Beteiligungslehre II. PD Dr. Peter Rackow Wintersemester 2008 / 2009

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Transkript:

Beteiligungslehre II PD Dr. Peter Rackow Wintersemester 2008 / 2009

Täterschaft - 25 Abs. 1 Alt. 1-25 Abs. 2 (Mittäterschaft) - 25 Abs. 1 Alt. 2 (mittelbare Täterschaft) Begehung der Tat durch einen anderen => Hintermann bedient sich eines Werkzeugs.

25 Abs. 1 Alt. 2 (mittelbare Täterschaft) Die mittelbare Täterschaft des Hintermanns ausdrückende Unterlegenheit des Werkzeugs kann vorliegen bei: (1) objekt Tatbestandslosigkeit des Handelns des Werkzeugs (P) mittelbare Täterschaft des Hintermannes (straflose) Teilnahme an tatbestandloser Selbstschädigung (2) Unvorsätzlichkeit des Werkzeughandelns / Fehlen einer spez Absicht beim Werkzeug (3) Rechtmäßigkeit des (tatbestandsmäßigen) Werkzeughandelns (4) Schuldlosigkeit des Werkzeughandelns

25 Abs. 1 Alt. 2 (mittelbare Täterschaft) Charakteristisch für mittelbare Täterschaft also: Strafbarkeitsmangel beim Werkzeug. Darüber hinaus anerkannt: Täter hinter dem Täter. - Irrtum, insbes Katzenkönig-Fall (BGHSt 35, 347) (P) Vermittelt ein vermeidbarer Verbotsirrtum Tatherrschaft des Hintermanns? - Organisationsherrschaft ( Fungibilität )

25 Abs. 1 Alt. 2 (mittelbare Täterschaft) (P) Irrtum über täterschaftsbegründende Umstände Var 1: Arzt A übergibt der nur vermeintlich gutgläubigen Schwester S eine überdosierte Spritze. Patient P stirbt. -> A handelte mit Täterwillen aber ohne Tatherrschaft Überwiegend wird Anstiftung angenommen, da der Anstifter- im Tätervorsatz enthalten sei.

25 Abs. 1 Alt. 2 (mittelbare Täterschaft) (P) Irrtum über täterschaftsbegründende Umstände Var 2: Arzt A gibt der nur vermeintlich bösgläubigen Schwester S eine überdosierte Spritze. Patient P stirbt infolge unvorsätzlichen Handelns der S. -> A handelte ohne Täterwillen und ohne Vorsatz bzgl der Tatherrschaft; Strafbarkeit wg versuchter Anstiftung ( 30 I)!

25 Abs. 1 Alt. 2 (mittelbare Täterschaft) (P) Objektsverwechslung Arzt A beauftragt die gutgläubige Schwester S, dem Patienten X eine überdosierte Spritze zu setzen. S verwechselt die Zimmer und tötet Y. hm: aberratio ictus (nicht anders als hätte A ein mechanisches Werkzeug gebraucht) aa: Behandlung wie eigener error, wenn Individualisierung dem Werkzeug überlassen war

25 Abs. 1 Alt. 2 (mittelbare Täterschaft) (P) Versuchsbeginn bei mittelbarer Täterschaft Bsp (BGHSt 30, 363): T beauftragt W damit, den O zu überfallen. W soll O ein angeblich harmloses Schlafmittel beibringen. Tatsächlich handelt es sich um tödliches Gift. W erkennt dies auf der (längeren) Fahrt zum Tatort und führt den Überfall nicht durch. - Gesamtlösung: (auch) T hätte die Versuchsschwelle erst mit dem Ansetzen des W überschritten. - Einzellösung: das Ansetzen des T liegt in der Einwirkung auf den W. - hm: unmittelbares Ansetzen des Werkzeugs o Entlassen des Geschehensablaufs aus der Hand des Hintermanns, der dadurch das Rechtsgut ohne wesentliche Zwischenschritte / längeren Zeitverzug bereits angegriffen sieht.

Teilnahme (P) Strafgrund der Teilnahme - Schuldteilnahmetheorie => 29; bspw Haftung für Anstiftung eines geisteskranken Amtsträgers (+) - Theorie des selbständigen Rechtsgutsangriffs => Suizidteilnahme wäre strafbar - Verursachungstheorie => Teilnahme an Taten gegen eigene RGüter wäre strafbar - Th. des selbständigen akzessorischen Rechtsgutsangriffs

28 StGB Bsp 1: A stiftet Richter R zur Rechtsbeugung an. Richtereigenschaft ist besonderes persönliches Merkmal, das strafbegründend wirkt. R = 339. A = 339, 26, 28 I => 49.

28 StGB Bsp 2: A stiftet einen Polizisten dazu an, den O zu schlagen. Amtsträgereigenschaft ist besonderes persönliches Merkmal, das strafschärfend wirkt. P = 340. A = 223, 26, 28 II.

28 StGB (P) Abgrenzung der besonderen von sonstigen persönlichen Merkmalen - Tatbezogene täterbezogene Merkmale - Rechtsgutsbezogenheit des Merkmals - Besond persönl Merkmale kann man sich nicht mittäterschaftlich zurechnen lassen - Unwertgefälle

26 (Anstiftung) Aufbau (nach Wessels/Beulke AT Rn 885): I. Objektiver Tatbestand 1. vorsätzlich begangene rechtswidrige Tat 2. Bestimmen II. Subjektiver Tatbestand 1. Vorsatz bzgl (vollendeter) Haupttat 2. Vorsatz bzgl des Bestimmens

26 (Anstiftung) (P) Was ist ein Bestimmen isd 26? Anstiftung durch Liegenlassen eines 50 Scheins? - Jedes Verursachen des Tatentschlusses - Kommunikative Beeinflussung des Täters - Kollusion

26 (Anstiftung) (P) Was ist ein Bestimmen isd 26? (P) omnimodo facturus => 30 I bzw 27 (psychische Beihilfe) => Umstiftung / Abstiftung / Aufstiftung

26 (Anstiftung) (P) Was ist ein Bestimmen isd 26? (P) omnimodo facturus (P) agent provocateur A stiftet X zu einem Einbruch an, um ihn beim Verlassen des Gebäudes festnehmen lassen zu können. - Lehre von der Rechtsgutsgefährdungsgrenze - Lehre von der formellen Vollendungsgrenze - Lehre von der materiellen Vollendungsgrenze

26 (Anstiftung) (P) Was ist ein Bestimmen isd 26? (P) omnimodo facturus (P) agent provocateur (P) Wie wirkt ein error des Angestifteten? BGHSt 37, 214: Bauer B beschreibt dem T seinen Sohn, damit T diesen tötet. T wartet im Pferdestall und tötet den zufällig auftauchenden Nachbarn N, der S ähnlich sieht.

26 (Anstiftung) (P) Was ist ein Bestimmen isd 26? (P) omnimodo facturus (P) agent provocateur (P) Wie wirkt ein error des Angestifteten? - Unbeachtlichkeit des errors für den Anstifter - Entscheidend, ob sich der error für den Anstifter als wesentliche Abweichung darstellt - Aberratio ictus