Aktuelle Rechtsprechung Zur Sperrungsverpflichtung von Access- Providern Dipl. Jur. Eva Schröder Wissenschaftliche Mitarbeiterin am ITM Forschungsstelle Recht im DFN 1
Zivilgerichtliche Entscheidungen Vier Entscheidungen der Zivilgerichte: LG Kiel (Urteil vom 23.11.2007) LG Düsseldorf (Beschluss vom 19.10.2007) und LG Frankfurt a.m. (Beschluss vom 15.12.2007) sowie OLG Frankfurt a.m. (Beschluss vom 22.01.2008) 2
Sachverhalt Anbieter von Erotikseiten (mit Sitz in Dtl.) verlangten Sperrung des Zugangs zu Konkurrenzangeboten im Internet Grund: Vorhalten jugendgefährdender Inhalte auf Servern der Konkurrenten Ziel: Sperrung der Erotikseiten anderer Anbieter über DNS Server der Beklagten Besonderheit: Vorgehen gegen Internetzugangsprovider 3
Sachverhalt Kläger machten geltend: Verstoß gegen 4 Abs.2 JMStV Anbieter müssen dafür Sorgen, dass nur Erwachsene Zugriff haben Verstoß gegen 184c StGB Verbreitung pornographischer Darstellungen durch Telemedien ohne Sicherung Verstoß gegen Wettbewerbsrecht 3, 4 Nr. 11 UWG: Zuwiderhandlung gg. Vorschrift, die auch Marktverhalten regeln soll 4
Hintergrund der Entscheidungen BGH Entscheidung Über 18.de in Bezug auf Altersverifikationssysteme : effektive Barriere erforderlich einmalige persönliche Identifizierung der Nutzer und Authentifizierung bei jedem Abruf sog. Post-Ident-Verfahren Bereits in einstweiligen Verfügungen gegen Betreiber der Seiten festgestellt: hier nicht ausreichend erfüllt! 5
Verpflichtung von Access-Providern? (1) Warum überhaupt vorgehen gegen Provider? mangelnde Vollstreckbarkeit! (2) Problem: Haftung des Access-Providers grds. nur bei kollusivem Zusammenwirken - 1.Ausnahme (str.): verschuldensunabhängige Unterlassungsansprüche Internetversteigerung I und II (Rolex bei Ebay) - 2. Ausnahme: Sperrungsverpflichtung nach 7 Abs. 2 S. 2 TMG Entfernung und Sperrung nach allg. Gesetzen 6
Tatsächliche (Technische) Möglichkeiten Was ist technisch möglich? 3 Sperrungsmöglichkeiten (1) Sperrung von IP-Adressen P1: teilweise rechtmäßige Inhalte gesperrt P2: Rückgriff auf andere Provider P3: IP-Adressen Wechsel durch Anbieter P4: Anonymisierungsdienste 7
Tatsächliche (Technische) Möglichkeiten (2) Sperrung auf DNS Basis Kein Umwandeln der URL in IP-Adresse P1: Direkteingabe der IP-Adresse P2: Wechsel zu anderem Provider (3) Filterung von Inhalten durch Umschaltung des Datenverkehrs auf Proxyserver P1: extrem aufwändig, langsamer Zugriff P2: Filtersysteme nicht zuverlässig 8
Was sagen die Gerichte? A. Zivilgerichte (1) Wettbewerbsrechtliche Ansprüche (2) Störerhaftung zu (1): Wettbewerbsrechtliche Ansprüche Erfordernis einer Wettbewerbshandlung Förderung des Absatzes von Waren oder Dienstleistungen eines anderen Unternehmens Nein! Zugangverschaffen = inhaltsneutrale Leistung kein stützen auf Generalklausel mangels Wettbewerbshandlung 9
Was sagen die Gerichte? Zu (2):Störerhaftung? - Wettbewerbsrechtliche Besonderheit: zum Teil auch hier Wettbewerbshandlung gefordert Urteil Jugendgefährdende Schriften bei Ebay von Gerichten offen gelassen: mangelt schon an Erfüllung der sonstigen Vor. für Störerhaftung: Störer = Wer in irgendeiner Weise adäquat kausal zur Verletzung eines geschützten Rechtsgutes beiträgt 10
Was sagen die Gerichte? 2 verschiedene Begründungen der Zivilgerichte: (1) LG Frankfurt: keine Verletzungshandlung i.s.d. Störerhaftung fraglich! Adäquat kausaler Beitrag ausreichend Hier: Zugangsverschaffung zu den Inhalten (2) LG Kiel: tatsächliche und rechtliche Möglichkeit zur Störungsbeseitigung erforderlich hier (-) wegen Ineffektivität der Maßnahmen Im Ergebnis daher keine Verpflichtung der Access-Provider zu Sperrung 11
Abgrenzung zu den Verwaltungsgerichten B. Verwaltungsgerichte VG Düsseldorf (Urteil vom 10.05.2005) VG Gelsenkirchen (Urteil vom 28.07.2006) OVG Münster (Beschluss vom 19.03. 2003) u.a. Widerspruch zu Entscheidungen der Zivilgerichte? 12
Abgrenzung zu den Verwaltungsgerichten Sachverhalt: - Sperrungsverfügungen der Düsseldorfer Bezirksregierung 2002 und 2003: Verfügung der Bezirksregierung: Verpflichtung von Access-Providern zur Sperrung von Internetangeboten mit rechtsradikalen Inhalten Juristische Besonderheit: - Polizeifestigkeit der Presse: Präventive Polizeimaßnahmen unzulässig! Internetangebote dauerhaft Printmedien 13
Abgrenzung zu den Verwaltungsgerichten - Letztlich auch hier Abstellen der Gerichte auf tatsächliche Möglichkeit zur Sperrung - Aber: Nicht Störerhaftung sondern VHM sind Sperrungsverpflichtungen geeignet, erforderlich und angemessen? Abwägung der Bedeutung der zu schützenden Rechtsgüter mit Nachteilen der Sperrung Entscheidung der Verwaltungsgerichte: Sperrungsverpflichtung zulässig, weil Zugriff hierdurch erschwert und Sperrung technisch machbar! 14
Schlussbemerkungen Fazit: - Bei Zivilgerichten standen wettbewerbsrechtliche Ansprüche im Vordergrund scheitern mangels Wettbewerbshandlung - Nur LG Kiel befasst sich mit tatsächlicher Möglichkeit der Sperrung im Rahmen der Störerhaftung bisher keine generelle Aussage über Zulässigkeit von Sperrungsverpflichtungen! Abwarten der Berufungs- und Hauptsacheentscheidungen der Zivilgerichte Danke für Ihre Aufmerksamkeit! 15