33/2014. Der allgemeine gesetzliche Mindestlohn ab 01. Januar 2015



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Transkript:

33/2014 10.12.2014 gl Der allgemeine gesetzliche Mindestlohn ab 01. Januar 2015 Das Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (MiLoG)

2 Das Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (MiLoG) Inhaltsverzeichnis 1. Einführung 2. Für welche Arbeitnehmer gilt das MiLoG? 3. Für welche Personen gilt das MiLoG nicht? 4. Welcher Zeitraum ist für den Mindestlohnberechnung maßgeblich? 5. Arbeitsbewertung: Vergütungspflichtige Arbeitszeiten im Sinne des Mi- LoG 6. Welche Vergütungsbestandteile sind anrechenbar auf den Mindestlohn? 7. Fälligkeit des Mindestlohns von 8,50 brutto Grundsatz 8. Fälligkeit bei Arbeitszeitkonten 9. Ist eine Abweichung vom gesetzlichen Mindestlohn zulässig? 10. Dokumentationspflichten für das Personenbeförderungsgewerbe 11. Rechtsfolgen von Verstößen gegen das MiLoG 12. Konkurrenz allgemeiner Mindestlohn / Vergabe-Mindestlohn TVgG NRW 13. Inwieweit besteht arbeitsrechtlich Handlungsbedarf? 14. Kann von Auftraggebern die Anpassung der Vergütung verlangt werden? Anhang

3 Das Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (MiLoG) 1. Einführung Am 11.08.2014 ist das Mindestlohngesetz in Kraft getreten. Dieses bestimmt, dass ab 1.1.2015 alle Arbeitnehmer bundesweit für die geleistete Arbeit mindestens einen Stundenlohn von 8,50 brutto erhalten. Der Mindestlohn kann frühestens ab 1.1.2017 erhöht werden. 2. Für welche Arbeitnehmer gilt das MiLoG? Das MiLoG gilt grds. für alle Arbeitnehmer, die im Bundesgebiet beschäftigt werden, auch für AN ausländischer Arbeitgeber, auch für Minijobber. Das MiLoG gilt auch dann, wenn ein arbeitsvertraglich oder tarifvertraglich vereinbarter Stundenlohn den Mindestlohn von 8,50 brutto überschreitet. Dann gilt das MiLoG für den Mindestlohn-Anteil des Stundenlohns. 3. Für welche Personen gilt das MiLoG nicht? Das MiLoG findet dauerhaft keine Anwendung auf bestimmte Praktika: - Pflichtpraktika (Schule, Studium etc.) - Praktikum zur Orientierung vor Ausbildung / Studium (bis 3 Monate) - Praktikum begleitend zu Berufsausbildung / Studium (bis 3 Monate) - Einstiegsqualifizierung (vor Berufsausbildung) 54a SGB III - Berufsausbildungsvorbereitung 68 70 BBiG Ausgenommen vom Anwendungsbereich des MiLoG sind auch: - Kinder und Jugendliche ohne abgeschlossene Berufsausbildung - Auszubildende - Ehrenamtliche Alle vorgenannten Ausnahmefälle dürften aber für das private Omnibusgewerbe kaum praktische Relevanz haben. Ferner haben Personen, die vor Beginn des Arbeitsverhältnisses mindestens ein Jahr arbeitslos waren (Langzeitarbeitslose im Sinne des 18 Abs. 1 SGB III) während der ersten sechs Monaten des Arbeitsverhältnisses keinen Anspruch auf den Mindestlohn gem. MiLoG.

4 4. Welcher Zeitraum ist für den Mindestlohnberechnung maßgeblich? Referenzzeitraum für die Berechnung, ob die gezahlte Vergütung die Anforderungen des MiLoG erfüllt, ist der Kalendermonat. Die innerhalb des Kalendermonats gezahlte Vergütung einschließlich der anrechenbaren Vergütungsbestandteile (vgl. Ziffer 6, unten) muss auf Grundlage der vergütungspflichtigen Arbeitszeiten im Sinne des MiLoG (vgl. Ziffer 5, unten) mindestens einen durchschnittlichen Stundenlohn von 8,50 brutto ergeben. 5. Arbeitsbewertung: Vergütungspflichtige Arbeitszeiten im Sinne des MiLoG Welche Zeiträume als Zeiten der Arbeitsleistung gelten und demnach zu vergüten sind, richtet sich nach allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätzen. a. Vergütungspflichtige Arbeitszeiten gem. 611, 612 BGB Für die Frage, ob für eine Tätigkeit Arbeitslohn zu bezahlen ist, sind die 611, 612 BGB die zentralen Normen: Gem. 611 Abs. 1 BGB hat der Arbeitnehmer die vertraglich vereinbarte Arbeit zu erbringen und der Arbeitgeber diese im Gegenzug zu entlohnen. Aus 612 Abs. 1 BGB wird der allgemeine Grundsatz abgeleitet, dass eine Tätigkeit immer dann durch den Arbeitgeber (als Arbeit im Sinne des 611 BGB) zu bezahlen ist, wenn eine Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Ob dies der Fall ist, richtet sich nach den objektiven Umständen, also nach Verkehrsanschauung, Art, Umfang und Dauer der Tätigkeit etc., nicht aber nach der subjektiven Meinung der beteiligten Arbeitsvertragsparteien. Es spielt auch die Arbeitsbewertung in einschlägigen Branchentarifverträgen eine Rolle. Für die gesetzliche Vergütungspflicht gem. 611 BGB, deren Mindesthöhe nun das MiLoG bestimmt, ist daher entscheidend, ob der Arbeitnehmer mit seiner konkreten Tätigkeit nach objektiven Maßstäben vertraglich geschuldete Arbeit erbringt. b. Zeiten als Beifahrer Fraglich ist dies im privaten Omnibusgewerbe insbesondere im Fall von Beifahrertätigkeiten: Handelt es sich dabei um vertraglich geschuldete Arbeit, die zu bezahlen ist? Dazu hat das Bundesarbeitsgericht im Falle eines als Beifahrer eingesetzten Lkw-Fahrers Stellung genommen (BAG, Urteil v. 20.4.2011 5 AZR 200/10): Das BAG entschied, dass der Lkw-Fahrer seine vertraglich geschuldete Arbeit auch dadurch erbracht hat, dass er während der Fahrt Zeit neben dem Fahrer oder in der Schlafkabine des Lkw verbrachte: Arbeit im Sinne des 611 Abs. 1 BGB ist auch die vom Arbeitgeber veranlasste Untätigkeit, während derer der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz anwesend sein muss und nicht frei über die Nutzung

5 des Zeitraums bestimmen kann, er also weder eine Pause i.s. des Arbeitszeitgesetzes noch Freizeit hat. (BAG, Urteil v. 20.4.2011 5 AZR 200/10) Auch 10 Abs. 1 c) NWO-Manteltarifvertrag betrachtet die reine Beifahrerzeit als vergütungspflichtige Arbeitszeit, die allerdings nur zu 50% in die Arbeitsbewertung einfließt. Dies steht nicht in Konflikt mit dem gesetzlichen Mindestlohn, da der Referenzzeitraum des MiLoG der Kalendermonat ist; d.h. im Monatsdurchschnitt ist der Mindestlohn von 8,50 brutto je Arbeitsstunde zu gewährleisten. Beispiel: Ein Omnibusfahrer, der den tariflichen Stundenlohn von 12,21 brutto erhält, wird zeitweise als zweiter Fahrer eingesetzt. Er leistet im Monat April 2015 insgesamt 200 Stunden, davon 80 Beifahrerstunden. Demgemäß sind 160 Stunden (120 Stunden zu 100%, 80 Stunden zu 50%) mit dem Stundenlohn von 12,21 zu vergüten, woraus sich ein Monatsverdienst von 1.953,60 ergibt. Der gesetzliche Mindestlohn für sämtliche im April 2015 geleisteten 200 Arbeitsstunden beträgt 1.700,00 ( 8,50 x 200). Das tatsächlich gezahlte Monatsentgelt überschreitet diesen Wert, sodass der gesetzliche Mindestlohnanspruch in diesem Monat erfüllt wird. c. Begleitpersonen in der Beförderung von Schülern / Behinderter Vielerorts werden, gerade im Bereich der Beförderung behinderter Menschen im Auftrag der Landschaftsverbände, Begleitpersonen eingesetzt, welche die Aufsicht über die Fahrgäste ausüben, damit eine ordnungsgemäße und sichere Beförderung gegeben ist. Für diese Begleitpersonen, für die ab 01.01.2015 ebenfalls das Niveau des Mindestlohns von 8,50 pro Stunde gilt, stellt sich die Frage, welche Tätigkeitszeiten als vergütungspflichtige Arbeitszeit gelten. Vergütungspflicht besteht ohne Zweifel für die aktive Zeit der Begleitung, also die Zeit, in der das Fahrzeug mit Fahrgästen besetzt ist. Vergütungspflicht besteht aber auch vor dem Hintergrund des oben zitierten BAG-Urteils für Zeiten der vom Arbeitgeber veranlassten Untätigkeit am Arbeitsplatz, also auf dem Fahrzeug. Soweit der Arbeitgeber also auch die Beifahrerzeit der Begleitperson während der Anfahrt zum ersten Zustieg eines Fahrgastes bzw. während der Rückfahrt vom letzten Ausstieg eines Fahrgastes veranlasst hat, sind diese Zeiten mindestens mit Mindestlohn zu bezahlen. Ob der Arbeitgeber bestimmte Mitfahrzeiten einer Begleitperson veranlasst hat, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Bei der Ausübung des Direk-

6 tionsrechts hat der Arbeitgeber nach billigem Ermessen zu handeln ( 106 GewO), also bei der Bestimmung von Arbeitsort und Arbeitszeit auch die Interessen des Arbeitnehmers im Auge zu behalten. Beispiele: 1) Der Arbeitgeber bestimmt, dass die Begleitperson ihren Dienst am Betriebshof aufzunehmen und zu beenden hat. Die gesamte Zeit von Abfahrt bis Rückkunft zum Betriebshof ist zu vergüten. 2) Der Arbeitgeber bestimmt, dass der Fahrer die Begleitperson vor der Besetztzeit mit Fahrgästen von zuhause abholt und nach Ende der Tour nach Hause befördert. In diesem Fall ist nicht die gesamte Mitfahrzeit der Begleitperson zu vergüten: Es kann die Zeit, welche die Begleitperson gewöhnlich für die Fahrt zum Betrieb aufzuwenden hätte, von der vergütungspflichtigen Zeit in Abzug gebracht werden (vgl. BAG, Urt. v. 6.12.1960 AP BGB 611 Wegezeit Nr. 1; BAG, Urt. v. 3.9.1997 EzA BGB 612 Nr. 20). 3) Der Arbeitgeber bestimmt, dass die Begleitperson ihren Dienst am ersten Zustieg eines Fahrgastes (an dessen Wohnung) aufnehmen soll und am letzten Ausstieg eines Fahrgastes (an der Behinderteneinrichtung) beenden soll. Diese Besetztzeit beträgt eine Stunde und nur diese will der Arbeitgeber vergüten. Die Rückfahrzeit zum Ausgangspunkt nähme eine halbe Stunde in Anspruch. In diesem Fall hat der Arbeitgeber sein Direktionsrechts in einer Weise ausgeübt, die nicht billigem Ermessen entspricht. Denn die Begleitperson müsste auf eigene Kosten und ohne Bezahlung nach Hause zurückkehren, obwohl die vergütete Zeit und die absolute Höhe der Vergütung gering sind. Vergütungspflichtig ist daher neben der Besetztzeit auch die (fiktiv) benötigte Zeit der Rückkehr zum Ausgangspunkt der Fahrt (erster Zustieg, s.o.) und die im Interesse des Arbeitgebers zurückgelegte Wegezeit vor und nach dem Dienst (d.h. ersparte Wegezeiten zwischen Zuhause und Betriebshof können abgezogen werden, vgl. Beispiel 2). d. Fahrer darf Fahrzeug von Zuhause aus verwenden In vielen Betrieben ist es Usus: Der Fahrer behält den PKW/Omnibus an seinem Wohnsitz und fährt unmittelbar zu den Einsatzpunkten. Er muss nicht zuvor zum Betriebshof fahren und von dort starten. Muss die Zeit von der Wohnung bis zum ersten Einsatzort bezahlt werde? Die Frage ist unter Beachtung des Grundsatzes zu lösen, dass die Wegezeit, die der Mitarbeiter von der Wohnung zum Betriebshof benötigt, keine vergütungspflichtige Arbeitszeit darstellt:

7 Demnach ist die Zeit, die der Mitarbeiter von seiner Wohnung zum Betriebshof benötigen würde, mindernd zu berücksichtigen: Beträgt die Wegezeit zum Betriebshof in der Regel 20 Minuten und benötigt der Mitarbeiter von der Wohnung zur ersten Einsatzstelle 30 Minuten, können von der Anfahrtszeit von 30 Minuten die ersparten 20 Wegeminuten abgezogen werden. Demnach sind dem Fahrer die verbleibenden 10 Minuten zu vergüten (vgl. BAG, Urt. v. 6.12.1960 AP BGB 611 Wegezeit Nr. 1; BAG, Urt. v. 3.9.1997 EzA BGB 612 Nr. 20). e. Pausenzeiten Pausenzeiten, deren Dauer zu Beginn feststeht und die der Arbeitnehmer zur freien Verfügung hat, stellen keine vergütungspflichtige Arbeitszeit dar. f. Bereitschaftsdienst und Arbeitsbereitschaft Während der Bereitschaftszeit und der Arbeitsbereitschaft muss der Arbeitnehmer sich ständig an einem durch den Arbeitgeber bestimmten Ort bereithalten, die Arbeit auf Anforderung des Arbeitgebers oder eines Auftraggebers aufzunehmen. Bereitschaftsdienst und Arbeitsbereitschaft gelten daher als vergütungspflichtige Arbeitszeiten (BAG, Urteil vom 19.11.2014-5 AZR 1101/12). 6. Welche Vergütungsbestandteile sind anrechenbar auf den Mindestlohn? Welche Leistungen des Arbeitgebers auf den Mindestlohn anrechenbar sind, ist in der Rechtslehre umstritten; Rechtsprechung steht dazu naturgemäß noch aus. Gute Gründe sprechen aber für folgende Unterscheidungen: a. Sonderzahlungen Sonderzahlungen, z.b. Urlaubsgeld oder Weihnachtsgeld, sind auf den Mindestlohn anrechenbar, wenn durch sie nur die zuvor geleistete Arbeit honoriert wird. Eine Anrechnung ist wegen der monatlichen Fälligkeit des Mindestlohns (vgl. Ziffer 7, unten) aber nur im Monat der Auszahlung möglich. Falls durch die Sonderzahlung auch ein anderer Zweck verfolgt wird (z.b. die Bindung an das Unternehmen durch eine Rückzahlungsklausel für den Fall der Arbeitnehmerkündigung), steht dem Arbeitnehmer die Sonderzahlung nicht uneingeschränkt zur Verfügung, was dem Zweck des Mindestlohnes wiederspricht. In diesem Fall kann die Sonderzahlung nicht berücksichtigt werden. Daraus folgt, dass das tarifliche Urlaubsgeld angerechnet werden kann. Eine Anrechnung der tariflichen Jahressonderzahlung (Weihnachtsgeld) ist jedoch nicht zulässig, da mit dieser nicht nur die geleistete Arbeit, sondern auch die Betriebstreue belohnt werden soll (Rückzahlungspflicht bei Ausscheiden bis 31.03. des Folgejahres).

8 b. Zuschläge Nach unserer Auffassung ist die Mehrzahl der Zuschlagsarten auf den gesetzlichen Mindestlohn anrechenbar: Zwar ist wohl eine Anrechnung von Nachtarbeitszuschlägen nicht zulässig, da 1 MiLoG nicht entnommen werden kann, dass mit dem Mindestlohn von 8,50 brutto zugleich ein Ausgleich gem. 6 Abs. 5 ArbZG für geleistete Nachtarbeit geregelt sein soll (vgl. BAG, Urt. v. 16.4.2014 4 AZR 802/11, Rz. 52). Demgegenüber sind Linienzuschlag, Mehrarbeitszuschlag, Sonntags-, Feiertags-, Heiligabendzuschlag und der Zuschlag für geteilten Dienst durchaus auf den Mindestlohn anrechenbar. Denn das MiLoG macht anders als die tariflichen Vorschriften keinen Unterschied, zu welchen Zeiten oder unter welchen Erschwernissen die Arbeit geleistet wird. Jede Stunde zählt gemäß MiLoG gleichviel und wird mit 8,50 vergütet. Vergütet der Arbeitgeber aber aufgrund vertraglicher oder tariflicher Vorschriften dieselbe Arbeitsstunde mit Grundlohn und Zuschlägen, verfolgt er damit denselben Vergütungszweck, dem auch der Mindestlohn dient (vgl. BAG, Urt. v. 16.4.2014 4 AZR 802/11, Rz. 37-49). Daher müssen auch diese Zuschläge anrechenbar sein. c. Sachleistungen, Vermögenswirksame Leistungen Sachleistungen, z.b. freie Verpflegung, Essensgutscheine oder Tankgutscheine, sind auf den Mindestlohn nicht anrechenbar, da mit ihnen ein funktional anderer Zweck als die Vergütung der Arbeitsleistung verfolgt wird: Es sollen Kosten, die dem Arbeitnehmer entstehen, ausgeglichen werden. Gleiches gilt für Spesen; auch diese sind nicht anrechenbar. Vermögenswirksame Leistung dienen ebenfalls nicht der Abgeltung der Arbeitsleistung, sondern verfolgen einen anderen gesetzlichen Zweck, nämlich denjenigen der langfristigen Vermögensbildung. Eine Anrechnung von VL auf den Mindestlohn scheidet folglich aus. d. Minijobber: Anrechnung der Pauschalabgaben? Die durch den Arbeitgeber zu tragenden Pauschalabgaben von i.d.r. 30 % (15% Rentenversicherungsbeitrag, 13% Krankenversicherungsbeitrag, 2% pauschale Lohnsteuer) können nicht auf den Mindestlohn angerechnet werden. Auch Minijobber haben Anspruch auf einen Stundenlohn 8,50 brutto. Welche Abgaben sozialversicherungsrechtlich darauf entfallen und durch welche Partei diese zu tragen sind, ist gleichgültig.

9 7. Fälligkeit des Mindestlohns von 8,50 brutto Grundsatz Der Mindestlohn ist spätestens am letzten Bankarbeitstag des Folgemonats zur Zahlung fällig, wenn nicht durch den Arbeitsvertrag ein früherer Zeitpunkt vereinbart worden ist. Nach allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätzen ist die Lohnzahlung durch den Arbeitgeber immer dann rechtzeitig erfolgt, wenn der Überweisungsauftrag noch vor Fälligkeit durch die Bank bearbeitet werden konnte. 8. Fälligkeit bei Arbeitszeitkonten Wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Führung eines Arbeitszeitkontos vereinbaren, verschieben sie dadurch die Fälligkeit der Lohnzahlung für die Stunden, die in das Arbeitszeitkonto eingestellt werden, auf einen späteren Zeitpunkt. Dieser Zeitpunkt, bis zu dem der bezahlte Freizeitausgleich gewährt oder das Guthaben des Arbeitszeitkontos ausgezahlt sein muss, ist in der Vereinbarung über das Arbeitszeitkonto festzulegen. Durch das MiLoG hat der Gesetzgeber nun besondere Vorschriften für solche Arbeitszeitkonten erlassen, die wegen der Lohnhöhe dem MiLoG unterliegen: - die Vereinbarung über das Arbeitszeitkonto muss schriftlich gefasst sein - monatlich darf Mehrarbeit von max. 50% der vertraglichen Arbeitszeit in das Arbeitszeitkonto eingestellt werden - die Stunden auf dem Arbeitszeitkonto müssen spätestens 12 Monate nach der monatlichen Erfassung (d.h. nach Ablauf des Monats, in dem sie geleistet worden sind) durch bezahlte Freizeit oder Zahlung des Mindestlohns ausgeglichen werden. Das Muster einer Vereinbarung über ein MiLoG-Arbeitszeitkonto finden Sie im Anhang zu diesem Rundschreiben. Nicht betroffen von diesen Vorgaben sind solche Arbeitszeitkonten, die wegen ihrer Ausgestaltung bereits den Mindestlohn von 8,50 brutto für alle monatlich geleisteten Stunden gewährleisten: Hat der Arbeitgeber schon durch das verstetigte Arbeitseinkommen den Mindestlohn von 8,50 für alle geleisteten Arbeitsstunden (auch die Stunden auf dem Arbeitszeitkonto) geleistet, können die Stunden länger auf dem Konto verbleiben. Beispiel: Ein Omnibusfahrer erhält einen Stundenlohn von 12,21 brutto. Im Monat April 2015 leistet er 240 Arbeitsstunden nach den Arbeitsbewertungskriterien des MiLoG. Auf der Grundlage eines vereinbarten Arbeitszeitkontos zahlt der Arbeitgeber als verstetigtes Arbeitseinkommen 173

10 Std. x 12,21 = 2.112,33 aus. Die restlichen 67 Stunden werden in das Arbeitszeitkonto aufgenommen. Wird bereits durch die Zahlung von 2.112,33 der Mindestlohnanspruch für alle im April 2015 geleisteten Stunden erfüllt? Dies ist der Fall: 2.112,33 : 240 Std. = 8,80. Folglich besteht in diesem Fall keine Verpflichtung, die auf das Arbeitszeitkonto aufgenommenen Stunden schon innerhalb von 12 Monaten durch bezahlte Freizeitgewährung oder finanzielle Abgeltung auszugleichen. 9. Ist eine Abweichung vom gesetzlichen Mindestlohn zulässig? Der Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn ist unabdingbar: - Ein vorheriger arbeitsvertraglicher Ausschluss des Mindestlohnanspruchs ist unwirksam. - Ein nachträglicher Verzicht auf Mindestlohnansprüche nur durch gerichtlichen Vergleich vereinbart werden. - Die Verwirkung von Mindestlohnansprüchen ist ausgeschlossen. - Arbeitsvertragliche oder tarifvertragliche Verfallfristen (z.b. 21 MTV) gelten nicht für Lohnansprüche bis zur Höhe des Mindestlohns. 10. Dokumentationspflichten für das Personenbeförderungsgewerbe Das Personenbeförderungsgewerbe gehört zu den Branchen, die Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit aller Arbeitnehmer binnen 7 Tagen nach der Arbeitsleistung aufzuzeichnen haben. Davon ist neben dem Fahrpersonal auch das Werkstatt- und Büropersonal betroffen. Die Arbeitszeitaufzeichnungen sind für 2 Jahre + 7 Tage nach der Arbeitsleistung aufzubewahren. Dazu können z.b. Stundenzettel dienen, deren Führung auch den Arbeitnehmern übertragen werden kann. Einen Musterstundenzettel finden Sie im Anhang zu diesem Rundschreiben. Als Aufzeichnungen ausreichend sind bei Fahrpersonal, das auf Fahrzeugen mit digitalen Kontrollgeräten eingesetzt ist, auch die Daten der Fahrerkarte, soweit diese alle Arbeitszeiten enthalten. Es besteht keine Verpflichtung gemäß MiLoG, dass sich die Arbeitszeitaufzeichnungen spätestens nach Ablauf von 7 Tagen am Geschäftssitz des Arbeitgebers befinden müssen. Dies hat das Bundesfinanzministerium jetzt in einem Schreiben an den bdo klargestellt. Ferner ist das Unternehmen verpflichtet, für zwei Jahre nach der Arbeitsleistung Nachweise bereitzuhalten, die belegen, dass der Mindestlohn ord-

11 nungsgemäß und fristgerecht gezahlt wurde (Arbeitszeitaufzeichnungen, Lohnzahlungsbelege, Belege über die Zusammensetzung des gezahlten Lohns). Die kürzlich durch das Bundeskabinett verabschiedete Verordnung zur Abwandlung der Pflicht zur Arbeitszeitaufzeichnung nach dem Mindestlohngesetz und dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz (Mindestlohnaufzeichnungsverordnung MiLoAufzV), welche für Paketzusteller, Zeitungszusteller etc. Erleichterungen festlegt, findet leider keine Anwendung für das private Omnibusgewerbe. 11. Rechtsfolgen von Verstößen gegen das MiLoG Verstöße gegen die Vorschriften des MiLoG können erhebliche arbeitsrechtliche, bußgeldrechtliche, vergaberechtliche und sozialversicherungsrechtliche Folgen nach sich ziehen: a) Arbeitsvertrag Arbeitsvertragliche Vereinbarungen, die zu einer Unterschreitung des Mindestlohns führen, sind unwirksam. An die Stelle der unwirksamen Lohnabrede tritt aber keineswegs bloß der gesetzliche Mindestlohn. Vielmehr wird die unwirksame Stundenlohnabrede durch den ortsüblichen Branchenlohn, i.d.r. den Tariflohn, ersetzt. b) Staatliche Sanktionen Mit der Kontrolle der Einhaltung der Vorschriften des MiLoG ab 1.1.2015 sind die Zollbehörden (Finanzkontrolle Schwarzarbeit) beauftragt. Aber auch Betriebsprüfungen der Rentenversicherung oder Lohnsteueraußenprüfungen werden sich damit befassen. Folgende staatliche Sanktionen drohen: - Geldbuße bis 30.000 bei Verstößen des Arbeitgebers gegen die Nachweis-, Aufbewahrungs- und Meldepflichten - Geldbuße bis 500.000 bei Verstößen des Arbeitgebers gegen die Pflicht zur rechtzeitigen Zahlung des Mindestlohns - Ausschluss des Arbeitgebers von öffentlichen Aufträgen für angemessene Zeit ab einer Geldbuße von 2.500 - Geldbuße bis 500.000 gegen Auftraggeber, falls dieser weiß oder fahrlässig nicht weiß, dass der Subunternehmer den Mindestlohn an seine Arbeitnehmer nicht zahlt

12 c) Zivilrechtliche Haftung des Auftraggebers Zahlt ein Subunternehmer den Mindestlohn an seine Arbeitnehmer nicht, haftet der Auftraggeber gesamtschuldnerisch mit dem Subunternehmer gegenüber den betroffenen Arbeitnehmern. Der Höhe nach betrifft die Haftung des Auftraggebers nur das vorenthaltene Nettoentgelt, nicht Steuern und Sozialversicherungsbeiträge. Diese Haftung ist tritt auch ein, wenn den Auftraggeber kein Verschulden trifft. Der Auftraggeber haftet wie ein selbstschuldnerischer Bürge, d.h. der Arbeitnehmer des Subunternehmers kann sich unmittelbar an den Auftraggeber halten. In diesem Fall steht dem Auftraggeber einen Regressanspruch gegen den Subunternehmer zu. Dies ergibt sich bereits aus bürgerlichem Recht. Einer Vereinbarung bedarf es dazu nicht. Zwischen Auftraggeber und Subunternehmer kann vertraglich geregelt werden, dass der Subunternehmer Kontrollen des Auftraggebers zu dulden und sowohl anlassbezogen als auch in regelmäßigen Abständen Unterlagen (z.b. Lohnunterlagen, Arbeitsverträge) bzgl. der eingesetzten Arbeitnehmer vorzulegen hat, um dem Auftraggeber eine Kontrolle der Einhaltung der Mindestlohnbestimmungen zu ermöglichen. Verstößt der Subunternehmer gegen seine Pflichten aus einer solchen Vereinbarung oder gegen Pflicht zur rechtzeitigen Mindestlohnzahlung, kann eine Abmahnung und bei weiteren Verstößen die außerordentliche Kündigung des Vertragsverhältnisses erfolgen, 314 BGB. d) Sozialversicherungsrechtliche Folgen bei Minijobbern Sofern kein Arbeitszeitkonto geführt wird, können geringfügig Beschäftigte im Monat maximal 52,94 Stunden beschäftigt werden ( 450 : 8,50). Wird ein Minijobber länger beschäftigt, entsteht ein entsprechend höherer Lohnanspruch, so dass die 450 Schwelle überschritten wird. Das Beschäftigungsverhältnis unterfällt dann der Gleitzonenregelung, wird also sozialversicherungspflichtig. Wir gehen davon aus, dass die Rentenversicherungsträger bei den nächsten Betriebsprüfungen an dieser Stelle einen Schwerpunkt setzen werden, sodass erhebliche Nachzahlungen drohen könnten. 12. Konkurrenz allgemeiner Mindestlohn / Vergabe-Mindestlohn TVgG NRW Das durch den Bundesgesetzgeber verabschiedete Mindestlohngesetz (Mi- LoG) sieht ab 1.1.2015 einen Mindestlohn von 8,50 vor, der frühestens ab 1.1.2017 erhöht werden kann. Der aktuelle Mindestlohn nach dem nordrheinwestfälischen Tariftreue- und Vergabegesetz (TVgG NRW) beträgt jedoch seit 1.5.2012 8,62. Was gilt? - Für ab 1. Mai 2012 ausgeschriebene Aufträge im Freistellungsverkehr oder Gelegenheitsverkehr gilt weiterhin der vergabespezifische Min-

13 destlohn in Höhe von 8,62 gem. TVgG NW, sofern sich der Bieter im Vergabeverfahren dazu verpflichten musste. - Für Altverträge (aufgrund von vor dem 1. Mai 2012 eingeleiteten Vergaben) galt bisher kein Mindestlohn. Ab 1.1.2015 gilt MiLoG: 8,50. 13. Inwieweit besteht arbeitsrechtlich Handlungsbedarf? - Ggf. ist eine Erhöhung der Stundenlöhne auf Mindestlohn ab 1.1.2015 erforderlich. Dies kann durch Ergänzungsvereinbarung zum Arbeitsvertrag oder (notfalls) durch einseitige Erklärung des Arbeitgebers geschehen. - Es empfiehlt sich ferner, Zuschläge und Sonderzahlungen in die Grundvergütung einzurechnen, damit ggf. eine rechtssichere (vollständige) Anrechnung auf den Mindestlohn möglich ist. - Ggf. ist eine Reduzierung der monatlichen Stundenzahl bei Minijobbern geboten, z.b. durch Änderungsvertrag, damit die 450-Grenze nicht verletzt wird und das Beschäftigungsverhältnis geringfügig bleibt. Ferner ist die Vereinbarung eines Arbeitszeitkontos (Muster im Anhang) ratsam, das den Vorgaben des MiLoG entspricht. 14. Kann von Auftraggebern die Anpassung der Vergütung verlangt werden? Dies ist maßgeblich davon abhängig, zu welchem Zeitpunkt der betroffene Auftrag ausgeschrieben worden ist: a) Öffentliche Aufträge seit 1.5.2012 Für öffentliche Aufträge, die seit 1.5.2012 ausgeschrieben worden sind, gilt die Verpflichtung des Ausschreibungsgewinners, den vergaberechtlichen Mindestlohn von 8,62 nach den Vorschriften des TVgG NRW zu bezahlen. Für diese Aufträge ändert sich daher die Kalkulationsgrundlage ab 1.1.2015 nicht. b) Altverträge Anders ist es im Falle von Altverträgen aufgrund von Ausschreibungen vor dem 1.5.2012: Ein Mindestlohn galt noch nicht. Der Gewinner und jetzige Auftragnehmer kalkulierte möglicherweise für manche Tätigkeiten, z.b. des Begleitpersonals in der Behindertenbeförderung, mit einem Stundenlohn, der 8,50 deutlich unterschreitet. In diesem Fall besteht ein Anspruch des Auftragnehmers auf Vertragsanpassung wegen unzumutbarer Änderung der Geschäftsgrundlage gem. 313

14 BGB. Denn es tritt nach Vertragsschluss, nämlich ab 1.1.2015, eine schwerwiegende Änderung der Geschäftsgrundlage ein (durch das MiLoG). Die Vertragsparteien hätten eine höhere Vergütung vereinbart, wenn sie diese Änderung vorhergesehen hätten. Eine Anpassung dürfte auch möglich sein, sofern der Auftragnehmer offenlegt, welchen Kostenanteil das vom MiLoG betroffene Arbeitsentgelt an der vereinbarten Leistungsvergütung hat und wie hoch die Differenz zwischen bisher gezahltem Arbeitsentgelt und Mindestlohn ab 1.1.2015 wäre. Der Anspruch auf Vertragsanpassung ergibt sich dann schlicht aus dem Gesetz, 313 BGB. Demzufolge ist weder ein Kündigung noch eine Neuausschreibung der Beförderungsleistungen angezeigt. Verband Nordrhein-Westfälischer Omnibusunternehmen e. V. (NWO) gez. Dipl.-Ing. H.-G. Oester-Barkey 1.Vorsitzender gez. RA Johannes Krems Geschäftsführer

15 Mustervereinbarung über Vergütung und Arbeitszeitkonto nach den Bestimmungen des Mindestlohngesetzes (MiLoG) - auch für geringfügig Beschäftigte (Minijobber) - Hinweise: - Bei Minijobbern darf der Monatsfestlohn (Ziffer 1) max. 450 betragen. - Bei Minijobbern darf die vereinbarte regelmäßige Monatsarbeitszeit (Ziffer 1) 52,94 Stunden nicht überschreiten ( 450 : 8,50 = 52,94). Vereinbarung zwischen der Fa....... und Frau / Herrn...... ( Arbeitgeber ) ( Arbeitnehmer ) wird folgende Vereinbarung über Tätigkeitsvergütung und Arbeitszeitkonto getroffen: 1) Der Arbeitnehmer erhält einen Monatsfestlohn von EUR... brutto. Mit dem Monatsfestlohn ist die regelmäßige Arbeitszeit von... Arbeitsstunden pro Monat vergütet. 2) Es wird ein Arbeitszeitkonto geführt. Monatlich darf Mehrarbeit von höchstens 50% der regelmäßigen Arbeitszeit gemäß Ziffer 1 in das Arbeitszeitkonto eingestellt werden. 3) Der Arbeitnehmer erhält im Folgemonat jeweils eine Aufstellung über die im Abrechnungsmonat geleisteten Stunden. 4) Die Stunden auf dem Arbeitszeitkonto müssen spätestens 12 Monate nach Ablauf des Monats, in dem sie geleistet worden sind, durch bezahlte Freizeit oder Zahlung des Mindestlohns ausgeglichen werden. 5) Diese Regelung tritt am 01.01.2015 in Kraft und löst etwaige vorangegangene Regelungen zur Tätigkeitsvergütung und zum Arbeitszeitkonto ab...., den......... (Arbeitgeber) (Arbeitnehmer)

16 Arbeitszeitnachweis gem. 17 Abs. 1 MiLoG (Die tägliche Arbeitszeit ist binnen 7 Tagen nach dem Tag der Arbeitsleistung aufzuzeichnen!) Mitarbeiter/in: Monat/Jahr: / Datum Arbeitszeit Beginn Arbeitszeit Ende Summe Pausen (Std.) Gesamtdauer Arbeitszeit (Std.), (Datum, Unterschrift der Mitarbeiterin / des Mitarbeiters)