Juristisches Repetitorium Würzburg - Erlangen - Bayreuth - Regensburg - München - Passau - Augsburg Frankfurt/M. - Bochum - Konstanz - Heidelberg - Freiburg - Mainz - Berlin - Bonn Köln - Göttingen - Tübingen - Münster - Hamburg - Osnabrück - Gießen - Potsdam Hannover - Kiel - Dresden - Marburg - Trier - Jena - Leipzig - Saarbrücken Bremen - Halle - Rostock - Greifswald - Frankfurt/O. - Bielefeld - Mannheim Lösungen der Vertiefungsfragen im Staatshaftungsrecht FALL 1 - VERTIEFUNGSFRAGEN 1. Welche Voraussetzungen hat der Aufopferungsanspruch? 2. Nennen Sie die Voraussetzungen des enteignungsgleichen Eingriffs! 3. Was sind die Voraussetzungen des enteignenden Eingriffs? zu Fragen 1-3: Vgl. Übersicht 3 4. Gibt es ein Staatshaftungsgesetz? Ja, in den neuen Ländern gilt zum Teil das StHG-DDR bis zu einer Neuregelung fort. Das westdeutsche StHG von 1981 wurde vom BVerfG mangels Gesetzgebungskompetenz für nichtig erklärt. 1994 wurde das Staatshaftungsrecht in den Katalog von Art. 74 (Nr. 25) GG aufgenommen, so daß der Bundesgesetzgeber ein neues StHG erlassen könnte. Vgl. Schwerdtfeger Rn. 304, 358. FALL 2 - VERTIEFUNGSFRAGEN 1. Worin gleichen sich die Haftung aus verwaltungsrechtlichem Schuldverhältnis und die Amtshaftung? Beide setzen Verschulden voraus und sind auf Geldleistung gerichtet. 2. Wie lautet der zweite Pfeiler des Systems des geltenden Staatshaftungsrechts? Die beiden Pfeiler : Amtshaftung und Aufopferung i.w.s. 3. Gibt es Staatshaftung für schuldlos begangenes Unrecht? Ja, Ansprüche aus Aufopferung i.e.s., enteignendem Eingriff und enteignungsgleichem Eingriff setzen kein Verschulden voraus. Gleiches gilt auch für Ansprüche aus dem Polizei- und Ordnungsrecht ( 39 OBG) Systematische Fragen zu den Schadensersatzansprüchen 1. An welche Schadensersatzansprüche ist im Staatshaftungsrecht neben dem Amtshaftungsanspruch zu denken? Verwaltungsrechtl. Schuldverhältnisse, zivilrechtliche, schuldrechtliche Haftung, Haftung aus 823 ff. BGB. Nicht: EgleE oder EgE, da hier Entschädigung (!) gewährt wird. 2. Welche Voraussetzungen hat der Anspruch aus 839, Art. 34 GG? Handeln eines Amtswalters in Ausübung eines öffentlichen Amtes Amtspflichtverletzung Drittbezogenheit der Amtspflicht Verschulden Verursachung des Schadens 3. Wer ist jemand im Sinne dieser Vorschriften? Der statusrechtliche Beamtenbegriff - der 839 BGB zugrunde liegt -, erfährt durch Art. 34 S. 1 GG eine Ausweitung zum haftungsrechtlichen Beamtenbegriff. Darunter fallen Angehörige des öffentlichen Dienstes: Beamte, Angestellte, Arbeiter, Richter, Soldaten, Zivildienstleistende. Auch Beliehene und Verwaltungshelfer fallen darunter. Str. ist die Amtshaftung für Private, vgl. Lösung Fall 2.
Juristisches Repetitorium Staatshaftungsrecht - WuV-Lösungen Seite 2 4. Wann liegt eine Amtspflicht vor? Weit zu verstehen: persönliche Verhaltenspflicht des Amtswalters hinsichtlich seiner Amtsführung. Z. B. Pflicht zu rechtmäßigem Handeln, Pflicht zu unverzüglicher Sachentscheidung, Pflicht zur Unterlassung unerlaubter Handlungen, etc. Vgl. Windthorst/Sproll 7 Rn. 63 ff. 5. Wann ist diese drittbezogen? Wenn die Amtspflicht nicht allein im Interesse der Allgemeinheit besteht, sondern zumindest auch schutzwürdige Belange eines abgrenzbaren Personenkreises, zu dem der Geschädigte gehört, zu schützen bezweckt. 6. Was ist unter Verschulden bei 839 BGB zu verstehen? Vorsatz und Fahrlässigkeit. Maßstab ist der (S) pflichtgetreue Durchschnittsbeamte. 7. Wer ist Anspruchsgegner eines Amthaftungsanspruchs? str. H. M: Anvertrauenstheorie. Danach haftet der Teil des Staates, der dem Amtswalter das Amt anvertraut hat, bei dessen Ausübung er amtspflichtwidrig gehandelt hat. A.A.: Anstellungstheorie. A.A.: Funktionstheorie. Vgl. Windthorst/Sproll 9 Rn. 6 ff. 8. Wie wird bei zivilrechtlicher Tätigkeit des Staates gehaftet? Nach bürgerlichem Recht: Etwa aus zivilrechtlichem Vertrag, zivilrechtlicher GoA oder auch allg. Deliktsrecht: Deliktische Haftung Öffentlich-rechtl. Handeln Haftung des Staates: 839 BGB, Art. 34 GG Haftung des Amtswalters: (-),allenfalls Regreß Privatrechtl. Handeln Haftung des Staates: 823 ff ivm 31,89 oder 831 Haftung des Amtswalters: Beamte: 839, aber 839 I 2, Verweisung an Staat Andere Bedienstete: 823 9. Welche Ausnahmen bestehen vom Grundsatz Keine Haftung für legislatives / normatives Unrecht? Zur Amtshaftung: Da Gesetze, Rechtsverordnungen und Satzungen grundsätzlich abstrakt-generell abgefaßt sind, fehlt es typischerweise an einer Drittbezogenheit der Amtspflicht. Daher gibt es o. a. Grundsatz. Bei der Amtshaftung werden klausurrelevant Ausnahmen gemacht, soweit es sich um B-Pläne (vgl. Fall 4) oder Einzelfallgesetze handelt. Examensrelevant ist auch die Amtshaftung bei unterbliebener Umsetzung einer EU- Richtlinie, vgl. Lösung Fall 2. Zum Enteignungsgleichen Eingriff: Bei legislativem Unrecht lehnt der BGH den Egl. E ab, da sonst einen Flächenbrand der Staatsfinanzen fürchtet und das Budgetrecht des Parlaments gefährdet sieht (GWT). Bei normativem Unrecht wird in Einzelfällen eine Haftung aus Egl. E für zulässig erachtet. FALL 3 - VERTIEFUNGSFRAGEN 1. Welche Bedeutung hat der enteigungsgleiche Eingriff im Haftungssystem? Er schließt eine Lücke, die der Amtshaftungsanspruch läßt, da kein Verschulden gefordert wird. 2. Worin findet der enteignungsgleiche Eingriff seine Rechtsgrundlage? Nicht mehr in Art. 14 III GG analog, sondern in Anlehnung an 74, 75 Ein PreußALR gewohnheitsrechtlich anerkannt, vgl. Fall 1.
Juristisches Repetitorium Staatshaftungsrecht - WuV-Lösungen Seite 3 Systematische Fragen zu Ansprüchen Bürger gegen Staat im Gleichordnungsverhältnis 1. Was ist Fiskalprivatrecht und Verwaltungsprivatrecht? Verwaltungsprivatrecht: Der Staat erfüllt seine Aufgaben in privat-rechtlicher Form. Fiskalprivatrecht: Der Staat handelt privat-rechtlich um mittelbar die Erfüllung öffentlicher Aufgaben zu fördern, vgl. Fall 1 VwR AT. 2. Gibt es öffentlich-rechtlich Analogien zum bürgerlichen Recht? Z. B. GoA, Erstattungsanspruch. Str. ob dies Analogien darstellen oder ob es sich dabei um allg. Rechtsgrundsätze handelt, so Schwerdtfeger Rn. 226. Systematische Fragen zu Erfüllungsansprüchen 1. Aus welchen Rechtsgrundlagen können sich Erfüllungsansprüche im Verhältnis Staat/ Bürger ergeben? Unmittelbar aus dem Gesetz, kraft Bewilligung (VA, Leistungsbescheid), aus zivilrechtlichem oder öffentlich-rechtlichem Vertrag, aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung und aus GoA. 2. Welches Prüfungsschema gibt es für Erfüllungsansprüche kraft Bewilligung? Liegt ein VA (= Leistungsbescheid) vor? Ist dieser wirksam? Sind die Voraussetzung des Leistungsbescheides im vorliegenden Fall gegeben? 3. Was ist eine Zusicherung? Vgl. Vertiefungsfragen zum VwR AT, Frage 1. 4. Braucht ein begünstigender Verwaltungsakt eine Ermächtigungsgrundlage? Str. VorbeHalt des Gesetzes und Leistungsverwaltung, vgl. Fall 4 VwR AT. 5. Erläutern Sie die Zwei-Stufen-Theorie bei Subventionen! Vgl. VwR AT Fall 4. 6. Nennen Sie die Voraussetzungen der öffentlich-rechtlichen Verwahrung! Eine Behörde hat bewegliche Sachen zur Aufbewahrung für eine Privatperson kraft öffentlichen Rechts in Besitz, z. B. Sicherstellung. 7. Nennen Sie die Voraussetzungen der öffentlich-rechtlichen GoA! vgl. Voraussetzungen der zivilrechtlichen GoA. Allg. Anerkannt falls Private öffentliche Aufgaben für Verwaltungsträger erfüllen. Streitig und nicht allg. anerkannt für den Fall das ein Verwaltungsträger für einen Privaten tätig wird, dazu lesen (!): Windthorst/Sproll 5 Rn. 4 ff.
Juristisches Repetitorium Staatshaftungsrecht - WuV-Lösungen Seite 4 FALL 4 - VERTIEFUNGSFRAGEN Systematische Fragen zu Erstattungsansprüchen 1. Benennen Sie Anspruchsgrundlagen, mit denen der Staat vom Bürger Erstattung von erbrachten Leistungen verlangen kann. 49 a VwVfG;; 87 II BBG;; 12 II BBesG;; 52 II BeamtVG. 2. Geben Sie ein Prüfungsschema für solche Rückforderungsfälle an. RM des RückforderungsVA a. RGL des VA b. Formelle RM c. Materielle RM Wirksamkeit der Aufhebung des ursprünglichen Zuwendungsbescheides ggf. gem. 48, 49 VwVfG => hier ggf. inzidente Prüfung der RM des UrsprungsVA 3. Was ist unter dem ungeschriebenen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch zu verstehen? Eine Analogie zu 812 ff BGB, die neben den o. a. Regelungen nur geringe Relevanz hat. Systematische Fragen zu Entschädigungsansprüchen 1. Wie grenzen Sie Aufopferung und Ansprüche aus enteignungsgleichem / enteignendem Eingriff voneinander ab? s.o. vgl. Fall 1, Fragen 1 bis 3 2. Nennen Sie spezialgesetzliche Entschädigungsansprüche. In welchem Verhältnis stehen diese zu den gewohnheitsrechtlich anerkannten Ansprüchen auf Entschädigung? 39 OBG;; 85 BauGB;; 51 ff BSeuchG;; 42 BImSchG. Sie gehen den gewohnheitsrechtlich anerkannten Ansprüchen vor. 3. Umfaßt der Aufopferungsanspruch auch Schmerzensgeld? früher umstritten, mittlerweile wird dies bejaht von h.l. und BGH, vgl. Lösung 3. 4. Warum kann der enteignungsgleiche Eingriff nicht mehr auf Art. 14 III GG gestützt werden? vgl. Fall 1 Lösung 5. Warum gewährt der Anspruch aus enteignungsgleichem Eingriff keinen Entschädigungsanspruch bei legislativem / normativem Unrecht? s. o. Fall 2 Frage 9 6. Welches Problem kann sich ergeben, wenn der Gesetzgeber es bei einer Inhalts- und Schrankenbestimmung versäumt, trotz eintretender unzumutbarer Eigentumsbeeinträchtigungen eine Ausnahmeklausel oder ausgleichspflichtige Inhaltsbestimmung einzuführen? Dulde und liquidiere gilt nicht mehr, so daß der Bürger gezwungen ist, Primärrechtsschutz gegen die schadensbringende Maßnahme zu erheben, vgl. Fall 1 Lösung zur Variante 3.
Juristisches Repetitorium Staatshaftungsrecht - WuV-Lösungen Seite 5 FALL 5 - VERTIEFUNGSFRAGEN 1. Wie läßt sich hinsichtlich Anknüpfungspunkt und Rechtsfolge der Folgenbeseitigungsanspruch von Schadensersatz oder Entschädigungsansprüchen abgrenzen? a. Anknüpfungspunkt FBA: rechtswidriger Zustand Anknüpfungspunkt Schadens-/Entschädigungsanspruch: idr rechtswidrige Handlung b. Rechtsfolge FBA: Folgenbeseitigung, grds. keine Geldleistung Rechtsfolge Schadens-/Entschädigungsanspruch: Geldleistung 2. Welches Institut im Recht der staatlichen Ersatzleistungen ähnelt dem Folgenbeseitigungsanspruch? Wo liegen die Unterschiede? Der FBA ist eng mit dem Unterlassungsanspruch verwandt: Bei beiden Ansprüchen ist die RGL streitig (Grundrechte, Rechtsstaatsprinzip oder 1004 BGB analog), der Streit kann jedoch dahinstehen, da beide Ansprüche gewohnheitsrechtlich anerkannt sind. FBA Unterlassungsanspruch hoheitl. Eingriff hoheitl. Eingriff droht oder Wdh. droht in ein subjektives Recht in ein subjektives Recht dadurch rw Zustand, der andauert keine Duldungspflicht beim Bürger Wiederherstellung möglich, zulässig, zumutbar - 254 analog ggf. 254 analog Keine unzulässige Rechtsausübung ggf.: Keine unzulässige Rechtsausübung Die Gemeinsamkeiten ergeben sich aus der Tabelle. Der Unterschied besteht im wesentlichen in der Rechtsfolge: Während der FBA zur Forderung der Beseitigung der eingetretenen Folgen von vergangenem Tun berechtigt, berechtigt der Unterlassungsanspruch, das Unterlassen zukünftigen Tuns zu verlangen. 3. Nennen Sie die Voraussetzungen des öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruchs. s.o. Fall 5 - Frage 2