Funktionsprüfungen in der Pneumologie

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Transkript:

Funktionsprüfungen in der Pneumologie Malcolm Kohler Oberarzt Pneumologie Universitätsspital Zürich Warum messen? Erfassung klinisch nicht beurteilbarer Grössen Atemzugvolumen ml Subjektiv (geschätzt) Atemzugvolumen ml Objektiv (gemessen) Semmes Chest 1985;87:577 COPD Verlauf Epidemiologie Prävalenz US-Schätzungen Funktion % Husten Auswurf Exazerbationen Dyspnoe Invalidität COPD diagnostiziert 2,4-7 Millionen 56-85 % nicht diagnostiziert bzw. falsch diagnostiziert COPD geschätzt total > 15 Millionen Zeit in Jahren Stang et al. Chest 2000;117(Suppl 2):354S. Epidemiologie Schweiz Vorbeugen: Keinen Rauch einatmen! Chronische Bronchitis Bei Rauchern: 16.7% Bei Ex-Rauchern: 7.5% Bei Nie-Rauchern: 7.0% COPD 4-7% der 18-60Jährigen, Zunahme im Alter! Mindestens 350 000 4. häufigste Todesursache weltweit euenberger P. Schweiz Rundsch Med Prax 1995;84:1096-1100. Page 1 1

FEV1 - Verlauf: Raucher vs Exraucher 2.9 FEV1 2.8 2.7 Exraucher 2.6 2.5 2.4 Scre en 2 rauchen weiter 1 2 3 4 5 Follow - up Jahre Raucher Exraucher ung Health Study JAMA 1994 272: 1497 Möglichkeiten der Spirometrie Spirometrie Allgemein Wie viel kann ein- und ausgeatmet werden? Wie viel kann wie schnell ausgeatmet werden? Speziell iegt eine diagnostisch relevante Ventilationsstörung vor? Wenn ja, ist sie obstruktiv oder restriktiv? Ist die Obstruktion reversibel? ungenfunktionsmessung Bedeutung der Spirometrie Dynamik Statik Diffusion Widerstände, Dehnbarkeit Dynamische ungenvolumina Flusswerte Quotienten Statische ungenvolumina Praxis Pneumologe Integraler Bestandteil der Abklärung und Gradierung von ungenkrankheiten Basis der COPD- und -Diagnose Unersetzlich in der Verlaufskontrolle und Dokumentation des Therapieerfolges Spirometrie sollte in der allgemeinmedizinischen oder internistischen Praxis verfügbar sein Page 2 2

Atemflussmessung PNEUMOTACHOGRAPH Glockenspirometer Nasenklemme Druckdifferenz über bekannten Widerstand >> Flussmessung P1 P2 Fluss Rohr mit amellen Dynamische ungenvolumina Fluss-Volumen Volumen-Kurve Volumen 1. Sekundenvolumen Reflektiert die Charakteristika der uftwege forcierte Vitalkapazität /sec Atemzugvolumen Ruheatmung 1 Sek Tiffeneau Quotient: FEV1/VK sec Forcierte Ausatmung Zeit v Fluss - Volumen Diagramm Fluss Exspiration v Inspiration Volumen Page 3 3

v PEF-w FRC kann mit N 2 -Auswasch, He-Verdünnung oder Ganzkörperplethysmograph bestimmt werden Fluss MEF50 VC TC 50 % 50 % v ERV FRC RV FVC Volumen TC = VC + RV RV = FRC - ERV Praktische Durchführung hrung Fehlerquellen Eichung des Gerätes Nasenklemme Mundstück luftdicht mit den ippen umschliessen, nicht beissen Sitzend, aufrechte Haltung, keine einengende Bekleidung Genaue Instruktion Maximale Inspiration Auf Kommando: - explosionsartige & vollständige Ausatmung (>6 Sek) best of three : - mindestens 2 reproduzierbare Messungen (FEV 1, FVC) Adaptiert nach ATS 1994 Update. Mangelnde Kooperation Zunge vor Mundstück Ungenügender ippenschluss eck am Mundstück Zögernder Ausatmungsbeginn Nicht maximale Inspiration (Peak Flow tief) Vorzeitiger Abbruch Exspiration (FVC) Reproduzierbarkeit Spirometrie Qualitätskontrolle /Sec /Sec Gute Kooperation: rasches Erreichen des Peakflows Forcierte Exspiration > 6 s (< 15 s) Kurvenform beachten Reproduzierbarkeit der Messung: mindestens 3 akzeptierbare Messungen die zwei höchsten Werte für FVC, FEV1 weichen weniger als 5 % oder < 200 ml untereinander ab angegebener Messwert: grösster Wert für FEV1 und für FVC Page 4 4

Normwerte Bestimmende Grössen: Alter Geschlecht Grösse Abstammung: Kaukasier vs Asiaten BTPS: Body Temperature Pressure H 2 O-Saturated EGKS-Normen (Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl) Fluss (/sec) Fluss-Volumen Kurve Volumen () nach Inhalation eines Betaadrenergikums normal FEV 1 > 12.5 % Beurteilung der ungenfunktion Beurteilung der Fluss-Volumen Volumen-Kurve FEV 1 /FVC % FEV 1 / FVC < 75% > 75% erniedrigt im Normbereich FVC < 80% FVC > 80% Bronchospasmolyse gut reversibel wenig reversibel COPD chronische Bronchitis im anfallfreien Intervall andere Obstruktion Restriktion Normal Schweregrad je nach FEV 1 % Sollwert eicht 80% Mittelschwer 50-80 % Schwer 30-50 % Sehr schwer < 30% Schweregrad je nach FVC % Sollwert eicht 70-80% Mittelschwer 50-70 % Schwer < 50% Bronchodilatationsversuch Interpretation der F-V-KurveF /Sec Normal /Sec COPD/ Emphysem /Sec Restriktion /Sec Extrath. Obstruktion /Sec Fixierte Stenose Page 5 5

Fluss-Volumenkurve Fluss-Volumenkurve + absolutes ungenvolumen Fluss obstruktiv restriktiv Fluss obstruktiv restriktiv relatives Volumen normal absolutes Volumen normal Restriktion Obstruktion Beispiel: Normale Spirometrie COPD FEV 1 4.84 l/sek. (112%) FVC 5.75 l (108%) FEV1/FVC 0.84 Page 6 6

Kooperationsproblem Mund-/Nasenleck FEV 1 4.54 l/sek. (99%) FVC 5.15 l (92%) FEV1/FVC 0.85 Fehlender Effort, Peak Flow nicht erreicht Vor Nach FEV 1 2.31 l/sek. (60%) 2.64 l/sek. (69%) FVC 3.35 l (68%) 3.86 l (78%) FEV1/FVC 0.55 0.57 Hustenartefakte Vor Nach FEV 1 3.62 l/sek. (87%) 4.09 l/sek. (98%) FVC 4.97 l (100%) 5.16 l (104%) FEV1/FVC 0.69 0.78 Vor Nach FEV 1 1.05 l/sek. (59%) 1.10 l/sek. (62%) FVC 1.55 l (71%) 1.69 l (77%) FEV1/FVC 0.58 0.58 COPD FEV 1 1.70 l/sek. (40%) FVC 1.94 l (43%) FEV1/FVC 0.87 Restriktive Ventilationsstörung Page 7 7

FEV 1 2.28 l/sek. (67%) FVC 3.67 l (82%) FEV1/FVC 0.55 Fixierte Atemwegsstenose COPD/ ungenfibrose Extrathorakale Atemwegsstenose FEV 1 1.6 l/sek. (68%) 2.7 l/sek. (60%) FVC 3.0 l (100%) 3.0 l (60%) FEV1/FVC 0.53 0.90 Reproduzierbarkeit grosse ungenfunktion Ganzkörperplethysmographie Statische ungenvolumina: RV, TC Atemwegswiderstände Pellegrino et al. ERJ 2005;26:948-968 Page 8 8

FRC kann mit N 2 -Auswasch, He-Verdünnung oder Ganzkörperplethysmograph bestimmt werden Ganzkörperplethysmograph TC ERV FRC RV VC TC = VC + RV RV = FRC - ERV ungenvolumina Ganzkörper-Plethysmographie P1xV1 P2xV2 dp1xv1=dp2xv2 V1, P1=ungenvolumen, Druck am Mundstück V2, P2=Kammervolumen, Druck in Kammer Manöver: Hecheln bei verschlossenem Mündstück Diffusionskapazität Verhältnis Ventilation/Perfusion Page 9 9

Alveolo-arterieller Gasaustausch Alveolo-arterielle Diffusion Ventilation Gasaustausch Perfusion Diffusionsmessung Diffusion P 1 P 2 O 2 D = Sol MW F pao 2 unter Belastung bei Emphysem CO 2 Interpretation Diffusion V gas ~ A x D x (P 1 -P 2 ) T D Macintyre et al. ERJ 2005;26:720-735 Interpretation Diffusion Bronchoprovokations-Test Methacholin- Inhalation bei normaler Spirometrie? Pellegrino et al. ERJ 2005;26:748-768 Page 10 10

Hyperreagibilität: Stark : PD20 < 250mcg Mässig: 250-800 mcg eicht: 800-2000 mcg Normal: > 2000 mcg eichte Hyper- Reagibilität Erholung Nach Bronchodilatation Spiroergometrie: Atemnot respiratorisch oder kardial? Differentialdiagnose der Dyspnoe mit Spiroergometrie Arbeitsversuch (Ergometrie) 1. Maximale eistung normal? Ja/Nein? VO2max Watt pulmonale Reserve erschöpft? Ja/Nein? 37.5xFEV1 ABGA unter Belastung kardiale Reserve erschöpft? Ja/Nein? 215-Alter-HFmax Page 11 11

Anaerobe Schwelle Respiratorisch oder kardial limitiert? Respiratorisch: -VO 2 max -Normale kardiovaskuläre Antwort -Ventilatorische imitation (VE/MVV ) -PCO 2 -PO 2 Page 12 12

Respiratorisch oder kardial limitiert? Kardial: -VO 2 max -Abnorme kardiovaskuläre Antwort (Herzfrequenzreserve ausgeschöpft) -Keine ventilatorische imitation -Normaler Gasaustausch The End Page 13 13