haben wir y U 1 U n U, und wir haben B ɛ (x) U eingesehen. Damit ist x ein innerer Punkt von U. Somit ist jeder Punkt von U ein innerer Punkt von U, d.h. U E ist offen. (f) Nach (c) sind die offenen Teilmengen von E unabhängig von der speziell gewählten Norm 0, d.h. die Norm ist bis auf Äquivalenz von Normen von 0 unabhängig. (e) = Sei 1 j n. Ist dann ɛ > 0, so existiert ein k 0 N mit x k x l < ɛ/b für alle k, l N mit k, l k 0. Für alle k, l N mit k, l k 0 haben wir damit auch x k j x l j j max 1 i n xk i x l i B ( x k 1 x l 1 1,..., x k n x l n n ) 0 = B x k x l < ɛ, und damit ist (x k j ) k N eine Cauchyfolge in E j. = Sei ɛ > 0. Für jedes 1 j n existiert dann ein k j N mit x k j x l j j < ɛ/a für alle k, l N mit k, l k j. Setze k 0 := max{k 1,..., k n }. Seien k, l N mit k, l k 0. Für jedes 1 j n ist dann k, l k 0 k j, also auch x k j x l j j < ɛ/a, und somit gilt x k x l = ( x k 1 x l 1 1,..., x k n x l n n ) 0 A max 1 j n xk j x l j j < ɛ. Damit ist (x k ) k N eine Cauchyfolge in E. (g) = Sei 1 j n und sei (x k ) k N eine Cauchyfolge in E j. Für alle k N und alle 1 i n definiere dann { yi k x k, i = j, := und y k := (yi k ) 1 i n E. 0, i j Auf diese Weise erhalten wir eine Folge (y k ) k N in E, und da (y k j ) k N = (x k ) k N eine Cauchyfolge in E j ist und (y k i ) k N = (0) k N für jedes 1 i n mit i j auch eine Cauchyfolge in E i ist, ist (y k ) k N nach (e) eine Cauchyfolge in E. Nach unserer Annahme existiert ein x E so, das (y k ) k N in E gegen x konvergiert und nach (d) konvergiert (x k ) k N = (y k j ) k N in E j gegen x j E j. Damit ist E j vollständig. = Sei (x k ) k N eine Cauchyfolge in E. Nach (e) ist (x k j ) k N für jedes 1 j n eine Cauchyfolge in E j und da E j vollständig ist konvergiert (x k j ) k N gegen ein x j E j. Wir erhalten x := (x j ) 1 j n E und nach (d) konvergiert (x k ) k N in E gegen x. Damit ist auch E vollständig. Alle vor diesem Lemma genannten Normen auf dem R n erfüllen die Monotoniebedingung des Lemmas, liefern uns also äquivalente Normen auf E. Während es damit für 17-5

normierte Räume zwar stets passende Normen auf dem Produktraum gibt, gibt es aber immer gleich viele verschiedene äquivalente Normen von denen keine besonders ausgezeichnet ist. Für Prähilberträume ist die Situation etwas übersichtlicher, hier kann man auf dem Produkt in kanonischer Weise ein Skalarprodukt einführen. Lemma 7.4 (Produkte von Hilberträumen) Seien K {R, C}, n N mit n 1 und für jedes 1 j n sei H j ein Prähilbertraum über K mit dem Skalarprodukt j. Ist dann H der Vektorraum H := H 1 H n über K, so definiert x y := x j y j j für x, y H ein Skalarprodukt auf H. Für jedes x H ist die Norm von x in H gegeben als ( ) 1/2 x = x j 2 j und genau dann ist H ein Hilbertraum wenn H j für jedes 1 j n ein Hilbertraum ist. Beweis: Nach Lemma 3 bildet H überhaupt einen Vektorraum über K. Wir weisen nun nach, dass die Abbildung der Behauptung ein Skalarprodukt auf H ist. Seien x, y, z H und λ K ein Skalar. Dann haben wir zunächst x + y z = x j + y j z j j = ( x j z j j + y j z j ) j = x j z j j + y j z j j = x z + y z und λx y = λx j y j j = λ x j y j j = λ x j y j j = λ x y. Weiter erfüllt auch die hermitesche Bedingung denn für alle x, y H gilt y x = y j x j j = x j y j j = x j y j j = x y, und hieraus folgt für alle x, y, z H, λ K weiter x y + z = y + z x = y x + z x = y x + z x = x y + x z und x λy = λy x = λ y x = λ y x = λ x y. 17-6

Wir müssen also nur noch nachweisen das auch positiv definit ist. Sei 0 x H gegeben. Für jedes 1 j n ist dann x j x j j = x j 2 j 0 und es existiert ein 1 j n mit x j 0, also auch x j j > 0. Damit gilt x x = x j x j j = x j 2 j > 0. Damit ist H ein Prähilbertraum und Norm von H ist wie in der Behauptung des Lemmas angegeben. Insbesondere ist H als normierter Raum von der in Lemma 3 beschriebenen Form, und nach Lemma 3.(g) ist H genau dann ein Hilbertraum, also vollständig, wenn H j für jedes 1 j n ein Hilbertraum ist. Da die Norm des Produkts H = H 1 H n wie in Lemma 3 gegeben ist, sind insbesondere die Aussagen dieses Lemmas über Folgen und Stetigkeit auch auf Produkte von Prähilberträumen anwendbar. Jetzt haben wir auf H H die Struktur eines normierten Raums, und sogar eines Prähilbertraums, eingeführt und können nun zur angekündigten Stetigkeit des Skalarprodukts kommen. Lemma 7.5 (Stetigkeit des Skalarprodukts) Sei H ein Prähilbertraum über K {R, C}. Dann ist das Skalarprodukt eine stetige Abbildung. : H H K; (u, v) u v Beweis: Seien x, y H und ɛ > 0 gegeben. Wähle dann ein 0 < δ < 1 mit ( x + y + 1)δ < ɛ. Für alle u, v H mit (u, v) (x, y) = ( u x 2 + y v 2 ) 1/2 < δ gilt dann u x (u, v) (x, y) < δ und ebenso y v < δ, also haben wir auch u x + u x < x + δ < x + 1. Mit der Cauchy-Schwartzschen Ungleichung II. 6.Satz 1 folgt u v x y = u v u y + u y x y = u v y + u x y u v y + u x y u v y + u x y ( x + y + 1)δ < ɛ. Damit ist das Skalarprodukt im Punkt (x, y) H H stetig und das Lemma ist bewiesen. Haben wir also einen Prähilbertraum H und zwei konvergente Folgen (x n ) n N, (y n ) n N in H mit Grenzwerten x := lim n x n beziehungsweise y := lim n y n, so konvergiert 17-7

die Folge ((x n, y n )) n N nach Lemma 3.(d) in H H gegen (x, y), und damit gilt x y = lim n x n y n. Etwas verkürzt kann man diese Gleichung auch als lim x n y n = lim x n n n lim y n n schreiben, sofern die beiden Grenzwerte auf der rechten Seite existieren. Ist dabei eine der beiden Folgen konstant, so ergeben sich auch lim x n y = lim x n n n y und lim x y n = x n lim y n n sofern die jeweils rechts stehende Grenzwerte existieren. 7.1 Orthogonale Komplemente Einer der Schlüssel zum Verständnis der Hilberträume ist der Orthogonalitätsbegriff, und wir führen jetzt erst einmal einige dieser Orthogonalitätsbegriffe in einem Prähilbertraum ein. Schon in II. 6.1 hatten wir zwei Vektoren x, y H in einem Prähilbertraum orthogonal oder senkrecht zueinander genannt wenn ihr Skalarprodukt verschwindet, also x y : x y = 0 wobei das Symbol x y für x steht senkrecht auf y steht. Wegen y x = x y ist genau dann x y wenn y x gilt. Die positive Definitheit x x > 0 für x 0 ergibt das kein von Null verschiedener Vektor zu sich selbst senkrecht sein kann. Ebenfalls schon in II. 6.1 hatten wir einen Vektor x H senkrecht auf einer Teilmenge U H genannt wenn er senkrecht auf jedem Element von U ist. Schreiben wir x U oder U x für x ist senkrecht auf U, so ist also x U : (y U) : x y. Weiter nennen wir zwei Mengen U, V H senkrecht aufeinander, geschrieben als U V, wenn jedes Element von U zu jedem Element von V senkrecht ist, also U V := (x U) (y V ) : x y. Nun kommen wir zu einer neuen Definition und führen die orthogonalen Komplemente von Teilmengen eines Prähilbertraums ein. Definition 7.1 (Orthogonalkomplement) Seien K {R, C} und H ein Prähilbertraum über K. Ist dann M H eine beliebige Teilmenge von H, so heißt die Menge M := {x H (y M) : x y} = {x H x M} das orthogonale Komplement von M. 17-8

Bevor wir zu einem Beispiel kommen, wollen wir uns erst einmal die elementaren Grundeigenschaften dieses Begriffs überlegen. Zunächst einmal stellt sich heraus das M immer ein abgeschlossener Unterraum von H ist. Weiter kann man die Menge M noch um beliebige Linearkombinationen von Elementen aus M vergrößern ohne das orthogonale Komplement dabei zu verändern. Insbesondere kann man die Menge aller Linearkombinationen von Elementen aus M nehmen, dies ist der sogenannte Aufspann, oder das Erzeugnis, { } M := λ k u k n N, λ 1,..., λ n K, u 1,..., u n M k=1 von M. Besteht M nur aus endlich vielen Vektoren so hatten wir diesen Begriff schon in I. 11.2 eingeführt, bei Hilberträumen ist man aber zumeist am unendlichdimensionalen Fall interessiert und benötigt diese Erweiterung. Der Aufspann M ist der kleinste M umfassende Unterraum. Dies kann man leicht einsehen. Zunächst ist 0 M, wir müssen uns nur daran erinnern das die leere Summe per Konvention immer als Null interpretiert wird. Weiter ist die Summe zweier Linearkombinationen von Elementen aus M wieder eine solche, denn haben wir n, m N und λ 1,..., λ n, µ 1,..., µ m K sowie u 1,..., u n, v 1,..., v m M, so setzen wir λ i := µ i n K, u i := v i n M für n + 1 i n + m, und erhalten λ k u k + k=1 m µ k v k = k=1 n+m k=1 λ k u k M. Weiter ist auch jedes Vielfache einer Linearkombination von Elementen von M wieder eine solche, denn sind n N, λ 1,..., λ n K, u 1,..., u n M und ein Skalar λ K gegeben, so ist λ λ k u k = (λλ k )u k M. k=1 k=1 Damit ist M tatsächlich ein Untervektorraum von H und für jedes u M ist auch u = 1 u M, also M M. Ist umgekehrt U H ein Untervektorraum mit M U, so enthält U auch jede Linearkombination von Elementen aus M und es gilt M U. Damit ist der Aufspann M tatsächlich der kleinste M umfassende Untervektorraum von H. Das folgende Lemma stellt einige Grundeigenschaften über das orthogonale Komplement zusammen. Lemma 7.6 (Grundeigenschaften des Orthogonalkomplements) Seien H ein Prähilbertraum über K {R, C} und M H eine Teilmenge. Dann gelten: (a) Das orthogonale Komplement M ist ein abgeschlossener Unterraum von H. (b) Ist N H eine weitere Teilmenge mit M N, so ist N M. 17-9

(c) Es gilt M = M. Beweis: (a) Wir zeigen zunächst das M ein Untervektorraum von H ist. Dabei ist 0 M klar. Sind weiter x, y M und λ K, so gilt für jedes u M stets x u und y u, also x u = y u = 0, und es folgen x + y u = x u + y u = 0 und λx u = λ x u = 0, d.h. wir haben auch x + y u und λx u, und dies bedeutet x + y, λx M. Damit ist M ein Untervektorraum und wir zeigen nun das M auch abgeschlossen ist. Nach II. 4.Lemma 17.(d) reicht es zu zeigen das das Komplement H\M offen ist. Sei also x H\M gegeben, d.h. es existiert ein u M mit x u 0. Da das Skalarprodukt nach Lemma 5 stetig ist, existiert ein δ > 0 mit y u x u < x u für alle y B δ (x), also ist für jedes y B δ (x) auch y u = x u ( x u y u ) x u x u y u > 0, also y u 0 und somit ist B δ (x) H\M. Damit ist x ein innerer Punkt von H\M und H\M ist eine offene Menge, wie behauptet. (b) Klar. (c) Nach (b) gilt M M. Ist u M, so gilt M u, also ist nach (a) auch M u und dies bedeutet u M. Also gilt u M. Dies zeigt M M und insgesamt haben wir damit M = M eingesehen. Ist beispielsweise H = R 3 mit dem gewöhnlichen euklidischen Skalarprodukt und 0 u R 3 ein Vektor, so ist u die auf u senkrecht stehende Ebene durch den Nullpunkt und ist U R 3 eine Ebene durch Null, so ist U die Normalenrichtung von U, also die auf U senkrecht stehende Gerade durch den Nullpunkt. Wir wollen uns jetzt ein Beispiel in einer weniger vertrauten Situation anschauen, und betrachten den Hilbertraum H := C[ 1, 1] aller stetigen Funktion f : [ 1, 1] R wie in II. 6.1 versehen mit dem Skalarprodukt f g = 1 1 f(x)g(x) dx für f, g H. Weiter sei U der Teilraum aller geraden stetigen, reellen Funktionen auf [ 1, 1]. Wir behaupten das U dann genau aus den ungeraden Funktionen in H besteht. Ist f H eine ungerade Funktion, so ist nämlich fg für jede gerade Funktion g H wieder ungerade, also ist f g = 1 1 f(x)g(x) dx = 0. 17-10

Damir steht jede ungerade Funktion senkrecht auf allen geraden Funktionen, liegt also in U. Nun sei umgekehrt f : [ 1, 1] R eine stetige Funktion die senkrecht auf jeder geraden Funktion ist. Wäre f nicht ungerade, so gäbe es ein 0 x ( 1, 1) mit f( x) f(x), d.h. wir haben f(x) + f( x) 0. Da die Funktion f stetig ist, gibt es dann ein ɛ > 0 mit (x ɛ, x + ɛ) ( x ɛ, yx + ɛ) ( 1, 1)\{0} so, dass f(y) f(x) < f(x) + f( x) /3 für alle y (x ɛ, x + ɛ) und f(y) f( x) < f(x) + f( x) /3 für alle y ( x ɛ, x + ɛ) gelten. Für jedes y (x ɛ, x + ɛ) haben wir dann auch f(y) + f( y) = f(x) + f( x) (f(x) f(y)) (f( x) f( y)) f(x) + f( x) f(x) f(y) f( x) f( y) > Definieren wir also die stetigen Funktionen 0, 0 y x ɛ, 2(y x+ɛ), x ɛ y x ɛ, ɛ 2 h : [0, 1] R; y 1, x ɛ y x + ɛ, 2 2 2(x y+ɛ), x + ɛ ɛ 2 y x + ɛ, 0, x + ɛ y 1 f(x) + f( x). 3 und g : [ 1, 1] R; y h( y ), so ist g gerade mit g(y) 0 für alle y [ 1, 1]. Wir haben f g = 1 1 f(y)g(y) dy = = 1 0 1 0 (f(y)g(y) + f( y)g( y)) dx (f(y) + f( y))g(y) dy = x+ɛ x ɛ (f(y) + f( y))g(x) dx und da f(y) + f( y) für y [x ɛ, x + ɛ] konstantes Vorzeichen hat folgt weiter f g x+ɛ/2 x ɛ/2 f(y) + f( y) dx ɛ f(x) + f( x) > 0, 3 es ist also f g = 0 und f steht nicht senkrecht auf U. Insgesamt besteht U damit genau aus den ungeraden Funktionen f H. Sind x, y H zwei Vektoren aus einem Prähilbertraum H mit x y, so haben wir den nach Lemma 1.(e) den Satz des Pythagoras, also x + y 2 = x 2 + y 2. Im gewöhnlichen euklidischen Raum R 3 folgte mit dem Satz des Pythagoras das bei einer gegebenen Ebene e R 3 und einem Punkt x R 3 der kleinste Abstand von x zu Punkten der Ebene genau im Lotfußpunkt x von x auf e angenommen wurde, also im Punkt x e mit x x e. Diese Tatsache überträgt sich jetzt auf allgemeine Hilberträume. Wir beginnen mit einem vorbereitenden Lemma. 17-11

Lemma 7.7 (Lotfußpunkte als optimale Approximation) Seien H ein Prähilbertraum über K {R, C}, U H ein Unterraum und x H, x U. Dann ist genau dann x x = inf{ x u : u U} wenn x der Lotfußpunkt von x auf U ist, wenn also x x U gilt. In diesem Fall ist x durch die Bedingung inf{ x u : u U} = x x eindeutig bestimmt. Beweis: = Es gelte x x = inf{ x u : u U}, also x u x x für jedes u U. Für jedes u U folgt wegen x + u U nach Lemma 1.(a) auch x x 2 x x u 2 = x x 2 + u 2 2 Re( x x u ), d.h. Re( x x u ) u 2. Ist also u U und wählen wir λ K mit λ = 1 und λ x x u = x x u, so folgt wegen λu U auch x x u = Re(λ x x u ) = Re( x x λu ) λu 2 = λ 2 u 2 = u 2. Sei wieder u U. Für jedes t > 0 haben wir dann u/t U und somit x x u t = x x x 2 u t t = u 2, t 2 also auch t x x u u 2. Da dies für jedes t > 0 gilt, muss damit x x u = 0 sein, und wir haben x x U gezeigt. = Nun nehmen wir x x U. Ist dann u U mit u x, so ist auch x u U mit x u 0 und wegen x x x u gilt nach dem Satz des Pythagoras Lemma 1.(b) x u 2 = x x + x u 2 = x x 2 + x u 2 > x x 2, also auch x u > x x. Damit ist x x = inf{ x u : u U} und x ist der eindeutige Punkt in dem dieses Infimum angenommen wird. All bisher bewiesenen Aussagen gelten allgemein in Prähilberträumen H, und jetzt kommen wir zu der ersten Aussage für deren Gültigkeit wir die Vollständigkeit von H benötigen, also voraussetzen müssen das H sogar ein Hilbertraum ist. Im eben bewiesenen Lemma haben wir gezeigt das der minimale Abstand eines Punkt x H zu einem Unterraum U H im Lotfußpunkt von x auf U angenommen wird, es kann aber durchaus passieren das es keinen solchen Lotfußpunkt gibt, dass also das Infimum inf{ x u : u U} kein Minimum ist. Die Existenz von Lotfußpunkten können wir nur in Hilberträumen beweisen. Satz 7.8 (Existenz des Lotfußpunkts) Seien H ein Hilbertraum über K {R, C}, U H ein abgeschlossener Teilraum von H und x H. Dann existiert genau ein x U mit x x = inf{ x u : u U} und es gilt x x U. 17-12

Beweis: Wir setzen α := inf{ x u : u U} und wählen für jedes n N mit n 1 ein u n U mit x u n < α + 1 n. Wir behaupten das die Folge (u n ) n N eine Cauchyfolge ist. Sei also ɛ > 0 gegeben und wähle n 0 N mit n 0 > 4(2α + 1)/ɛ. Seien n, m N mit n, m n 0. Dann ist (u n + u m )/2 U also haben wir x u n + u m 2 α und mit der Parallelogramidentität Lemma 1.(c) ergibt sich u n u m 2 = (x u m ) (x u n ) 2 = 2( x u m 2 + x u n 2 ) 2x u m u n 2 = 2( x u n 2 + x u m 2 ) 4 x u 2 n + u m 2 ( ( < 2 α + 1 ) 2 ( + α + 1 ) ) 2 ( 1 4α 2 = 4α n m n + 1 ) ( 1 + 2 m n + 1 ) 2 m 2 4(2α + 1) n 0 < ɛ. Damit ist (u n ) n N eine Cauchyfolge und da H als vollständig vorausgesetzt ist, existiert x := lim n u n H. Da U H abgeschlossen ist, ist dabei x U = U. Mit der Stetigkeit des Skalarprodukts Lemma 5 folgt weiter x x 2 = x x x x = lim x u n n lim x u n n also auch = lim n x u n x u n = lim n x u n 2, ( α x x = lim x u n lim α + 1 ) = α, n n n und wir haben x x = α = inf{ x u : u U} eingesehen. Dass x x U gilt, folgt nun aus Lemma 7. Für diesen Beweis reicht es eigentlich aus zu fordern das U vollständig ist, diese Verallgemeinerung hat aber keine nützlichen Konsequenzen. Wir wollen zwei wichtige Korollare dieses Satzes festhalten, und für das erste dieser beiden Korollare benötigen wir noch einen kleinen Begriff. Wir sagen das ein Prähilbertraum H die orthogonale 17-13

Summe zweier Teilräume U, V H ist, wenn U V gilt und sich jedes x H als eine Summe x = u + v mit u U, v V schreiben läßt. Ist H eine solche orthonale Summe, so schreiben wir auch H = U V. Nehme nun H = U V an. Für alle u U, v V ist dann u v, also gilt nach dem Satz des Pythagoras Lemma 1.(b) auch u + v 2 = u 2 + v 2. Ist jetzt x H und schreiben wir x auf zweierlei Arten als Summe x = u + v = u + v mit u, u U, v, v V, so sind auch u u U, v v V und u u + v v = 0, also u u 2 + v v 2 = 0 und es folgen u u = v v = 0 und u = u, v = v. Damit läßt sich jedes x H eindeutig als eine Summe x = u + v mit u U, v V schreiben. Weiter behaupten wir das U = V ist. Dabei ist V U klar und ist umgekehrt x U, so existieren u U, v V mit x = u + v und es folgt 0 = x u = u + v u = u 2 + v u = u 2, also u = 0 und x = v V. Dies zeigt U = V und analog ist auch V = U. Nach Lemma 6.(a) sind U, V H damit beide auch abgeschlossen in H. Als eine Umformulierung des Satzes über Lotfußpunkte erhalten wir den folgenden Zerlegungssatz für Hilberträume. Korollar 7.9 (Zerlegungssatz für Hilberträume) Seien H ein Hilbertraum und U H ein abgeschlossener Teilraum von H. Dann gilt H = U U. Beweis: Ist x U, so gibt es nach Satz 8 ein x U mit x x U, d.h. es ist x x U mit x = x + (x x ). Da auch U U gilt, ist damit H = U U. Schließlich ergibt sich hieraus eine oft nützliche Beschreibung des Abschlußs von Teilräumen als doppelte Orthogonalkomplemente. Korollar 7.10 (Bestimmung der abgeschlossenen Hülle) Seien H ein Hilbertraum und U H ein Teilraum. Dann gilt U = U. Beweis: Nach Lemma 2.(a) ist U H ein abgeschlossener Unterraum von U und nach Korollar 9 ist damit H = U U. Mit Lemma 6.(c) folgt hieraus und das Korollar ist bewiesen. U = U = U, 7.2 Orthonormalbasen Bereits in II. 6.1 hatten wir Orthonormalbasen endlich erzeugter Hilberträume eingeführt, dies waren einfach Basen deren einzelne Vektoren auf Länge Eins normiert 17-14

sind und paarweise senkrecht aufeinander stehen. Wir sind nun an unendlichdimensionalen Hilberträumen interessiert, und für diese gibt es keine Orthonormalbasen im obigen Sinn. Wir können den Begriff der Orthonormalbasis aber leicht auf den unendlichdimensionalen Fall erweitern, indem wir ganze Folgen von Vektoren zulassen. Definition 7.2 (Orthogonale und orthonormale Folgen) Sei H ein Prähilbertraum. Eine Folge (u n ) n N in H heißt orthogonal wenn u n u m für alle n, m N mit n m gilt, orthonormal wenn zusätzlich u n = 1 für jedes n N gilt und eine Orthonormalbasis von H wenn auch gilt. H = u n n N Wir werden einsehen das jeder nicht zu große unendlichdimensionale Hilbertraum eine Orthonormalbasis besitzt. Als ein Beispiel betrachte etwa den Hilbertraum l 2 der quadratsummierbaren Folgen über K {R, C}. Für jedes n N haben wir dann das Element e n := (δ kl ) k N, das n-te Folgenglied von e n soll also Eins sein, und alle anderen Folgenglieder sind gleich Null. Für alle n, m N haben wir dann { 1, n = m, e n e m = e n,j e m,j = δ nj δ mj = 0, n = m, die Folge (e n ) n N in l 2 ist also orthonormal. Um einzusehen das es sich auch um eine Basis handelt, müssen wir noch l 2 = {e n n N} einsehen. Seien also x l 2 und ɛ > 0 gegeben. Wegen x j 2 < existiert dann ein n 0 N mit j=n 0 +1 x j 2 < ɛ 2, und damit ist y := n 0 x je j {e n n N} und wegen x j y j = 0 für 1 j n 0 und x j y j = x j für j n 0 + 1 ist ( ) 1/2 x y = x j 2 < ɛ. j=n 0 +1 Dies beweist direkt {e n n N} = l 2. Alternativ können wir auch über Korollar 10 vorgehen. Ist x {e n n N}, so gilt für jedes n N stets x n = x j δ nj = x e n = 0, 17-15

also haben wir x = 0. Damit ist {e n n N} = {0} und mit Korollar 10 erhalten wir erneut {e n n N} = {e n n N } = {0} = l 2. Im allgemeinen Fall gibt es zwar immer eine Orthonormalbasis, es kann es recht schwer sein wirklich eine explizit zu berechnen. Ein Hilfsmittel für derartige Rechnungen ist die schon in II. 6.1 eingeführte Gram-Schmidt Orthonormalisierung. Diese hat zu jedem System v 1,..., v n linear unabhängiger Vektoren das eindeutige orthonormale System u 1,..., u n mit u 1,..., u k = v 1,..., v k für alle 1 k n geliefert. Man kann das Gram-Schmidtsche Orthonormalisierungsverfahren auch zur Konstruktion von Orthonormalbasen im unendlichdimensionalen Fall verwenden. Ist (v n ) n N eine Folge linear unabhängiger Vektoren in H, sind also v 1,..., v n für jedes n N linear unabhängig, so setzen wir w 1 := v 1, und ist j > 1 und sind w 1,..., w j 1 schon definiert, so sei w j := v j j 1 k=1 v j w k w k 2 w k. Wir erhalten eine Folge (w k ) k N in H und setzen schließlich u j := w j / w j für jedes j N. Dann ist (u n ) n N nach den Ergebnissen von II. 6.1 eine orthonormale Folge in H mit mit u 1,..., u n = v 1,..., v n für jedes n N. Setzen wir zusätzlich voraus das gilt, so ist wegen auch {u n n N} = H = {v n n N} u 1,..., u n = n=1 v 1,..., v n = {v n n N} n=1 {u n n N} = {v n n N} = H, d.h. (u n ) n N ist dann sogar eine Orthonormalbasis von H. Starten wir beispielsweise mit der Folge v n (x) := x n der Monome im zu Beginn dieses Kapitels eingeführten Prähilbertraum R 2 [ 1, 1], so ergeben sich durch das Gram-Schmidtsche Orthonormalisierungsverfahren bis auf Konstanten die sogenannten Legendre-Polynome p n (x) := 1 d n 2 n n! dx n (x2 1) n, genauer liefert das Orthonormalisierungsverfahren die Folge u n (x) = n + 1 2 p n(x) für jedes n N. Explizit ist (x 2 1) n = ( ) n ( 1) n k x 2k k k=0 17-16

also p n (x) = 1 2 n n! k=[n/2] ( 1) n k ( n k ) (2k)! (2k n)! x2k n. Dies wirklich nachzurechnen ist der Inhalt von Aufgabe (43), und in Aufgabe (42) ist ein weiteres Beispiel zum Gram-Schmidtschen Orthonormalisierungsverfahren. 17-17