Die Schutzschranke des 23 Nr. 2 MarkenG. Von Rechtsanwalt Ulrich Preußer, Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz, Bonn



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Transkript:

Die Schutzschranke des 23 Nr. 2 MarkenG Von Rechtsanwalt Ulrich Preußer, Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz, Bonn 1. Einleitung Eine Monopolisierung beschreibender Angaben für Waren und Dienstleistungen stellt ein Hindernis für den freien und fairen Wettbewerb dar. Der Gesetzgeber schließt deshalb mit dem in 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG normierten absoluten Schutzhindernis beschreibende Angaben vom Markenschutz aus. Eine Ausnahme gilt für solche beschreibenden Angaben, die sich gemäß 8 Abs. 3 MarkenG in den beteiligten Verkehrskreisen für den Markenanwender durchgesetzt haben. Das Schutzhindernis des 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG kann jedoch nur unmittelbar beschreibenden Zeichen und Angaben entgegengehalten werden. Wird eine beschreibende Angabe nur angedeutet und ist erst aufgrund gedanklicher Schlussfolgerungen erkennbar, steht das Schutzhindernis des 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG der Eintragung regelmäßig nicht entgegen. 1 Auch Abwandlungen beschreibender Angaben können nicht gemäß 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen werden. 2 Schließlich ist das Prüfverfahren bei Markenanmeldungen ein Massengeschäft, sodass Fehleintragungen, die zu Unrecht das Schutzhindernis des 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG umgangen haben, nicht ausgeschlossen werden können. Gerade Abwandlungen beschreibender Angaben sind häufig mit der entsprechenden beschreibenden Angabe verwechslungsfähig, sodass allein das Schutzhindernis des 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG kein ausreichendes Bollwerk gegen den freien Wettbewerb behindernde Monopolisierungsbestrebungen darstellt. Hier greift die Schutzschranke des 23 Nr. 2 MarkenG als Flankenschutz des Freihaltebedürfnisses für beschreibende Angaben ein 3. 1. Stroebele/Hacker, 8, Rdn. 251 2. Stroebele/Hacker, 8, Rdn. 343 3 Ingerl-Rohnke, 23, Rdn. 52

2 2. Die Bedeutung der Schutzschranke des 23 Nr. 2 MarkenG in der Rechtsprechung des BGH und des EuGH a) Restriktive Auslegung des 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG Der BGH hatte in den ersten Jahren seiner Rechtsprechung zum MarkenG die Schutzschranke des 23 Nr. 2 MarkenG als Argument für sein Postulat nach restriktiver Auslegung des Schutzhindernisses des 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG interpretiert. 4 Nachdem der EuGH jedoch klar gestellt hatte, dass Artikel 6 Abs. 1 lit. b MRRL (entspricht 23 Nr. 2 MarkenG) keinen ausschlaggebenden Einfluss auf die Auslegung des Artikel 3 Abs. 1 lit. c MRRL (entspricht 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) hat 5 ist der BGH von seiner eine großzügigere Eintragungspraxis frei zeichnenden Rechtsprechung abgerückt. 6 b) Voraussetzungen des Eingreifens der Schutzschranke Die instanzgerichtliche Rechtsprechung hat lange Zeit praktisch einmütig die Vorschrift des 23 Nr. 2 MarkenG bei kennzeichenmäßigem Gebrauch für unanwendbar gehalten oder sah die kennzeichenmäßige Verwendung einer fremden Marke im Regelfall als sittenwidrig im Sinne des letzten Halbsatzes von 23 MarkenG an. 7 Nachdem insoweit durch den EuGH 8 klar gestellt ist, dass eine Markenverletzung nur bei markenmäßigem Gebrauch des angegriffenen Zeichens vorliegt, betrifft die Schutzschranke des 23 Nr. 2 MarkenG von vorneherein nur Fälle markenmäßiger Verwendung, da anderenfalls eine Freistellung einer dann nicht markenverletzenden Benutzung durch eine zusätzliche Schutzschranke überflüssig wäre. 9 Ausschließlich dann, wenn eine für einen Dritten als Marke geschützte Bezeichnung wie eine Marke vom Verletzer verwendet wird, ist dessen Einwendung der zugleich beschreibenden Verwendung anhand der Schutzschranke des 23 Nr. 2 MarkenG zu prüfen. 4 BGH, GRUR 1998, 465, 467 Bonus ; GRUR 1999, 988, 990, House of Blues ; GRUR 1997, 627, 628 a la Carte 5 EuGH, GRUR 1999, 723 Chiemsee 6 BGH, GRUR 2000, 882, 883 Bücher für eine bessere Welt 7 OLG Hamburg, GRUR 1996, 982. 983 Für Kinder ; OLG Nürnberg, GRUR 1996, 206, 207 Leitungsrohre ; OLG Stuttgart, WRP 1996, 634, 637 Baggerparty 8 EuGH, GRUR 2004, 234, 235 Gerolsteiner/Putsch 9 Stroebele/Hacker, 23 Nr. 52; Ingerl-Rohnke, 23, Rdn. 56

3 3. Beschreibende Angabe im Sinne von 23 Nr. 2 MarkenG Der Begriff der beschreibenden Angabe im Sinne von 23 Nr. 2 MarkenG stimmt im Wesentlichen mit dem Schutzausschließungsgrund des 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG überein. 10 Die Angabe muss dementsprechend einen unmittelbaren Produktbezug aufweisen, wobei es nicht darauf ankommt, ob der Bezug sich auf eine Haupt- oder Nebeneigenschaft des Produktes oder der Dienstleistung darstellt. 11 Umstritten ist, ob 23 Nr. 2 MarkenG auch die Verwendung der Marke als beschreibender Bestandteil einer Gesamtkennzeichnung aus mehreren Elementen umfasst. Zum Teil wird vertreten, dass in einem solchen Fall der Anwendungsbereich des 23 Nr. 2 MarkenG nicht eröffnet sei, sondern vielmehr bei Ähnlichkeit des rechtsverletzenden Gesamtzeichens eine Markenverletzung vorliege. 12 Nach richtiger Ansicht ist hingegen 23 Nr. 2 MarkenG auch bei Aufnahme der fremden Marke als beschreibender Bestandteil in eine Gesamtkennzeichnung anwendbar, wenn der übernommene Zeichenbestandteil trotz Verbindung und Verwendung mit kennzeichnungskräftigen anderen Elementen aufgrund besonderer Umstände vom Verkehr noch als eigenständige beschreibende Angabe gesehen wird. 13 Entsprechendes gilt, wenn die übernommene beschreibende Angabe mit einer anderen beschreibenden Angabe kombiniert wird. In diesem Falle wird keines der beschreibenden Elemente selbständig kennzeichnende Bedeutung haben, sodass auch kein selbständig kennzeichnender Gesamteindruck entstehen kann. 14 Beliebt ist in diesem Zusammenhang auch die Anmeldung beschreibender Angaben unter Hinzufügung eines S, die als Abwandlung einer beschreibenden Angabe nicht dem Eintragungshindernis des 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG unterfällt und deren nachträgliche Zusammenführung mit einer weiteren beschreibenden Angabe, um gegen die beschreibende Verwendung dieser zusammen gesetzten Angabe für ein Konkurrenzprodukt vorgehen zu können (Beispiele: Anmeldung der Marke Missions und die Verwendung innerhalb eines Missionssparkontos, das das übliche Bankprodukt Sparkonto mit dem Zweck der Missionsförderung verbindet, oder Anmeldung der Marke Frühlings, um daraus gegen die 10 Stroebele/Hacker, 23, Rdn. 57 11 EuGH, GRUR 2004, 674, 679 Postkantoor ; Stroebele/Hacker, 8, Rdn. 244; unzutreffend dagegen LG Köln, Urteil vom 14.06.2007 31 O 1024/06, das die Beschreibung eines Hauptmerkmals als Voraussetzung für die Freistellung nach 23 Nr. 2 MarkenG annimmt. 12 Stroebele/Hacker, 23, Rdn. 55 13 Ingerl-Rohnke, 23, Rdn. 71; BGH GRUR 2008, 798 Post/Die Neue Post 14 BGH, GRUR 2003, 1040, 1044 Kinder I : Weder Schokolade noch Kinder haben im Wort Kinderschokolade selbständig kennzeichnende Bedeutung.

4 Benutzung der Bezeichnung Frühlingsangebot vorgehen zu können. In diesen Fällen liegt eine gemäß 23 Nr. 2 MarkenG freigestellte Benutzung der Marke Missions bzw. Frühlings durch die Begriffe Missionssparkonto oder Frühlingsangebot vor, denn es kann nicht zweifelhaft sein, dass die Kombinationsbezeichnungen insgesamt beschreibende Angaben sind. 4. Anwendungsbereich des 23 Abs. 2. MarkenG Der Anwendungsbereich des 23 Nr. 2 MarkenG betrifft daher die Fälle, der Benutzung einer beschreibenden Angabe, deren damit verwechselungsfähige Abwandlung wegen Nichteingreifens des Eintragungshindernisses des 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG eingetragen ist; 15 von Ansprüchen aus Kombinationsmarken, die eine beschreibende Angabe als eine von mehreren Bestandteilen enthalten; 16 von Ansprüchen aus Marken, die zwar nicht die von ihr erfassten Waren/Dienstleistungen, wohl aber diesen ähnlichen Waren/Dienstleistungen beschreiben, soweit das angegriffene Zeichen nur für die ähnlichen Waren/Dienstleistungen benutzt wird; 17 von Ansprüchen aus beschreibenden Angaben, die im Wege der Verkehrsdurchsetzung nach 8 Abs. 3 als Marke eingetragen wurden; 18 von Ansprüchen aus Fehleintragungen, wobei die Bindung des Verletzungsrichters an den Bestand der zu Unrecht eingetragenen Marke dem nicht entgegen steht; 19 von Ansprüchen aus als Rumpfbezeichnungen eingetragener Marken, die mit einem weiteren beschreibenden Zeichen zu einer beschreibenden Gesamtangabe verbunden werden. Der BGH wendet 23 Nr. 2 MarkenG auch bei Wiederaufarbeitung oder sonstiger Veränderung der Ware unter Belassen der Originalmarke auf der Ware an, wenn der 15 OLG Frankfurt, GRUR 2000, 905 Schaftöl für ein Gewehrschaftöl, kein Abwehranspruch aus eingetragener Marke Schaftol. 16 Stroebele/Hacker, 23, Rdn. 63 17 BGH, GRUR 1997, 634, 636 Turbo II 18 Stroebele/Hacker, 23, Rdn. 65 19 LG Köln, GRUR-RR 2006, 187 Polnische Nacht

5 Verletzer auf der Ware selbst einen deutlichen Hinweis darauf anbringt, dass er die Aufarbeitung oder Veränderung durchgeführt hat. 20 Hiergegen spricht allerdings, dass die Veränderung der Ware unter Belassung der Originalmarke entgegen der Auffassung des BGH gemäß 24 Abs. 2 MarkenG der Zustimmung des Markeninhabers bedarf. 21 23 Nr. 2 MarkenG ist jedoch nicht anwendbar, wenn die eingetragene Marke als dekoratives Element verwendet wird, wie z.b. als Teil der originalgetreuen Nachbildung auf Spielzeugmodellen. 22 5. Anwendung der Schutzschranke auf bildliche Darstellungen und dreidimensionale Wiedergaben Anerkannt ist, dass ein Wortzeichen auch durch die Verwendung eines Bildzeichens verletzt werden kann, wenn das geschützte Wort die naheliegende, ungezwungene und erschöpfende Benennung des Bildes darstellt, sodass der Verkehr allein durch das Bild auf das geschützte Wortzeichen hingeleitet wird. 23 Entsprechendes gilt im Verhältnis von Wortzeichen zu dreidimensionalen Wiedergaben 24. Wenn also Verwechslungsgefahr zwischen bildlichen Darstellungen oder dreidimensionalen Wiedergaben und Wortzeichen möglich ist, eine Markenverletzung bei markenmäßiger Benutzung der bildlichen Darstellung oder dreidimensionalen Wiedergabe vorliegt, gelten die Wertungsmaßstäbe der Schutzschranke des 23 Nr. 2 MarkenG auch hier. Stellt das Wortzeichen also die Übersetzung der bildlichen Darstellung oder dreidimensionalen Wiedergabe dar und ist diese eine Beschreibung von Merkmalen der mit der bildlichen Darstellung oder dreidimensionalen Wiedergabe gekennzeichneten Ware, sind diese grundsätzlich aufgrund der Schutzschranke des 23 Nr. 2 MarkenG privilegiert, sofern nicht bereits eine markenmäßige Nutzung ausgeschlossen ist. 20 BGH, GRUR 2007, 705, 707 Aufarbeitung von Fahrzeugkomponenten ; GRUR 1998, 697, 699 Venus Multi 21 Ingerl-Rohnke, 23, Rdn. 69 22 EuGH, GRUR 2007, 318, 320 Adam Opel/Autec ; Ingerl-Rohnke, 23, Rdn. 83 23 BGH, GRUR 1999, 990, 991 Schlüssel ; GRUR 1971, 251, 252/253 Oldtimer ; BPatGE 5, 172 Mohr 24 Ingerl-Rohnke, 14, Rdn. 979

6 6. Einschränkung der Schutzschranke durch die so genannte Schrankenschranke, 23 letzter Halbsatz MarkenG. Die Schutzschranke des 23 Nr. 2 MarkenG greift nicht ein, wenn trotz Benutzung einer beschreibenden Angabe diese in sittenwidriger Weise, also entgegen den anständigen Gepflogenheiten in Handel und Gewerbe erfolgt. 25 Diese so genannte Schrankenschranke wird von der instanzgerichtlichen Rechtsprechung vielfach missverstanden und angewendet, um einer durch 23 Nr. 2 MarkenG bewirkten Aufweichung des Grundsatzes der Bindung des Verletzungsrichters an die Markeneintragung entgegen zu wirken. Bereits dieser Ansatz ist verfehlt, da 23 Nr. 2 MarkenG eine vom Gesetzgeber bewusst geschaffene Ausnahme von diesem Grundsatz darstellt. Die Gericht haben deshalb im Rahmen der Anwendung der Schrankenschranke sorgfältig zu prüfen, ob eine nach 23 Nr. 2 MarkenG freigestellte Benutzung einer beschreibenden Angabe den berechtigten Interessen des Markeninhabers widerspricht. 26 So liegt eine sittenwidrige Benutzung einer beschreibenden Angabe dann vor, wenn sich diese zugunsten des Markeninhabers gemäß 8 Abs. 3 MarkenG im Verkehr durchgesetzt hat. 27 Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Marke im Eintragungsverfahren bereits die Schutzhindernisse des 8 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2 MarkenG überwunden hat oder ob sich die Durchsetzung erst später nach einer früheren Fehleintragung ergeben hat. Anderes gilt nur dann, wenn sich die Verkehrsdurchsetzung unter dem Schutz eines früheren staatlichen Monopols ergeben hat, da insoweit ein Freihaltebedürfnis zugunsten des sich erst nach Aufbrechen des Monopols ergebenden freien Wettbewerbs anzuerkennen ist. 28 Der Wettbewerb ist allerdings gehalten, sich in solchen Fällen durch differenzierende Zusätze vom Zeichen des früheren Staatsmonopolunternehmens abzusetzen. 29 Auch für den Fall, dass eine bildliche Darstellung oder dreidimensionale Wiedergabe der naheliegenden ungezwungenen und erschöpfenden Benennung durch ein als Marke geschütztes Wort entspricht, die bildliche Darstellung oder dreidimensionale Wiedergabe aber eine beschreibende Benutzung darstellt, greift der Sittenwidrigkeitsvorbehalt ein, wenn es sich bei dem Wortzeichen um eine im Verkehr durchgesetzte Herkunftskennzeichnung handelt. Auch dann, wenn das Wort nur Merkmale der Ware beschreibt, darf es nicht durch solche Bildzeichen oder dreidimensionalen Wiedergaben in den Fällen der Verkehrsdurchsetzung angegriffen werden. 25 MRRL, Art. 6 Abs. 1 lit. b (89/104/EWG) 26 Stroebele/Hacker, 23, Rdn. 72 27 Stroebele/Hacker, 23, Rdn. 76 28 BGH, GRUR 2008, 798, 800 Post ; kritisch Ingerl-Rohnke, 23, Rdn. 92 29 BGH a.a.o.

7 Der Sittenwidrigkeitsvorbehalt greift ferner ein, wenn der Verwender der beschreibenden Angabe weitere Annäherungen an die geschützte Bezeichnung vorgenommen hat, z.b. sich mit Schrifttypen oder Farbgestaltungen dem geschützten Zeichen angenähert hat oder gar bildliche Elemente, auch wenn diese nicht geschützt sind, übernommen werden. 30 Auch ein vorangegangenes rechtsverletzendes Verhalten kann im Rahmen des 23 letzter Halbsatz MarkenG mit berücksichtigt werden. Wer im Vorfeld bereits eine Rechtsverletzung begangen hat, kann bei der Benutzung einer beschreibenden Angabe, die als Marke für einen anderen geschützt ist, gehalten sein, nunmehr einen größeren Abstand einzuhalten. 31 Sittenwidrig kann es auch sein, wenn die Verwendung einer beschreibenden Angabe sich als Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft, des Rufes oder der Wertschätzung der angegriffenen Marke darstellt. Hierzu gelten die Maßstäbe der 14 Abs. 2 Nr. 3, 15 Abs. 3 MarkenG 32, wobei allerdings zu berücksichtigen ist, dass bei Verwendung einer beschreibenden Angabe immer eine Verwässerung der eingetragenen Marke erfolgt 33. Dieses ist nach dem Wertungsmaßstab des 23 Nr. 2 MarkenG eine hinzunehmende Folge für den Markeninhaber, der eine mit einer beschreibenden Angabe verwechselbare Bezeichnung als Herkunftshinweis verwendet. Grundsätzlich sind diese Fälle sittenwidrigen Handelns nicht abschließend, sodass weitere Fallkonstellationen denkbar sind, in denen das Eingreifen der Schrankenschranke geboten ist. Allerdings ist hierbei einer Tendenz der Instanzgerichte entgegenzutreten, den Anwendungsbereich des 23 Nr. 2 MarkenG durch zu weitreichende Bejahung eines Sittenverstoßes unangemessen einzuschränken. So ist es beispielsweise verfehlt, Unlauterkeit bereits dann anzunehmen, wenn dem Verwender einer beschreibenden Angabe Benennungsalternativen zur Verfügung stehen 34. Der BGH selbst hatte die Instanzrechtsprechung zu solcher einschränkenden Interpretation des Anwendungsbereiches des 23 Nr. 2 MarkenG ermutigt in der Entscheidung D-C- Fix/CD-Fix. 35 Vorausgesetzt, dass in diesem vom BGH entschiedenen Fall überhaupt die Schutzschranke des 23 Nr. 2 MarkenG eingreift, liegt hier bereits deshalb Sittenwidrigkeit 30 Ingerl-Rohnke, 23, Rdn. 61; EuGH, GRUR 2004, 234, 235, Gerolsteiner-Putsch 31 Stroebele/Hacker, 23, Rdn. 75; Fezer, 23, Rdn. 65 32 Ingerl-Rohnke, 23, Rdn. 88; Stroebele/Hacker, 23, Rdn. 78 33 OLG Frankfurt, GRUR 2000, 905 Schaftol/Schaftöl 34 So aber OLG Hamburg, GRUR-RR 2005, 50, 52 Offroad ; OLG München, Urteil vom 22.01.2009, 29 U 2495/08 Schweinehunde ; zutreffend dagegen Stroebele/Hacker, 23, Rdn. 79; Ingerl-Rohnke, 23, Rdn. 60; BGH, GRUR 2006, 760, 761 Lotto ; GRUR 2008, 900, 902 SPA II 35 BGH, GRUR 2004, 600, 602

8 vor, weil die angegriffene Marke als durchgesetzt gemäß 8 Abs. 3 MarkenG eingetragen war, nicht aber, weil dem Verletzer Bennungsalternativen zur Verfügung standen. Richtigerweise ist allerdings in dieser Entscheidung der Anwendungsbereich des 23 Nr. 2 MarkenG überhaupt nicht eröffnet, da es sich bei der Bezeichnung CD-Fix nicht um eine nach 23 Nr. 2 MarkenG freistellungsfähige Angabe handelt, sondern vielmehr um eine Angabe, die lediglich an eine beschreibende Angabe angelehnt ist 36 Die Schrankenschranke des 23 letzter Halbsatz MarkenG soll auch dann eingreifen, wenn eine Gattungsbezeichnung als gezielter Behinderungswettbewerb anzusehen ist 37. Auch hier ist jedoch Zurückhaltung bei der Annahme von Behinderungswettbewerb geboten. Dieser kann sich nur aus konkret festzustellenden Umständen ergeben, nicht aber bereits aus der Verwendung einer beschreibenden Angabe als solches. In dem vom OLG Hamburg entschiedenen Fall Kinder-Schoko-Bons/Merci-Bon, in dem das OLG Unlauterkeit bejaht hat, stellt sich die Frage der Unlauterkeit gemäß 23 letzter Halbsatz MarkenG bereits nicht, weil Bon allenfalls als nicht gemäß 23 Nr. 2 MarkenG freistellungsfähige Abwandlung der beschreibenden Angabe Bonbon anzusehen ist. Unlauterkeit scheidet entgegen der Rechtsprechung des OLG München 38 auch dann aus, wenn der Zeichenverwender eine beschreibende Angabe nur deshalb verwendet, weil er für seine Ware eine Form gewählt hat, für die diese Angabe konkret beschreibend ist, solange die Form als solche nicht urheberrechtlich geschützt oder einem sonstigen Schutzrecht unterliegt. Insbesondere kann die Wahl einer nicht einem Sonderrechtsschutz unterliegenden, also frei wählbaren Form der Ware entgegen der Rechtsprechung des OLG München nicht treuwidrig sein. Zurückhaltung ist ferner geboten, allein eine herausgehobene Verwendung der beschreibenden Angabe ohne Hinzutreten weiterer Unlautbarkeitsmomente als unlauter im Sinne von 23 letzter Halbsatz MarkenG anzusehen 39. Wird eine ausländische beschreibende Angabe verwendet, so ist dieses auch nicht unlauter, wenn sie für die deutsche Bevölkerung nicht verständlich ist, sofern das betreffende Produkt 36 Stroebele/Hacker, 23, Rdn. 58 37 OLG Hamburg, WRP 1996, 215 Kinder-Schoko-Bons / Merci Bon ; Ingerl-Rohnke, 23, Rdn. 92 38 OLG München, Urteil vom 22.01.2009, 29 U 2495/08 Schweinehunde, das rechtlich verfehlt sogar Treuwidrigkeit annimmt 39 Zutreffend BGH, GRUR 1999, 992, 995 Big Pack

9 in einem Marktbereich angeboten wird, in welchem diese Bezeichnung ohne Weiteres als beschreibend verstanden wird 40. Zusammenfassung: Die Schutzschranke des 23 Nr. 2 MarkenG ist ein geeignetes Instrument, um unangemessenen Monopolisierungsbestrebungen entgegenzuwirken. Versuchen der Instanzgerichte, dieses durch eine ausgedehnte Anwendung des 23 letzter Halbsatz MarkenG zu unterlaufen, muss entschieden entgegen getreten werden. Rechtsprechung und Literatur sind dazu aufgefordert, klare Konturen einzuziehen, um dieses vom Gesetzgeber zur Erhaltung des freien Wettbewerbs bewusst geschaffene Instrument gegen unangemessene Monopolisierung zu erhalten. Auch im Fall der Kollision von Bildzeichen oder 3-dimensionalen Gestaltungen mit Wortmarken ist die Schutzschranke des 23 Nr. 2 MarkenG anwendbar. Da es in solchen Kollisionsfällen bei 3-dimensionalen Gestaltungen der Regelfall sein wird, dass die Wortmarke eine Beschreibung der 3-dimensionalen Gestaltung darstellt und damit oft ein Merkmal der Ware selbst beschreibt, liegt eine Verletzung der älteren Wortmarke durch die 3-dimensionale Gestaltung nur dann vor, wenn die Schrankenschranke des 23 letzter Halbsatz MarkenG eingreift, insbesondere wenn es sich bei der Wortmarke um eine verkehrsbekannte Marke handelt. Herr Rechtsanwalt Ulrich Preußer ist Mitglied der Deutschen Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.v. Für Rückfragen stehen Ihnen der Autoren gerne zur Verfügung Rechtsanwalt Ulrich Preußer Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz Rechtsanwälte Almers & Storsberg Hochstadenring 50 53119 Bonn Tel. 0228-969760 Fax 0228-969769 bn@al-st.de http://www.al-st.de/ Stand 1.3.2013 40 BGH, GRUR 2004, 947, 949 Gazoz