Mathematik II für Chemie und LA Chemie. Karsten Eppler Technische Universität Dresden Institut für Numerische Mathematik

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Transkript:

Mathematik II für Chemie und LA Chemie Karsten Eppler Technische Universität Dresden Institut für Numerische Mathematik karsten.eppler@tu-dresden.de https://tu-dresden.de/ eppler Vorlesungsassistent: Herr Dr. Morherr https://tu-dresden.de/members/frank.morherr/lehre

Organisatorische Hinweise K. Eppler: Willersbau, Zi.: C 318, Tel.: 37584 Sprechzeit: Di. 13-14 Uhr Übungsaufgaben: s. Homepage Dr. Morherr (1. Übung - in der 1. Woche (9.4.-13.4.): Klausurbesprechung) Termin Prüfungsklausur: Wird noch bekanntgegeben Literatur: s. Skript Chemie I (Dr. Kuhlisch, WS 17/18) (Ergänzung?): Bärwolff Höhere Mathematik für Naturwissenschaftler und Ingenieure (Spektrum) Übungsmaterial: Wenzel/Heinrich Übungsaufgaben zur Analysis (Ü1+Ü2); Pforr/Oehlschlaegel/Seltmann zur linearen Algebra und linearen Übungsaufgaben Optimierung (Ü3)

Inhaltsübersicht I - Kurs Ch II Funktionen von mehreren reellen Variablen Grundbegriffe, Stetigkeit (Wdhlg. - kurz) Mehrdimensionale Differentialrechnung: partielle Ableitung; Gradient; Hessian (S.v. Schwarz) Anwendungen: totales Differential + Fehlerrechnung; Taylorentwicklung; Satz über implizite Funktionen; Extremwertaufgaben (auch mit Gleichungs-NB) Lineare Algebra: Eigenwerte und Eigenvektoren von Matrizen; Diagonalisierbarkeit

Inhaltsübersicht II - Kurs Ch II Gewöhnliche DGL (GDGL) (skalare) lineare GDGL 1. Ordnung; Bernoullische DGL lineare DGL höherer Ordnung mit konst. Koeffizienten lineare DGL-Systeme mit konst. Koeffizienten Einführung in die mehrdimensionale Integralrechnung Parameterdarstellung von Kurven Kurvenintegrale 1. und 2. Art Flächenintegrale evtl. Numerik: Nichtlineare GS, Integration (auch AWA)

1. Funktionen mehrerer Veränderlicher 1.1 Analysis im R n Natürliche Basis des R n und Ortsvektor e 3 z x y x e 2 e 1

Der Betrag (Länge) von Vektoren Def.1.1: Sei x = (x 1,..., x n ) R n. Dann heißt x := x 2 1 + + x2 n = n Betrag oder Länge von x. Der Euklidische Abstand der Vektoren x, y R n wird durch x y i=1 definiert, also als Betrag des Differenzvektors x y. x 2 i

Offene und abgeschlossene Kugelumgebung Def. 1.2: Die Menge K r (x 0 ) := {x R n x x 0 < r} heißt offene Kugelumgebung des Punktes x 0 mit dem Radius r > 0. Die Menge K r (x 0 ) := {x R n x x 0 r} heißt abgeschlossene Kugelumgebung des Punktes x 0 mit dem Radius r > 0.

Innere Punkte und offene Mengen Def. 1.3: Sei M R n. Ein Punkt x M heißt innerer Punkt der Menge M, wenn eine Umgebung K r (x) existiert, die ganz zu M gehört. Die Menge M heißt offen, wenn sie nur innere Punkte enthält. int M bezeichnet die Menge aller inneren Punkte von M.

Häufungspunkt einer Menge Def. 1.4: Ein Punkt x R n heißt Häufungspunkt der Menge M R n, wenn in jeder Umgebung des Punktes x ein Punkt y x der Menge M liegt. Das bedeutet, x ist Häufungspunkt von M genau dann, wenn gilt M {K r (x) \ {x}} für alle r > 0. Folgerung: In jeder Kugel K r (x) (r > 0 beliebig) liegen unendlich viele Punkte von M. Bemerkung: Ein Häufungspunkt kann, muß aber nicht zu M gehören.

Randpunkt einer Menge Def. 1.5: Ein Punkt x R n heißt Randpunkt der Menge M, wenn in jeder Umgebung K r (x) sowohl ein Punkt der Menge M als auch ein Punkt der Menge R n \ M liegt. M bezeichnet die Menge aller Randpunkte der Menge M. Abgeschlossene Mengen Def. 1.6: Eine Menge M R n heißt abgeschlossen, wenn sie alle ihre Randpunkte enthält. Die Menge R n und die leere Menge sind sowohl offen als auch abgeschlossen.

Beschränkte und kompakte Mengen Def. 1.7: Eine Menge M R n heißt beschränkt, wenn es eine Konstante C > 0 gibt, so dass x C für alle x M. Eine Menge M R n heißt kompakt, wenn sie beschränkt und abgeschlossen ist. Bemerkung: Eine äquivalente Formulierung der Beschränktheit lautet Es existiert ein C > 0 derart, daß M K C (0).

Verbindungsstrecke und Polygonzug Def. 1.8: Seien x, y R n sowie x 0,... x p R n. Dann heißt [x, y] := {x + s(y x) s [0, 1]} Verbindungsstrecke von x und y und [x 0,..., x p ] := p [x j 1, x j ] j=1 Polygonzug, der x 0,..., x p (in dieser Reihenfolge) verbindet.

K. Eppler, Inst. f. Num. Mathematik karsten.eppler@tu-dresden.de Konvexe Mengen Def. 1.8 (Fortsetzung): Eine Menge M Rn heißt konvex, falls mit je zwei Punkten x und y aus M auch die Verbindungsstrecke [x, y] ganz zu M geho rt.

Folgen im R n Def. 1.9: Seien K N. Eine Abbildung, die jeder natürlichen Zahl k K genau ein Element a k R n zuordnet, heißt Folge von Vektoren des R n und wird durch (a k ) k K bezeichnet. Falls K = N oder falls klar ist, um welche Menge K es sich handelt, schreibt man auch nur (a k )

Grenzwert einer Folge I Def. 1.10: Sei (a k ) k K eine Folge im R n. Der Vektor a R n heißt Grenzwert oder Limes von (a k ) k K, wenn für jedes ɛ > 0 ein Index k ɛ N existiert, so dass Man schreibt dann a = a k a < ɛ für alle k K mit k k ɛ. lim a k oder a k a für k, k K k, k K bzw., falls K = N oder die Menge K klar ist, a = lim k a k oder a k a für k.

Grenzwert einer Folge II Satz 1.1: Der Grenzwert einer Folge (a k ) im R n existiert genau dann, wenn die Grenzwerte der Koordinatenfolgen (a ik ) für i = 1,..., n existieren. Es gilt dann lim a k = k lim k a 1k. lim k a nk. Beispiel: Es sei die Folge (a k ) R 3 gegeben durch [ln k] 125 / 500 k a k := (1 1 k )k. NICHT konv., da (a 3) k (1 ( 1) k ) nicht konv.

Abbildung (Funktion) Def. 1.11: Eine Abbildung f : D R n R m ist eine Vorschrift, die jedem x D genau ein Element y R m zuordnet, man schreibt y = f(x) D heißt Definitionsbereich der Abbildung f. Die Menge W := f(d) := {f(x) x D} R m heißt Wertebereich der Abbildung f.

Graph einer Funktion als Fläche im R 3 Abbildung 1.1: f : D R 2 R mit z := f(x, y) := 1 x 2 y 2 D := {(x, y) x 2 + y 2 1}

Stetigkeit von Abbildungen Def. 1.12: Sei D R n. Eine Abbildung f : D R m heißt stetig in x 0 D, wenn für alle Folgen (x k ) D aus die Beziehung folgt. lim k x k = x 0 lim f(x k) = f(x 0 ) k f heißt stetig auf A D, wenn f für alle x A stetig ist. f heißt stetig, wenn f auf dem Definitionsbereich D stetig ist.

Vererbung der Stetigkeit Sind f : D R und g : D R stetig im Punkt x 0 D, so sind f + g, f g, f g und auch stetig in x 0. f g (falls g(x 0 ) 0) Seien f : A B und g : B C gegeben und A R n, B R p, C R m. Wenn f in x 0 A und g in f(x 0 ) B stetig sind, dann ist die verkettete Funktion g f : A C stetig in x 0 (dabei möglich: n p m). Bemerkung: Die Begriffe monotone, gerade/ungerade, periodische Fkt. und Umkehrfkt. lassen sich nicht (direkt) auf mehrdimensionale Funktionen übertragen!

2 Beispiele zu GW/Stetigkeit von Abb. I 2): f 2 (x, y)= xy x 2 + y 2, 3): f 3(x, y)= x 2 + y 2 1 + x2 + y 2 1, DB(f 2/3 ) = R 2 \ {0} In jedem Punkt ihres (natürlichen) DB sind die beiden Funktionen ) stetig. Kritisch ist das Grenzwertverhalten in x = 0. Dazu ( 0 0 r > 0, ϕ [0, 2π) : R2 x = ( ) x y = ( ) r cos ϕ r sin ϕ 0 : x 0 r 0 (!) Dann gilt: f 2/3 (x) = f 2/3 (r, ϕ) und lim x 0 f 2/3 (x) = c = lim r 0 f2/3 (r, ϕ) f 2 (r, ϕ) = sin ϕ cos ϕ = 1 2 sin 2ϕ, f3 (r, ϕ) = r 2 1 + r2 1

2 Beispiele zu GW/Stetigkeit von Abb. II Das Grenzwertverhalten von f 3 (bzw. f 3 ) für x 0: lim r 0 r f 2 3 (r, ϕ) = lim r 0 1 + r2 1 =... = 2 (l Hospital) Für f 3 existiert der GW lim x 0 f 3 (x) = 2 stetige Fortsetzbarkeit Für f 2 (bzw. f 2 ) existieren nur Richtungs-GW mit festem ( ) d1 d = R 2 lim f 2 (0 + td) = lim f2 (r, ϕ 0 ) = 1 t 0 r 0 2 sin 2ϕ 0, d 2 ϕ 0 = arctan(d 2 /d 1 ), aber dabei gilt i.a. Ungleichheit, z.b. ( ) ( ) 1 1 1 sin(2 0) = lim 2 f 2(0 + t ) lim f 2 (0 + t ) = 1 t 0 0 t 0 1 2 sin(2 π 4 )

1.2 Mehrdimensionale Differentialrechnung Partielle Ableitungen Abbildung 1.2: Graph von f(x 1, x 2 ) := 1 x 1 x 2

Partielle Ableitung einer Funktion Abbildung 1.3: Graph von f (x 1 ) = 1 3x 1 an f einschließlich Tangente

Partielle Ableitungen Def. 1.12: Sei D R n, x ein innerer Punkt von D und f : D R. Existiert der Grenzwert f xi (x) := f(x) x i f(x + he i ) f(x) := lim, h 0 h dann heißt er partielle Ableitung von f nach x i an der Stelle x und man sagt, f ist in x partiell differenzierbar nach x i. Eine Funktion f : D R heißt partiell differenzierbar in x, falls in x die partiellen Ableitungen von f nach x 1,..., x n existieren. Ist D offen und ist f für jedes x D partiell differenzierbar, so heißt f partiell differenzierbar.

Differenzierbarkeit von Abbildungen Def.: Eine Abbildung f : D R m heißt in einem inneren Punkt x 0 von D differenzierbar, falls sie in x 0 partiell differenzierbar ist und f(x) = f(x 0 ) + f (x 0 )(x x 0 ) + R(x x 0 ) für alle x aus einer Umgebung von x 0 gilt, wobei R(x x 0 ) lim x x 0 x x 0 = 0. Die Abbildung f heißt differenzierbar, falls D offen und f in jedem Punkt von D differenzierbar ist. f (bzw. f (x 0 )) heißt dann Ableitung von f (an der Stelle x 0 )

Stetige partielle Differenzierbarkeit Def. 1.13: Sei D R n und x innerer Punkt von D. Dann heißt f : D R n stetig partiell differenzierbar in x, falls f in x partiell differenzierbar ist und die partiellen Ableitungen stetig in x sind. f xi : D R für i = 1,..., n Ist D offen und ist f für jedes x D stetig partiell differenzierbar, so heißt f stetig partiell differenzierbar. Stetige partielle Differenzierbarkeit ist ein hinreichendes Kriterium für Differenzierbarkeit.

Der Gradient einer Funktion Def. 1.14: Sei D R n und f : D R stetig partiell differenzierbar in x. Dann heißt der Vektor f x 1 (x) f(x) := grad f(x) :=. Rn f x n (x) Gradient der Funktion f im Punkt x. Ist f stetig partiell differenzierbar, so definiert f : D R n damit eine vektorwertige Abbildung, die Gradient der Funktion f genannt wird (dann Kurznotation: f C 1 ).

Höhere partielle Ableitungen Def. 1.15: Sei f : D R partiell differenzierbar. Existiert die Ableitung f xi x j := ( ) f von f xi nach x j, x j x i so heißt sie zweite partielle Ableitung von f nach x i und x j. Falls alle zweiten partiellen Ableitungen für i, j = 1,..., n existieren (und stetig sind), so heißt f zweimal (stetig) partiell differenzierbar. k-te partielle Ableitungen (auch partielle Ableitungen k-ter Ordnung genannt) werden entsprechend rekursiv definiert, sofern sie existieren: f xi1...x ik := ) (f xi1...xik 1 x ik

Satz von Schwarz Satz 1.2: Seien D R n und f : D R eine p-mal stetig partiell differenzierbare Funktion und i 1, i 2,..., i k aus {1, 2,..., n} gewählte Indizes mit 1 < k p, so ist f xi1 x i2...x ik unabhängig von der Reihenfolge dieser Indizes. Speziell für n = p = 2 gilt (f = f(x, y)) f xy := ( ) f = f yx := y x x ( ) f y

Partielle Ableitung einer vektorwertigen Abb. Def. 1.16: Seien D R n, f 1,..., f m : D R und f : D R m mit f 1 (x) f(x) =.. f m (x) Die Abbildung f heißt (stetig) partiell differenzierbar in x D bzw. (stetig) partiell differenzierbar, falls f 1,..., f m (stetig) partiell differenzierbar in x bzw. (stetig) partiell differenzierbar sind.

Die Jacobi-Matrix (Jacobian) Def. 1.17: Sei D R n und f : D R m in x D partiell differenzierbar. Dann heißt die Matrix f 1 f x 1 (x) 1 x n (x) f (x) :=. f m x 1 (x). f m x n (x) Jacobi-Matrix (oder Ableitungsmatrix oder Ableitung) von f in x. Man schreibt auch f(x) := ( f 1, f 2,..., f m ) = f (x).

Die Hesse-Matrix (Hessian) Def. 1.18: Sei D R n und f : D R in x D zweimal stetig partiell differenzierbar. Dann heißt die Matrix f x1 x 1 (x) f x1 x n (x) f (x) :=.. f xn x 1 (x) f xn x n (x) Hesse-Matrix von f an der Stelle x. Man schreibt auch 2 f(x) := f (x).

Ein Beispiel g : R 2 R, g(x, y) = 1 + x 2 ln y, (DB : y > 0). g x (x, y) = x 1 + x 2 ln y, g y(x, y) = 1 + x 2, y 2 g x 2 = ln y 1 + x 2 3, 2 g 1 + x y 2 = 2 y 2, 2 g x y = 2 g y x = x y 1 + x 2 g : R 2 R 2 (vektorwertig), 2 g : R 2 R 2 2 (Matrixfunktion) g(x, y) = x ln y 1+x 2 1+x 2 y, 2 g(x, y) = ln y 1+x 2 3 x y 1+x 2 x y 1+x 2 1+x 2 y 2.

Differentiationsregeln Linearität: Sind f : D R m und g : D R m differenzierbar in x und λ, µ R, so ist auch die Abbildung λf + µg : D R m in x differenzierbar und es gilt (λf + µg) (x) = λf (x) + µg (x). Kettenregel: Es seien h : C R p und g : D R m mit h(c) D. Falls h in x C differenzierbar und g differenzierbar in h(x), dann ist auch g h : C R m in x differenzierbar und es gilt (g h) (x) = g (h(x)) h (x). Achtung: Das ist (i.a.) ein Produkt von Matrizen!

Bemerkung: Für die Berechnung partieller Ableitungen gelten natürlich weiterhin Produkt- und Quotientenregel, daraus ergeben sich oft auch allgemeine Formeln für Gradient usw., [ ] f z.b.: [g f] = g f + f g, = 1 [g f f g] g g2 Richtungsableitung Def. 1.19: Seien D R n, f : D R und ein Vektor d R n gegeben. Falls der Grenzwert f (x; d) := lim t 0 f(x + td) f(x) t existiert, dann nennt man ihn die Richtungsableitung der Funktion f an der Stelle x in Richtung d.

Richtungsableitung bei Differenzierbarkeit Satz 1.3: Seien D R n und f : D R in x D differenzierbar. Dann gilt für alle d R n. Dabei ist f (x; d) = f(x) d f(x) die Richtung des stärksten Anstiegs von f im Punkt x, d.h., der Vektor ˆd = f(x)/ f(x) ist Lösung von max f (x; d), d =1 (x ist fest).

Totales Differential Def. 1.20 (totales oder vollständiges Differential): Die durch dz = n j=1 f x j (x 0 )dx j beschriebene lineare Funktion mit den Variablen dx 1, dx 2,..., dx n heißt das vollständige oder totale Differential von f in x 0. Die Funktion wird auch durch df : R n R mit der Funktionsgleichung df(dx 1, dx 2,..., dx n ) := n j=1 f x j (x 0 )dx j symbolisiert.

1.3 Anwendung(en) der Differentialrechnung Der Mittelwertsatz für f : R n R Satz 1.4: Sei f : D R stetig differenzierbar und die Strecke [x, x + h] liege im Inneren von D. Dann gibt es eine Zahl θ mit 0 < θ < 1, so dass f(x + h) f(x) = f(x + θh) h. Achtung: Für Vektorfelder f : R n R m, m > 1, gibt es kein(!) Analogon (in dieser Form)! Es gilt aber die Abschätzung (auch für Vektorfelder) f(x + h) f(x) h max f(x + th). 0 t 1

bzw.: f(x) f(x 0 ) n j=1 f (x 0 )h j x j f(x 0) x x 0 Mehrdimensionale Fehlerrechnung (2 Beispiele) Aufgabe 1: Bei der Deformation eines Zylinders vergrößert sich dessen Radius r = 0.2m auf 0.205m und die Höhe h verringert sich von 1m auf 0.98m. Ermitteln Sie die Änderung des Volumens exakt und mit Hilfe der Formel V dv! Aufgabe 2: Aus den Meßwerten U 0 = 100V, I 0 = 20A soll der Widerstand R eines Stromkreises nach dem Ohmschen Gesetz bestimmt werden. Für die möglichen Fehler gilt: U < 2V, I < 0.5A. Schätzen Sie den absoluten und relativen Fehler bei der Widerstandsberechnung ab!

Lösung zu Aufgabe 2 Gesucht ist eine Schätzung für R. Es gilt: R = R(U, I) = U/I, x 0 = (U 0, I 0 ) T = (100, 20) T R(x 0 ) = 5 (Ω). R = R(x) R(x 0 ) dr(x; x 0 ), x [98, 102] [19.5, 20.5] Lösg.: R U = 1 I, R I = U I 2 dr = 1 du U 0 di = du I 0 20 di 4 R dr = R(x 0 ) T dx = 2 i=1 I 2 0 R x i (x 0 )dx i = Mögliche Abschätzungen für den absoluten Fehler: dr R(x 0 ) dx, aber auch: dr du 20 + di 4 Abschätzung für den relativen Fehler: dr R(x 0 ) 0.225 5 1 du U 0 di I 0 I 2 0 = 0.1+0.125 (Ω). = 0.045.

Niveaumenge einer (skalaren) Funktion Def. 1.21: Als Niveaumenge der Funktion f : D R,D R n zum Niveau α R bezeichnet man die Menge N (α) := {x D f(x) = α}. Ist diese Menge eine Kurve, so nennt man sie Niveau- oder Höhenlinie (dies ist der kanonische Fall für D R 2 ). Die Niveaumenge ist eine Teilmenge von DB(f), aber {( ) x {( ) x x N (α)} graph(f) := x DB(f)} R n+1 α f(x)

Graph einer Funktion und Niveaulinien Abbildung 1.4: Graph von f(x, y) = 2x 2 + y 2 und Niveaulinien

Einige Notation(en) (Teil 1) h := h 1. h n Rn, := (h ) := h 1 + + h n = x 1 x n (h ) k := (i 1,...,i k ) Sei f : D R n R differenzierbar. (h )f(x) = n i=1 h i1 h ik h i f(x) x i x 1. x n n i=1 k h i x i1 x ik = f(x) h x i

Einige Notation(en) (Teil 2) Falls f zweimal differenzierbar: (h ) 2 f(x) = (i,j) h i h j 2 f(x) x i x j ( falls n = 2) = h 1 h 1 2 f(x) x 1 x 1 + h 1 h 2 2 f(x) x 1 x 2 + h 2 h 1 2 f(x) x 2 x 1 + h 2 h 2 2 f(x) x 2 x 2 Falls f zweimal stetig partiell differenzierbar: (h ) 2 f(x) = h f (x)h

Das Taylor-Polynom Def. 1.22: Die Funktion f : D R sei (p + 1)-mal stetig differenzierbar und die Strecke [x 0, x 0 + h] liege im Inneren von D. Für 0 k p heißt dann T k (x) := f(x 0 ) + 1 1! (h )f(x 0) + + 1 k! (h )k f(x 0 ) Taylor-Polynom k-ten Grades der Funktion f an der Stelle x 0, wobei h := x x 0.

Taylor-Polynom vom Grad 0 T 0 (x) = f(x 0 ) Taylor-Polynom vom Grad 1 T 1 (x) = f(x 0 ) + f(x 0 ) (x x 0 ) Taylor-Polynom vom Grad 2 T 2 (x) = f(x 0 ) + f(x 0 ) (x x 0 ) + 1 2 (x x 0) 2 f(x 0 )(x x 0 ) n = 2: T 2 (x, y) = f(x 0, y 0 ) + f x (x 0, y 0 )(x x 0 ) + f y (x 0, y 0 )(y y 0 )+ + 1 ( ) ( ) 2 f x0 xx (x x 0 ) 2 x0 + f xy (x x 0 )(y y 0 ) + 1 ( ) y 0 y 0 2 f x0 yy (y y 0 ) 2 y 0

Die Taylorsche Formel Satz 1.5: Die Funktion f : D R sei (p + 1)-mal stetig differenzierbar und die Strecke [x, x + h] liege im Inneren von D. Dann gilt die Taylor-Formel f(x + h) = f(x) + 1 1! (h )f(x) + 1 2! (h )2 f(x) + + 1 p! (h )p f(x) +R p (h) mit dem Restglied R p (h) := für ein von x, h abhängiges θ (0, 1). 1 (p + 1)! (h )p+1 f(x + θh)

Satz über die implizite Funktion (n = 2) Sei f : D R 2 R stetig differenzierbar und (x 0, y 0 ) D. Falls f(x 0, y 0 ) = 0 und f y (x 0, y 0 ) 0, dann gibt es offene Intervalle U um x 0 und V um y 0, so dass zu jedem x U genau ein y V existiert mit f(x, y) = 0. Jedem x U ist damit eindeutig ein g(x) := y V zugeordnet. Die so definierte Abbildung g : U V erfüllt die Gleichung f(x, g(x)) = 0 für alle x U. Außerdem ist g stetig differenzierbar mit g (x) = f x(x, g(x)) f y (x, g(x)) für alle x U.

Satz über die implizite Funktion I Sei f : D R m stetig differenzierbar und ( x 0 y 0 ) D R n+m. Falls f(x 0, y 0 ) = 0 und die Matrix f y (x 0, y 0 ) := f 1 (x 0,y 0 ) y 1. f m (x 0,y 0 ) y 1 f 1 (x 0,y 0 ) y m. f m (x 0,y 0 ) y m regulär ist, dann gibt es Umgebungen U um x 0 und V um y 0, so dass zu jedem x U genau ein y V existiert mit f(x, y) = 0.

Satz über die implizite Funktion II Jedem x U ist damit eindeutig ein g(x) := y V zugeordnet. Die so definierte Abbildung g : U R n V R m erfüllt die Gleichung f(x, g(x)) = 0 für alle x U R n. Außerdem ist g stetig differenzierbar mit g (x) = f y (x, g(x)) 1 f x (x, g(x)) für alle x U. Achtung: Dies ist ein Produkt von Matrizen: f y (...) 1 R m m, f x (...) R m n g (x) R m n

Illustraion zu impliziten Funktionen Abbildung 1.5: Zur Auflösbarkeit der Gleichung f(x, y) = x 2 y 2 1 = 0 nach y

Zur illustration (Ergänzung) f(x, y) = x 2 y 2 1 (! = 0) f(x, y) = x 2 y 2 ( = N (1) ) x 0 > 1 (x 0 = 3) : x 2 0 1 = y 2 0 y 0 = 2 2 (= g (x 0 ) = x 2 0 1 = g(x 0)) 2x 0 2 x 2 0 1 = x 0 x 2 0 1 = f x(x 0, y 0 ) f y (x 0, y 0 ) = 2x 0 2y 0 = x 1 = 1 ( y 1 = 0) : f y (x 1, y 1 ) = 0 (!) Hier kann der Satz x 0 x 2 0 1 über impl. Fkt. nicht angewandt werden (bei Auflösung nach y)! Aber: Bei x 1 = 1 ist auflösen nach x möglich! U(1) : f(x, y) = 0 x = h(y) = 1 + y 2, x (y 1 ) = f y f x = y 1 x 1 = 0, In y 1 = 1 besitzt x = x(y) ein lok. Max.! (x (y) = dh dy = y ) y2 +1

Supremum/Infimum einer Funktion f : R n R Die Zahl M heißt Supremum der Funktion f, wenn M die kleinste obere Schranke von f ist, d.h. wenn f(x) M für alle x D und es eine Folge (x k ) D gibt mit lim f(x k) = M. Das Supremum von f wird bezeichnet durch k sup f(x). x D Die Zahl m heißt Infimum der Funktion f, wenn m die größte untere Schranke von f ist, d.h. wenn f(x) m für alle x D und es eine Folge (x k ) D gibt mit lim f(x k) = m. Das Infimum von k f wird bezeichnet durch inf f(x). x D

Maximum/Minimum einer Funktion f : R n R Die Zahl M heißt Maximum der Funktion f, wenn f(x) M für alle x D und wenn es ein x M D gibt mit f(x M ) = M =: max x D f(x). Die Zahl m heißt Minimum der Funktion f, wenn f(x) m für alle x D und wenn es ein x m D gibt mit f(x m ) = m =: min x D f(x).

Existenz von Supremum und Infimum Falls f nach oben beschränkt ist, d.h. wenn M R existiert, so dass f(x) M für alle x D, so existiert sup f(x) in R, andernfalls gilt sup f(x) = +. x D x D Falls f nach unten beschränkt ist, d.h. wenn m R existiert, so dass f(x) m für alle x D, so existiert inf f(x) in R, andernfalls gilt inf f(x) =. x D x D

Existenz von Maximum und Minimum Satz 1.6 (Satz von Weierstraß): Sei D R n eine kompakte Menge (abgeschlossen und beschränkt) und f : D R stetig. Dann existieren Maximum und Minimum der Funktion f (f nimmt auf D Maximum und Minimum an) Zwei (einfache) Beispielaufgaben (D 1, D 2 nicht kompakt): 1.) f(x) = 1 x min, bei x D 1 = (1, ) sup f(x) = 1, inf f(x) = 0, es existiert aber kein max/min. x D 1 x D 1 2.) f(x) = 1 x min, bei x D 2 = [1, ) sup x D 2 f(x) = 1 = max x D 2 f(x), inf x D 2 f(x) = 0, es existiert kein min.

Extremwertaufgaben ohne Nebenbedingungen auch: Unrestringierte Optimierungsaufgaben f(x) min Lokale oder relative Extrema Def. 1.23: Es sei f : D R und x D. Falls es eine Umgebung U D von x gibt mit f(x ) f(x) für alle x U, so heißt x lokale Lösung (oder lokale Minimumstelle) der Optimierungsaufgabe f(x) min. f(x ) wird dann als lokales oder relatives Minimum bezeichnet.

Lokale oder relative Maxima Die Begriffe lokale Lösung, lokale Maximumstelle, bzw. lokales oder relatives Maximum werden analog für die Optimierungsaufgabe f(x) max definiert. Dann muss f(x ) f(x) für alle x in einer Umgebung U von x gelten. Illustrationsbeispiel (ÜA!): Die Funktion f(x, y) = (x 1) 2 x + (y + 2) 2 besitzt in P 1 = (1, 2) T ein lokales Minimum und in P 2 = (1/3, 2) T einen Sattelpunkt, aber es existieren kein lokales Maximum und keine globalen Extrema.

Notwendige Optimalitätsbedingung Satz 1.7: Seien D R n offen und f : D R partiell differenzierbar. Ist x D eine lokale Extremstelle (d.h., Minimumstelle oder Maximumstelle) von f, dann gilt f(x ) = 0, d.h. sämtliche partiellen Ableitungen von f verschwinden in x. Jeder Punkt x mit f(x ) = 0 heißt stationärer Punkt von f.

Hinreichende Optimalitätsbedingung Satz 1.8: Sei D R n offen, f : D R zweimal stetig partiell differenzierbar und f(x ) = 0. Dann ist x eine (isolierte) lokale Minimumstelle von f, falls 2 f(x ) positiv definit ist, d.h. falls h 2 f(x )h > 0 für alle h R n \ {0}, lokale Maximumstelle von f, falls 2 f(x ) negativ definit ist, d.h. falls h 2 f(x )h < 0 für alle h R n \ {0}.

Positive/negative Definitheit von Matrizen Eine symmetrische Matrix A R n n ist genau dann (s. Kap. 2) positiv definit, wenn alle ihre Eigenwerte positiv sind, negativ definit, wenn alle ihre Eigenwerte negativ sind. Im Fall n = 2 ist A := a b b c genau dann positiv definit, wenn deta = ac b 2 > 0 und a > 0 negativ definit, wenn deta = ac b 2 > 0 und a < 0

Globale Lösungen Sei D R n offen und f : D R. Dann heißt x D globale Lösung (oder globale Minimumstelle) der Optimierungsaufgabe f(x) min, wenn f(x ) f(x) für alle x D. Sei D R n offen und konvex und f : D R konvex. Dann ist jeder stationäre Punkt von f eine globale Lösung der Optimierungsaufgabe f(x) min. Ist f zweimal stetig partiell differenzierbar, so ist f genau dann konvex, wenn 2 f(x) für jedes x D positiv semidefinit ist.

Sattelpunkte Sei D R n offen, f : D R zweimal stetig partiell differenzierbar und f(x ) = 0. Falls 2 f(x ) positive und negative Eigenwerte besitzt, so wird x Sattelpunkt der Funktion f genannt. Sattelpunkte im Fall n = 2: Die Funktion f besitzt in einem stationären Punkt x genau dann einen Sattelpunkt, wenn die Matrix A = 2 f(x ) indefinit ist (genau einen positiven und einen negativen Eigenwert besitzt), dabei gilt A := a b ist indefinit deta = ac b 2 < 0. b c

Illustration Sattelpunkte - - + + Niveaulinien der Funktion f : R 2 R mit f(x, y) := x2 a 2 Abbildung 1.6: Sattelpunkt bei (x, y) := (0, 0) y2 b 2

Extemwertaufgaben mit Nebenbedingungen auch: Restringierte Optimierungsaufgaben f(x) min bei x G wobei f : R n R und G R n gegeben sind. Minimalforderungen : f glatt (f C2 ), G abgeschlossen, zusammenhängend (evtl. beschränkt) Einfachstes Beispiel : achsparalleler Quader Q(a, b) G = Q := {x R n a i x i b i, i = 1(1)n}, a < b R n fest. Bem.: Der Rand von G enthält unendlich viele Punkte (n 2).

Globales/Lokales (restringiertes) Optimum Ein Punkt x G heißt globale Lösung (globale Minimumstelle) der Optimierungsaufgabe f(x) min bei x G, wenn f(x ) f(x) für alle x G. Ein Punkt x G heißt lokale Lösung (lokale Minimumstelle) der Optimierungsaufgabe f(x) min bei x G, wenn eine Umgebung U von x existiert, so dass f(x ) f(x) für alle x G U.

Beschreibung des zulässigen Bereiches G Gegeben seien (2x-stetig differenzierbare) Funktionen g : R n R m und h : R n R p Ungleichungsrestriktionen G := {x R n g(x) 0} Gleichungsrestriktionen G := {x R n h(x) = 0} Ungleichungs- und Gleichungsrestriktionen G := {x R n g(x) 0, h(x) = 0}

Lagrange Funktion Seien f : R n R(, g : R n R m ) und h : R n R p gegeben. Dann heißt die Funktion L : R n ( R m ) R p R mit L(x(, u), v) := f(x) + (u g(x)) + v h(x) Lagrange Funktion zur Optimierungsaufgabe f(x) min bei (g(x) 0, ) h(x) = 0. Mit x L(x(, u), v) := f(x) + ( g(x)u) + h(x)v wird der Gradient der Lagrange Funktion bzgl. x bezeichnet.

Notwendige Optimalitätsbedingung (Gl.-NB) Die Funktionen f : R n R und h : R n R p seien stetig differenzierbar. Weiter sei x eine lokale Lösung der Aufgabe f(x) min bei h(x) = 0. ( ) Wenn p < n und die Jacobi-Matrix h (x ) Vollrang besitzt, dann existiert ein Vektor v = (v1,..., vp), so dass x L(x, v ) = 0, ( ) h(x ) = 0. Der Vektor v (bzw. seine Elemente) heißen Lagrange Multiplikator(en) und x stationärer Punkt. Die Bedingungen ( ) werden als Lagrangesche Multiplikatorregel zur Aufgabe ( ) bezeichnet.

Berechnungsbeispiel: OA mit Gl.-NB OA: f(x, y) = 4x + 3y min, bei der Gl.-NB: x 2 + y 2 = 1, Lagrangefkt.: L(x, y, λ) = 4x + 3y + λ(x 2 + y 2 1), λ R. Notw. Opt.-bedg.: L = 0 ( = freie Opt.-bedg. für L) L x = 4 + 2λx! = 0, L y = 3 + 2λy! = 0, L λ = x 2 + y 2 1! = 0, λ = 2 x = 3 2y y = 3 4 x (1 + 9 16 )x2 = 1, 2 Lösungen: P 1 : x 1 = 4 5, y 1 = 3 5, λ 1 = 5 2, P 2 = P 1, (Probe!) Die (berechneten) Lagrangeschen Multiplikatoren λ j sind wichtig (z.b.) für die Überprüfung hinreichender Opt.-bedingungen.

Optimierung (Gl.-NB): Abbildung 1.7 Graph der Funktion f und seine Einschränkung auf die zulässige Menge f(x, y) := x 2 y, g(x, y) := x2 4 + y2 9 1 = 0

Optimierung (Gl.-NB): Abbildung 1.8 Gradienten von f und g Extremwerte von f unter Nebenbedingung g(x, y) = 0

Optimierung (Gl.-NB): Abbildung 1.9 Extremwerte von f(x, y) := x 2 + 3y 2 4 unter der Nebenbedingung x 2 y 2 = 0

Ausgleichsrechnung ( MKQ ) Gegeben seien: 1.) Eine Messreihe (t i, b i ) R l R i = 1,..., m, und 2.) Ansatzfunktionen φ 1,..., φ n : R l R, (häufig n << m), Linearer Ansatz mit Parametervektor x := (x 1,..., x n ) : n F (t; x) := x 1 φ 1 (t) + + x n φ n (t) = x j φ j (t) j=1 Gesucht: Parametervektor x := (x 1,..., x n) R n so, dass m ( 2 b i F (t i ; x)) für x = x minimal ist. i=1

Bemerkung: (i) Praktisch häufig benutztes System: φ j (t) = t j (Polynomialer Ansatz, l = 1). (ii) Auch für das Nachbilden mehrdimensionaler funktionaler Zusammenhänge anwendbar (l > 1). Lineares Ausgleichsproblem oder: Lineares Quadratmittelproblem m ( 2 b i F (t i ; x)) min i=1 x R n ist gesucht und (t 1, b 1 ),..., (t m, b m ) sind gegeben

Matrixschreibweise b := b 1. b m, x := x 1. x n, A := φ 1 (t 1 ) φ n (t 1 ).. φ 1 (t m ) φ n (t m ) F (t i ; x) = (Ax) i m m (b i F (t i ; x)) 2 = (b i (Ax) i ) 2 = b Ax 2 2 min i=1 i=1

Lineares Quadratmittelproblem (LQP) Seien A R m n und b R m gegeben. Dann besitzt das (LQP) L(x) := Ax b 2 2 min stets eine globale Lösung. Jede Lösung x von (LQP) ist Lösung des Gaußschen Normalgleichungssystems A A x = A b und umgekehrt. Falls ranga = n, so ist A A positiv definit und (LQP) besitzt eine eindeutige Lösung x, bzw. die hinreichenden Optimalitätsbedingungen für (LQP) sind in x erfüllt wegen 2 L(x ) = A A

Herleitung des NGS für linearer Trend Gegeben: m Zeitpunkte t i, Daten y i, i = 1(1)m, l = 1, Linearer Trendansatz: g(t) = x 1 t + x 2, (n = 2), Fehlerquadratsumme: L(x 1, x 2 ) = m [y i (x 1 t i +x 2 )] 2 (= Ax b 2 2). ) (ˆx1 Bekannt (Extremwertaufgaben): ˆx = ist (lokales) Minimum ( ) ˆx 2 1 L(ˆx) von L(x) L(ˆx) = = 0 s. nächste Folie. 2 L(ˆx) i=1 Hier: ranga = n = 2, falls i j mit t i t j.

Das Normalengleichungssystem(NGS) m 2[y i (x 1 t i + x 2 )]( t i ) i=1 m 2[y i (x 1 t i + x 2 )]( 1) i=1 x 1 x 1 m i=1 m i=1 t 2 i + x 2 m i=1 t i 1 + x 2 1 t i = m i=1 1 =! = 0! = 0 m y i t i i=1 m y i. i=1 Das ist das Normalengleichungssystem für einen linearen Trendansatz.

Ein Beispiel für linearen Trend t i 1 2 3 4 y i 8 10 6 11 10 6 9 10 6 10 10 6 (m = 4, n = 2) A T A = x = 10 6 ( ) 30 10, A T b = 10 6 10 4 ( ) 97 38 ( ) 0.4, g(t) = 10 6 (0.4t + 8.5). 8.5