Boolesche Funktionen und Schaltkreise

Ähnliche Dokumente
Aussagenlogik. Formale Methoden der Informatik WiSe 2010/2011 teil 7, folie 1 (von 50)

Rechnerstrukturen. Michael Engel und Peter Marwedel WS 2013/14. TU Dortmund, Fakultät für Informatik

Logik für Informatiker

Logik (Teschl/Teschl 1.1 und 1.3)

Informationsverarbeitung auf Bitebene

Konjunktive und disjunktive Normalformen

5. Vorlesung: Normalformen

Übung 4: Aussagenlogik II

Technische Informatik I

Teil 1: Digitale Logik

TU5 Aussagenlogik II

Was bisher geschah: klassische Aussagenlogik

Computational Logic Algorithmische Logik Boolesche Algebra und Resolution

x x y x y Informatik II Schaltkreise Schaltkreise Schaltkreise Rainer Schrader 3. November 2008

Syntax der Aussagenlogik. Vorlesung Logik Sommersemester 2012 Universität Duisburg-Essen. Formel als Syntaxbaum. Teilformel A 3 A 1 A 4

Kapitel 1.3. Normalformen aussagenlogischer Formeln und die Darstellbarkeit Boolescher Funktionen durch aussagenlogische Formeln

Bisher. minimale DNF. logischen Formeln Booleschen Funktionen Schaltungen

Computational Intelligence 1 / 20. Computational Intelligence Künstliche Neuronale Netze Perzeptron 3 / 20

Grundlagen der Informationverarbeitung

Ersetzbarkeitstheorem

Teil II. Schaltfunktionen

Erfüllbarkeit und Allgemeingültigkeit

Allgemeingültige Aussagen

Schaltalgebra und kombinatorische Logik

Zusammenfassung. Satz. 1 Seien F, G Boolesche Ausdrücke (in den Variablen x 1,..., x n ) 2 Seien f : B n B, g : B n B ihre Booleschen Funktionen

Grundlagen der Rechnerarchitektur

1 Analogtechnik und Digitaltechnik. C Schaltalgebra und kombinatorische Logik. 2 Digitale elektrische Schaltungen

Aussagenlogik Prädikatenlogik erster Stufe. Logik. Logik

6. Vorlesung: Minimalformen

2. Schaltfunktionen und ihre Darstellung

Kapitel 1. Aussagenlogik

Kapitel 1.3. Normalformen aussagenlogischer Formeln. Mathematische Logik (WS 2010/11) Kapitel 1.3: Normalformen 1 / 1

I. Aussagenlogik. Aussagenlogik untersucht Verknüpfungen wie "und", "oder", "nicht", "wenn... dann" zwischen atomaren und komplexen Sätzen.

Kapitel 6 Programmierbare Logik. Literatur: Kapitel 6 aus Oberschelp/Vossen, Rechneraufbau und Rechnerstrukturen, 9. Auflage

Aussagenlogik. Aussagen und Aussagenverknüpfungen

Beispiel Aussagenlogik nach Schöning: Logik...

Formelsammlung. Wahrscheinlichkeit und Information

Grundlagen der diskreten Mathematik

Signalverarbeitung 1

Kapitel 1.0. Aussagenlogik: Einführung. Mathematische Logik (WS 2011/12) Kapitel 1.0: Aussagenlogik: Einführung 1/ 1

Formale Grundlagen der Informatik 1 Kapitel 16 Normalformen und Hornformeln

Physikalisches Praktikum für Vorgerückte. an der ETH Zürich. vorgelegt von. Mattia Rigotti Digitale Elektronik

Informatik A. Prof. Dr. Norbert Fuhr auf Basis des Skripts von Prof. Dr. Wolfram Luther und der Folien von Peter Fankhauser

Mathematik für Informatik 1

Logik für Informatiker

Logik für Informatiker

II. Grundlagen der Programmierung

Einführung in die Boolesche Algebra

Systemorientierte Informatik 1

Informatik A (Autor: Max Willert)

der einzelnen Aussagen den Wahrheitswert der zusammengesetzten Aussage falsch falsch falsch falsch wahr falsch wahr falsch falsch wahr wahr wahr

Grundlagen der Theoretischen Informatik

Was ist Logik? Was ist Logik? Aussagenlogik. Wahrheitstabellen. Geschichte der Logik eng verknüpft mit Philosophie

Lösung 3.1 Schaltalgebra - Schaltnetze (AND, OR, Inverter)

Zusammenfassung des Stoffes zur Vorlesung Formale Systeme

A.1 Schaltfunktionen und Schaltnetze

3. Logik 3.1 Aussagenlogik

5. Aussagenlogik und Schaltalgebra

Formalisierung von Sudoku Formalisieren Sie das Sudoku-Problem:

Perzeptronen. Lehrstuhl für Künstliche Intelligenz Institut für Informatik Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Formale Methoden 2. Gaetano Geck Lehrstuhl I Logik in der Informatik WS 2014/2015

Informatik I WS 07/08 Tutorium 24

Computersysteme. 2. Grundlagen Digitaler Schaltungen 2.10 Minimierung Boole scher Funktionen 2.11 CMOS Komplexgatter

Grundlagen der Programmierung

Boole'sche Algebra. Inhaltsübersicht. Binäre Funktionen, Boole'sche Algebren, Schaltalgebra. Verknüpfungen der mathematischen Logik

Fakultät für Informatik Universität Magdeburg Jürgen Dassow. Vorbemerkungen

3.0 VU Formale Modellierung

Kapitel 3: Boolesche Algebra

Binary Decision Diagrams (Einführung)

Normalformen boolescher Funktionen

Normalformen von Schaltfunktionen

N Bit binäre Zahlen (signed)

1 Aussagenlogischer Kalkül

Was bisher geschah. Aufgaben: Diagnose, Entscheidungsunterstützung Aufbau Komponenten und Funktion

Kombinatorische Logik. Einführung in die Technische Informatik Falko Dressler, Stefan Podlipnig Universität Innsbruck

Übungsblatt Nr. 5. Lösungsvorschlag

Binäre Suchbäume (binary search trees, kurz: bst)

Mathematische Logik. Grundlagen, Aussagenlogik, Semantische Äquivalenz. Felix Hensel. February 21, 2012

Einführung in die Logik. Sommersemester Juli 2010 Institut für Theoretische Informatik

Algorithmen für OBDD s. 1. Reduziere 2. Boole sche Operationen

3. Grundlegende Begriffe von Logiken - Aussagenlogik

Jede Belegung von k Variablen kann als Binärvektor aus k Binärwerten x 1...x k mit

Kombinatorische Schaltwerke

Logik Vorlesung 3: Äquivalenz und Normalformen

Logik für Informatiker

Aussagenlogische Widerlegungsverfahren zum Nachweis logischer Eigenschaften und Beziehungen

Technische Informatik - Eine Einführung

ÜBUNG ZUM GRUNDKURS LOGIK WS 2015/16 GÜNTHER EDER

Atomare Sätze Prädikat der Stelligkeit n mit n Individuenkonstanten Reihenfolge der Individuenkonstanten ist entscheidend

Verwendung eines KV-Diagramms

Nicht-Kanonizität von AIGs Systemtheorie 1 Formale Systeme 1 # WS 2006/2007 Armin Biere JKU Linz Revision: 1.6

x 2 x 1 x Lernen mit Entscheidungsbäumen

Antwort: h = 5.70 bit Erklärung: Wahrscheinlichkeit p = 1/52, Informationsgehalt h = ld(1/p) => h = ld(52) = 5.70 bit

1. Boolesche Algebra und Schaltalgebra

Verwendet man zur Darstellung nur binäre Elemente ( bis lat.: zweimal) so spricht man von binärer Digitaltechnik.

Musterbeispiele: Aussagenlogik (Lösung)

Digitale Elektronik. Vom Transistor zum Speicher

Einführung in. Logische Schaltungen

Inhaltsverzeichnis. 1 Boolesche Algebra, Schaltalgebra - Begriffsbestimmung 1. 2 Operationssystem der Schaltalgebra 4. 3 Boolesche Funktionen 6

DIGITALTECHNIK 06 SCHALTUNGS- SYNTHESE UND ANALYSE

Transkript:

Boolesche Funktionen und Schaltkreise Die Oder-Funktion (Disjunktion) und die Und-Funktion (Konjunktion), x y 0 0 0 0 1 1 1 0 1 1 1 1 x y 0 0 0 0 1 0 1 0 0 1 1 1 1

(Implikationsfunktion), ( umgekehrte Implikation) und (Xor-Funktion, exclusive or), x y 0 0 1 0 1 1 1 0 0 1 1 1 x y 0 0 1 0 1 0 1 0 1 1 1 1 x y 0 0 0 0 1 1 1 0 1 1 1 0 2

Berechnungen mit Konstanten x 0 = x, x 1 = 1, x 0 = 0, x 1 = x, x 0 = x, x 1 = x Assoziativität x (y z) = (x y) z, x (y z) = (x y) z, x (y z) = (x y) z Kommutativität x y = y x, x y = y x, x y = y x 3

Distributivität x (y z) = (x y) (x z), x (y z) = (x y) (x z), x (y z) = (x y) (x z) Vereinfachungsgesetze x x = x, x x = 1, x x = x, x x = 0, x x = 0, x x = 1 Absorptionsgesetze x (x y) = x, x (x y) = x demorgansche Gesetze, Negationsgesetze x y = (x y), x y = (x y), x y = x y, x = x 4

Ersetzen der Implikation und der Antivalenz x y = x y, x y = x y, x y = (x y) ( x y) = ( x y) (x y) 5

Satz Jede Booleschen Funktion läßt sich sowohl in disjunktiver Normalform (als Disjunktion von Mintermen) auch in konjunktiver Normalform (als Konjunktion von Maxtermen) darstellen. 6

Unformung von einer Formel F in eine äquivalente DNF Formel 1: F in eine Formel mit nur, und unformen. 2: Negationszeichen direkt vor den Variablen bringen. 3: Distributivgesetze anwenden. 7

Minimierung von Normalformen, Karnaugh-Veitch-Diagramme (für Formeln mit weniger als 4 oder 5 Variablen) Minterme sind im Diagram mit einem Punkt markiert. 8er, 4er, 2er und 1er Blöcke zusammenfassen (möglichst Große Blöcke). Die Blöcke dürfen sich überlappen und dürfen über die Kanten hinweg definiert werden. 8

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. x 1 x 2 x 3 x 1 x 2 x 4 x 2 x 3 x 4 x 1 x 2 x 4 x 2 x 3 x 4 x 1 x 2 x 3 x 1 x 3 x 4 x 1 x 2 x 3 x 2 x 3 x 4 x 1 x 2 x 4 10

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. x 1 x 2 x 3 x 1 x 2 x 4 x 2 x 3 x 4 x 1 x 2 x 4 x 2 x 3 x 4 x 1 x 2 x 3 x 1 x 3 x 4 x 1 x 2 x 3 x 2 x 3 x 4 x 1 x 2 x 4 x 1 x 2 x 1 x 2 x 2 x 3 x 2 x 3 x 2 x 4 x 2 x 4 11

1 2 3 4 5 6 7 8 x 1 x 3 x 4 x 1 x 2 x 2 x 3 x 2 x 4 12

1 2 3 4 5 6 7 8 x 1 x 3 x 4 + + x 1 x 2 + + + + x 2 x 3 + + + + x 2 x 4 + + + + 13

Ringsummennormalform Für jede Boolesche Funktionf : B n B gibt es genau einen 0-1-Vektor a = (a T1,a T2,...,a T2 n) mitt i {1,...,n} unda Ti {0,1} so dass f(x 1,...,x n ) = a T T {1,...,n} j T x j 14

Schaltkreise Definition: Ein Schaltkreis über einer Basis Ω von Grundfunktionen (zum Beispiel Ω = {,, }) ist ein gerichteter, azyklischer Graph. Die Eingangsknoten sind mit Variablennamen oder den Konstanten 0,1 beschriftet, während die inneren Knoten mit Elementen aus Ω beschriftet sind. 15

Funktionres g (x 1,...,x n ) die von einem Gatterg berechnet wird Fallsg ein Eingangsknoten ist, der mit der Variablen 0 (bzw. 1) beschriftet ist, so istres g (x 1,...,x n ) = 0 (bzw. = 1). Fallsg ein Eingangsknoten ist, der mit der Variablenx i beschriftet ist, so istres g (x 1,...,x n ) = x i. Fallsg ein innerer Knoten ist, der mitf Ω beschriftet ist, und fallsk die Stelligkeit vonf ist, so seienf 1,...,f k die an den Vorgängerknoten von g berechneten Funktionen. Dann ist res g (x 1,...,x n ) = f(f 1 (x 1,...,x n ),...,f k (x 1,...,x n )) Wir sagen, dass ein Schaltkreis S eine Boolesche Funktion f berechnet, falls es einen Knoteng ins gibt mitf = res g. 16

Volladdierer x s y ü ü 17

Schaltkreiskomplexität Die Größe eines Schaltkreises S, C(S),ist die Anzahl seiner Gatter. Die Tiefe eines Schaltkreises S, D(S) ist die Länge eines längsten Pfades im Schaltkreis. Für eine Boolesche Funktionf und eine BasisΩ C Ω (f) = min{c(s) S ist einω-schaltkreis, derf berechnet} D Ω (f) = min{d(s) S ist einω-schaltkreis, derf berechnet} 18

Satz SeienΩundΩ zwei vollständige Basen. Sei c = max{c Ω (g) g Ω } und seid = max{c Ω (g) g Ω}. Dann ist für alle Booleschen Funktionenf,C Ω (f) c C Ω (f) und C Ω (f) d C Ω (f). 19

Obere Schranken fürf : B n B Mit der DNF, GrößeO(n2 n ) und Tiefen+logn. Mit dersel Funktion, GrößeO(2 n ) und Tiefen. f x 1 sel x 2 sel x 2 sel 20

Obere Schranken II Satz: (Lupanov, 1958) Es gibt Konstantencundn 0, so dass für alle n-stelligen Booleschen Funktionenf undn n 0 giltc(f) c 2 n /n. 21

Untere Schranken Satz: (Shannon, 1949) Für jedes n gibt es n-stellige Boolesche Funktionen f, die für ihre Realisierung (mittels Nand-Gattern) mindestens 1 2 2n /n viele Gatter benötigen. AlsoC {nand} (f) 1 2 2n /n. Folgerung: Es gibt Konstantencundn 0, so dass es für jedesn n 0 eine n-stellige Boolesche Funktionf gibt mitc(f) c 2 n /n. 22

Perzeptrone x 1 x 2. x n w 1 w 2. t. w n y w i,t R y = 1, n i=1 x iw i t, 0, sonst 23

1 x 1 t x 2. x n w 1 w 2 0.. w n y 24

Definition: f : B n B ist linear separierbar falls es eine Hyperebene der Dimensionn 1gibt, die die 0 n von den 1 n vonf trennt. Die durch ein Perzeptron berechenbaren Funktionen sind genau die linear separierbaren Funktionen. 25

Lernen von Booleschen Funktionen Y 0 undy 1 disjunkte, und linear separierbare, Mengen von Beispielen. Wir wollen einen Gewichtsvektor w finden mit: y Y 1 yw > 0 y Y 0 yw < 0 26

w 0 := (0,0,...,0) Wird dem Perzeptron ein Beispiel y vorgelegt, und dieses wird falsch klassifiziert, so wird der Gewichtsvektor im nächsten Schritt wie folgt vonw t zuw t+1 geändert: w t+1 = w t +y, fallsy Y 1 undyw 0 w t y, fallsy Y 0 undyw 0 w t, sonst 27

Y 1 Y 0 28

0 1 2 3 5 4 Y 1 Y 0 29

Perzeptron-Konvergenztheorem Satz: Gegeben seien zwei linear separierbare Mengen von PunktenY 0,Y 1 und eine unendliche Trainingsfolge, mit der Eigenschaft, dass jedes Element ausy 0 Y 1 in der Treiningsfolge unendlich oft auftrtt. Dann erreicht das Perzeptron nach endlich vielen Lernschritten (gemäß der oben beschriebenen Lernregel) einen Gewichtsvektor, so dass das Perzeptron allen Punkten iny 0 den Wert 0, und allen Punkten iny 1 den Wert 1 zuweist. 30

Boolesche Funktionen, Zusammenfassung Beschreibungsmöglichkeiten: Wahrheitstafel, DNF, KNF, RSNF, Boolesche Schaltkreise über eine vollständige Basis, Perzeptrone... Wie Groß sind solche Beschreibungen? Sind sie eindeutig? Können sie minimiert werden? Wie kann man die Modelle gegenseitig simulieren? Was sind die Vorteile der verschiedenen Modelle. 31