Österreichische Empfehlung zur Therapie des Kryptorchismus Klaus Kapelari Universitätsklinik für Kinder- u. Jugendheilkunde, Innsbruck Arbeitsgruppe Pädiatrische Endokrinologie und Diabetologie Der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde Josef Oswald Universitätsklinik für Urologie, Innsbruck
Allgemine Zahlen zum Maldeszensus testis Etwa 3 % aller männlichen NG Bei Frühgeborenen etwa 10-fach höher Bei 75 90% einseitig (davon 55% rechts); 10 25 % beidseitig Spontandeszensus je nach Literatur zwischen 6.9% und 40% bis zum Alter von 1 Jahr Bis zu 50% davon bis zum 3. LM (Mini-Pubertät?) Am Ende des 1. LJ noch 0,8 1% mit Hodenhochstand Etwa ¼ erleiden ein Rezidiv
Definition Unvollständiger oder fehlender Deszensus mit einer Inzidenz von ca. 3 % postpartum, bei Frühgeborenen signifikant häufiger (ca. 10-fach): echter Leistenhoden: in der Leiste gelegen Gleithoden: nach skrotal ausstreifbar, jedoch sofort wieder nach proximal retrahierend Pendelhoden: abwechselnd im Leistenkanal und/oder äußeren Leistenring oder Skrotum liegend echter Kryptorchismus: präoperativ nicht zu diagnostizieren: potentieller Abdominalhoden DD vanishing testis (Atrophie nach praepartaler Torsion)
Zeitpunkt der Diagnostik Postpartum durch den Geburtshelfer anschließend durch den Kinderfacharzt/Hausarzt im ersten Lebensjahr Spontandeszensusrate in den ersten 12 Lebensmonaten je nach Literatur zwischen 6.9% und 40 % Kritischer Zeitpunkt: Untersuchung 3 im Mutter-Kind-Pass (3. 5. LM) Untersuchung 4 im Mutter-Kind-Pass (7. 9 LM)
Untersuchungen Inspektion: Beurteilung der Skrotalplatte Asymmetrie = Ausdruck eines Hodenhochstandes Palpation: ev. mit US-Gel, zusätzlich ev. im Schneidersitz, ektope Lage z. B. epifascial hochgeschlagen = Leistenhoden, seltene ektope Lagen: femoral, perineal, penil Sonografie: dient der Diagnostik eines potentiell vergrößerten Einzelhodens (kompensatorische Hypertrophie bei vanishing testis ) wie der Diagnostik eines Leistenhodens vor allem bei adipösen Kindern, bei erfahrenen Untersuchern auch Abdominalhoden darstellbar (hochauflösende Schallköpfe nötig)
Weitere Diagnostik Bei beidseitigem Kryptorchismus: diagnostische Laparoskopie, eventuell auch bei einseitigem Kryptorchismus mit fehlender kontralateraler Hypertrophie (definiert als > 1,8 cm Längsdurchmesser in 90 % Monorchie) Nicht indiziert: CT oder MR
Labordiagnostik Bei Pendelhoden, Gleithoden, und einseitigem Leistenhoden/Kryptorchismus ohne begleitende Fehlbildungen ist eine endokrinologische Labordiagnostik nicht erforderlich Bei beidseitigem nicht palpablen Hoden und/oder intersexuellem Genitale/Hypospadie endokrinologische Abklärung in Zusammenarbeit mit einem pädiatrischen Endokrinologen
Labordiagnostik Klinischer bzw. bildgebender Befund Pendelhoden, Gleithoden, und einseitiger Leistenhoden/Kryptorchismus ohne begleitende Fehlbildungen Labordiagnostik Keine Beidseitiger Kryptorchismus/Leistenhoden und jeder Hodenhochstand mit assoziierten genitalen Fehlbildungen Endokrinologische Abklärung während Minipubertät LH, FSH, Testosteron Inhibin B, AMH Chromosomen ev. Steroidprofil (ev. hcg Stimulation) Beidseitiger Kryptorchismus/Leistenhoden und jeder Hodenhochstand mit assoziierten nicht-genitalen Fehlbildungen Chromosomen Genetik
Behandlungsindikation des Hodenhochstand Ektop Suprascrotal/Präscrotal Abdominell/kryptorch Inguinal Therapie Hoch scrotal Tief scrotal
Hormonelle Therapie der Hodenhochstands Sie soll den Descensus des retinierten Hodens anregen und damit möglicherweise die Operation ersparen (Erfolgsrate bis zu 20%) Präoperativen Priming der Gonozyten mit Erhöhung der Transformationsraten zu adulten Spermatogonien. Sie soll somit die Keimzellreifung und -proliferation stimulieren und damit zur Verbesserung der Fertilitätschancen beitragen. Parakrine Androgensekretion Erleichterte Orchidopexie? GnRH-Nasenspray (Kryptocur ) 3 x 2 Hübe für 4 Wochen. Nicht indiziert: HCG-Therapie (potentielle Gonozytenschädigung)
Chrirugische Therapie der Hodenhochstands Zeitpunkt: Um das 1. Lebensjahr Orchidopexie und Funikulyse nach Shoemaker bei Abdominalhoden: primäre Gefäßdurchtrennung (Fowler-Stephens I), nach 6 Monaten inguinale Orchidopexie (Fowler-Stephens II). Bei Monorchie: inguinale Exploration mit Entfernung von Hodenparenchymresten (nubbin) aus psychologischen Gründen Empfehlung zur Implantation einer Hodenprothese peripubertär.
Zeitliche Abfolge beim Hodenhochstand Abwarten regelmäßige Kontrollen im Rahmen der Mutter-Kind-Pass Untersuchungen Zeitfenster für präoperative (neoadjuvante) Hormontherapie mit GnRH Nasenspray Operation durchgeführt Geburt 3 Monate 6 Monate 9 Monate 12 Monate Bis zum Ende des ersten Lebensjahres sollte die Behandlung abgeschlossen sein.
Anamnese und klinische Untersuchung in entspannter Atmosphäre 4.-6. LM Pendelhoden Gleithoden einseitig beidseitig engmaschige klinische Kontrollen Pädiatrische Endokrinologie GnRH intranasal GnRH intranasal Sekundärer Aszensus Orchidopexie Orchidopexie Ende 1. LJ GnRH intranasal ev. GnRH intranasal? Orchidopexie Pubertät
Anamnese und klinische Untersuchung in entspannter Atmosphäre 4.-6. LM Leistenhoden Sonografie zur Lokalisation Kryptorchismus Sonografie zur Lokalisation Äußerer Leistenring Hernia inguinalis Ektopie einseitig beidseitig Isoliert + genitale Fehlbildung + assoziierte Fehlbildung Pädiatrische Endokrinologie Hormondefekte Karyogramm GnRH intranasal Orchidopexie und bei Monorchie ev. Entfernung von nubbin Ende 1. LJ