Kasuistiken aus der stationären Behandlung ADKA 2018 - Workshop 2 Juliane Lorber und Dr. Beate Mussawy Arzneimittelverbrauch besonders im Alter... Studien eher an Jüngeren Quelle: B. Mussawy, Arzneimittel im Alter, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart 2017
Multimorbidität stellt ein typisches Charakteristikum vieler älterer Patienten dar Die Folge ist oft Polymedikation nursing.advanceweb.com Alt ist nicht gleich alt www.apotheken-umschau.de www.abendblatt.de www.allgemeinarzt-online.de Go-go-Patienten Slow-go-Patient No-go-Patient
Pharmakokinetische und pharmakodynamische Veränderungen im Alter Gesamtkörperwasser Glomeruläre Filtrationsrate Muskelmasse Speichelsekretion Leberdurchblutung... Rezeptorsensibilität zentral wirksamer Arzneistoffe, u.a. verstärkte anticholinerge Wirkung Start low, go slow (but go)! Exkurs: Warum die GFR berechnen? Quelle: B. Mussawy, Arzneimittel im Alter, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart 2017
PIM Potentiell Inadäquate Medikation (für Ältere) hohes Risiko für unerwünschte Arzneimittelwirkungen mit gleichzeitig sichererer Alternative Arzneimittel mit einem schlechten Nutzen-Risiko-Verhältnis Arzneimittel bei bestimmten Erkrankungen Arzneimittel in bestimmten Dosierungen Ausschnitt aus der PRISCUS-Liste PIM Begründung Alternativen Maßnahmen, falls doch angewendet zu vermeidende Komorbiditäten Online verfügbar unter: http://priscus.net/download/priscus-liste_priscus-tp3_2011.pdf
Ausschnitt aus FORTA - Fit for the aged 4 Kategorien: A Absolutely, B Beneficial, C Careful, D Don t Online verfügbar unter: http://www.umm.uni-heidelberg.de/ag/forta/ Ausschnitt aus der EU(7)-PIM list PIM Begründung Maßnahmen, falls doch angewendet / Besonderheiten Alternativen Entwickelt von Experten aus 7 Ländern (Estland, Finnland, Frankreich, Niederlande, Spanien, Schweden, Deutschland) Explicit list von 282 Substanzen auf Basis von Expertenkonsens Quelle: Eur J Clin Pharmacol. 2015; 71(7): 861 875.
QT-Intervall - EKG-Auswertung Dauer der QT-Zeit ändert sich mit altersabhängiger Ruhefrequenz frequenzkorrigierte QT-Zeit (QTc) am häufigsten: Korrekturformel nach Bazett (Frequenzbereich 60-80/min), bei HF > 100/min wird QTc überschätzt http://lifeinthefastlane.com/wp-content/uploads/2011/01/waves-of-the-ecg.gif?9d7bd4 bei Schenkelblock, VHF und HSM ist QT-Zeit nicht verwertbar! Normwerte QTc-Werte für Altersgruppen und Geschlecht nach Bazett (in msec) Kinder (<15 J) Männer Frauen Normal < 440 < 430 < 450 Grenzwertig 440-460 430-450 450-470 Verlängert > 460 > 450 > 470 www.diss.fu-berlin.de/diss/servlets/mcrfilenodeservlet/fudiss_derivate_000000009005/endfassungdisohnell.pdf?hosts keine Linearität zw. Dauer der QTc und Auftreten von TdP QTc > 500msec bzw. Verlängerung der QTc > 60msec prädiktiver Wert für Auftreten von TdP
Anticholinerge Nebenwirkung Mundtrockenheit Nahrungsaufnahme, Medikamenteneinnahme Sehstörung Sturzrisiko Obstipation Harnverhalt erhöhtes Risiko für HWI trockene Haut/verminderte Schweißbildung Beeinträchtigung der Kognition zentralnervöse Störungen bis zum Delir!
Anticholinerge Last Antihistaminika und Antiemetika (z.b. Dimenhydrinat) Gastrologische und urologische Spasmolytika (z.b. Oxybutynin) Trizyklische Antidepressiva (z.b. Amitriptylin) einige Antipsychotika (z.b. Clozapin) Bestimmung der anticholinergen Last mittels Daten zu der anticholinergen Aktivität der Arzneimittel bekannte Skalen: Anticholinergic Cognitive Burden (ACB) Anticholinergic Drug Scale (ADS) Anticholinergic Risk Scale (ARS)
Bearbeitung Fallbeispiele Fallbeispiel 1: Herr Schulze, 85 Jahre - vor zwei Jahren, nachdem seine Frau verstorben ist, ins Pflegeheim gezogen - Medikation wurde immer umfangreicher, aktuell: Amitriptylin 25 mg 0-0-1 Hydrochlorothiazid 12,5 mg 1-0-0 Metoprololsuccinat 47,5 mg 1-0-0 Mirtazapin 30 mg 0-0-1 Novaminsulfon 500 mg 2-2-2-2 Rivastigmin 1,5 mg 1-0-1 Zopiclon 7,5 mg 0-0-0-1 Ibuprofen 400 mg bei Bedarf
Fallbeispiel 2: Herr Stadler, 86 Jahre -Aufnahme im reduzierten AZ mit Verwirrtheit und Bradykardie (HF ~ 55 pro min) -Nierenfunktion: egfr ~ 80ml/min, Elektrolyte (Na/K) normwertig Diagnosen: Vorhofflimmern Bluthochdruck Diabetes mellitus Typ II pavk mit Stent, Stadium I Zosterneuralgie (seit 2 Jahren) Arzneimittelanamnese Medikationsbewertung mittels Medication Appropriateness Index (MAI) Zosterneuralgie Epilepsie Bluthochdruck pavk/vorhofflimmern Vorhofflimmern Prostatahyperplasie Dranginkontinenz Zosterneuralgie
Prüfung auf PIM Start slow, go slow. but go! Fallbeispiel 3: Frau Schmidt, 80 Jahre - akute Verschlechterung des AZ, wirkt exsikkiert - Kreatininwert von 1,6 mg/dl (entspricht einer geschätzten GFR von ca. 30 ml/min); vorherige Werte liegen (noch) nicht vor - Medikationsplan: Amlodipin 5 mg 1-0-1 ASS 100 mg 1-0-0 Bisoprolol 5 mg 1-0-0 Hydrochlorothiazid 25 mg 1-0-0 Minoxidil 2,5 mg 2-0-0 Ramipril 2,5 mg 1-0-0 Simvastatin 20 mg 0-0-1 Torasemid 10 mg 2-1-0
Fallbeispiel 4: Frau Fischer, 71 Jahre Übernahme aus Pneumologie auf interdisziplinäre Geriatrie zur Behandlung der rezidiv. Depression, aktuell schwere Episode QTc-Zeit bei Übernahme = 407 msec Routine-EKG-Kontrolle ca. 10 Tage nach Eindosierung von 200mg Quetiapin retard erfolgt: AM-induzierte QT-Zeit-Verlängerung
Azithromycin Citalopram
Quetiapin EKG - Verlaufskontrolle Kontroll-EKG nach 4 Tagen mit QTc = 492ms Kontroll-EKG nach 10 Tagen mit QTc = normwertig Unterschied in Medikation: keiner (HWZ der AM beachten: Citalopram 1,5d, Azithromycin 2-4d)
Dr. Beate Mussawy Fachapothekerin für Klinische Pharmazie, Geriatrische Pharmazie Martinistraße 52 D-20246 Hamburg b.mussawy@uke.de www.uke.de Juliane Lorber Fachapothekerin für Arzneimittelinformation, Geriatrische Pharmazie und Infektiologie ABS-Expert (DGI) Fetscherstraße 74 D-01307 Dresden Juliane.Lorber@uniklinikum-dresden.de Tel:: 0351 458 18884